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Mehrfachbeauftragung | 11/2022

Gutachterverfahren Modellflieger- Familien- und klimafreundliches Modellquartier auf dem Fliegerhorst Oldenburg

Visualisierung

Visualisierung

Sieger

MUDLAFF & OTTE Architekten PartGmbB

Architektur

STUDIO WITT

Architektur

MoRe Architekten PartGmbB

Architektur

ErlÀuterungstext

Die Zersiedelung am Stadtrand durch wachsende Einfamilienhausgebiete widerspricht unserem Streben, beim Bau von neuem Wohnraum fossile Ressourcen zu reduzieren und lebendige stĂ€dtische Quartiere zu entwickeln. Die Mehrfachbeauftragung fĂŒr ein Familien- und klimafreundliches Modellquartier auf dem Fliegerhorst in Oldenburg begreifen wir daher als Chance, ein attraktives, gemischtes, urbanes Quartier zu schaffen, wo bezahlbare, nachhaltige Wohnungen mit großzĂŒgigen Grundrissen, hohen Decken, Freisitzen und GemeinschaftsgĂ€rten eine wirkliche Alternative zum Einfamilienhaus am Stadtrand bilden. Der Gemeinschaftsgedanke der Baugruppe senkt zudem die Baukosten, stĂ€rkt die AttraktivitĂ€t des Quartiers und fördert den nachbarlichen Zusammenhalt.

Im B-Plan N-777-F wird auf der ehemaligen militĂ€rischen Nutzung in weiten Teilen ein Neubaugebiet entwickelt, das vereinzelt die rot verklinkerten BestandsgebĂ€ude umschließen wird. Diese stĂ€dtebauliche Situation bringt die Herausforderung mit sich, dass die 45 ReihenhausgrundstĂŒcke dennoch wie ein gewachsenes Quartier wahrgenommen werden sollten, und nicht wie eine auf dem Reißbrett geplante Projektentwicklung mit Neubaublöcken. Um HeterogenitĂ€t zu erreichen, schlagen wir daher eine Stadthaus-Bebauung mit zwei grundlegend unterschiedlichen Bautypen vor: zum Einen ein schmales, nur 5,30m breites dreigeschossiges Stadthaus mit einem von der Straße zurĂŒckversetzten Staffelgeschoss. Die GesamtgrĂ¶ĂŸe dieser Typologie ‚A‘ eignet sich zum ‚Durchwohnen‘ als familientaugliches Stadthaus, ggf. auch mit ‚Home office‘. Der zweite Typus ‚B‘ bzw. ‚C‘ ist mit 6,50m etwas breiter und bietet in den unteren Geschossen zudem einen straßenseitigen Erker. Die GrĂ¶ĂŸe dieser Kubatur erlaubt eine Unterteilung in zwei ĂŒbereinander gestapelte Maisonetten. Das Staffelgeschoss mit Dachterrasse ist beim Typ ‚B‘ vom Garten her zurĂŒckversetzt. Als weitere Unterteilung kann hieraus der Typus ‚C‘ mit Gemeinschaftsapartment im EG, Studio mit Balkon im 1OG und Maisonette in den oberen beiden Geschossen geschaffen werden. Im Typ ‚C‘ wird fĂŒr alle Nutzer der Kellerniedergang erreichbar sein. Angeordnet werden diese Typologien alternierend, also mit wechselnder Staffelung, so dass die Dachlandschaft eine Kammstruktur bildet. Die Dachterrassen in den Staffelgeschossen haben daher abwechselnd eine westliche (Typ ‚A‘) bzw. eine östliche (Typ ‚B‘ oder Typ ‚C‘) Ausrichtung und schĂŒtzen so die PrivatsphĂ€re der direkten Nachbarn. Gestaltet wird jeweils ein Stadthaus Typ ‚A‘ und ein Stadthaus Typ ‚B‘ oder ‚C‘ von je einem ArchitekturbĂŒro mit einer wiedererkennbaren MaterialitĂ€t. Jeweils nur zwei StadthĂ€user haben so dieselbe Klinker- und Fugenfarbe, identische TĂŒren und Fensterprofile sowie andere architektonische Details. Durch eine gemischte Anordnung der verschiedenen StadthĂ€user ergibt sich trotz der geordneten Geometrie ein heterogenes und individuelles Gestaltungsbild. Durch einheitliche Traufkanten, Sturzhöhen, gleiche Treppen, BodenbelĂ€ge, InnentĂŒren, festgelegte SteigeschĂ€chte und die technische Konstruktion als ein Mehrfamilienhaus werden durch hohe Synergieeffekte die Baukosten deutlich reduziert werden können.

