Einstufiger, nichtoffener Realisierungswettbewerb | 07/2024
Erweiterung und Neubau Sporthalle Heinrich-Suso-Gymnasium Konstanz
©ATP architekten ingenieure
Anerkennung
Preisgeld: 13.500 EUR
Architektur, Tragwerksplanung, TGA-Fachplanung
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Verfasser:
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Mitarbeitende:
Modellbau
Erläuterungstext
Der Wettbewerbsbeitrag für das Heinrich-Suso-Gymnasium in Konstanz sieht eine Erweiterung der Schulgebäude und den Neubau einer Dreifeld-Sporthalle vor, die auf die Bedürfnisse von Lehrenden und Schüler:innen abgestimmt sind und zukünftige Anpassungen ermöglichen. Das Konzept besteht aus zwei separaten Bauvolumen für die unterschiedlichen Nutzungen: Fachräume und Sporthalle. Diese Volumen sind versetzt angeordnet und fügen sich harmonisch in den städtebaulichen Kontext ein. Sie schaffen Freiflächen mit unterschiedlichen Aufenthaltsqualitäten und integrieren vorhandene Bäume und Hecken. Die Grünflächen dienen auch als Sportflächen und zur Regenwasserbewirtschaftung.
Das Freiraumkonzept umfasst topografische Anpassungen, eine extensive Begrünung der Gebäude sowie eine klare Wegeführung über den Campus. Unter einer alten Linde wird ein Kunstgarten eingerichtet, der Raum für kreative Aktivitäten bietet. Das Ziel ist eine grüne, wandelbare und ökologisch funktionale Schulumgebung, die Kommunikation fördert und den Campus als nachhaltigen Lebensraum etabliert.
Der Entwurf erfüllt hohe ökologische, ökonomische und soziale Anforderungen. Dazu gehören die Auswahl umweltfreundlicher Materialien, der Einsatz erneuerbarer Energien sowie die Minimierung der Lebenszykluskosten durch effiziente Gebäudegestaltung, großzügige Verglasungen und extensive Begrünung. Holz wird als natürliches Material für die Fassaden verwendet, insbesondere bei der Sporthalle, um eine warme, einladende Atmosphäre zu schaffen.
Eine funktionale, nachhaltige und ästhetische Fassadengestaltung unterstreicht den Lebensraum-Charakter der Schule. Ein vorgelagertes Stahlgerüst mit variabler Ausfachung dient bei den Neubauten als Stütze für Begrünungen und Sonnenschutz. Eine Pergola verbindet beide Neubauten und schafft einen harmonischen Übergang zwischen ihnen.
Beurteilung durch das Preisgericht
Die Arbeit 1005 basiert auf der Grundidee, die beiden unterschiedlichen Nutzungen von Unterricht und Sport in zwei separaten Baukörpern zu verorten, die einer jeweils aus ihren Nutzungen entsprechenden Typologie erwachsen und den Abmessungen und Gesetzmäßigkeiten ihrer Funktion folgen.
Mit der vor- und zurückspringenden städtebaulichen Setzung der beiden Neubaukörper von Fachklassentrakt und Sporthalle überraschen die Verfasser zunächst, die Situierung wird jedoch sowohl aus der räumlichen Verknüpfung mit dem Innenhof der denkmalgeschützten Bestandsschule als auch aus den sich ergebenden differenzierten Freiflächenangeboten gut nachvollziehbar. Bedauert wird, dass die Sporthalle hierdurch etwas abgerückt im Gesamtkonzept platziert wirkt. Die Abstände zwischen den Neubauten und zum Mensabau erscheinen räumlich jedoch sehr knapp.
Der nach Norden ausgerichtete Kunsthof bietet eine geschätzte freiräumliche Ergänzung zu den Kunstfachräumen im Inneren. Im Süden wird die Topografie mit Sitzstufen aufgenommen, wodurch ein grünes Klassenzimmer entstehen kann und die Zugänglichkeit zum Fahrradkeller über eine Rampe hergestellt wird. Der am Zugang zur Sporthalle an der Eichhornstraße situierte Allwetterplatz liegt gut von außen zugänglich, eingebettet in den umliegenden Grünraum.
Der Zugang zum Fachklassentrakt liegt folgerichtig an der Kamorstraße zum Innenhof des Denkmals orientiert und respektiert damit die Hauptadresse der Schule am Bestand. Die durchgesteckte erdgeschossige Erschließungszone bietet eine großzügige Eingangsgeste, gute innenräumliche Orientierung und kurze Wegeverbindung zum dahinter liegenden Zugang zur Sporthalle.
