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Nichtoffener Wettbewerb | 09/2024

Fünfter Erweiterungsbau Deutsche Nationalbibliothek Leipzig

Visualisierung Deutscher Platz

Visualisierung Deutscher Platz

1. Anerkennung

Preisgeld: 10.000 EUR

Waechter + Waechter Architekten BDA PartmbB

Architektur

merz kley partner

Tragwerksplanung

Müller-BBM Building Solutions GmbH

Bauphysik

gbm modellbau gmbh

Modellbau

PONNIE Images

Visualisierung

Erläuterungstext

Weiterbauen
Das Magazingebäude erweitert wie selbstverständlich den Bestand, schreibt die typologische Struktur von Oskar Pusch fort, nimmt die Traufhöhen des Bestands auf und vervollständigt die konkav gekrümmte Raumkante zum Deutschen Platz. Eine aus dem Sockel modellierte Sitzbank lädt ein zum Verweilen und Treffen vor oder nach dem Besuch der Nationalbibliothek. Senkrecht dazu, plastisch abgesetzt zitiert ein angemessener und prägnanter Hochpunkt die gegenüberliegenden Kantenlängen in Breite, Länge, Höhe und Proportionen und artikuliert zugleich die Bedeutung des Magazins als Gedächtnis und Spiegel der nationalen Kultur. Der Lesesaal bleibt freigestellt, der grüne Raum entlang der Philipp-Rosenthal-Straße wird geringfügig unterbaut.
An der Schnittstelle der Baukörper erschließen zentral gelegen zwei benachbarte, redundante Aufzugs- anlagen, sowie zugeordnet eine zweiläufige Treppe, alle Ebenen und Funktionsbereiche. Schwellenlos schließen die neuen Magazine in Ebene 2 und 4 an den Bestand an. In Korrespondenz zu der letzten Erweiterung geringfügig abgerückt, bleibt die Giebelseite und damit auch die neun achteckigen Ornamente sichtbar. Über Ausgleichsstufen ist auch das Untergeschoss zweifach angebunden.

Maßordnung
Aus der idealtypischen Auslegung der Rollregale für Schrift, Bild und Ton, der Bewegungsflächen und der Größe der Brandabschnitte wird die Maßordnung und die Raumproportionen des neuen Speichers abgeleitet. Die Magazinflächen oberhalb des Kerns mit den beiden redundanten Aufzügen sind in 3 Sektionen, die untere in 2 Sektionen, geteilt.

FTS
Alle Ebenen sind maszgleich ausgebildet, so dass die Flächen wechselnd belegt werden können. Die Bereiche mit hohen Zugriffshäufigkeiten, die mit einem fahrerlosen Transportsystem (FTS) ausgestattet werden sollen, sind in Nähe des Übergangs in den oberen Ebenen angeordnet mit vorgelagerten Kommissionier- arbeitsplatz sowie Warte- und Ladestation.

Anliefern
Zu dem Parkplatz orientiert und einfach anzufahren, liegt der überdachte Verladebereich mit der Lkw- Rampe. Daran schließt die kulturhistorische Sammlung des DBSM sowie eine Werkstatt für Kleinreparaturen der Bücherwagen und der Rollregalanlagen an. Die Andienung über den Posthof wird gegenüber dem jetzigen Bestand geringfügig erweitert und damit vereinfacht.

Ressourcenschonend in Holz
Aus den Anforderungen an Nachhaltigkeit, Schonung der natürlichen Ressourcen und Zirkularität ist die Tragstruktur unter Berücksichtigung der hohen Nutzasten und Anforderungen der Rollregalanlagen an Durchbiegung in Holz gedacht, die Sockel und die Untergeschosse sind aus Recyclingbeton konzipiert. Die quer zu den Rollregalanlagen spannenden Balkendecken liegen auf Primärträgern aus Baubuche auf, die in der Achse der Brandabschnitte und der Standregale sinnfällig gestützt werden. Die zweilagige Ausbildung ermöglicht die Zu- und Abluft in die Balkenzwischenräume zu integrieren.