Die Nutzung der notwendigen Treppen als ‚interne Wohnungstreppen‘ nach dem ‚Haus-im-Haus-Prinzip‘ hilft dabei, FlĂ€chen zu optimieren sowie RWA Entrauchungsklappen einzusparen, und auf zusĂ€tzliche WĂ€nde und TreppenlĂ€ufe zu verzichten. Das gemeinschaftliche Flachdach ist begrĂŒnt und mit Photovoltaik aktiviert. Die Terrassen der oberen Geschosse werden teilweise mit PflanzkĂŒbeln und Rankbepflanzung an den Fassaden begrĂŒnt und bieten so Lebensraum fĂŒr Insekten und Kleinstlebewesen. Die Stirnseiten der HĂ€userzeile werden mit bodenstĂ€ndigen Kletterpflanzen begrĂŒnt. FahrrĂ€der, Elektro-LastenfahrrĂ€der und GartengerĂ€te werden in einem freistehenden NebengebĂ€ude als holzverkleideter Stahlstruktur mit GrĂŒndach untergebracht. Alle DĂ€mmstoffe werden als Produkte mit Blauem Engel/Nature-Plus Zertifikat ausgeschrieben. Die Gemeinsame Haustechnik kommt in einer Teilunterkellerung unter dem Gemeinschaftsapartment unter, ebenso wie zusĂ€tzliche AbstellrĂ€ume fĂŒr die Nutzer. Auf eine kostenintensive Vollunterkellerung kann verzichtet werden.

Die Gesamtenergiebilanz wird als ‚Plusenergiestandard‘ ausgelegt. Hierzu wird neben einer GebĂ€udedĂ€mmung im Passivhausstandard vorgeschlagen, ĂŒber eine Luft-Wasser WĂ€rmepumpe eine FußbodenflĂ€chenheizung zu speisen, die im Sommer zur KĂŒhlung umgestellt werden kann. ErgĂ€nzt werden kann dieses System durch eine ErdwĂ€rmepumpe auf Basis von FlĂ€chenkollektoren, die in den FreiflĂ€chen vergraben werden. Tiefe Erdsonden wurden aufgrund der BodenverhĂ€ltnisse im Vorfeld ausgeschlossen. Der Energieverbrauch der WĂ€rmepumpen wird ĂŒber die PV-Anlage auf dem Dach abgedeckt. Im Keller wird ein großes Batteriespeichersystem ĂŒberschĂŒssigen Strom zwischenspeichern, so dass dieser auch zur VerfĂŒgung steht wenn die Sonne nicht genĂŒgend Energie liefert. Jede einzelne Wohneinheit wird mit einer dezentralen LĂŒftungsanlage mit WĂ€rmerĂŒckgewinnung ĂŒber die Fassade bzw. ĂŒber Dach ausgestattet, so dass auf teure und in der Regel wartungsintensive Brandschutzklappen zwischen Wohneinheiten verzichtet werden kann. Die warmen AbwĂ€sser werden ĂŒber einen WĂ€rmetauscher abgefĂŒhrt, so dass die AbwĂ€rme in den Warmwasserspeicher zurĂŒckgefĂŒhrt wird. Im Fahrradschuppen können gemeinschaftliche Elektro-LastenfahrrĂ€der aus der ĂŒberschĂŒssigen PV-Energie kostengĂŒnstig aufgeladen werden. Die Energieeffizienz der stromverbrauchenden Elektro-EndgerĂ€te wie KĂŒhlschrĂ€nke, LED-Beleuchtung und Waschmaschinen wird dermaßen optimiert, dass der selbst erzeugte Solarstrom mit dem Pufferspeicher einen Großteil des anfallenden Strombedarfs abdecken kann. Die Straßenfassade wird mit einem außenliegenden, beweglichen Sonnenschutz als ZIP-Screen vor sommerlicher Überhitzung geschĂŒtzt.

Beurteilung durch das Preisgericht

Der Siegerentwurf stammt von drei Hamburger ArchitektenbĂŒros, die als Arbeitsgemeinschaft fungieren und bereits das Ă€hnliche Wohnprojekt Stadtfinken in Hamburg-Finkenau umgesetzt haben: Mudlaff & Otte, Studio Witt und MoRe Möhrle Reinhardt Architekten. Die Jury lobte unter anderem das Energiekonzept, die kompakte und flexible Bauweise und die Klinkerfassade, die den Charakter des Fliegerhorstes gut aufgreift. Die Grundrisse sind durch die Baugemeinschaften frei zu gestalten, alle InnenwĂ€nde sind frei stellbar. Die Aufteilung der Wohnungen, die Eingangssituation und Fassadengestaltung bieten Spielraum fĂŒr eigene WĂŒnsche und bilden dennoch ein gelungenes Stadthausensemble. Insbesondere ist der Entwurf auf kostenoptimiertes Bauen ausgelegt, ohne den architektonischen Anspruch zu verlieren.
Visualisierung

Visualisierung

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Lageplan

Lageplan

Piktogramm01

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Piktogramm 02

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Piktogramm 03

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Piktogramm04

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