Die nord-süd ausgerichteten Fachklassenräume überzeugen durch gute, nutzungsneutrale Raumproportionen, richtige funktionale Zusammenschlüsse und insbesondere im Obergeschoss ein angemessenes, gut belichtetes Angebot an Differenzierungsflächen. Die vorgelagerten Balkone nehmen die notwendigen Fluchtwege und Treppen auf und bieten einen ergänzenden baulichen Sonnenschutz. Die Anbindung an den Mensabau mittels Steges und Rampen erscheint möglich.
Eine Aufstockung um ein weiteres Klassengeschoss ist denkbar, bringt aber erhöhte Anforderungen an den Brandschutz mit sich.
Das zwischen den recht eng zueinanderstehenden Neubaukörpern aufgespannte Dach markiert den separaten Zugang von Norden zur Halle. Auch wenn das Dach einen gewünschten Wetterschutz bietet, wirkt es jedoch in seiner Größe übertrieben und in seiner architektonischen Ausformung gegenüber der Struktur der neuen Fassaden fremd.
Die Grundrissorganisation der Sporthalle mit Foyer, Küche, Umkleiden und Zuschauerbereich auf einer erdgeschossigen Galerieebene und der eingegrabenen Sportfläche mit Nebenräumen und Fahrradkeller im UG ist räumlich gut gelöst. Die Technikflächen und die Flächen für Fahrräder unterschreiten die Anforderungen jedoch noch deutlich. Die Einhaltung der notwendigen Abstandsflächen der Sporthalle nach Osten ist leider nicht erfolgt.
Die vorgeschlagene Holz-Hybrid Konstruktion mit vorgelagerter zweiter Schicht als leichter Stahlkonstruktion erscheint konstruktiv nachvollziehbar und zeigt sich materialgerecht in den vorgeschlagenen Spannweiten und der rhythmisierten Ausgestaltung der Fassaden.
Verglaste und geschlossenen Bauteile charakterisieren in unterschiedlicher Ausformung die Nutzungen von Unterricht und Sport, wobei die Tageslichtversorgung und die Nutzung solarer Gewinne aufgrund niedriger Fensterflächenanteile und der Balkone noch optimierbar erscheint.
Bezüglich ihrer Kenndaten liegt die Arbeit im durchschnittlichen Bereich und lässt eine wirtschaftliche Umsetzung erwarten.
Für die Sporthalle sind für die Dachkonstruktion Satteldachbinder aus Brettschichtholz als Vollwandträger im relativ großen Abstand von ca 7.5 m vorgesehen. Dies macht eine leistungsfähige Sekundärkonstruktion in der Fläche erforderlich. Hierfür schlagen die Verfasser eine relativ dicke Brettsperrholzplatte vor. Leider gibt es keine Aussagen zu den zu erwartenden Dimensionen der gesamten Dachkonstruktion.
Für die Geschossdecken wird eine HBV-Konstruktion mit ca. 240 mm Gesamtbauhöhe auf Unterzügen vorgeschlagen. Die Trägerplatte ist dabei in Brettsperrholz vorgesehen. Dies ermöglicht eine flächige Untersicht, jedoch kann damit leider nicht die Speichermasse der Betonschicht aktiviert werden.
Bei dem dreigeschossigen Schulgebäude wird die Geschossfußbodenhöhe von 7 m überschritten.
Damit fällt das Gebäude leider brandschutztechnisch in die GK 4 und erfordert höhere Aufwendungen für die Umsetzung der Brandschutzanforderungen. Dies gilt auch für die geplante Aufstockung.
Die vorgestellten Flucht- und Revisionsbalkone sind als eigenständige Stahlkonstruktion vorgesehen. Dies ist hinsichtlich der Dauerhaftigkeit und der Wartungsintervalle konstruktiv richtig.
Insgesamt stellt die Arbeit einen guten, der Aufgabenstellung angemessenen Beitrag dar, der in seiner räumlichen Orientierung zum Bestand und in seiner inneren Organisation zu überzeugen weiß, jedoch städtebaulich aufgrund der knappen Gebäudeabstände kritisch bewertet wird.
©ATP architekten ingenieure
©ATP architekten ingenieure
Grundriss EG
©ATP architekten ingenieure
Grundriss OG
©ATP architekten ingenieure
Grundriss UG
©ATP architekten ingenieure
Lageplan