Nichtoffener Wettbewerb | 10/2024
Freiraumplanung Hohenlimburg an die Lenne
©TREIBHAUS
Anerkennung
Preisgeld: 7.000 EUR
Visualisierung
Erläuterungstext
HAGEN HOHENLIMBURG AN DIE LENNE von sechs Orten zu einem Zentrum
Zwischen dem Schlossberg und dem Ufer der Lenne befindet sich das gründerzeitliche Innenstadtensemble von Hohenlimburg. Die ehemals selbstständige Stadt ist geprägt von der Nähe zum Wasser und umrahmt von einer Landschaft aus Bergen, Buchenwäldern und Schlössern. In dem Spannungsfeld dieser Geschichtslandschaft verwebt der neue Freiraum die einzelnen Teilbereiche der Innenstadt zu einem gemeinsamen, lebendigen Zentrum und bringt die Stadt zurück an das Ufer der Lenne. Neue Qualitäten und Nutzungen integrieren sich in einer vermittelnden Gestaltsprache in das Stadtbild, während historische und identitätsstiftende Merkmale der Stadt neu inszeniert werden. Zentrales Gestaltungselement der Fußgängerbereiche ist ein einheitlicher Pflasterbelag, der die Orte optisch vereinheitlicht und ein zusammenhängendes Zentrum schafft. Um die Innenstadt als soziales Zentrum der Stadt zu stärken, wird der ruhende Verkehr auf dem Rathausvorplatz abgewickelt.
Rathausvorplatz - „Wedding and ride“
Das Rathaus ist, durch eine Vielzahl an Nutzungen und Dienstleistungen, ein wichtiger Knotenpunkt der Innenstadt mit vielen Anforderungen, welcher für alle gut erreichbar sein muss. Die Stellplätze und Zufahrten werden neu organisiert und auf ein verträgliches Maß reduziert. Neue Grünflächen und Baumstandorte durchsetzen die bisher vollversiegelte Stellplatzfläche und schaffen eine angemessene Trennung zwischen Besuchenden und Verkehr. Aus der grünen Rahmung des Rathausvorplatzes heben sich die historischen Platanen hervor. Um diese Naturdenkmäler auch zukünftig erlebbar zu machen, werden sie in die Gestaltung integriert und ihr Standort verbessert.
Vor dem Rathaus entsteht ein offener Ankunftsort. Neue Qualitäten bilden einen repräsentativen Raum der für Hochzeitsgesellschaften und schaffen eine perfekte Fotokulisse. Stadtmöbel und eine großzügige Grünfläche laden zum Verweilen ein und vermitteln eine ruhige Atmosphäre. Die großen Stufen vor dem Haupteingang werden durch einen barrierefreien Zugang erweitert.
Pavillon an der Freiheit - auf zur neuen Freiheit
Der Pavillon an der alten Blutbuche ist Teil des Stadtensembles, liegt aktuell jedoch abgeschnitten von der Freiheitstraße und am Rande des Stadtzentrums. Aufgrund des geringen Verkehrsaufkommens der Einbahnstraße und ihrer trennenden Wirkung im Stadtgefüge, wird die Freiheitstraße in Pavillonnähe zu einem „Shared Space“ umgewidmet. Die einspurige Fahrbahn wird lediglich durch Pflasternägel markiert sowie die Platzflächen durch eine Aufpflasterung zusammengezogen. So werden Niveauunterschiede abgebaut, um eine durchgängige Barrierefreiheit zu gewährleisten und den Pavillon dauerhaft mit der Innenstadt zu verknüpfen. Die dem Pavillon vorgelagerten Stellplätze entfallen und werden durch kühlende Grünflächen und schattenspendenden Bäume ersetzt, um ein angenehmes Klima an heißen Tagen zu schaffen. Durch eine leichte Anpassung der Verkehrslinie wird der Wurzeldruck der Blutbuche deutlich reduziert, die Baumscheibe vergrößert und so der Standort des Naturdenkmals geschärft.