Lehm als Speichermasse
Um das wertvolle Gut gegen schwankendes Klima, Wind und Regen zu schützen und optimale, den konservatorischen Anforderungen entsprechende Bedingungen für die dauerhafte Lagerung der Medienwerke zu erreichen, zugleich jedoch den technischen Aufwand zu minimieren, werden die Decken und Wandflächen mit Lehm ausgefacht.
In die oberseitig ausgeklinkten Balken werden Lehmsteine eingelegt, die die Brettsperrholzdecken stützen, vor allem jedoch als Puffer für die Klimastabilität dienen und deren hygrischen Eigenschaften genutzt werden um Feuchteschwankungen zu reduzieren. Die Flächen zwischen den tragenden Stützen der Fassaden und Innenwände werden mit vorgefertigten nichttragenden, thermisch und hygrisch trägen Lehmwänden (aus Lehmsteinen oder Stampflehm) ausgefacht. Die verzahnten Fügungen gewährleisten eine hohe Luftdichtigkeit der Magazinräume und Schleusen.

Zusammenklang von Alt und Neu
Die sachliche, unaufgeregte, aus der Logik der Konstruktion abgeleitete Einfachheit bestimmt die äußere und innere Anmutung. Die Lehmausfachungen der Außenwände werden mit vorgefertigten Rahmenelementen mit eingehängten, den beigen Bestand zitierenden Ziegelplatten bekleidet. Ein Die schuppenförmige Anordnung der Ziegelplatten und der zangenartigen gefügten, sichtbar befestigten Rahmen ergibt eine feingliedrige, plastische Bekleidung als Antwort auf die kunstvollen Platzfassade des Bestands. Zugleich wird ein spezifischer Charakter erzielt, der der urväterlichen Bedeutung des nationalen Gedächtnisses, gerade auch in einer modernen Gesellschaft, entspricht.
Die Anmutung lebt von der Schönheit der natürlichen Materialien und deren reichhaltigen Texturen. Im Inneren sind alle Oberflächen mit Silikatöl diffusionsoffen beschichtet um, eine glatte, einfach zu reinigende Oberfläche sicherzustellen.

Energiekraftwerk
Mit dem Ziel mehr Energie zu erzeugen als zu verbrauchen, diese einzuspeisen und somit einen wesentlichen Beitrag zur Klimaneutralität zu leisten ist das Magazin nicht nur Speicher, sondern zugleich Kraftwerk und Energiehub. BIPV als Glas-Glas-Module mit dezent sichtbaren PV-Zellen und höchsten Energieerträgen nach Süden und Osten ergänzen die Photovoltaikelemente auf dem intensiv begrünten Kompaktdach und gliedern die großen Fassadenflächen. Um den Wirkungsgrad zu erhöhen werden die Photovoltaikelemente auf einer leichten Konstruktion geneigt montiert, die in die hölzernen Zangenelemente der Fassadenrahmen gefügt werden. Platzseitig gliedert, bezugnehmend auf den Materialkanon des Bestands ein kupfernes Dach statt BIPV Modulen die Höhe und artikuliert den Vorplatz.

Technik-Einfach
Der Wärmeeintrag durch Besonnung wird durch den zweischaligen, hinterlüfteten Fassadenaufbau der Außenwände optimal reduziert. Es wird eine ‚Hüllflächentemperierung‘ angeregt mit außenliegend auf die Lehmwände aufgebrachten wasserführenden Rohrleitungen die die Magazinräume je nach Erfordernis besonders schonend kühlen und beheizen. Im Inneren ist damit ein nur 0,2-facher Raumluftwechsel zur Feuchteregulierung selbst in Extremszenarien ausreichend. Regenerative Energiequellen (Geothermie mit Jahrespendelspeicher oder Eisspeicher) in Kombination zu der Photovoltaik auf dem Dach und an den Fassaden sowie effiziente Anlagentechnik und ermöglichen die Energieeffizienz EGB (40) deutlich zu unterschreiten.
Alle Medien werden außerhalb der Magazine geführt. Ausschließlich raumbezogene Medien werden in die Räume eingeleitet, Zu -und Abluftleitungen in den Balkenzwischenräumen geführt, die Beleuchtung in die Nut der Stoßfugen der Balken integriert. Die Zentralen sind so angeordnet, dass die senkrechten Schächte direkt angebunden werden können, siehe Schema.
Das begrünte Kompaktdach ist allseits nach außen geneigt und werden über in die Vorhangfassade integrierten Fallleitungen entwässert. Retentionselementen aus Verdunstungsbeeten, Versickerungsmulden und Rigolen sind in den Aussenanlagen berücksichtigt.

