Nichtoffener Wettbewerb | 11/2021
Gestaltung Innenraum der Augustinerkirche in Erfurt
©SCHUBERT + HORST ARCHITEKTEN
Anerkennung
Preisgeld: 4.000 EUR
Lichtplanung
Erläuterungstext
Weithin sind heutzutage die kirchlichen Räume mit vielen optischen und darum ablenkenden Blickfängen vollgestellt: mit herumstehendem Mobiliar, wie Sitze, Aufsteller und spontan gestellte Auslagenständer. Oft ist der Raum verschlissen und formal „überholt“, so dass das Zentrale, der Altar als Skulptur und das Kreuz als Symbol, nicht dominieren. Damit findet der Blick keinen Halt, geschweige denn, dass er sich dem Licht und seiner architektonischen Führung, die ihn je nach Tageszeit zu tragen imstande wäre, nicht überlassen kann. Diese Feststellung trifft auch auf die Augustinerkirche in Erfurt zu. Umso erfreulicher ist es, dass sich das evangelische Augustinerkloster zu Erfurt zu einer Neuausrichtung der Innenraumgestaltung entschieden hat und dazu einen Wettbewerb unter Architekten durchführt.
SOLA GRATIA Als Martin Luther 1505 in das Erfurter Kloster der Augustinereremiten eintrat, führte ihn die „Suche nach einem gnädigen Gott“ zur Erkenntnis der reformatorischen Rechtfertigungslehre. Nicht durch Taten oder gar durch Geld könne man – wie es die korrupte römische Amtskirche lehrte – vor Gott gerecht und von der Sünde gerettet werden, sondern – „sola gratia“ – allein aus göttlicher Gnade und aus dem Glauben daran, der daraus wächst. Dieser fundamentalen Erkenntnis folgend, wurde der zentrale Ort in der Kirche zum Ort der Predigt und Verkündigung definiert. Von hier aus waren seine Gedanken für das Volk verständlich und strahlten in alle Richtungen. Eine in den Fußboden eingearbeitete Messingplatte visualisiert diesen Gedanken und überträgt ihn weiterführend über den gesamten Fußboden strahlenförmig in den Kirchenraum.
DEMOCRATIA Dass in der Folge der Revolution von 1848/49 ausgerechnet die Augustinerkirche als Versammlungsort des Unionsparlaments zu einem wichtigen Ort der Parlamentarisierung in Deutschland wurde, soll im ehemaligen „Volkshaus“ eine weitere Fußbodenintarsie markieren: den Ort des Rednerpultes. Dies befand sich gegenüber dem nördlichen Seiteneingang im Hauptschiff. Ausgehend von einer in den Fußboden eingearbeiteten Edelstahlplatte soll auch von diesem Punkt ein Strahlenkranz in alle Richtungen des Raumes weisen. Durch die Überlagerung der strahlenförmigen Fußbodenintarsien aus SOLA GRATIA und DEMOCRATIA wird die für den Raum sehr bedeutende Dopplung der Nutzungsgeschichte dokumentiert und veranschaulicht.
LIBERTAS Der politische Umbruch in den Jahren 1989/90 führte verschiedene gesellschaftspolitische Gruppierungen und Initiativen ebenfalls in die Augustinerkirche. Dass die daraus resultierende Friedliche Revolution für Erfurt ihren Ausgang aus der Augustinerkirche nahm, wird mit dem als Fußbodenintarsie eingelegten Schriftzug LIBERTAS dokumentiert: an den Portalen West und Nord - genau dort, wo sich auch die beiden Strahlenkränze aus SOLA GRATIA und DEMOCRATIA treffen. Aus den das Volk umgebenden schützenden Mauern geht der Weg in die Freiheit durch die Portale der Kirche.