Limburger Freiheit- von der Straße zum Entrée
Die Limburger Freiheit mit seinem Färberbrunnen bildet das Entrée der Innenstadt - das Bindeglied zwischen Rathaus, Pavillon und Fußgängerzone. Große Baumgruppen rahmen den dreiseitigen Platz. Die Gestaltsprache löst sich vom ehemaligen Straßenverlauf ab und öffnet den Platz in alle Richtungen. Eine Aura rahmt die baumüberstandenen Grünflächen und nimmt die Sitzmöbel auf, welche zum verweilen und beobachten des Stadttreibens einladen. Der Färberbrunnen verbleibt an gewohnter Stelle, wird durch die Gestaltung neu inszeniert und trägt so zu einer erlebbaren Historie der Stadt bei.
Die Fußgängerzone wird durch gezielte Setzungen aufgewertet. Kleinere Grünflächen und Baumneupflanzungen leiten durch die Gassen, einheitliche Sitzmöbel sorgen für den nötigen Comfort und laden zu einem langen Bummel ein.
Markt (Limbo) - vom Markt-/Parkplatz zum Pocket Park
Der alte Markt hat schon längst nicht mehr den Charakter eines Marktes. Umgeben von Häusern bietet er eine vollständig versiegelte Fläche, welche von ruhendem Verkehr geprägt ist. Nur wage lässt sich ein Durchgang zur Lenne erahnen. Mit dem Konzept einer autofreien Innenstadt Hohenlimburgs, lässt sich der Markt in seinem Zustand nur schwer vereinen.
Die Gestaltung des neuen Marktes integriert eine grüne Verbindung von der Innenstadt zur Lenne. Baumüberstandene Sportbereiche und ein großer Abenteuerspielplatz inmitten eines Wäldchens schaffen vielfältige Nutzungen und verleihen dem Markt neues Leben. Üppige Grünflächen rahmen den grünen Raum und erzeugen einen Parkcharakter. Der „Limbo Spielplatz“ ist eine Abenteuerstadt in der Stadt. Er spricht mit kleinen Spielhütten und natürlichen Holzelementen eine Einladung zum Klettern, Rutschen und Balancieren an alle Altersgruppen aus und fügt sich, wie selbstverständlich, in den neuen Markt ein.
Brucker Platz - lebendiges Zentrum an der Lenne
Durch das Entfallen des Umspannwerkes ergibt sich eine weite Platzfläche mit direktem Bezug zur Lenne. Dieser multifunktionale Stadtplatz, der Brucker Platz, bietet ausreichend Fläche für Stadtfeste, Märkte und Veranstaltungen. Im Zentrum des Brucker Platzes liegt eine großzügige Fläche aus wassergebundener Wegedecke. Außerhalb von Veranstaltungen ist der Platz einen Ort der Selbstgestaltung. „Freie Möbel“ ermöglichen eine individuelle und multicodierte Nutzung der Fläche. Ein großes Fontänenfeld auf dem Platz sorgt für Abkühlung im Sommer und lädt bei warmen Temperaturen zum Spielen ein. Die aktuell zwischen dem Brucker Platz und der Lenne verlaufende funktionale Hochwasserschutzmauer wird in Teilen rückgebaut und durch einen alternativen, neugedachten und multifunktionalen Hochwasserschutz ergänzt - die „Hohe Limburger Welle“. Beidseitige Sitzstufen schaffen Sichtbezüge zum Brucker Platz, als auch zur Lenne mit ihrer aktiven Wildwasserstrecke. Der geschwungene Baukörper verbindet spielerisch die Altstadt mit der Lenne und fügt sich dabei behutsam in den Bestand ein.
Durch Unterbrechungen der Sitzmauern entstehen Raum für schattenspendende Bäume und Habitate entlang des Ufers. Zwei barrierefreie Zugänge machen die Welle für alle zugänglich. In Hinsicht auf die Zunahme von Starkwetterereignissen, wurde auf die generelle Öffnung des Hochwasserschutzes verzichtet. Als Teil der Infrastruktur erfüllt die Hohe Limburger Welle technische Belange und macht zudem die Stadt und den Flussraum erlebbar. Morgendlich Sportübungen auf der Treppe am Lenneufer, mittags die Pause in der Sonne genießen und abends mit Freunden auf dem Brucker Platz ein Konzert erleben.