Beurteilung durch das Preisgericht

Städtebaulich reagiert die Arbeit mit zwei rechteckigen Kuben unterschiedlicher Höhe auf die Aufgabe. Der tiefere Baukörper nimmt mit sechs Geschossen die Höhe des Gesimses des Gründungsbaus am Deutschen Platz auf und stellt sich mit einer schlanken Fuge neben diesen. Der höhere Baukörper nimmt mit neun Geschossen die Firsthöhe des Bestandes auf und orientiert sich in der Tiefe am ersten Erweiterungsbau. Die spitze Fuge zwischen den beiden Baukörpern auf der Südseite wird dabei als nicht ideal betrachtet.

Die Fassadenbekleidung aus vertikalen Holzlisenen und Ziegelplatten in farblicher Analogie zum Bestand verbindet die neuen abstrakten und fensterlosen Baukörper mit dem Vorhandenen. Die sehr betont ausgestellten PV-Anlagen werden in Teilen des Preisgerichts zum Deutschen Platz hin als zu dominant angesehen.

Funktional ist das Gebäude mit der Erschließung im 4. OG gut an den Bestand angebunden. Die Grundrissorganisation lässt eine effiziente Bewirtschaftung zu, was sich auch in einem geringen Verkehrsflächenanteil widerspiegelt. Die Anordnung der RLT-Anlagen im KG wird kritisch gesehen, da dies voluminöse vertikale, aber auch horizontale Schächte erfordert. Ebenso wird die Anordnung des Trafo im 1. UG kritisch gesehen.

Die Konstruktion in Holz-Lehm-Bauweise ist für die Typologie als innovativ und ambitioniert zu bewerten. Fragen zur Konstruktionshöhe des Tragwerks bzw. zum Brandschutz wurden kontrovers diskutiert und konnten nicht abschließend bewertet werden.

Der sehr kompakte Entwurf erfüllt die Anforderungen an Nutz- und Magazinflächen genau und hat ein vergleichbar kleines unterirdisches Bauwerk. Dies sowie die Holz-Lehm-Bauweise bewirken ein sehr geringes Treibhauspotential (GWP), das bei einem Drittel des Durchschnittwertes aller Beiträge liegt. Die U-Werte werden wesentlich unterschritten. In Verbindung mit den hygrothermischen Baumaterialien Lehm und Holz führt dies zu einem geringen Energiebedarf im Betrieb. Die PV-Flächen auf Dach und Fassade werden den wesentlichen Energiebedarf decken und das Gebäude im besten Falle klimaneutral im Betrieb machen.

Die Arbeit stellt einen funktionalen, stadträumlich und gestalterisch überzeugenden Beitrag dar. Es bleiben aber für die spezifische Bauaufgabe Zweifel an der Umsetzbarkeit des ambitionierten konstruktiven Konzepts.
Modellfoto

Modellfoto

Lageplan

Lageplan

Grundriss Ebene 1

Grundriss Ebene 1

Grundriss Ebene 2 bis 6

Grundriss Ebene 2 bis 6

Grundriss Ebene 7 bis 9

Grundriss Ebene 7 bis 9

Schnitt

Schnitt

Ansicht Deutscher Platz

Ansicht Deutscher Platz

Ansicht Curiestraße

Ansicht Curiestraße

Ansicht Philipp-Rosenthal-Straße

Ansicht Philipp-Rosenthal-Straße

Visualisierung Philipp-Rosenthal-Straße

Visualisierung Philipp-Rosenthal-Straße