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Offener Wettbewerb | 04/2024

Gesamtkonzept Urbanes Dorf Lörick in Düsseldorf

Perspektive Urbanes Dorf Lörick

Perspektive Urbanes Dorf Lörick

ein 3. Preis

Preisgeld: 19.000 EUR

CITYFÖRSTER architecture + urbanism

Stadtplanung / Städtebau

SPOT Architektur + Stadt

Stadtplanung / Städtebau

mesh landschaftsarchitekten PartG mbB

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

Urbanes Dorf Lörick

Prolog
Der Begriff Urbanität wird zumeist mit einem Leben in der Stadt in Verbindung gebracht und ist typischerweise durch eine hohe Bevölkerungsdichte, verschiedene kulturelle Angebote, eine Vielzahl von Arbeitsmöglichkeiten, eine gut ausgebaute Infrastruktur, eine Vielfalt an Freizeitaktivitäten sowie durch einen schnellen Lebensstil und ein hohes Maß an sozialer Interaktion gekennzeichnet.

Das Dorfleben in ländlichen Gebieten oder Dörfern ist hingegen durch eine geringere Bevölkerungsdichte, eine enge Gemeinschaft, eine ruhigere Lebensweise, eine eher begrenzte Auswahl an Arbeitsplätzen und Dienstleistungen sowie eine stärkere Verbindung zu grünen Produktions- und Naturräumen geprägt. Dorfbewohner:innen können oft auf ein engeres soziales Netzwerk zurückgreifen und pflegen engere Beziehungen zu ihren Nachbarn.

Im Urbanen Dorf werden sowohl Charakteristika, die als klassisch „urban“ bezeichnet werden, wie eine hohe städtebauliche Dichte, Nutzungsmix und gute Infrastruktur, als auch die des „dörflichen“ Miteinanders, wie Nachbarschaftsidentitäten und direkter Grünraumbezug, kombiniert.

Das Konzept: Urbanes Dorf Lörick
Das landschaftlich-städtebauliche Konzept des Entwurfs greift die über Jahrzehnte entwickelten, historisch verankerten Felderstrukturen auf, die das Planungsgebiet heute noch prägen und umgeben. Die Landschaft wurde sukzessive in unterschiedlich breite Streifen mit Nord-Süd-Ausrichtung gegliedert und so über Jahre hinweg bewirtschaftet.
Diese vorgefundene landschaftliche Struktur wird räumlich aufgegriffen und für die Ansprüche des urbanen Dorfes Lörick transformiert. Analog zu den nord-süd ausgerichteten Felderstrukturen der umgebenden Landschaft entstehen unterschiedlich programmierte „Felderstreifen“, die Bebauung und Freiraumnutzungen aufnehmen. Das gestalterische Ziel besteht darin, dass jedes einzelne Haus eine möglichst große Schnittfläche mit einem landschaftlich geprägten Grünstreifen aufweist und trotz höherer städtebaulicher Dichte die Sehnsucht nach einem Leben im Grünen adressiert wird.
Städtebauliche Struktur und Nutzungsmix
Entlang dieses Prinzips sind acht verschiedene Felderstreifen entstanden, die das gesamte Planungsgebiet strukturieren und ihre jeweilige Nachbarschafts-Identität aus den Charakteristika der angrenzenden Landschaftsstreifen beziehen.
Im Westen bildet der Werkplatz, in Anlehnung an die gewerblichen Strukturen der Gärtnerei, Raum für Kleingewerbe und Handwerk mit einer vorgelagerten produktiven Gasse und Stellplätzen für das Gewerbe. Die Löricker Straße bietet hier optimale Bedingungen für die Erschließung solcher Nutzungen.
Direkt angrenzend zum Birkenwald entsteht eine Nachbarschaft mit vielfältigen Wohntypologien wie ein Laubenganghaus, Clusterhaus und gestapelten Reihenhäusern sowie einer Quartiersgarage mit Repair Cafe, Bike und CarSharing.
Die Kindertagesstätte ist als Waldkindergarten im Birkenhain konzipiert und besetzt dort die vorgefundene Waldlichtung, im Birkenhain befinden sich außerdem 6 Gäste Tinyhäuser.
Der nächste Felderstreifen mit einem gemeinschaftlich genutzten Wohnhof und einem Mix an Wohntypologien wird von einer Streuobstwiese als Landschaftsfeld flankiert.
Die Unterkünfte für Geflüchtete fügen sich zunächst in Phase I und II in die Bebauungsstruktur der Felder ein und werden rechtsseitig zur Nachbarschaft „Wohnen am Dorfplatz“ ergänzt. Diese Nachbarschaft bildet das Zentrum des Quartiers mit hoher städtebaulicher Dichte und einer Vielfalt an Nutzungen in den Erdgeschossen. Eine Bäckerei mit Cafe, eine Apotheke, ein Blumenladen, ein Arzt und eine Physiotherapie Praxis, sowie eine Picknickscheune mit Kiosk und Poststelle und der Stadtteiltreff mit Co-Working finden hier Platz, beziehen das Haus Wohnstift Lörick mit ein und stellen Bezüge zum historischen Dorfkern Lörick her, um den lokalen Austausch zu fördern. Der Dorfplatz wird von einem Mix an Typologien flankiert und spiegelt die Heterogenität gewachsener Dorfkerne wieder. Hier ist Raum für einen Wochenmarkt oder auch gemeinschaftliche Veranstaltungen mit einer mobilen Bühne. Ein größer öffentlicher Spielhain (3.000m²), der durch eine Kletterwand mit der Dachfläche des Mobilitätshub verbunden ist, bietet Raum für Familien und Gemeinschaft.
Angrenzend erstrecken sich zwei langgezogene Siedlungsstreifen mit einem Mix von Wohntypologien und gemeinschaftlich orientierten Wohnhöfen. Die Gebäude werden von Innen aus den Höfen erschlossen, um die Verbindung zu den Landschaftsstreifen zu wahren und das Gemeinschaftsgefühl zu stärken. Diese Streifen orientieren sich an den südlichen Siedlungsstrukturen, nehmen räumliche Bezüge auf und bilden die Nachbarschaft der „Gartenstadt Wohnhöfe“. Sie werden von einem Landschaftsraum mit Urban Gardening gesäumt.
Als Auftakt, von Osten kommend, bieten vier locker verteilte Clusterhäuser einen direkten Bezug zum Naturerfahrungsraum und markieren hier den Übergang zur Landschaft. Die privaten Gärten sind zu den Landschaftsstreifen ausgerichtet.