Lenne-Ufer - wo die Stadt an den Fluss fließt
Das Ufer der Lenne liegt schon lange isoliert vor dem Herzen der Stadt und bietet nur wenige aktive Nutzungen sowie Stadtbezüge mit geringer Qualität. Westlich der Welle öffnet sich der Hochwasserschutz und der bisher zu schmale Zugang von der Innenstadt zur Lenne wird zu einem repräsentativen Entrée. Der Lenne-Radweg wird an dieser Stelle mit der Stadt verwoben. Ebenso öffnet sich kleiner Ankunftsort für alle Wassersportbegeisterte. Auch der Pflasterteppich der Innenstadt folgt der Öffnung an den Fluss und zieht beide Bereiche optisch zusammen. Weiterhin ist der Kanuclub für Fahrzeuge von Westen über den Rathausvorplatz zu erschließen. Eine vorgelagerte befestigte Fläche steht bei Lagerung, Wartung und Vorbereitung der Kajaks/Kanus zur Verfügung und schafft gleichzeitig eine dem Kanuclub zugehörige Außenfläche. Der Lenne-Radweg legt sich behutsam in das Profil der bestehenden Erschließung und erhält die Wiesenvegetation entlang des Ufersaums. Die Wiese mit ihren Sitzelementen entlang der Wildwasserstrecke kann während Veranstaltungen von Zuschauenden als Tribüne genutzt werden. Ebenso lädt sie zum Verweilen am Wasser ein und bietet ausreichend Platz für das zu Wasser lassen der Sportkanus.
Beurteilung durch das Preisgericht
Der Entwurf bezieht den gesamten Innenstadtbereich bis zum Markt und über die Gaußstraße mit einer einheitlichen Belagsfläche ein. Der Rathausplatz ist als „Wedding & Ride Fläche“ konzipiert; durch Neuorganisation und Entsiegelung soll er eine „angemessene Trennung zwischen Besuchenden und Verkehr“ schaffen. Diese Idee wird vom Preisgericht jedoch in Frage gestellt, da der Entwurf weiterhin drei Fahrspuren vorsieht und der Platz vor allem als gestalterisch optimierte Stellplatzfläche erscheint. Dies reduziert die Freiraum- und Aufenthaltsqualitäten erheblich und macht eine multifunktionale Nutzung fraglich.
Für den alten Markt ist ein Spiel- und Aktivpark geplant, der durch viele Baumpflanzungen als überladen wahrgenommen wird. Ein weiterer Aktivpark ist südlich in Richtung Limburger Freiheit vorgesehen, und zusammen mit dem Brucker Platz soll er zusätzliche Spiel- und Aufenthaltsflächen bieten. Die Jury empfindet das Angebot an differenziert nutzbaren Freiflächen als überbordend und bewertet deren zukünftige Nutzung als fragwürdig.
Amorphe Pflanzinseln, sogenannte „Stadtoasen“, führen Besucher entlang der Freiheitsstraße durch die Fußgängerzone bis zum Markt. Die Form und Ausrichtung dieser Inseln orientieren sich an Gebäudeversprüngen und bieten zusätzliche Sitzmöglichkeiten. Die Erschließung über die Freiheits-/Preinstraße ist als Shared-Space-Lösung vorgesehen, jedoch fehlt der geforderte Wendekreis an der Langenkamp-Straße, was technisch zwar machbar, aber im Entwurf nicht berücksichtigt wurde.
Eine wesentliche Herausforderung des Entwurfs ist das Fehlen einer detaillierten Höhenabwicklung. Dies erschwert die Bewertung der Ufergestaltung, insbesondere im rückwärtigen Bereich des Rathauses entlang der sogenannten „Limunade“ und der vorgesehenen Hochwasserschutzmaßnahmen. Für den Bereich der „Limburger Welle“, einer Aufenthaltsfläche mit Sitzstufen und Holzauflagen, sind zwar Rampenanlagen angedacht, doch fehlen weiterführende Details. Das grundsätzliche Konzept des Hochwasserschutzes ist nachvollziehbar, allerdings bleibt die Stimmigkeit der Planung ohne Höhenangaben unklar. Auch die geplante Öffnung des bestehenden Hochwasserschutzes erscheint überdimensioniert.
Insgesamt lässt der Entwurf trotz einer großen gestalterischen Vielfalt technische Tiefe vermissen und wirft in mehreren Bereichen offene Fragen auf.
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