Nichtoffener Wettbewerb | 12/2024
Erweiterung Landratsamt Unterallgäu in Mindelheim
©dürschinger architekten
1. Preis / Zuschlag
Preisgeld: 50.000 EUR
Erläuterungstext
STÄDTEBAULICHES KONZEPT
Mit Aufnahme der bestehenden Gebäudetypologie und seiner städtebaulichen Disposition werden die neuen Gebäudetrakte zu einem schlüssigen Gesamtensemble um zwei attraktive Innenhöfe entwickelt. Den repräsentativen Auftakt mit einladender Adressbildung bildet dabei ein differenziert gestaffelter Baukörper
entlang der Hallstädter Straße, der seine Bedeutung zudem mit markanter Höhenstaffelung im Ensembleschwerpunkt zeigt und mit seiner vorgelagerten Promenade die raumergänzende Parkierungsanlage funktional und wegweisend mit dem neuen Haupt-Zugang verbindet.
Die städtebauliche Gliederung des Ensembles mit großzügiger Freiraumgeste reagiert dabei auch in angemessener Weise auf das benachbarte Wohnumfeld. Eine bauabschnittsweise Erweiterung hin zu einer schlüssigen Hof-Typologie ermöglicht zudem die funktionale Allianz und gewünschte räumliche Flexibilität der späteren Nutzungseinheiten um den zentralen, neuen Gebäudeschwerpunkt. Folgerichtig sind hier die einladende Vorhalle mit zentralem Empfang und anschließendem Bürgerservice, sowie ein multifunktionaler Sitzungssaal mit vorgeschalteter Foyerzone und interessanten Sichtbeziehung in die begrünten Innenhöfe, verortet.
INNERE ERSCHLIESSUNG – ORIENTIERUNG
Der zentral angeordnete Kopfbau vereint die inneren Durchwegungen sowohl des Bestandsgebäudes als auch aller künftigen Bauabschnitte sinnvoll in ein schlüssiges Orientierungsmuster. Der Besucher erreicht wettergeschützt unter großem Vordach die öffentlichen Bereiche des Erdgeschosses. Eine prominente, lichtdurchflutete Treppenanlage verbindet barrierefrei in die halb-öffentlichen Bereiche der nachfolgenden Kreisverwaltungsbereiche.
Der zentrale Empfangsbereich in der Vorhalle bildet dabei die informative Nahtstelle in das angegliederte Bürgerzentrum mit vorgeschalteten Wartebereichen und verbindet in den nachfolgend situierten Foyer-und Wartebereich des multifunktionalen Sitzungsaales. Die neuen Räumlichkeiten für den Landrat liegen hierzu zentral und kurzwegig im 1.Obergeschoss.
Die dezentral situierten Treppenhäuser liegen als große Tageslichtfenster an den Flurenden und ermöglichen die geschoßübergreifende Verbindung und Flexibilität in der Raumnutzung- Zuordnung.
FREIRAUMKONZEPT- ÄUSSERE ERSCHLIESSUNG
Die neue Promenade funktioniert als Fußgängerverbindung der zur Altstadt ausgerichteten Bad Wörishofer Straße, und bildet einen großzügigen öffentlichen Raum im Stadtgefüge. Durch Bänderungen im Belag wird der Haupteingang besonders hervorgehoben, insgesamt wird jedoch die Nutzung der Promenade als Shared Space ermöglicht. An die Bürgermeister-Pernat-Straße schließt ein Wirtschaftshof an, auf dem Lieferfahrzeuge rangieren und anliefern können, aber auch Zugang zu Lagerflächen bekommen. Die Bürgermeister-Pernat-Straße kann dafür in Teilen rückgebaut werden, um sowohl dem Landratsamt, als auch der umliegenden Wohnbebauung eine grüne Standortqualität zu verleihen. Der Rückbau ist für den Entwurf jedoch als optional anzusehen, und verändert die Erschließungssituation nicht.
Die Innenhöfe bilden durch unterschiedliche hohe Vegetationsbänder flexible und ansprechende Aufenthaltsräume, die Rasenflächen, Stauden und Hecken enthalten, aber auch Auffangbecken, die zum Sammeln von Regenwasser genutzt werden können. Die modulare Parkierungsanlage erhält ein begrüntes Fassadenkleid.