DER RAUM Der Kirchenraum wird hell, rein und leuchtend als Hinweis auf den Glanz Gottes erscheinen, als Hinweis auf das Leuchten seines Angesichtes. „Er lasse sein Angesicht leuchten über euch und sei euch gnädig.“ (4.Mose 6,25). Das ist die Herrlichkeit Gottes. Der Himmel öffnet sich: die Spitzbogentonne wird mit einer neuen glatten Schicht plastisch überarbeitet. Hier werden stilisierte Blütenblätter der Lutherrose aus dem Chorfenster zu einer leichten Ornamentik mit Abstand zur Gewölbedecke aufgesetzt, die mit einer akzentuierten Lichtführung den Himmel förmlich aufreißen. Die neue geschliffene und versiegelte mineralische Fußbodenbeschichtung mit den oben erwähnten Intarsien lässt den Raum von unten nach oben immer heller wirken. Die 3 changierenden Grauwerte vermitteln zwischen den 3 übergeordneten und sich überlagernden Themen SOLA GRATIA, DEMOCRATIA und LIBERTAS. Der Boden wird mit Abstand und Würde zum Bestand eingebaut. In diesen 'Schattenfugen‘ ist seitlich Platz für Medien- und Elektroinstallationen. Eine ausfahrbare Rampe bietet in der Achse des ehemaligen Lettners die Barrierefreiheit zwischen Langhaus und Chor. Ausreichend und nutzungsbezogen angeordnete Bodenmedientanks sind bündig eingelassen und bieten ausreichend Elektro-, Medien-, Beamer-, und Mikrofonanschlüsse. Der Beamerwagen wird im Stuhllager gelagert und kann ebenso wie die mobile Leinwand an allen Stellen im Kirchenraum genutzt werden. Wände, Säulen, Bögen und Fenstergewände erhalten eine neue Farbfassung, die dem Geist der Reinheit und des Glanzes folgt. Weiß für Wände und Decken, lichtgraue Lasuren für die Bestandsbauteile aus Stein. Die vorhandenen liturgischen Orte, wie der Altar und die Taufkapelle mit Taufbecken; die kostbaren Epitaphien, Grabplatten und Gemälde kommen nun in ihrer Originalität im lichtdurchfluteten, farbreduzierten Raum wieder besonders zur Geltung.
DAS INSTRUMENT + DIE MUSIK Hauptorgel und Chororgel verbleiben an ihren Standorten und erhalten schlichte Gehäuse in reinem Weiß. Sie sollen ebenso wie die Emporenbrüstung in ihrer Gestaltung der Schlichtheit des gesamten Raumes folgen. Die aufgemalten Ornamente auf den Orgelpfeifen sollten möglichst entfernt werden. Der Spieltisch im Chorraum soll verfahrbar ausgeführt werden und kann je nach Nutzung an einem der dafür im Chorraum vorgesehenen Bodentanks angeschlossen und bespielt, bei Nichtbenutzung gänzlich aus dem Chorraum entfernt werden. Kirchenmusik und Musikkirche: Gemeinsam mit den Orgeln bildet die Chor- und Orchestermusik einen Schwerpunkt im Kirchenjahr. Erforderliche Flächen zur Lagerung der Chorpodeste und des Spieltisches sind im Lagerraum unter der erweiterten Empore nachgewiesen. DIE MÖBEL Lesepult, mobiler Altar, Kerzenständer, Auslagen für Schriften, Gesangbücher etc. folgen in ihrer Gestaltung dem Prinzip der Einfachheit. Mehrfach gekantetes Blech sorgt hier für eine klare und einfache Form und Handhabung. Die Ausstattung des Kirchenraumes mit einer ausreichenden Anzahl von Stühlen wird durch den Einbau eines Lagerraumes unter der erweiterten der Orgelempore gewährleistet. Es können die gewünschten 450 Sitzplätze eingerichtet werden. Die Stühle aus Holz sind schlicht und bequem. Alle Möbel sind nicht höher als die Lehnen der ehem. Kirchenbänke. Foyer mit Windfang und dem neuen Lagerraum werden zur Kirche durch eine Glaswand abgetrennt, deren aufgedrucktes Ornament Motive aus der Lutherrose neu interpretieren. Von der zweiflügeligen Ganzglastür, die in der Kirchenachse den Zutritt vom Foyer in die Kirche gewährt, wird die Bedruckung jeweils nach rechts und links dichter und somit der Durchblick diffuser bis vollständig verdeckt und undurchsichtig. Das Motiv der Lutherrose soll sich als flächige halbdurchlässige Struktur auch bei der Gestaltung der Möbel, an den Haupteingangstüren am West- und Nordportal sowie an der visuellen Abtrennung zum Seitenschiff wiederfinden.
