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Offener Wettbewerb | 12/2021

Erweiterung Schulanlage in Erlen (CH)

1. Preis

Preisgeld: 40.000 CHF

Dominik Hutter Architekten GmbH

Architektur

Chaves Biedermann Landschaftsarchitekten

Landschaftsarchitektur

merz kley partner

Bauingenieurwesen

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Verfassenden analysieren die bestehende Anlage und deren Würdigung im ISOS auf überzeugende Weise. Sie erkennen den Wert der Anlage richtigerweise nicht im Einzelobjekt, sondern im Epochenverband von Schulhäusern aus anderthalb Jahrhunderten. In einer ortsbaulich mäandrierenden Gesamtform finden sie traumwandlerisch den richtigen Ort für einen Neubau: An der architektonisch unbefriedigend ausformulierten Ostseite der Aula setzen sie einen im Fussabdruck zur alten Turnhalle analogen Baukörper für das Kreativhaus. Und die Turnhalle wird sanft zu einer Bibliothek mit Mehrzweckräumen umgenutzt. Mit dem Neubau besetzen die Verfasser zwar wertvolle Pausenfläche, es gelingt ihnen aber das Kunststück, den «missing link» der Anlage zu identifizieren: Mit PLUG-IN fügen sie diesen fehlenden Baustein an der richtigen Stelle ein. Das überzeugt sowohl volumetrisch als auch aussenräumlich: Das alte Schulhaus wird respektiert, ja sogar gestärkt und die neu geordneten Freiräume weisen gute Proportionen auf. Die zentrale Wiese wird auf ideale Weise mit offenen Erdgeschossnutzungen aktiviert: Das neue Kreativhaus, mit dem auch ausserhalb des Schulbetriebs zugänglichen Maker-Space, offeriert auf der ganzen Länge eine gedeckte Laube. Und in der alten Turnhalle werden die flexibel nutzbaren Mehrzweckräume angesiedelt, die über den östlichen Eingang erschlossen, zweifellos auch zur Belebung des zentralen Freiraums beitragen. Der Grundriss des Kreativhauses zeichnet sich durch ein einfaches statisches System aus. Eine breite stützenfreie Mittelschicht sowie zwei schmale Gang- und Arbeitszonen entlang den verglasten Längsfassaden schaffen eine flexible Lernumgebung. Der Neubau in hybrider Holzbauweise stellt eine zweckmässige Baustruktur zur Verfügung, die auch für die Anpassung an künftige Bedürfnisse gewappnet ist. Die transparent gestaltete Gebäudehülle ist architektonisch gut durchgearbeitet und wirkt einladend offen. Statt der im Norden platzierten Nutzung für Toiletten und Aussengeräte, könnte ein gedeckter Pausenplatz den Verlust an Aussenfläche mindern und gleichzeitig die wichtige Wegverbindung zum Oberstufenschulhaus akzentuieren. Denkmalpflege Das Projekt zeichnet sich durch einen sehr sorgfältigen Umgang mit der Substanz und Struktur des Bestandes aus. Das in die Halle eingestellte Bibliotheks-Podest lässt die Wahrnehmung des Hallencharakters in grösstmöglichem Mass weiterhin zu. Der Rückbau störender Anbauten und Vermauerungen ist zu begrüssen. Insgesamt beinhaltet dieses Projekt eine unangestrengte Weiter- und Umnutzung eines erhaltenswerten Gebäudes unter Wahrung seiner Denkmaleigenschaften. Das neue Gebäudevolumen des Kreativhauses fügt sich in die orthogonale Grunddisposition des ganzen Campus ein. Er bildet ein identisch ausgerichtetes Vis-à-Vis zur Turnhalle und rahmt den zentralen Grünbereich. Die heute wenig gestaltete Schmalseite (Ostfassade) des an den Hartplatz anschliessenden L-förmigen Oberstufenschulhauses verliert ihre den Ort wenig vorteilhafte dominierende Präsenz und wird durch einen gut gestalteten, vorgelagerten Körper abgelöst. Dieser strukturiert das heutige