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Nichtoffener Wettbewerb | 09/2024

Fünfter Erweiterungsbau Deutsche Nationalbibliothek Leipzig

Visualisierung

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Katrin Helmbold l ArchitekturModellbau

Modellbau

Erläuterungstext

5. ERWEITERUNGSBAU DEUTSCHE NATIONALBIBLIOTHEK LEIPZIG

Städtebauliche Einbindung
Mit dem 5. Erweiterungsbau der Deutschen Nationalbibliothek entsteht auf dem Wettbewerbsgrundstück ein Archivgebäude, mit einer schimmernden Hülle, die poetische Assoziationen weckt. Je nach Tageszeit und Lichtverhältnissen, ändert sich die Außenhaut des Neubaus und verweist damit auf die Vielfalt der Bücher und Magazine im Inneren.

Der Erweiterungsbau der Nationalbibliothek nimmt mit seiner prägnanten, abgerundeten Gebäudekontur Bezug zur Architektur des Ortes, interpretiert die Giebeldächer der Altbauten neu und fügt sich durch die bewusste Anpassung an den Maßstab und die Höhen der Bestandsgebäude nahtlos in das Stadtbild ein. Diese sorgfältig konzipierte Integration schafft neue, definierte Raumkanten, die sowohl zum Deutschen Platz als auch zur Curiestraße hin eine klare räumliche Begrenzung und Orientierung bieten. Im Nord-Osten definiert die Gebäudekante des Neubaus und des ersten Erweiterungsbaus den Anlieferhof für die Poststelle und den 5. Erweiterungsbau.

Architektonische und gestalterische Qualität

Skulpturaler Erweiterungsbau
Der gestalterische Ansatz für den Erweiterungsbau basiert auf einer modernen Interpretation der Geometrie des Gründungsbaus und seiner Giebeldächer. Durch eine sanfte Krümmung der vertikalen Gebäudekanten, dem fließenden Übergang von Wand zu Dachflächen, entsteht für die Deutsche Nationalbibliothek ein prägnanter, skulpturaler Erweiterungsbau.

Fassade
Durch die funktionalen Anforderungen als weitestgehend geschlossenes Gebäude konzipiert, erscheint es durch die reflektierende Fassade zur Umgebung hin leicht und poetisch.
In der Fassadengestaltung des Neubaus verstärken die vertikalen, rhythmisch gegliederten Lisenen den aufstrebenden Charakter. Glasierte Keramikfliesen sowie auf Glasplatten laminierte PV-Module zwischen den Lisenen lassen eine leichte, lebendige Fassade entstehen. Je nach Tageszeit und Lichtverhältnissen verändert sich der Neubau durch die Reflexionen der Umgebung und des Himmels in der Fassade.
Die Integration von Photovoltaik-Elementen in der Fassade und auf dem Dach sind als eigenes Kraftwerk konzipiert und fördern die energetische Nachhaltigkeit des Gebäudes.

Denkmalpflege
Als fünfte Erweiterung der Deutschen Nationalbibliothek ist der Umgang mit den bereits bestehenden Gebäuden und der Umgebung essentiell. Auf die einzelnen Erweiterungen der Nationalbibliothek und deren unterschiedliche Architektursprache reagiert der Neubau mit einem respektvollen Dialog, besonders mit dem Gründungsbau und seiner Gebäudegeometrie. Die Orientierung an den Traufkanten und Firsthöhen des Gründungsbaus und dem ersten Erweiterungsbau, lassen den Neubau in einen harmonischen Dialog mit den Bestandbauten treten. Die vertikalen Lisenen sind eine Referenz an die vertikale Gestaltung der Fensterbänder der Bestandsgebäude. Durch die helle, warme Farbe der Keramikfliesen integriert sich der Neubau in das gesamte Ensemble und wird integraler Bestandteil der Nationalbibliothek.

Anbindung an den Bestand
Als Solitär entworfen, hält der Erweiterungsbau an der Giebelseite des Gründungsbaus einen Abstand von ca. 5m. Die Brandwand des Bestandgebäudes wird mit Rankpflanzen begrünt.

Die Anbindung an den Bestand erfolgt im 2. und 4. Obergeschoss des Bestandes über zwei Brücken, die als Schleusen diene. Die Fassaden der Brücken sind umlaufend mit verspiegelten Aluminiumpaneelen verkleidet. Durch die Reflexion der Rankpflanzen und des Himmels lösen sich die Brücken optisch auf.
Im 1. Untergeschoss sind zwei weitere Anbindungen vorgesehen, einer im Bereich des Gründungsbaus und einer im Bereich der Poststelle.

