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Nichtoffener Wettbewerb | 09/2024

Fünfter Erweiterungsbau Deutsche Nationalbibliothek Leipzig

Visualisierung

Visualisierung

3. Preis

Preisgeld: 12.000 EUR

heinlewischer

Architektur

Mayer-Vorfelder und Dinkelacker

Tragwerksplanung

WPW LEIPZIG GmbH

TGA-Fachplanung

Prof. Rühle, Jentzsch & Partner GmbH

Brandschutzplanung

Erläuterungstext

Prolog
Der Notwendigkeit das stetig wachsende Archivgut der DNB sowie der Erhaltung der Medienwerke auf hochfunktionale, klimastabile und flächen- und energieeffiziente Weise im stadträumlichen und denkmalgeschützten Ensemble gerecht zu werden und mit dem Kontext einer gesellschaftlichen Anspruchshaltung zwischen Klimakrise, Sicherheitsbedürfnissen und wirtschaftlich gehaltenen Projekten, stellt die Aufgabe dar. Wie sieht ein angemessener Beitrag im 21.Jahrhundert für eine solche Aufgabe aus. Versteht man die Bibliothek und die Archive der DNB als eine „Summe des zivilisatorischen Gedächtnisses“ so hat es höchste Bedeutung über Jahrhunderte hinweg unser kulturelles Erbe zu Bewahren. Sieht man schlicht die Funktionalität eines Archivs so ist die Aufgabe eine anspruchsvolle, effiziente Lagerhalle. Zwischen dieser Bedeutung und der funktionalen Nutzung bewegt sich unsere Haltung.

Städtebauliches Konzept
Der besondere Kontext und die exponierte Lage des Grundstücks in Bezug auf den Deutschen Platz mit seiner Ausbildung als Oval sowie die baulichen Grenzen, oberirdisch wie auch unterirdisch, geben klare Vorgaben zur Ausbildung der städtebaulichen Figur mit der Berücksichtigung der Funktion des Gebäudes als Archiv. Das Verständnis der Struktur des Gesamtensembles, welches die DNB mit seinen Erweiterungen aus verschiedenen baulichen und gesellschaftlichen Epochen des 19. und 20. Jahrhunderts abbildet, wird interpretiert und erweitert.
Der Lösungsvorschlag versteht sich zunächst als zeitgemäße Erweiterung des Gebäudeensembles. Es fügt sich durch seine Art als Interpretation einer Bauaufgabe im 21.Jahrhundert in die bereits vorhandene heterogene Struktur ein und zeigt sich als ein eigener Baustein, welcher das Ensemble bereichert. Die Bauflucht und Firsthöhe der DNB zum Deutschen Platz werden mitgenommen und bilden im Gesamtensemble eine klare Haltung zum grünen Oval. Der Grünraum wird gefasst und entsprechend der Planung aus dem Rahmenplan Messe vervollständig. Richtung Curiestraße findet des Gebäudeensemble mit dem 5.Erweiterungsbau einen klaren Abschluss. Die städtebauliche Zielstellung der Auslobung wird bezogen auf Abstände sowie Höheneinordung/Firsthöhen angemessen abgebildet und eingehalten, ohne dem Neubau seine Alleinstellung und Präsenz zu nehmen. Der Baukörper schließt mit der Firsthöhe des Hauptgebäudes ab. Bezogen auf die Lesespange und die Philipp-Rosenthal-Straße wird mit Abstand und einem klaren Abschluss reagiert. Die oberirdischen baulichen Eingriffe sind auf das vorgegebene Baufeld begrenzt und erhalten das Abstandsgrün zur Philipp-Rosenthal-Straße. Der Anschluss an das Hauptgebäude und die Lesespange sowohl im städtebaulichen und auch architektonischen Konzept wird ausschließlich oberirdisch an der Bauflucht zum Deutschen Platz vorgenommen. Die Giebelseite der DNB wird dabei nur punktuell angegriffen und die Ornamentik wird sichtbar belassen. Die Lesespange bleibt unberührt.

