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Nichtoffener Wettbewerb | 11/2024

Gestaltung Ortsmitte und Neubau Stadtladen mit Parkscheune in Rieneck

Fußgängerperspektive mit Blick vom Vorplatz auf den Stadtladen

Fußgängerperspektive mit Blick vom Vorplatz auf den Stadtladen

2. Preis

Preisgeld: 9.248 EUR

Schlicht Lamprecht Kern Architekten

Architektur

studioRAUCH

Architektur

NMM [Nicole M. Meier] LandschaftsArchitektur

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

Städtebau:

Stadtladen
Das städtebauliche Konzept entscheidet sich bewusst gegen eine Platzaufweitung zum Fließenbach. Sein Ziel ist die Heilung und Abrundung der Altstadtsituation und gleichzeitig die Ausformulierung eines klaren ruhigen Platzes als Treffpunkt für die Bürger von Rieneck. Abseits davon werden die großen Bäume als eine sehr schützenswerte Qualität erachtet, die umfangreiche und großzügige Eingriffe hin zum deutlich tiefer gelegenen Fließenbach verhindern, trotzdem wird eine angemessene attraktive Nutzung des Uferbereiches im Entwurf erstellt.
Ein einfacher, L - förmiger eingeschossiger Baukörper wird bewusst in die südöstliche Ecke des Parkplatzes gestellt um die ehemalige Altstadtgrenze klar auszuformulieren, er führt selbstverständlich die südliche Baukörperzeile der Badgasse fort, um dann parallel zum Fließenbach in Richtung Hauptstraße abzuknicken. Die Erstreckung dorthin ist bewusst nicht ganz ausgereizt, um den Blick vom neu gebildeten Platz auf den Herrgottsberg zu ermöglichen. Dennoch wird die ehemalige Torstelle und Eingang in die Altstadt reaktiviert und ein Querbezug zur neuen Parkscheune spürbar. Die sehr sensible archäologische Fläche in Mitte des ehemaligen Parkplatzes bleibt zum großen Teil frei von Bebauung.
Die Setzung des neuen Baukörpers ergibt zusammen mit den bestehenden Fassaden räumlich einen neuen, beruhigten und klar definierten Platz, der für die Schulgasse und Badgasse einen logischen Abschluss bildet, als Schlusspunkt im Sinne einer Abrundung des Gesamtkonzeptes für die Altstadt.
Neben dem Trafohäuschen wahrt der neue Baukörper bewusst Abstand so das der Durchgang zur Haaggasse bewahrt bleibt, gleichzeitig wird eine gute Belieferung dort möglich.
Der neue Baukörper ist durch drei Satteldächer strukturiert, die in Dachneigung und Wirkung die Dachlandschaft der Altstadt aufnehmen, jedoch in einer beruhigten Art und Weise. Die Satteldächer deuten die innere Organisation und die Setzung der Funktionen an.

Parkscheune
Der Baukörper der zweigeschossigen Parkscheune ergänzt bestehende Raumkanten und bildet durch die Tiefe seiner Erstreckung eine logische Ergänzung der nordseitigen Bebauung der Hauptstraßenzeile. Die Ecke Hauptstraße - Rotenberg wird klar definiert. Aus Respekt zu den Nachbarn wird der Baukörper halbgeschossig im Erdreich versenkt errichtet.
Zur Hauptstraße zeigt sich die Parkscheune als giebelständiger, durch zwei Satteldächer klar unterteilter Neubau, der den Rhythmus der Bestandsbauten ergänzt. Einfahrt über die Rampenanlage und der fußläufige Zugang erfolgen traufseitig zur Seite Rotenberg, bewusst klar im Baukörper integriert und zum neuen Stadtladen orientiert. Stadtladen und Parkscheune bieten in den jeweiligen Baukörpern zur Hauptstraße orientiert eine kleine Geste, die den ÖPNV Benutzern witterungsgeschützt eine Wartebank bietet.