DAS SEITENSCHIFF UND DIE AUSSTELLUNG Die Fläche für die Ausstellung im Bereich des nördlichen Seitenschiffes wird in Verbindung mit der „Volkskirche“, also dem Westteil der Kirche, gesehen. Die visuelle Abtrennung des Seiten- zum Hauptschiff erfolgt über einen lichtdurchlässigen Vorhang, der hinter den Gurtbögen von der Decke abgehangen wird und für große Veranstaltungen komplett aufgerollt werden kann. Auch dieser nimmt das Ornament-Motiv der Lutherrose auf und bildet als Lichtfilter eine optische Zäsur zwischen Haupt- und Seitenschiff. Er endet mit der Unterkante auf Höhe der Unterkanten der Emporen. Die Erinnerung an die ehemalige Empore über diesem Seitenschiff wird durch eine Verdichtung der Webstruktur im Brüstungsbereich ermöglicht. Ausstellungselemente können wechselweise oder auch dauerhaft im Seitenschiff angeordnet werden.
DIE TECHNIK UND HEIZUNG Inwieweit der Einbau einer Fußbodenheizung zielführend ist, muss in weiteren Planungsschritten in Zusammenarbeit mit Fachplanern geprüft werden. Üblich ist der Einbau einer Luftheizung in Kombination mit punktuellen Flächen einer Fußbodenheizung. Durch den Einbau des neuen Fußbodens ist dies problemlos realisierbar. Die Elektrotechnik muss im Zusammenhang mit der Lichtführung und der Medienbespielung vollständig neu konzipiert werden.
DAS LICHT „Wenn wir aber im Lichte wandeln, wie er im Licht ist, so haben wir Gemeinschaft untereinander.“ (Joh. 1,7) Das Licht spielt im Kirchenraum eine ganz besondere Rolle. Es steht für unsere Wahrnehmung der Welt und im spirituellen Sinn sowohl für die Schöpfungsgeschichte - „Es werde Licht...“ (1.Mose 1,3) – als auch für den österlichen Aspekt „Das Licht scheint in der Finsternis...“ (Joh.1,5)
Das Licht soll auf unspektakuläre Art und Weise zur inneren Sammlung und zum gemeinsamen Feiern der Gottesdienste einladen. Es unterstützt ganz wesentlich die einladende, spirituelle Atmosphäre eines Kirchenraumes. Die Wahrnehmung von Räumen wird durch die - sich ständig ändernde - Mischung von Tages- und Kunstlicht geprägt. Das vom Material modulierte und reflektierte Licht liefert uns die Informationen unserer Umwelt. So wird in unserem Konzept der komplexe Kontext aus visuellen Wahrnehmungsphänomenen, physiologischen und psychischen Reaktionen des Menschen auf Lichteinwirkungen berücksichtigt. Ziel ist es, den Raum mit Licht so zu gestalten, dass die raumgestaltenden Elemente zur angemessenen Wirkung kommen und die Nutzung wie selbstverständlich durch die Lichtführung unterstützt wird. Das Licht stärkt also die durch den Raum und die Nutzung gegebene Bedeutungshierarchie. Durch die Beleuchtung sollen keine zusätzlichen, unbeabsichtigten Effekte wie z.B. starke Schlaglichter oder ungeplante Reflexionen oder Spiegelungen erzeugt werden. Durch die Vermeidung von visuellem Ballast wird also eine ruhige, zeitlose Wirkung geschaffen. Dies setzt voraus, dass Licht-Schatten-Kanten sehr sorgfältig geplant und eingesetzt werden und dass Blendung unter flachen Winkeln vermieden wird.
Lichtplanung bedeutet auch Schattenplanung. Die räumliche Lage und der Verlauf der Licht-Schatten-Kanten üben einen großen Einfluss auf das Wirkungsergebnis aus. Die entsprechenden Überlegungen werden bereits bei der Konzeption angestellt. Um besonders eindrucksvolle Stimmungen zu schaffen, werden das Gewölbe des Langhauses und der Seitenschiffe als getrennte Dimmkreise geplant. Die Voraussetzung für eine klare Wirkungsdefinition bedeutet, dass die Licht - Schattenkanten den jeweiligen Lichtsystemen folgen. Würden sich die Aufhellungsbereiche überlappen, wäre keine klare Wirkungstrennung möglich, verbunden mit einem Verlust an Ausdrucksstärke.
