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Einladungswettbewerb | 03/2022

Gemeinschaftsprojekt St. Joseph in München

Visualisierung

Visualisierung

1. Preis

Preisgeld: 22.000 EUR

Bernardo Bader Architekten

Architektur

Auböck + Kárász Landscape Architecture Design

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

Ort & Situation

Der Planungsperimeter umschreibt einen innerstädtischen Binnenraum zwischen bestehender Pfarrkirche St. Joseph, dem zugehörigen Josephsplatz und der für München typischen Gründerzeitlichen Blockrandbebauung aus dem frühen 19. Jhdt.

Stadtmorphologisch wird der umgebende Siedlungskörper durch die geschlossene Bebauung des Blockrandes definiert. Gebäude von übergeordnetem öffentlichem Interesse, wie beispielsweise die Kirche St. Joseph erhalten städtebauliche Präsenz durch ihre Freistellung im städtischen Gefüge. Entsprechend zugehörige Platzräume unterstreichen die Präsenz im öffentlichen Raum und geben Raum für soziale Interaktion. Demzufolge ist der Wunsch Seitens des Auslobers nach einer stärkeren Sichtbarmachung und Adressierung der Pfarrei St. Joseph am Josephsplatz schlüssig nachvollziehbar.

Das Areal der Kirche St. Joseph und die bestehenden Räumlichkeiten des Pfarrheims, des Pfarrbüros und des ehemaligen Klosters zeichnen sich durch eine über die Jahrzehnte heterogen gewachsene Struktur aus. Insbesondere der nachträgliche Einbau des Pfarrheimes mit dem großvolumigen Pfarrsaal beeinträchtigen den Innenhof in seiner räumlichen Konfiguration nachhaltig. Im Sinne einer qualitativen Neuordnung des räumlichen Gefüges plädiert der Projektverfasser für den Abbruch der bestehenden Anbauten an die Kirche sowie der Gebäude an der Tengstraße. Durch die präzise Verteilung der Volumina wird ein atmosphärisch dichter, in seiner Größe angemessener Innenhof in der Analogie eines klösterlichen Kreuzganges geschaffen. Sämtliche Funktionsbereiche partizipieren an diesem zentralen Hofraum. Der Hof wird zum Schnittpunkt aller Wege und ist Auftakt der inneren Erschließung. Der Hof bildet das funktionale Zentrum, das Herz, der gemeinsamen Anlage.

Ziel des Projektverfassers ist es, das bestehende Ensemble & seine Qualitäten zu ergänzen und durch Hinzugeben eines neuen Passsteines weiterzubauen und eine neue Adresse für die Pfarrei am Josephsplatz zu etablieren. Der neue Baukörper ist in seiner Semantik dem Geist des Bestandes nahe. Durch feine Nuancierungen - und das erscheint zentral - behält sich dieser jedoch seine Eigenständigkeit als Teil des Ganzen.

 

Architektonisch räumliche Konzeption

Die präzise ortsräumliche Setzung des neuen Baukörpers schafft durch den sich aufspannenden Innenhof eine neue Mitte für die Pfarre St. Joseph. Die Situierung der Zugänglichkeiten und Funktionen im Erdgeschoss sichern eine nachhaltige Lebendigkeit auf dem Niveau des Ankommens. Unterschiedlich proportionierte und aufgewertete Außenräume tragen entscheidend zu einer verbesserten Qualität der gesamten Örtlichkeit bei.

Der im Erdgeschoß entstehende offene Arkadengang umschließt den Innenhof und schafft für die unterschiedlichen Zugangssituationen eine umlaufende, gedeckte Vorzone. Das so entstehende kommunizierende Gefäß dient als räumlich durchlässiges Bindeglied zwischen den unterschiedlichen Identitäten des Areals. Ein Ort voll von Bezügen.

Das Pfarrbüro sowie das Pfarrheim werden über das Hauptportal am Josephsplatz und in der Folge über den Innenhof erschlossen. Der Pfarrsaal wird über das gemeinsame Foyer vom Innenhof aus betreten. In den warmen Monaten kann der Innenhof als Aussenfoyer für Aperos bei Veranstaltungen o.ä. fungieren. Durch eine möglichst flexible Trennung zwischen Foyer und Pfarrsaal lässt sich der Pfarrsaal entsprechend großzügig zum Hof hin öffnen.

Das studentische Wohnen der KHG wird über einen eigenständigen Zugang an der Tengstraße, sowie Nebeneingänge über den Innenhof bzw. über den Zugang Josephsplatz erschlossen. Die Wohnräume der Studenten orientieren sich größtenteils in den ruhigen Innenhof. Die etwas größeren 3er und 4er WG`s sind zur Tengstraße hin orientiert.

Im 4. Obergeschoß befinden sich die Gemeinschaftsräume des studentischen Wohnens mit den zugehörigen Dachterrassen.

Die Dachterrassen bieten unterschiedlichste Aufenthaltsqualitäten.

Die Sakristei sowie der Gebetsraum werden an der Nahtstelle zur bestehenden Kirche neu errichtet und barrierefrei erschlossen. Der Gebetsraum erfährt durch das Anheben des Daches eine der sakralen Funktion angemessen repräsentative Raumhöhe.

Maßstäblichkeit, Raumsequenzen, Außenraumbezüge, angenehme Durch- und Ausblicke und eine klare, unaufgeregte Strukturierung garantieren jene Qualitäten und Atmosphären, die dem Selbstverständnis eines zukünftigen Pfarrzentrums mit studentischem Wohnen gerecht werden sollen.