Vernetzung und fußläufige Erschließung
Eine Traverse erstreckt sich als Belagsband von Ost nach West über das gesamte Planungsgebiet und verbindet die einzelnen Siedlungsstreifen miteinander, um die notwendige Vernetzung und fußläufige Verbindung der Nachbarschaften zu gewährleisten. Die Ver- und Entsorgung findet entlang dieser Traverse statt. Rettungs- und Notfallverkehr kann bis in die Wohnhöfe hineinfahren, hier befinden sich die benötigten Aufstellflächen. Entlang der Traverse gibt es Recycling-Stationen, eine Gartenküche mit Grillplatz, eine mit der Kita verbundene Streichelwiese und einige Wasserstationen, die auf den Dächern gesammeltes Regenwasser zur Bewässerung der Gärten bereitstellen. Über den Dorfplatz gibt es eine direkte Verbindung nach Norden zum Dorfkern Lörick und auch die Verbindung zum Rhein wird durch den Startpunkt der Traverse im Osten gestärkt.
Erschließung motorisiert
Zwei Quartiersgaragen ermöglichen ein insgesamt autofreies Quartier ohne direkte Durchfahrtsstraßen. Im Westen wird das Gebiet von der Löricker Straße aus erschlossen; eine dort in die Bebauung integrierte Quartiersgarage nimmt den ruhenden Verkehr auf und bietet zusätzlich Raum für Car Sharing Angebote und Fahrradstellplätze. Die zweite, größere Quartiersgarage wird von Süden aus über den Grevenbroicher Weg erschlossen und nimmt den Verkehr des östlichen Quartiers auf. Das Gewerbe und auch die Kita haben separate Stellplätze.
Soziale Infrastruktur & Gemeinschaftsgefühl
Auf unterschiedlichen Maßstabsebenen werden Bezugsräume angeboten, in denen durch regelmäßige Treffen, Veranstaltungen oder Aktivitäten das soziale Miteinander gefördert wird:
- kleiner Maßstab: Wohnhöfe, die Platz für z.B. Kleintierhaltung/ Hühner
oder auch Grillplatz/ Kinderspiel oder individuelle Hochbeete bieten
- mittlerer Maßstab: Nachbarschaften, die ihre Identität von den angrenzenden Landschaftsstreifen (Birkenhain, Streuobstwiese, Spielhain, Gemeinschaftsgärten, Wildblumenwiese) beziehen
- großer Maßstab: Dorfmitte mit Bezügen zu den angrenzenden Quartieren, die mit
Picknick Scheune, Streichel Wiese, Gartenküche & Grillplatz, Spielplatz mit Kletterwand, Basketball Feld, Tischtennis Plätze und Spielstrand am Rain Garden/ Spielhain ausgestattet ist