Aus diesen Wirkungsabsichten lassen sich dann die notwendigen Strahlungseigenschaften der Leuchten ableiten. Exakt für den Raum berechnete und auf das Gewölbe abgestimmte Reflektoren, sowie Lichtfarben und Lichtintensitäten werden sensibel und präzise in den Kirchenraum eingefügt. Dabei wird immer darauf geachtet, dass die Leuchten nicht selbst zum ablenkenden Objekt im Vordergrund werden, sondern dezent, zurückhaltend und schlicht dem Geschehen dienen. Deshalb werden die Leuchten seitlich an den Querbalken so angebracht, dass sie beim Blick zum Altar verdeckt sind. Im Zusammenspiel mit der indirekten Deckenaufhellung erhält der Raum eine klare Ausrichtung. Das Licht lässt sich aber auch so schalten und dimmen, dass dem Altar als Ort der Verkündung eine deutlich höhere Intensität verliehen wird.
Für die Sakristei ist eine Pendelleuchte vorgesehen, die einerseits das Gewölbe aufhellt und andererseits für eine direkte Tischbeleuchtung sorgt.
SOLA GRATIA Als Martin Luther 1505 in das Erfurter Kloster der Augustinereremiten eintrat, führte ihn die „Suche nach einem gnädigen Gott“ zur Erkenntnis der reformatorischen Rechtfertigungslehre. Nicht durch Taten oder gar durch Geld könne man – wie es die korrupte römische Amtskirche lehrte – vor Gott gerecht und von der Sünde gerettet werden, sondern – „sola gratia“ – allein aus göttlicher Gnade und aus dem Glauben daran, der daraus wächst. Dieser fundamentalen Erkenntnis folgend, wurde der zentrale Ort in der Kirche zum Ort der Predigt und Verkündigung definiert. Von hier aus waren seine Gedanken für das Volk verständlich und strahlten in alle Richtungen. Eine in den Fußboden eingearbeitete Messingplatte visualisiert diesen Gedanken und überträgt ihn weiterführend über den gesamten Fußboden strahlenförmig in den Kirchenraum.
DEMOCRATIA Dass in der Folge der Revolution von 1848/49 ausgerechnet die Augustinerkirche als Versammlungsort des Unionsparlaments zu einem wichtigen Ort der Parlamentarisierung in Deutschland wurde, soll im ehemaligen „Volkshaus“ eine weitere Fußbodenintarsie markieren: den Ort des Rednerpultes. Dies befand sich gegenüber dem nördlichen Seiteneingang im Hauptschiff. Ausgehend von einer in den Fußboden eingearbeiteten Edelstahlplatte soll auch von diesem Punkt ein Strahlenkranz in alle Richtungen des Raumes weisen. Durch die Überlagerung der strahlenförmigen Fußbodenintarsien aus SOLA GRATIA und DEMOCRATIA wird die für den Raum sehr bedeutende Dopplung der Nutzungsgeschichte dokumentiert und veranschaulicht.
LIBERTAS Der politische Umbruch in den Jahren 1989/90 führte verschiedene gesellschaftspolitische Gruppierungen und Initiativen ebenfalls in die Augustinerkirche. Dass die daraus resultierende Friedliche Revolution für Erfurt ihren Ausgang aus der Augustinerkirche nahm, wird mit dem als Fußbodenintarsie eingelegten Schriftzug LIBERTAS dokumentiert: an den Portalen West und Nord - genau dort, wo sich auch die beiden Strahlenkränze aus SOLA GRATIA und DEMOCRATIA treffen. Aus den das Volk umgebenden schützenden Mauern geht der Weg in die Freiheit durch die Portale der Kirche.