 

Potential der Nachverdichtung

Die Setzung des Baukörpers garantiert ein ausgewogenes Verhältnis von Luft & Raum für das studentische Wohnen sowie das Potential einer qualitätsvollen nachträglichen Verdichtung am Areal der Pfarrei St. Joseph. Durch das Wechselspiel von hohen und niedrigen Baukörpern entsteht ein atmosphärisch dichtes und ansprechendes Ensemble aus verschiedenen Identitäten, die sich zu einem gemeinsamen Ganzen arrangieren. Alle Gebäudeteile sind an der gemeinsamen Tiefgarage angeschlossen und über die Hauptzugänge sowohl an den Josephsplatz als auch an die Tengstraße angebunden.

 

Material und Konstruktion

Das neue Gebäude der Pfarrei St. Joseph und der KHG ist in seiner städtebaulichen Figuration ein eigenständiges, sensibel eingefügtes Passstück zwischen Kirche und der angrenzenden Wohnbebauung. Die Materialisierung der Fassade in Backstein suggeriert dem Betrachter auf subtile Art und Weise, dass es sich um ein Gebäude mit erhöhter Öffentlichkeit handelt, ein Füllstein welcher eine Lücke schließt. Der einfache, massive Ziegelbau verspricht Dauerhaftigkeit in Funktion und verdeutlicht auch konstruktiv die Permanenz des Entwurfs.

 

Ökologie und Ökonomie

Passivhausstandart und wirtschaftliches Neubaukonzept

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Projektverfasser machen mit ihrem Entwurf einen Vorschlag, den städtischen öffentlichen Raum präzise zu klären. Die einzelnen Teilbereiche gruppieren sich um einen atmosphärisch dichten und in seiner Größe angemessenen Innenhof. Im Erdgeschoss sind die Räume, ähnlich einem klösterlichen Kreuzgang, um einen vierseitig umlaufenden Arkadenraum angegliedert. Die Adresse der Pfarrei ist eindeutig. Vom kleinen Vorplatz gelangen die Besucher über einen portalartigen Durchgang in den Pfarrhof, von dem alle weiteren Bereiche ebenerdig erschlossen sind. Der mit hellen, unregelmäßig geformten Natursteinplatten mit offenen, begrünten Fugen belegte Platz schafft eine starke räumliche und materielle Identität und bildet Herz und Mitte des Projektes. Die Anbindung an die Kirche gelingt selbstverständlich über den südlichen offenen Flügel, der einen geschützten Vorbereich längs des Kirchenschiffes ausbildet. Der Pfarrsaal wird über das mit der KHG gemeinsam genutzte Foyer vom Innenhof aus betreten. Der direkte Bezug des Foyers zum Hof erlaubt entsprechend den Jahreszeiten eine vielfältige Nutzung zwischen Foyer und Hof. Die Räume der KHG haben zusätzlich einen direkten Zugang von der Tengstraße. 


Die Appartements und Wohnungen gruppieren sich in den Obergeschossen dreiseitig um den Hof. Die Grundrisse sind kompakt organisiert, die Räume gut belichtet und die fast klösterlich anmutende Anordnung spricht von ihrer Nutzung als gemeinschaftliche Wohnform. Die Erschließungsräume sind funktionell mit angemessener Tageslichtqualität. Die Anordnung der vertikalen Erschließungen entspricht den Anforderungen des vorbeugenden Brandschutzes. Im 4. Obergeschoss befinden sich die gemeinschaftlichen Räume des studentischen Wohnens mit direktem Zugang zu den Dachterrassen, die teilweise intensiv begrünt werden sollen. Im Untergeschoss sind sinnvollerweise die Lager-, Abstell- und Technikräume sowie Parkplätze und Fahrradabstellplätze wie auch der Musikraum untergebracht.


Die Materialisierung als tragendes Hybridmauerwerk aus Dämmziegel und hellen, mit Mörtel geschlemmten Backsteinen im Klinkerformat schließt an die Materialität der Umgebung an. Zusätzlich entsteht eine Beziehung zu der in München vertrauten Tradition des Backsteins als Material, mit dem Lücken geschlossen werden können. Die einfache, solide Konstruktion verspricht Dauerhaftigkeit und entspricht in ihrer Wertigkeit der außerordentlichen Qualität des Entwurfes. Die Fassade zur Stadt, zur Tengstraße ist wohlproportioniert, die öffentliche Nutzung im Erdgeschoss wird durch die großen Fensteröffnungen betont, die Wohnnutzung der Obergeschosse durch ein wohldosiertes Verhältnis von Öffnungen und geschlossener Wandfläche unterstrichen.


Durch den direkten Anschluss des Neubaus an die vom Josephsplatz abgewandte Seite des Kirchenturms weist das Projekt eine Besonderheit auf, die kontrovers diskutiert werden kann. Ein Vorteil ist, dass dadurch eine in anderen Projekten gesehene, wenig belichtete Engstelle zwischen Turm und neuer Bebauung vermieden wird. Außerdem erlaubt der Anschluss eine direkte Nutzung der besonderen aber bisher schwierig zugänglichen Räume im Turm. Der eingeschossige Umgang, der sich direkt an das Kirchenschiff anschließt, greift eine historische Situation auf, in der die nördliche Kirchenwand schon «immer» von einem eingeschossigen Bau begleitet wurde. 

Lageplan

Lageplan

Modell

Modell