Die Zersiedelung am Stadtrand durch wachsende Einfamilienhausgebiete widerspricht unserem Streben, beim Bau von neuem Wohnraum fossile Ressourcen zu reduzieren und lebendige stĂ€dtische Quartiere zu entwickeln. Die Mehrfachbeauftragung fĂŒr ein Familien- und klimafreundliches Modellquartier auf dem Fliegerhorst in Oldenburg begreifen wir daher als Chance, ein attraktives, gemischtes, urbanes Quartier zu schaffen, wo bezahlbare, nachhaltige Wohnungen mit groĂzĂŒgigen Grundrissen, hohen Decken, Freisitzen und GemeinschaftsgĂ€rten eine wirkliche Alternative zum Einfamilienhaus am Stadtrand bilden. Der Gemeinschaftsgedanke der Baugruppe senkt zudem die Baukosten, stĂ€rkt die AttraktivitĂ€t des Quartiers und fördert den nachbarlichen Zusammenhalt.
Im B-Plan N-777-F wird auf der ehemaligen militĂ€rischen Nutzung in weiten Teilen ein Neubaugebiet entwickelt, das vereinzelt die rot verklinkerten BestandsgebĂ€ude umschlieĂen wird. Diese stĂ€dtebauliche Situation bringt die Herausforderung mit sich, dass die 45 ReihenhausgrundstĂŒcke dennoch wie ein gewachsenes Quartier wahrgenommen werden sollten, und nicht wie eine auf dem ReiĂbrett geplante Projektentwicklung mit Neubaublöcken. Um HeterogenitĂ€t zu erreichen, schlagen wir daher eine Stadthaus-Bebauung mit zwei grundlegend unterschiedlichen Bautypen vor: zum Einen ein schmales, nur 5,30m breites dreigeschossiges Stadthaus mit einem von der StraĂe zurĂŒckversetzten Staffelgeschoss. Die GesamtgröĂe dieser Typologie âAâ eignet sich zum âDurchwohnenâ als familientaugliches Stadthaus, ggf. auch mit âHome officeâ. Der zweite Typus âBâ bzw. âCâ ist mit 6,50m etwas breiter und bietet in den unteren Geschossen zudem einen straĂenseitigen Erker. Die GröĂe dieser Kubatur erlaubt eine Unterteilung in zwei ĂŒbereinander gestapelte Maisonetten. Das Staffelgeschoss mit Dachterrasse ist beim Typ âBâ vom Garten her zurĂŒckversetzt. Als weitere Unterteilung kann hieraus der Typus âCâ mit Gemeinschaftsapartment im EG, Studio mit Balkon im 1OG und Maisonette in den oberen beiden Geschossen geschaffen werden. Im Typ âCâ wird fĂŒr alle Nutzer der Kellerniedergang erreichbar sein. Angeordnet werden diese Typologien alternierend, also mit wechselnder Staffelung, so dass die Dachlandschaft eine Kammstruktur bildet. Die Dachterrassen in den Staffelgeschossen haben daher abwechselnd eine westliche (Typ âAâ) bzw. eine östliche (Typ âBâ oder Typ âCâ) Ausrichtung und schĂŒtzen so die PrivatsphĂ€re der direkten Nachbarn. Gestaltet wird jeweils ein Stadthaus Typ âAâ und ein Stadthaus Typ âBâ oder âCâ von je einem ArchitekturbĂŒro mit einer wiedererkennbaren MaterialitĂ€t. Jeweils nur zwei StadthĂ€user haben so dieselbe Klinker- und Fugenfarbe, identische TĂŒren und Fensterprofile sowie andere architektonische Details. Durch eine gemischte Anordnung der verschiedenen StadthĂ€user ergibt sich trotz der geordneten Geometrie ein heterogenes und individuelles Gestaltungsbild. Durch einheitliche Traufkanten, Sturzhöhen, gleiche Treppen, BodenbelĂ€ge, InnentĂŒren, festgelegte SteigeschĂ€chte und die technische Konstruktion als ein Mehrfamilienhaus werden durch hohe Synergieeffekte die Baukosten deutlich reduziert werden können.