Architektonische Konzeption/Leitidee
Ausgehend von den Anforderungen der Nutzung eines Archivs als hochfunktionales, klimastabiles sowie flächen- und energieeffiziente Bauwerk sind die maßgebenden Entscheidungskriterien zum architektonischen Konzept abgeleitet: Langlebigkeit, Effizienz, Synergie, Low-Tech.
Daraus entwickelt sich die Idee einen maximal einfachen Baukörper zu entwickeln, welcher seine Funktion des Inneren abbildet. Der Entwurf sieht 3 verbundene Baukörper vor, welche die Funktionen Schützen und Archivieren, Unterstützen und Versorgen und Verbinden abbilden.
- Das Schützende: Die präsente Box funktioniert als Archiv und nimmt alle Rollregalanlagen und die FTS-Anlage auf. Zeigt sich innerlich wie äußerlich als Archiv mit geschlossen und klaren Kanten.
- Das Unterstützende: Beigeordnet wird eine Facility-Spange, welche die Anforderung an die technische Versorgung sowie Erschließung berücksichtig. Alle Treppenanlagen und Aufzüge sowie die Versorgungsschächte der TGA werden in dieser Spange verortet. Sein Äußeres stellt sich als leicht und technisch dar.
- Das Verbindende: Das zwischen Spange und Bestandsgebäude verbindende Bauteil berücksichtigt die sinnhafte ausschließlich oberirdische Anbindung an das Hauptgebäude sowie die Kommissionierung. Äußerlich zeigt es sich transparent und menschlich.
Maßgebend für die Ausarbeitung des Entwurfes war die klare und einfache Strukturierung des Archivs auf eine Kubatur, ohne Ecken und Kanten, mit einer einfachen Tragstruktur und einer dezentralen TGA. Die Trennung von Archivflächen und Infrastruktur erlaubt beste Versorgung der Archiv-Kompartments, einfachen Betrieb und Wartung, hohe Temperaturstabilität und große Flexibilität für technologische Fortentwicklungen. Die Verbindung zum Bestandsgebäude erfolgt unprätentiös und pragmatisch. Die Konzentration auf eine geringstmögliche Kubatur und unter Einhaltung der städtebaulichen Zielstellung aus Firsthöhen und oberirdischen Baufeld sind im architektonischen Konzept umgesetzt.
Der Entwurf für den 5. Erweiterungsbau der DNB ergänzt das Gesamtensemble und schließt es mit einer klaren Formensprache ab. Das neue Archiv ist ehrlich, effizient und dennoch respektvoll.

Äußere Erscheinung
Die Äußere Erscheinung folgt dem Leitmotiv der 3-Teilung des Entwurfes bis hin in die Fassade. Die Baukörper sind in Ihrer Materialität abgestuft, um zum einen die äußerliche Ablesbarkeit zu fördern, zum anderen die technischen Bedingungen zu gewährleisten. Der Verbindungsbau zum Hauptgebäude erscheint sehr transparent in Glas, die unterstützende Technik-Spange wird halbtransparent mit einer Profilglas-Fassade entworfen, welche in den massiven Archivkörper überleitet. Der für den Entwurf wichtige Archivbaukörper wird mit einer, für Leipzig durchaus typische Klinkerfassade erdacht. Die einzelnen Fassadenelemente bilden die innere Tragwerkstruktur, der Wabe, sensibel nach außen ab, ohne diese in den Vordergrund zu rücken. Die Klinker innerhalb der Wabenfläche werden vertikal gestellt, um eine Reminiszenz an die innere Funktion, eben das Aufbewahren und Archivieren von Büchern und ähnlichen Medien darzustellen. Die Fassade setzt sich zudem aus wiederverwendeten Ziegelsteinen aus der Umgebung zusammen, was der Idee und der Aufgabe der Deutschen Nationalbibliothek in gewisser Weise gleicht – das Zusammenführen von den unterschiedlichsten Werken und Medien an einem Ort.