Phasenweise Entwicklung
Die einzelnen Felderstreifen können phasenweise entwickelt werden. So werden die Geflüchteten-Unterkünfte, zunächst mittelfristig erhalten und in der Phase I durch die Dorfmitte und den ersten, langgestreckten Gartenstadt-Wohnhof ergänzt. Auch der erste Mobilitätshub und die Kita werden in Phase I bereitgestellt.
In Phase II werden dann alle weiteren Wohnhöfe und Landschaftsfelder ergänzt.
In Phase III werden die Geflüchteten Unterkünfte abgebaut und an deren Stelle durch 3 Punkthäuser zur Dorfmitte sowie durch einen weiteren Wohnhof an der Streuobstwiese ergänzt.

Beurteilung durch das Preisgericht

Das Entwurfskonzept der Arbeit besticht durch einen nachvollziehbaren Bezug auf die historische Feldstruktur des Ortes. Aus einem Streifenmuster entwickeln die Verfasser*innen eine kluge städtebauliche und freiräumliche Struktur. Freiräume unterschiedlicher Qualitäten in Gestaltung und Nutzung wechseln sich mit bebauten Streifen ab. Mit einer durchdachten Mischung unterschiedlicher Wohnungsbautypologien treffen die Verfasser*innen die richtige Maßstäblichkeit und Körnung. Der Entwurf bindet sich damit gut in die Bestandssituation ein. Die Höfe werden im Norden mit Kopfbauten geschlossen. Die offene Bebauung entlang der Oberlöricker Straße schafft zwar eine gute strukturelle Anbindung an das nördlich gelegene Wohngebiet, wird aber aufgrund der Schallemissionen kritisch gesehen. Der Entwurf möchte eine unmittelbare Nähe und starke Erlebbarkeit der umgebenden Landschaft erreichen. Die Erschließung der Höfe erfolgt richtigerweise von „innen“. Im Gegensatz zur Phase 1 erscheinen die bebauten Streifen jedoch schmaler und die Jury zweifelt an einer adäquaten Erschließung für Ver- und Entsorgungs- sowie Sicherheits- und Rettungsfahrzeuge. Darüber hinaus scheint die Wechselspannung zwischen den Höfen und den Zwischenräumen in der Weiterbearbeitung leider verloren gegangen zu sein. Die Arbeit setzt auf zwei große Quartiersgaragen, die ein – in weiten Bereichen – autofreies Quartier bewerkstelligen sollen. Dabei wird die unmittelbare Nähe zum bestehenden Parkhaus des Haus Lörick als ungeeignet empfunden. Auch das abrupte Ende des Grevenbroicher Wegs als Einfahrt in die Hochgarage stellt keine attraktive Lösung dar und müsste überarbeitet werden. Für die innere Erschließung entwickeln die Verfasser*innen einen, in Ost-West-Richtung kritisch zu würdigenden, schmalen und gewundenen Weg, der ausschließlich Fußgänger*innen, Fahrradfahrer*innen und Ver- und Entsorgungsfahrzeugen dienen soll. Ein Großteil sozialer Einrichtungen und anderer Angebote, wie zum Beispiel Stadtteiltreff, Apotheke, Bäckerei etc. ordnet der Entwurf zentral in der „Dorfmitte“ an. Nur die Kindertagesstätte wird als „Waldkita“ im gut vernetzten Birkenhain verortet. Diese wird richtigerweise schon im ersten Bauabschnitt realisiert. Die dargelegte abschnittsweise Entwicklung wird für richtig befunden. Insgesamt bietet der Entwurf mit seiner klaren Hierarchisierung nachbarschaftlicher Räume eine besondere Interpretation des „Urbanen Dorfes“, schafft eigenständige Identifikationsräume und eine qualitätsversprechende Einbindung in den bestehenden Stadtteil.


Lageplan

Lageplan

Überblick Isometrie

Überblick Isometrie

Modellfoto

Modellfoto

Dorfmitte

Dorfmitte

Zoom In

Zoom In

Waldkita

Waldkita