Die Nutzung der notwendigen Treppen als âinterne Wohnungstreppenâ nach dem âHaus-im-Haus-Prinzipâ hilft dabei, FlĂ€chen zu optimieren sowie RWA Entrauchungsklappen einzusparen, und auf zusĂ€tzliche WĂ€nde und TreppenlĂ€ufe zu verzichten. Das gemeinschaftliche Flachdach ist begrĂŒnt und mit Photovoltaik aktiviert. Die Terrassen der oberen Geschosse werden teilweise mit PflanzkĂŒbeln und Rankbepflanzung an den Fassaden begrĂŒnt und bieten so Lebensraum fĂŒr Insekten und Kleinstlebewesen. Die Stirnseiten der HĂ€userzeile werden mit bodenstĂ€ndigen Kletterpflanzen begrĂŒnt. FahrrĂ€der, Elektro-LastenfahrrĂ€der und GartengerĂ€te werden in einem freistehenden NebengebĂ€ude als holzverkleideter Stahlstruktur mit GrĂŒndach untergebracht. Alle DĂ€mmstoffe werden als Produkte mit Blauem Engel/Nature-Plus Zertifikat ausgeschrieben. Die Gemeinsame Haustechnik kommt in einer Teilunterkellerung unter dem Gemeinschaftsapartment unter, ebenso wie zusĂ€tzliche AbstellrĂ€ume fĂŒr die Nutzer. Auf eine kostenintensive Vollunterkellerung kann verzichtet werden.
Die Gesamtenergiebilanz wird als âPlusenergiestandardâ ausgelegt. Hierzu wird neben einer GebĂ€udedĂ€mmung im Passivhausstandard vorgeschlagen, ĂŒber eine Luft-Wasser WĂ€rmepumpe eine FuĂbodenflĂ€chenheizung zu speisen, die im Sommer zur KĂŒhlung umgestellt werden kann. ErgĂ€nzt werden kann dieses System durch eine ErdwĂ€rmepumpe auf Basis von FlĂ€chenkollektoren, die in den FreiflĂ€chen vergraben werden. Tiefe Erdsonden wurden aufgrund der BodenverhĂ€ltnisse im Vorfeld ausgeschlossen. Der Energieverbrauch der WĂ€rmepumpen wird ĂŒber die PV-Anlage auf dem Dach abgedeckt. Im Keller wird ein groĂes Batteriespeichersystem ĂŒberschĂŒssigen Strom zwischenspeichern, so dass dieser auch zur VerfĂŒgung steht wenn die Sonne nicht genĂŒgend Energie liefert. Jede einzelne Wohneinheit wird mit einer dezentralen LĂŒftungsanlage mit WĂ€rmerĂŒckgewinnung ĂŒber die Fassade bzw. ĂŒber Dach ausgestattet, so dass auf teure und in der Regel wartungsintensive Brandschutzklappen zwischen Wohneinheiten verzichtet werden kann. Die warmen AbwĂ€sser werden ĂŒber einen WĂ€rmetauscher abgefĂŒhrt, so dass die AbwĂ€rme in den Warmwasserspeicher zurĂŒckgefĂŒhrt wird. Im Fahrradschuppen können gemeinschaftliche Elektro-LastenfahrrĂ€der aus der ĂŒberschĂŒssigen PV-Energie kostengĂŒnstig aufgeladen werden. Die Energieeffizienz der stromverbrauchenden Elektro-EndgerĂ€te wie KĂŒhlschrĂ€nke, LED-Beleuchtung und Waschmaschinen wird dermaĂen optimiert, dass der selbst erzeugte Solarstrom mit dem Pufferspeicher einen GroĂteil des anfallenden Strombedarfs abdecken kann. Die StraĂenfassade wird mit einem auĂenliegenden, beweglichen Sonnenschutz als ZIP-Screen vor sommerlicher Ăberhitzung geschĂŒtzt.