Team
Thomas Heinle (verantwortlicher Partner), Mark Ullrich, Tobias Ebner, Jochen Wagner, Stefanie Birke, Dorett Kockisch, mit Mayer-Vorfelder und Dinkelacker Dresden, WPW Leipzig und Prof. Rühle, Jentzsch & Partner Dresden

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Autoren dieser Arbeit gehen mit einer sympathischen wie intelligenten Fragestellung an die Aufgabe heran: Wie sieht eine angemessene Hülle für das „zivilisatorische Gedächtnis“ unserer Gesellschaft aus? Die Antwort ist simpel und verblüffend zugleich: Mittels einer „unaufdringlichen Lagerhalle“. Diese Halle wird durch einen einfachen, gut proportionierten Baukörper gebildet, der sich als Endpunkt des Bauensembles kraftvoll in Szene setzt, noch unterstützt durch die monolithisch wirkende Ziegelfassade. Kritsch wird von der Jury allerdings die Höhe dieses Baus gesehen, da er sich über die Firsthöhe des Altbaus erhebt und, allerdings bewusst und der Entwurfsidee folgend, von einer Abstaffelung zur Lesesaalspange absieht.

Die Fassade zum Deutschen Platz bildet neben dieser Halle einen zweiten begleitenden Baukörper mit der „Facility-Spange“ aus sowie einen Verbindungsbau, der die ausschließlich oberirdische Verbindung zum Hauptgebäude darstellt. Das Preisgericht schätzt diese dreiteilige Lösung der Baukörper als überinstrumentalisiert ein. Hier könnte statt des Glasverbinders auch eine Brücke zu genügen, die auch die Erschließung des Posthofes mit einer Durchfahrt erlauben würde. Die konsequente Setzung mit dem „Regallager“ wird jedoch mehrheitlich positiv gesehen.

Überzeugend gelingt die Aufteilung des Raumprogramms mit einem konsequent durchgeplanten Kammersystem und einem vorgelagerten Erschließungsflur. Damit ergibt sich auch sehr einfach der notwendige Rettungsweg. Der Unterbau ist konsequent und sinnvoll angeordnet. Das Gebäude erfüllt die Anforderungen an die Dichtigkeit der Außenwände. Die Technik- und Magazinflächen schaffen eine klare Struktur. Pro Etage wird noch eine Schleuse für den Zutritt benötigt, um den archivarischen Anforderungen zu genügen. An den Zutritten zu den Magazinflächen müssen Türen eingesetzt werden, um die brandschutztechnisch notwendige Trennung zu schaffen.

Die Entsorgungsbereiche (Müllplätze) wären zu überplanen. Sehr gut ist, dass die lichten Raumhöhen bis Unterkante Rohdecke (2,95 bis 3,00 m) größtmöglich ausgebildet sind. Kritisch wird die im Längsschnitt gezeigte geschossweise Versetzung der Trennwände gesehen. Der Wärmeschutz ist für die opaken Bauteile nicht eingehalten. Gut sind der zentrale Zugang zum Magazin wie auch die Nutzung des Posthofes gelöst. Auch die rückwärtige Anbindung an die Kunsthistorische Sammlung wird als gelungen bewertet. Die einfache Bauform erlaubt eine wirtschaftliche Realisierung dieser anspruchsvollen Bauaufgabe.

Die Arbeit bietet eine sehr überzeugende funktionale Lösung, ihre stadträumliche Einbindung und das Zusammenwirken mit dem Gründungsbau werden aber auch kritisch gesehen.
Lageplan

Lageplan

Piktogramme

Piktogramme

Ansicht Philipp-Rosenthal-Straße / Curiestraße

Ansicht Philipp-Rosenthal-Straße / Curiestraße