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Mehrfachbeauftragung | 06/2020

Erweiterung Wohnquartier Heinestraße in Darmstadt

Perspektive aus dem gewachsenen Grünraum

Perspektive aus dem gewachsenen Grünraum

1. Rang

MJRM Mijaa Raummanufaktur Architekten

Architektur

Förder Landschaftsarchitekten

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

Entwurfsprägende Gedanken & Leitideen

1. Freiraumdimension und Baumbestand im Osten erhalten!
Der weitläufige Freiraum sowie der eingewachsene Baumbestand im Osten werden innerhalb der sich verdichtenden Stadt als enormes Potential und als wesentlichste Qualitäten des Ortes anerkannt und müssen aus allen Wohnungen der bestehenden Zeilenbauten erlebbar bleiben. Nicht als Ausschnitt, sondern als Panorama.

2. Konzentration der Neubaumasse – »Wohnen im Park« statt »Wohnen im Zeilenzwischenraum«!
Der offene Grünraum zwischen den bestehenden Zeilen soll in seiner Weitläufigkeit unbedingt erhal- ten und als parkartiger Grünraum hochattraktiv gestaltet werden. Dies führt zu einer Konzentration der Baumasse im Westen. Hierüber wird eine Stärkung des Straßenraums sowie der Erhalt des weit- läufigen Freiraums erreicht.

3. Maßstabslosigkeit der Zeilenbauten an den Ort überführen!
Die maßstabsbezogene Kollision der Zeilen und Einfamilienhäuser wird mittels zweier neuer »Höhen- horizonte« an den Ort überführt: Sockelgeschosse und niedrige Infrastrukturen binden nach Westen an, die Viergeschossigkeit der Neubauten schreibt einen spannungsvollen Rhythmus aus 1-, 4- und 5,5-Geschossigkeit in die Heinestraße ein.

4. Kein Vis-a-vis! Erhalt aller Ausblicke und Freiraumbezüge der Bestandszeilenwohnungen
Die Neubauten werden so geschliffen, dass sie alle Blicke aus den Bestandswohnungen nach Osten auf die Baumkronen und nach Westen zur Abendsonne freilassen. Spannende, diagonale Blicke zu mehre- ren Seiten werden aus den Bestandswohnungen möglich und ein paralleles, beengendes und unattrak- tives Vis-a-vis der Zeilen- und Neubauten vermieden.

5. Neubauten als zurückhaltende Körper im Zeilengefüge!
Die Neubauten versuchen sich nicht darin, der räumlichen Wucht der bestehenden Zeilenbauten eine eigene, den Zwischenraum dann erdrückende Präsenz entgegenzusetzen. Sie reduzieren mittels ihrer geschliffenen Figur ihre Fassadenlängen stark und suchen mitsamt der stehenden Fenster, begrünten Fassaden und der differenzierten Materialisierung und Farbigkeit die behutsame Einbindung in den Baumbestand und Grünraum.

6. Gemeinsame Zugangs- und Begegnungsräume!
Entgegen der typologischen Annahme einer Erschließung von Norden werden die Neubauten von Sü- den erschlossen. Dadurch entsteht ein gemeinsamer, langgestreckter Zugangsplatz von Bestandszeile und Neubau. Hier ist Raum für Begegnung, Verweilen, Nachbarschaftsfeste, Petanque und Kinderspie- len. Bänke, Gemeinschafts- und Werkräume und kleine Infrastrukturpavillons straßenseitig beleben diesen Raum.

7. Einfachste Bauweise erzeugt flexibelste Nutzungsvielfalt!
Ein einfaches konstruktives Prinzip gewährleistet die Wirtschaftlichkeit und Umsetzbarkeit der ge- schliffenen, geschmeidigen Grundfigur der Neubauten: Das Gebäude setzt sich aus einer Hülle und einem nach Innen extrudierten Kern zusammen, welcher an jeder Stelle parallel zur Fassade steht. Dies ermöglicht immer gleiche Spannweiten der Decken zwischen Hülle und Kern. Mittels dieses sta- tischen Systems sind alle Raumtrennwände senkrecht zur Fassade optional, von ganz offenen bis hin zu verkammerten Grundrissen ist jede Grundrissflexibilität möglich.

Beurteilung durch das Preisgericht

Mit einem sehr eigenständigen Entwurfsansatz mittels polygonaler Punktbauten wird eine präzise Setzung zwischen den Bestandszeilen erreicht. Die Form ist überzeugend aus den Randbedingungen abgeleitet. Über einen hofartigen Zugangskorridor werden Bestandszeilen und Neubau zu einer Hausgemeinschaft zusammengebunden, es entsteht ein guter Raum für die alltägliche Begegnung. Folgerichtig erfolgt der Zugang in die Neubauten von Süden in einen innenliegenden atriumartigen Erschließungsraum. Im EG ist an dieser Stelle eine Sondernutzung und teilweise ein Gemeinschaftsraum vorgesehen, die für ein soziales Miteinander gut genutzt werden können. Die EG-Wohnungen liegen auf einem Hochparterre und erhalten damit eine gute Privatsphäre. Die Wohnungsgrundrisse sind innovativ und eine Varianz in der Aufteilung ist aufgezeigt. Die Freiräume sind von hoher räumlicher Qualität und Nutzbarkeit. Die Fahrräder sind in Pavillons im rückwärtigen Bereich angeordnet, sind jedoch hinsichtlich ihrer Positionierung noch flexibel. Die Positionierung der Müllboxen zwischen Bestand und Neubauten an der Gehwegkante sollte überprüft werden. Der vorhandene querende Fußweg wird durch einen Gemeinschaftshof geführt. Im Zusammenspiel mit dem vorgestellten Gemeinschaftspavillon wird das Potential eines platzartigen Bewohnertreffpunkts nur zaghaft angedeutet. In dem Zusammenhang sollte die angebotene Solitärlösung für den Gemeinschaftsraum noch einmal hinterfragt werden. Die Idee, eine eingeschossige und halbgeschossig abgesenkte Parkebene im Süden mit einem Wohngebäude zu überbauen, ist ein guter Ansatz. Man kann sich hier jedoch durchaus ein höheres Gebäude vorstellen. Die Grundrissorganisation als Studentencluster mit Innenhöfen in Verbindung mit einer Laubengangerschließung ist zu kompliziert gedacht. Hier sollte über Alternativen mit einem der Auslobung entsprechenden Wohnungsmix nachgedacht werden. Im Realisierungsteil wird eine Hybridbauweise mit Stahlbetonkern und Holzrahmenbau geschaffen. Die Fassade wird gegliedert durch vertikale Fensterelemente und horizontale Geschossbänder. Die Notwendigkeit, die Loggiengeländer als „dekoratives“ Fassadenelement durchlaufen zu lassen, erschließt sich aus funktionaler Sicht nicht. Die Architektur bedingt eine präzise Planung und Durcharbeitung des reproduzierbaren Grundmoduls. Die Fassaden sind von hoher gestalterischer Qualität. Hinsichtlich der Gesamtwirtschaftlichkeit liegt die Arbeit nach erster Einschätzung im oberen Bereich. Die Gesamtzahl der Wohnungen liegt leicht über dem Durchschnitt aller Arbeiten. Insgesamt besticht der Entwurf durch seine präzise städtebauliche Setzung mit gut proportionierten Freiräumen. Die Erschließungsräume und die Wohnungsgrundrisse versprechen eine hohe Wohnqualität.