Raumprogramm
Die Nutzungen des 5. Erweiterungsbaus sind in 9 Obergeschosse und 3 Untergeschosse untergebracht. Die Grundrisse sind im Wesentlichen in 2 Bereiche gegliedert.
Den Technikbereich zum Deutschen Platz hin, mit seinen über die gesamten Geschosse durchlaufenden Schächten zur Versorgung der Geschosse und dem Bereich der Magazine.
In den Geschossen 5.OG - 8.OG befinden sich die FTS-Anlagen mit den entsprechenden Schleusen und Kommissionierungsarbeitsplätzen. Die Anbindung an den Bestand befindet sich im 5. OG des Neubaus und schließt an das 4. OOG des Altbaus an.
In den Geschossen 1.OG-4.OG und 1.UG-3.UG befinden sich die Rollregalanlagen. In dem 2.UG und 3.UG werden die Räume für die Rollregalanlagen unter dem Ladehof und Parkplatz erweitert. Die Anbindung an den Bestand erfolgt über das 1. UG.
Im Erdgeschoss befindet sich die Kulturhistorische Sammlung, die über eine Laderampe und einen Lastenaufzug versorgt wird, hier sind ebenfalls die Werkstatt und technische Räume angeordnet. Das Vordach schützt die bei Anlieferungen vor Regen.

Funktionalität und Nutzerkomfort
Die klare Gliederung der Geschosse in Magazin- und Technikbereich ermöglicht eine übersichtliche Orientierung für die Mitarbeiter*innen der Nationalbibliothek. Die Anbindungen in den Obergeschossen und dem ersten Untergeschoss sorgen dafür, dass alle Ebenen über Treppenhäuser und Aufzüge gut erreichbar sind. Alle Ebenen und Anbindungen sind barrierefrei gestaltet. Die aufgeweiteten Räume im Bereich der Anbindungen bieten den Mitarbeiter*innen Zonen für die Bereitstellung von Bücherwagen und trotz geschlossener Fassade komfortable Arbeitsbedingungen.

Äußere und innere Erschließung
Die Haupterschließung des Neubaus erfolgt über den Bestandsbau und die neu geschaffenen Anbindungen. Der Verladebereich und die Werkstatt sind im Erdgeschoss vom Posthof aus erschlossen. Über zwei Treppenkerne und die beiden Aufzüge sind die Magazinbereiche und die Technik erreichbar und bieten einen schnellen und direkten Zugang zu den Magazinen.

Ressourcen und Energie
Die kompakte Bauweise des Neubaus ermöglicht eine effiziente Wärmedämmung und damit verbundene Energieeinsparungen. Weniger Fläche wirkt sich positiv auf die Energiebilanz und die damit verbundenen Kosten aus.
Die Integration von Photovoltaik-Elementen in der Fassade und auf dem Dach sind als eigenes Kraftwerk konzipiert und fördern die energetische Nachhaltigkeit des Gebäudes.

Tragwerkskonzeption / Wirtschaftlichkeit
Für den Erweiterungsbau ist eine robuste, wirtschaftliche und schnell herstellbare Tragkonstruktion vorgesehen. Die Decken werden nutzungsbedingt durch sehr hohe Flächen- und Punktlasten beansprucht. Zusätzlich dazu werden hohe Anforderungen an den Brandschutz gestellt. Unter diesen Randbedingungen ist der gewählte Baustoff Stahlbeton anderen Materialien deutlich überlegen.

Für die Geschossdecken ist eine in Gebäudelängsrichtung ausgerichtete Rippendecke geplant. Bei gleicher Tragfähigkeit zu einer massiven Platte können bei der Rippendecke ca. 30% der Betonmassen eingespart werden, so dass die Ressourcen geschont und gleichzeitig Eigengewichtslasten minimiert werden können. Für die insgesamt ca. 60cm hohe Deckenkonstruktion werden im Abstand von etwa 8m Tragachsen ausgebildet. Dort sind dafür in Gebäudequerrichtung in engem Abstand Stützen angeordnet. Der geringe Stützenabstand ermöglicht dort deckengleiche Unterzüge und damit den Verzicht auf Querunterzüge, so dass parallel zu den Rippen eine ungestörte Längsinstallation möglich ist.

Die Gebäudeaussteifung wird durch die beiden Erschließungskerne und die dort in ausreichender Zahl vorhandenen Wände gewährleistet. Durch die anspruchsvollen Baugrundverhältnisse und die sehr hohen Gründungslasten, werden an die Gründung hohe Anforderungen gestellt. Im Wettbewerb angedacht ist dafür eine elastisch gebettete Bodenplatte, die zusammen mit dem steifen Kellerkasten ein gleichmäßiges Setzungsverhalten gewährleistet.