Freiraumkonzept:

Die Neugestaltung der Freianlagen um den neuen Stadtladen und Parkscheune bildet den Auftakt für die innerstädtische Aufwertung, die im INSEK definiert wurde. Dabei bildet der Dreiklang „städtisches Wohnzimmer“, Herrgottsberg und neuer städtischer Festplatz eine wichtige Freiraumstruktur, die vom Fließenbach als blau-grünes Band durchzogen und im Wettbewerbsgebiet als solches gestärkt wird.
Der neue Festplatz dient als multifunktionale Fläche. Während normaler Wochentage bietet er Platz für Kurzzeitparker (7 Stellplätze, davon ein Behindertenstellplatz, 2 Motorrad-Stellplätze, sowie 8 Fahrrad-Stellplätze mit 2 Ladesäulen), Anlieferung des Stadtladens und integriert eine Bushaltestelle. Maibaum und Sitzmöbel unter Linde und Schnurbaum sowie entlang der Fassade in Kombination mit einer Café-Bestuhlung sowohl zum Platz als auch zum Fließenbach hin sorgen für Atmosphäre und laden zum Verweilen ein. Am Bachufer wird bewusst auf Eingriffe in die Topografie verzichtet, um die beiden Bäume erhalten zu können.
Die bestehende Steg-Konstruktion wird rückgebaut und die Böschung mit ansprechender Bepflanzung aufgewertet, sodass eine hohe Qualität für die östliche Café-Terrasse entsteht. Weiter südlich erfährt die Terrasse eine Aufweitung und bietet neben der Solitärbank am Platz eine weitere nicht-kommerzielle Sitzmöglichkeit. So entstehen beidseitig des Cafés zwei Außenbereiche mit unterschiedlichen Qualitäten und Atmosphären.
Bei Festen kann die Platzfläche mit Buden, Bühne und Bestuhlung bespielt werden, während die Stellplätze anderswo gesucht werden müssen. Der neue Belag aus heimischem Granit in unterschiedlichen Steingrößen verbindet als „Stadtteppich“ die wichtigen Orte im Altstadtgefüge und holt die Besucher an der Parkscheune ab. Diese erhält im Südwesten eine kleine Vorzone, im Südosten einen kleinen Hof als Erschließung für die Nachbargebäude und von Norden her wird sie beidseitig vom grünen Hang des Herrgottsbergs umspült. An der Hauptstraße befindet sich die zweite Bushaltestelle, deren wettergeschützter Wartebereich wie auch an der der Nordfassade des Cafés in das Gebäude integriert wird. So kann auf störende bauliche Kleinelemente in den Freianlagen verzichtet werden.
Entwurf/Konstruktion:

Stadtladen
Das Gebäudevolumen überträgt die interne Aufteilung in Lager, Laden und Theke / Café in die Außenwirkung. Mit Abstand zum Trafohäuschen, befindet sich unter dem westlichen Satteldach das Lager und die Personalräume, mit direktem Außenzugang für die Anlieferung. Es folgt der Stadtladen unter dem mittigen Satteldach, mit Eingang zentral, direkt gegenüber der Erschließung von der Schulgasse kommend auf den neuen Platz.
Unter dem langgestreckten östlichen Satteldach ist die Theke des Stadtladens und deren Nebenräume untergebracht. Orientiert zur Hauptstraße, liegt die Kasse und der PostPoint, neben dem Bäcker und vor dem Cafébereich. Personal - und Kundenströme sind weitestgehend getrennt voneinander möglich.
Zwischen Bäcker und Cafébereich ist Ein - und Ausgang quer durch das Gebäude möglich, so das der Platz oder das Ufer des Fließenbaches gleichzeitig aktiviert werden. Eine Nutzung des Cafébereichs unabhängig vom Stadtladen, ob mit Bäcker oder allein, ist so möglich. Die Volumen der seitlichen Satteldächer sind mit Personalnutzung und Galerie im Cafébereich genutzt.
Die ruhige Gebäudestruktur wird durch die einfache Bauweise unterstrichen. Auf der flachen Plattengründung wir ein gemauerter Sockel bis zu Sitzhöhe umlaufend errichtet. Er dient neben dem Schutz des darüberliegenden Holzbaues nicht nur als funktionaler Akzent, was durch die dort angebrachten Sitzbänke außen unterstrichen wird. Die opaken Außenwandteile sind aus einfachem Holzständerbau gefertigt. Die verglasten Bereiche erstrecken sich mit einem vertikalen Fensterformat bis unter die Traufe. Nur die Eingänge sind bodentief für Akzent und barrierefreie Erschließung.
Überhalb den Traufen ruht die Primärkonstruktion der dreiecksförmigen Satteldachrahmen aus Brettschichtholz. Sie haben stets drei Auflagerpunkte um sehr wirtschaftliche Dimensionen zu ermöglichen. Ausgefacht sind sie mit Sekundärmodulen, die sich zwischen den Abständen spannen und bis zur Dachhaut die Konstruktion in ihrem Schichtenaufbau bilden. So ergeben sich größtmögliche Vorfertigungsmöglichkeiten und maximale zirkuläre Rückbaubarkeit.
Die äußere Erscheinung des Baukörpers ist durch vertikale lasierte Nut - und Federbretter aus Fichtenholz geprägt, insbesondere aber durch die dezente Abstufung im Bereich der Giebel, so das die geometrische Struktur unterstützt wird. Insgesamt wird so ein ruhiger Baukörper erzeugt, der sich klar in Erdgeschoss und Dachvolumen aufteilt.