DER RAUM Der Kirchenraum wird hell, rein und leuchtend als Hinweis auf den Glanz Gottes erscheinen, als Hinweis auf das Leuchten seines Angesichtes. „Er lasse sein Angesicht leuchten über euch und sei euch gnädig.“ (4.Mose 6,25). Das ist die Herrlichkeit Gottes. Der Himmel öffnet sich: die Spitzbogentonne wird mit einer neuen glatten Schicht plastisch überarbeitet. Hier werden stilisierte Blütenblätter der Lutherrose aus dem Chorfenster zu einer leichten Ornamentik mit Abstand zur Gewölbedecke aufgesetzt, die mit einer akzentuierten Lichtführung den Himmel förmlich aufreißen. Die neue geschliffene und versiegelte mineralische Fußbodenbeschichtung mit den oben erwähnten Intarsien lässt den Raum von unten nach oben immer heller wirken. Die 3 changierenden Grauwerte vermitteln zwischen den 3 übergeordneten und sich überlagernden Themen SOLA GRATIA, DEMOCRATIA und LIBERTAS. Der Boden wird mit Abstand und Würde zum Bestand eingebaut. In diesen 'Schattenfugen‘ ist seitlich Platz für Medien- und Elektroinstallationen. Eine ausfahrbare Rampe bietet in der Achse des ehemaligen Lettners die Barrierefreiheit zwischen Langhaus und Chor. Ausreichend und nutzungsbezogen angeordnete Bodenmedientanks sind bündig eingelassen und bieten ausreichend Elektro-, Medien-, Beamer-, und Mikrofonanschlüsse. Der Beamerwagen wird im Stuhllager gelagert und kann ebenso wie die mobile Leinwand an allen Stellen im Kirchenraum genutzt werden. Wände, Säulen, Bögen und Fenstergewände erhalten eine neue Farbfassung, die dem Geist der Reinheit und des Glanzes folgt. Weiß für Wände und Decken, lichtgraue Lasuren für die Bestandsbauteile aus Stein. Die vorhandenen liturgischen Orte, wie der Altar und die Taufkapelle mit Taufbecken; die kostbaren Epitaphien, Grabplatten und Gemälde kommen nun in ihrer Originalität im lichtdurchfluteten, farbreduzierten Raum wieder besonders zur Geltung.
DAS INSTRUMENT + DIE MUSIK Hauptorgel und Chororgel verbleiben an ihren Standorten und erhalten schlichte Gehäuse in reinem Weiß. Sie sollen ebenso wie die Emporenbrüstung in ihrer Gestaltung der Schlichtheit des gesamten Raumes folgen. Die aufgemalten Ornamente auf den Orgelpfeifen sollten möglichst entfernt werden. Der Spieltisch im Chorraum soll verfahrbar ausgeführt werden und kann je nach Nutzung an einem der dafür im Chorraum vorgesehenen Bodentanks angeschlossen und bespielt, bei Nichtbenutzung gänzlich aus dem Chorraum entfernt werden. Kirchenmusik und Musikkirche: Gemeinsam mit den Orgeln bildet die Chor- und Orchestermusik einen Schwerpunkt im Kirchenjahr. Erforderliche Flächen zur Lagerung der Chorpodeste und des Spieltisches sind im Lagerraum unter der erweiterten Empore nachgewiesen. DIE MÖBEL Lesepult, mobiler Altar, Kerzenständer, Auslagen für Schriften, Gesangbücher etc. folgen in ihrer Gestaltung dem Prinzip der Einfachheit. Mehrfach gekantetes Blech sorgt hier für eine klare und einfache Form und Handhabung. Die Ausstattung des Kirchenraumes mit einer ausreichenden Anzahl von Stühlen wird durch den Einbau eines Lagerraumes unter der erweiterten der Orgelempore gewährleistet. Es können die gewünschten 450 Sitzplätze eingerichtet werden. Die Stühle aus Holz sind schlicht und bequem. Alle Möbel sind nicht höher als die Lehnen der ehem. Kirchenbänke. Foyer mit Windfang und dem neuen Lagerraum werden zur Kirche durch eine Glaswand abgetrennt, deren aufgedrucktes Ornament Motive aus der Lutherrose neu interpretieren. Von der zweiflügeligen Ganzglastür, die in der Kirchenachse den Zutritt vom Foyer in die Kirche gewährt, wird die Bedruckung jeweils nach rechts und links dichter und somit der Durchblick diffuser bis vollständig verdeckt und undurchsichtig. Das Motiv der Lutherrose soll sich als flächige halbdurchlässige Struktur auch bei der Gestaltung der Möbel, an den Haupteingangstüren am West- und Nordportal sowie an der visuellen Abtrennung zum Seitenschiff wiederfinden.