Kontinuum von vegetativer und versiegelter Fläche und formt zusätzlich einen eigenen kleinen Hartplatzhof, der sich damit deutlicher als heute von der zentralen Grünfläche mit ihrem alten Baumbestand abhebt. Aussenraumgestaltung Als prägender Eingriff in die Schulanlage wird eine Umorganisation der Parkierungssituation vorgeschlagen. Damit wird das Innere der Anlage mit klaren Zonierungen neu und klar gegliedert sowie überzeugend proportioniert: Zwischen dem Neubau und der alten Turnhalle wird das zentrale Rasenspielfeld aufgewertet, indem es durch eine Verlängerung gegen Westen vergrössert wird und sich als grüne Mitte aufgespannt. Die grüne Mitte findet formal eine Verlängerung zur Strasse, das alte Schulhaus wird auf einen Teppich aus Kies gesetzt. Damit gelingt es den Verfassenden zwei gleichwertige Einfahrten und Fusswege in die Anlage zu führen und binden diese selbstverständlich an das bestehende Wegenetz an. Zur Strasse wird damit das alte Schulhaus freigespielt und von zwei Vorplätzen, bzw. Parkierungsanlagen flankiert. Die Verfassenden reagieren darauf mit einer sinnfälligen Erweiterung der Baumreihe an der Hauptstrasse. Die Grüneinfassung der Parkfelder orientiert sich noch zu fest an einer Verkehrs- statt einer Schulanlage, auch die freien Platten wirken vor dem alten Schulhaus noch etwas hilflos. Auf der Ostseite der heutigen Turnhalle wird der abgesenkte Bereich ausgebaut, begrünt und mittels Sitzstufen als attraktiver Aufenthaltsort aktiviert. Weiter werden auf dem Areal an verschiedenen Orten Spielbereiche punktuell aufgewertet und die Anlage mit Hecken gesäumten Aussenklassenzimmern ergänzt. Raumkonzept Durch die flexiblen Nutzungsmöglichkeiten entspricht das Kreativhaus der Makerspace- Idee weitestgehend. Die dafür vorgesehenen Flächen sind im Erdgeschoss angeordnet. Die Räume für das textile, technische und bildnerische Gestalten sowie der Lehrerbereich sind in den zwei darüber liegenden Obergeschossen organisiert. Die alte Turnhalle ist übersichtlich ausgebaut und grosszügig gestaltet. In der alten Turnhalle finden sich vielfältige Möglichkeiten für den Aufbau und die Entfaltung der Tagesstrukturen. Im Erdgeschoss sind die Garderoben, der Bewegungsraum und der Aufenthaltsraum angeordnet. Die Räumlichkeiten für die Kita sowie der Themen- und Besprechungsraum sind im 1.Obergeschoss untergebracht. Das restliche Raumangebot für die familienergänzende Betreuung ist im Sockelgeschoss organisiert. Ostseitig wird die bestehende Abgrabung für die Belichtung der Räume im Sockelgeschoss weiter abgegraben und mit einer flachen Böschung mit integrierten Sitzstufen vergrössert. Die Aufteilung des Raumprogramms in zwei Gebäude hat aber auch betriebliche Nachteile: Sowohl die Bibliothek als auch die Begegnungsräume in der alten Turnhalle sind nicht direkt mit dem Makerspace im Kreativhaus verbunden. Das Projekt scheint aber in der Auslegung des Raumprogramms noch Potenzial für betriebliche Optimierungen zu haben. Gesamtwürdigung PLUG-IN ist ein Vorschlag, der vieles unter einen Hut bringt: Die kontinuierlich gewachsene Schule wird auf feinsinnige und selbstverständliche Weise weiter gebaut. Das Projekt scheint auch das Potenzial zu haben, eine neue Lesart des Areals zu ermöglichen: Ein Schulcampus nämlich, der sich durch Vielfalt, Durchlässigkeit und Abwechslungsreichtum auszeichnet. Diese neu geschaffenen Qualitäten sollten die leichten betrieblichen Nachteile und den Verlust an Pausenfläche mehr als wett machen.