Parkscheune
Alle erdberührten Bauteile der Parkscheune werden in einer Stahlbetonkonstruktion umgesetzt. Um möglichst gute Abschottung zu den Nachbarn zu gewährleisten, werden die dorthin orientierten Seiten bis unter die Traufe in massiver Ziegelkonstruktion ergänzt. Die primäre vertikal tragende Konstruktion sowie horizontale Parkdecks und die dreipunktgelagerten Satteldachrahmen werden in Stahlbauweise umgesetzt. Die beiden Giebelseiten Hauptstraße und Hangseite, werden für Lichteinfall und Belüftung maximal aufgelöst und nur mit einer durchlässigen Holzkonstruktion verkleidet. Diese ist im Bereich des Parkdecks zur Hauptstraße im OG öffenbar gestaltet so das dieser Bereich auch für Feste genutzt werden kann. Ein - und Ausfahrt können durch je zweiflügelige Tore geschlossen werden.

Beurteilung durch das Preisgericht

Der Entwurf des Stadtladens mit Café und Vorplatz fügt sich als L-förmiger Baukörper selbstverständlich in die vorhandene städtebauliche Struktur und Körnung der Umgebungsbebauung und seinen Wegeachsen (Badgasse und Schulstraße) ein. Auch die Parkscheune ergänzt grundsätzlich vorhandene städtebauliche Umfeld positiv, jedoch wirkt die Ansicht zur Straße, trotz Zweiteilung des Daches etwas breit. Allerdingst wird gewürdigt, dass im westlichen Gebäudeteil die Zufahrt und ein gedeckter Buswartebereich integriert wurde.

Insgesamt wird die Gliederung des Ladengebäudes mit drei giebelständigen Dächern in den Proportionen und in der Materialwahl für den Ort als angemessen empfunden. Allerdings erscheint die Fassadengestaltung etwas beliebig, auch da die horizontale Teilung zwischen Erdgeschoss und Dachgeschoss schwer nachvollzierbar ist. Der passagenartige Durchgang zwischen Vorplatz und Aufenthaltsbereiche am Bach wird positiv gewertet. Der Grundriss in L-Form und zahlreichen Stützen ist für die Ladennutzung nicht optimal. Sichtbeziehungen von Theke ins Cafe kaum gegeben und daher ungünstig für den Betrieb.

Die Gestaltung des gut dimensionierten Platzes mit Aufenthaltszonen und einigen Parkplätzen sowie zugängliche Bereiche am Bach ist wohltuend und gelungen. Lobend erwähnenswert sind die zugänglichen Grünflächen am Bach mit Erhalt des Baumbestandes. Bei der Pflasterung der Platzfläche gab es teilweise Bedenken hinsichtlich der Nutzbarkeit (Einkaufswägen). Die Anlieferung erscheint funktional logisch. Eine wirtschaftliche und nachhaltige Realisierung des Stadtladens mit seinem unmittelbaren Umfelde erscheint gut möglich. Anders wird dies bei der Parkscheune gesehen, die einen sehr tiefen baulichen Eingriff in das vorhandene Gelände, bzw. in die Topografie (Hang) bedeutet. Die architektonisch eigentlich wünschenswerte schmale Gebäudeform ermöglicht leider nur einseitiges Parken und verschenkt dadurch wertvolle Flächen, bzw. verbraucht Ressourcen. Eine Flexibilität für andere Nutzungsformen, z.B. als Nachnutzung ist nicht erkennbar. Das Preisgericht stellt daher die Wirtschaftlichkeit der Parkscheune in Frage, die zu erwartenden Baukosten werden als unangemessen angesehen.

Zusammenfassend wird der Entwurf vom Preisgericht vor allem aufgrund der gelungenen städtebaulichen Eingliederung des Ladengebäudes in den Ort und seiner ansprechenden Freiflächen positiv gewürdigt.
Schwarzplan

Schwarzplan

Lageplan

Lageplan

Lageplan EG

Lageplan EG

Struktur des Platzes

Struktur des Platzes

Gesamtkonzept Freianlagen

Gesamtkonzept Freianlagen

Piktogramm - Städtebaulicher Schnitt

Piktogramm - Städtebaulicher Schnitt