DAS SEITENSCHIFF UND DIE AUSSTELLUNG Die Fläche für die Ausstellung im Bereich des nördlichen Seitenschiffes wird in Verbindung mit der „Volkskirche“, also dem Westteil der Kirche, gesehen. Die visuelle Abtrennung des Seiten- zum Hauptschiff erfolgt über einen lichtdurchlässigen Vorhang, der hinter den Gurtbögen von der Decke abgehangen wird und für große Veranstaltungen komplett aufgerollt werden kann. Auch dieser nimmt das Ornament-Motiv der Lutherrose auf und bildet als Lichtfilter eine optische Zäsur zwischen Haupt- und Seitenschiff. Er endet mit der Unterkante auf Höhe der Unterkanten der Emporen. Die Erinnerung an die ehemalige Empore über diesem Seitenschiff wird durch eine Verdichtung der Webstruktur im Brüstungsbereich ermöglicht. Ausstellungselemente können wechselweise oder auch dauerhaft im Seitenschiff angeordnet werden.
DIE TECHNIK UND HEIZUNG Inwieweit der Einbau einer Fußbodenheizung zielführend ist, muss in weiteren Planungsschritten in Zusammenarbeit mit Fachplanern geprüft werden. Üblich ist der Einbau einer Luftheizung in Kombination mit punktuellen Flächen einer Fußbodenheizung. Durch den Einbau des neuen Fußbodens ist dies problemlos realisierbar. Die Elektrotechnik muss im Zusammenhang mit der Lichtführung und der Medienbespielung vollständig neu konzipiert werden.
DAS LICHT „Wenn wir aber im Lichte wandeln, wie er im Licht ist, so haben wir Gemeinschaft untereinander.“ (Joh. 1,7) Das Licht spielt im Kirchenraum eine ganz besondere Rolle. Es steht für unsere Wahrnehmung der Welt und im spirituellen Sinn sowohl für die Schöpfungsgeschichte - „Es werde Licht...“ (1.Mose 1,3) – als auch für den österlichen Aspekt „Das Licht scheint in der Finsternis...“ (Joh.1,5)
Das Licht soll auf unspektakuläre Art und Weise zur inneren Sammlung und zum gemeinsamen Feiern der Gottesdienste einladen. Es unterstützt ganz wesentlich die einladende, spirituelle Atmosphäre eines Kirchenraumes. Die Wahrnehmung von Räumen wird durch die - sich ständig ändernde - Mischung von Tages- und Kunstlicht geprägt. Das vom Material modulierte und reflektierte Licht liefert uns die Informationen unserer Umwelt. So wird in unserem Konzept der komplexe Kontext aus visuellen Wahrnehmungsphänomenen, physiologischen und psychischen Reaktionen des Menschen auf Lichteinwirkungen berücksichtigt. Ziel ist es, den Raum mit Licht so zu gestalten, dass die raumgestaltenden Elemente zur angemessenen Wirkung kommen und die Nutzung wie selbstverständlich durch die Lichtführung unterstützt wird. Das Licht stärkt also die durch den Raum und die Nutzung gegebene Bedeutungshierarchie. Durch die Beleuchtung sollen keine zusätzlichen, unbeabsichtigten Effekte wie z.B. starke Schlaglichter oder ungeplante Reflexionen oder Spiegelungen erzeugt werden. Durch die Vermeidung von visuellem Ballast wird also eine ruhige, zeitlose Wirkung geschaffen. Dies setzt voraus, dass Licht-Schatten-Kanten sehr sorgfältig geplant und eingesetzt werden und dass Blendung unter flachen Winkeln vermieden wird.