BAUABSCHNITTE- TRAKTE
1. Bauabschnitt: Hier erfolgt die Komplementierung des 1. Hoftypus und die Anbindung an den Bestand mit zwei gläsernen, ablesbaren Gebäudefugen, sowie die Ausbildung des zentralen, neuen Haupt-Zuganges mit Bürgerzentrum und Sitzungsaal. Ein teilmodulares, erweiterbares Parkdeck im Bereich des BA2/3 stellt ausreichend und kurzwegig Stellplätze schon für den 1.BA zur Verfügung.
2. Bauabschnitt: Modulares Parkdeck und TG werden im Endausbau mit Gesamtstellplätzen anstatt der HW-Schule erweitert und von der Hallstadtstraße angedient. Ein neuer Bürotrakt als Gebäudewinkel wird mit südlichem Gelenk an die zentralen Raumbereiche angeschlossen, besitzt jedoch auch eine eigene innere Erschließung. Es entsteht die wegweisende, überdachte Promenade.
3. Bauabschnitt: Fertigstellung des Gesamtensembles mit Ringerschließung im EG bis 3. OG.
Beurteilung durch das Preisgericht
Der Entwurf überzeugt durch die Erweiterung des Bestandes zu einem gesamtheitlichen Gebäudekomplex und formt damit zwei neue gut dimensionierte Innenhöfe. Durch das Zurücksetzen der Volumina entlang der Hallstattstraße wird ein wohltuend guter Abstand zur südlich gelegenen kleinteiligeren Wohnbebauung geschaffen. Der dadurch entstehende Vorplatz beginnend an der Bad Wörishofer Straße weist gelungen auf den Haupteingang hin. Die Eingangssituation und die Adressbildung wird zusätzlich durch einen Gebäude Versprung und die 5-Geschossigkeit des Nord-Süd-Baukörpers markiert. Die weiteren Gebäudeteile bleiben angemessen 4-geschossig und schließen damit ablesbar an den Bestand an.
Nach Realisierung des 1. Bauabschnitts entsteht bereits eine klare Gesamtstruktur, mit einer Haupterschließung über die Süd-Ost-Ecke des gebildeten Blocks. Die Ergänzung und Erweiterung durch den 2. und 3. Bauabschnitt wäre aus städtebaulicher Sicht in einem Zug wünschenswert. Ob ein Rückbau der Bgm.-Pernat-Str. notwendig und machbar ist gilt es im Weiteren zu prüfen.
Durch das Abrücken des Parkhauses wird eine Nord-Süd-Durchquerung des Geländes möglich. Ebenso lässt der eigenständige Baukörper eine wirtschaftliche Realisierung erwarten. Bei zusätzlichem Grundstückszukauf wäre eine Erweiterung des Parkhauses Richtung Norden möglich. Durch die Platzierung des Parkhauses kann entlang der Hallstadtstraße unter dem aufgeständerten Baukörper der Haupteingang ebenfalls gut erreicht werden. Hier öffnet sich auch der östliche Innenhof gelungen zum öffentlichen Straßenraum.
Direkt aus dem Foyer im Erdgeschoss zugänglich ist der große Sitzungssaal ebenerdig zum Innenhof hin orientiert, geplant. Dadurch kann dieser barrierefrei und auch für Veranstaltungen leicht erreicht werden. Eine offene gewendelte Treppe führt gut sichtbar in die Obergeschosse und bietet gute Orientierungsmöglichkeiten. Die innere Erschließung der Büros wird im Wesentlichen durch mittig angeordnete Flure, die sich an den Enden zur Außenfassade öffnen und Sichtbeziehungen nach außen ermöglichen, gelöst. Die Anbindung an den Bestand erfolgt auf gleicher Ebene, was bei der Realisierung aufgrund der knappen Geschosshöhen im bestehenden Gebäude nicht einfach sein wird.
Die Lehrsäle sind im mittleren Riegel im 4. Obergeschoss (1. BA) angeordnet, die zusätzlich geforderten Räumlichkeiten befinden sich im 3. Obergeschoss mit Orientierung zum Innenhof. Allerdings ist hier die freie Grundrissnutzung durch die vorhandenen Stützen eingeschränkt. Die Raumhöhe könnte aufgrund der Lage im obersten Geschoss erhöht werden, was aber nicht dargestellt ist.
Die Konstruktion ist als Holz-Hybrid-Bau vorgesehen. Insgesamt kann mit diesem Beitrag eine nachhaltige, zukunftsorientierte Gesamtlösung erwartet werden. Durch die Erweiterung entsteht eine neue Gesamtstruktur mit angemessener städtischer Wirkung in allen Bauabschnitten.
©dürschinger architekten
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