Energiekonzept
Das Energiekonzept des Neubaus setzt auf Nachhaltigkeit und Effizienz. Die Fassade und Teile des Dachs sind mit Photovoltaik-Modulen ausgestattet, die erneuerbaren Strom erzeugen und den externen Energiebezug reduzieren. Die Kombination aus glasierten Keramikfliesen und PV-Modulen schafft eine funktionale und ästhetische Fassade.
Die Heizung erfolgt über das städtische Fernwärmenetz, dessen Umweltfreundlichkeit maßgeblich von den genutzten Energiequellen abhängt. Ein modernes Gebäudemanagementsystem steuert und überwacht alle haustechnischen Anlagen, passt Heiz- und Kühlparameter bedarfsgerecht an und verbessert so die Energieeffizienz kontinuierlich.

Regenwassermanagement
Das Regenwassermanagement des Neubaus ist auf Nachhaltigkeit und Umweltfreundlichkeit ausgelegt. Die Dachfläche ist als Gründach mit extensiver Begrünung konzipiert, das Niederschläge aufnimmt, Spitzenbelastungen der Kanalisation reduziert und das Mikroklima verbessert. Ein Versickerungssystem führt weiteres überschüssiges Wasser kontrolliert in den Boden, unterstützt den natürlichen Wasserkreislauf und fördert die Grundwasserneubildung.

Nachhaltigkeitsaspekte
Das Thema Nachhaltigkeit spielt in der Entwicklung des Neubaus der Deutschen Nationalbibliothek eine zentrale Rolle. Dabei wurde auf verschiedene Aspekte besonders geachtet:
Die Fassadengestaltung kombiniert glasierte Keramikfliesen mit Photovoltaik-Modulen, die erneuerbaren Strom erzeugen und dabei ästhetische und funktionale Vorteile bieten. Diese Materialien sind wartungsarm und tragen zur Langlebigkeit des Gebäudes bei.
Den Aspekt der Nachhaltigkeit ergänzt der umlaufende Fassadenaufbau in Holzrahmenbauweise mit einer Mineralfaserdämmung, der nach innen und außen als nichtbrennbare Klimahülle vorgesehen ist.
Das Tragwerkskonzept setzt auf Stahlbeton und Rippendecken, die bei gleicher Tragfähigkeit bis zu 30% weniger Beton benötigen. Dies reduziert die Materiallasten und schont die Ressourcen, was insbesondere bei den hohen Lastanforderungen im Archivbereich von Vorteil ist.
Die kompakte Bauweise des Erweiterungsbaus erhöht die Energieeffizienz erheblich. Weniger Fläche bedeutet weniger Wärmeverlust und geringere Heiz- und Kühlkosten, was sich positiv auf die Energiebilanz auswirkt.

Der 5. Erweiterungsbau zeigt eine innovative und nachhaltige Architektur, die sowohl ökologische als auch ökonomische Ziele verfolgt und dabei höchste funktionale und ästhetische Ansprüche für die Stadt Leipzig erfüllt.



Beurteilung durch das Preisgericht

Die Verfasser schlagen einen kompakten, monolithisch-geschlossenen Baukörper vor. Der Neubau verjüngt sich im oberen Bereich und nimmt so die Dachneigung des Bestandsgebäudes auf. Er ist allerdings sehr eng an das Bestandsgebäude gerückt, so dass der Giebel des Altbaus kaum noch wahrnehmbar ist.

Wesentlich für den Eindruck ist die einheitliche, den gesamten Neubau überziehende Fassade. In die schuppenartige, metallisch-schimmernde Außenhaut sind Photovoltaik-Elemente integriert. So entsteht insgesamt ein lebendiges Bild. Allerdings ist die konkrete technische Realisierung der Fassade, auch im Hinblick auf die Dichtigkeit des Neubaus, ungeklärt.

Die gewählte mittige Erschließung im Magazinbereich ist aus haustechnischer und nutzerseitiger Sicht ungünstig und unflexibel. Die einseitige Anordnung und die Überlagerung der Technikräume (RLT, Entrauchung) ist schwierig und führt zu größeren Installationsquerschnitten.

Die externe Erschließung ist sehr gut gelöst. Der Entwurf ist sehr flächeneffizient (NUF/BGF), auch die Magazinflächen sind effizient geplant. Die überdurchschnittlich große Photovoltaikfläche kann einen hohen Beitrag zur nachhaltigen Energieversorgung der Gesamtliegenschaft leisten.

Insgesamt schlagen die Verfasser ein sehr selbstbewusstes Gebäude mit einem sehr hohen Wiedererkennungswert vor. Die besondere, prägnante Form des Neubaus wird vom Preisgericht gewürdigt, der starke Kontrast und der geringe Abstand zum Bestandsgebäude werden allerdings kontrovers diskutiert.
Visualisierung

Visualisierung

Lageplan

Lageplan

Grundriss EG

Grundriss EG

Ansicht Süd-Ost

Ansicht Süd-Ost

Ansicht Nord-West

Ansicht Nord-West

Ansicht Nord-Ost

Ansicht Nord-Ost

Ansicht Süd-West

Ansicht Süd-West

Schnitt

Schnitt

Schnitt

Schnitt