Lichtplanung bedeutet auch Schattenplanung. Die räumliche Lage und der Verlauf der Licht-Schatten-Kanten üben einen großen Einfluss auf das Wirkungsergebnis aus. Die entsprechenden Überlegungen werden bereits bei der Konzeption angestellt. Um besonders eindrucksvolle Stimmungen zu schaffen, werden das Gewölbe des Langhauses und der Seitenschiffe als getrennte Dimmkreise geplant. Die Voraussetzung für eine klare Wirkungsdefinition bedeutet, dass die Licht - Schattenkanten den jeweiligen Lichtsystemen folgen. Würden sich die Aufhellungsbereiche überlappen, wäre keine klare Wirkungstrennung möglich, verbunden mit einem Verlust an Ausdrucksstärke.
Aus diesen Wirkungsabsichten lassen sich dann die notwendigen Strahlungseigenschaften der Leuchten ableiten. Exakt für den Raum berechnete und auf das Gewölbe abgestimmte Reflektoren, sowie Lichtfarben und Lichtintensitäten werden sensibel und präzise in den Kirchenraum eingefügt. Dabei wird immer darauf geachtet, dass die Leuchten nicht selbst zum ablenkenden Objekt im Vordergrund werden, sondern dezent, zurückhaltend und schlicht dem Geschehen dienen. Deshalb werden die Leuchten seitlich an den Querbalken so angebracht, dass sie beim Blick zum Altar verdeckt sind. Im Zusammenspiel mit der indirekten Deckenaufhellung erhält der Raum eine klare Ausrichtung. Das Licht lässt sich aber auch so schalten und dimmen, dass dem Altar als Ort der Verkündung eine deutlich höhere Intensität verliehen wird.
Für die Sakristei ist eine Pendelleuchte vorgesehen, die einerseits das Gewölbe aufhellt und andererseits für eine direkte Tischbeleuchtung sorgt.
Beurteilung durch das Preisgericht
Der Entwurf zeichnet sich aus durch eine symbolische Inszenierung der drei historischen Einschnitte, die die Augustinerkirche mit der Idee der Freiheit verbindet: die Entdeckung der religiösen Freiheit durch Luther, der demokratischen Freiheit im Unionsparlament, das sich 1850 in der Kirche konstituierte und der neu eroberten Freiheit der friedlichen Revolution von 1989. Die Architektur versucht diese Freiheitsgeschichte insbesondere in der Gestaltung des Fußbodens herauszuarbeiten, der in der Kirche die Orte der religiösen und politischen Rede, die Predigt und die 10 parlamentarische Rede durch Bodenplatten markiert und die von diesen Orten ausgehenden Kraftlinien auf dem Fußboden durch goldene und graue Linien nachzeichnet, die sich durchdringen und überschneiden. Dieser Inszenierung der Idee religiöser und politischer Freiheit soll auch die helle und transparente Atmosphäre dienen, die im Gegensatz zum historischen Vorbild mit künstlichem Licht arbeitet, insbesondere in der Decke als aufgerissenem geöffneten Himmel und der weißen und grauen Farbigkeit von Decken und Wänden. Damit setzt sich der Entwurf in Gegensatz zur mittelalterlichen Geschichte und aktuellen Gestalt der Augustinerkirche, die eher romanisch als gotisch dunkler und weniger hell ist. Eine Schwäche des Konzepts ist der leer geräumte Chorraum, der als Leerstelle und Distanz erscheint. Hier müsste darüber nachgedacht werden das Chorgestühl in das Konzept zu integreren. Die Gestaltungsidee den Gedanken der Freiheit durch Helligkeit, viel Licht und Transparenz erfahrbar zu machen, setzt sich auch in der Gestaltung des Windfangs fort, der die Kirche als einen öffentlichen Ort einer offenen Freiheitskommunikation darstellt. Gestaltungselement für die beiden Freiheits-Türen und die transparenten Vorhänge, die die abgetragene Nordempore ersetzen, ist die Lutherrose in abstrahierte Form. Die textile Abtrennung ist als Reminiszenz an das Parlament, das in der Kirche tagte, für diese Absicht zu schwach. Insgesamt ist das Konzept elegant und ansprechend. Allerdings stellt sich die Frage, ob die Intention des Entwurfs sich erfüllt, die wechselvolle Freiheitsgeschichte der Kirche architektonisch darzustellen, oder ob es am Ende bei einem hohen symbolischen Anspruch bleibt, den die Architektur nicht einlösen kann.
©SCHUBERT + HORST ARCHITEKTEN
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