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begrenzter Wettbewerb mit vorgeschaltetem Losverfahren | 01/2005

'Haus der Essener Geschichte' - Umbau und Erweiterung der Luisenschule in Essen

Lageplan

Lageplan

Ankauf

gernot schulz : architektur GmbH

Architektur

club L94

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext




Leitidee:
Auf die vorgefundene Heterogenität des Bauensembles der ehemaligen Luisenschule wird mit dem Neubau des Archivgebäudes wie folgt reagiert:
Die aus der Funktion „Archiv“ fast zwangsläufig sich ergebende Form einer „Box“ wird als „schwebender“ Behälter an die Turnhalle (auch eine Box) angefügt, schließt den Block jedoch nicht ganz, um an die Ursprungsidee der „Dreiflügelanlage“ zu erinnern. Das „Schweben“ symbolisiert zum Einen das Sichern und Bewahren der Archivgüter vor Umwelteinflüssen und fremden Zugriffen, zum Anderen ist dies auch als Hinweis auf die diesem Entwurf zugrunde liegenden Ideen der konstruktiven Weiterentwicklung des „Kölner Modells“ zu lesen (Leichtbau – schwebender Behälter).
Erdgeschossig folgt eine 1-geschossige Halle (Funktion: Archivalienübernahme) der Spur der Schulerweiterung im Nordwesten. Die Winkelverschiebung der Gebäudefluchten entlang der Bert-Brecht-Strasse wird somit vom Neubau thematisiert.
Der Neubau versteht sich als in Stil und Form eigenständiger Bestandteil des Ensembles.

Baukonstruktion und Raumklima – Das „neue Kölner Modell“
Die raumklimatischen und nutzungsspezifischen Bedingungen des „Kölner Modells“ sind Ausgangspunkt der baukonstruktiven Überlegungen.
Die bisher verwendete Massivbauart der Archivgebäude mit natürlicher Belüftung ist jedoch kritisch zu betrachten. Der Aufwand und somit die Kosten für diese Konstruktion (mind. 60cm Wandaubau, hoher Konstruktionsflächen und Materialaufwand) wie auch die Anfangsproblematik bei der Raumkonditionierung (lange Bauaustrocknungszeiten) sind unbefriedigend.

Die Umsetzung eines Archivgebäudes mit den hohen Anforderungen an die Klimastabilität lässt sich als „Leichbaukonstruktion“ effizienter, leitungsfähiger und wirtschaftlicher umsetzen.

Unter Latentwärmespeicherung versteht man die Speicherung von Wärme in einem Material, welches einen Phasenübergang, vorwiegend fest - flüssig, erfährt (engl. Phase Change Material, PCM). Bei der Einspeicherung von Wärme in das Speichermaterial beginnt das Material bei Erreichen der Temperatur des Phasenübergangs zu Schmelzen und erhöht dann, trotz weiterer Einspeicherung von Wärme, seine Temperatur nicht bis das Material komplett geschmolzen ist. Erst dann tritt wieder eine Erhöhung der Temperatur auf. Da für längere Zeit trotz Wärmezufuhr keine merkliche Temperaturerhöhung auftritt, nennt man die während des Phasenübergangs eingespeicherte Wärme "latente Wärme".
1. Es ist möglich in einem Bereich geringster Temperaturänderung verhältnismäßig hohe Wärmemengen zu speichern und somit hohe Speicherdichten zu erreichen.
2. Da der Phasenübergang bei konstanter Temperatur über einen gewissen Zeitraum vonstatten geht werden Temperaturschwankungen nahezu eliminiert und Temperaturspitzen verhindert.

Hierbei zeigt der Vergleich zwischen Speicherung latenter Wärme und Speichern über „Masse“, daß mittels latenter Wärme typischerweise 5 bis 10-fach höhere Speicherdichten erreicht werden können.

Aus den auf den Plänen zusammengestellten Schaubildern und Tabellen ist ersichtlich, dass:
1. Ein Drittel der Konstruktionsfläche im Vergleich zum Massivbau eingespart werden kann. Dies entspricht im vorliegenden Entwurf einer Ersparnis von 250cbm Aussenwandkonstruktion, bzw. 1200qm Aussenwandfläche. Schon dies führt zu einer Ersparnis von 100.000 Euro Baukosten.
2. Der U-Wert ist 4x besser als bei einem Massivbau. Die Heizungsanlage kann wesentlich geringer dimensioniert werden. Auch hier werden Einsparungen bei den Baukosten möglich.
3. Das Gewicht der Konstruktion ist 9x geringer als bei einem Massivbau, d.h. wesentlich geringere Aufwendungen in der Hochbaukonstruktion und Fundamentierung, woraus weitere Einsparpotenziale bei den Baukosten resultieren.
4. Die Wärmespeicherfähigkeit der Konstruktion ist 22% höher als bei der Massivkonstruktion.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass mit den heute zur Verfügung stehenden Mitteln des Leichtbaus die Idee des „Kölner Modells“ - einer möglichst dichten Hülle („Thermoskanne“) kombiniert mit einer hohen Wärme-/Feuchte Speicherdichte - mehr als je zuvor auch konstruktiv umsetzbar erscheint. Die computergesteuerte natürliche Querlüftung der Archivräume bleibt fester Bestandteil des weiterentwickelten Modells.

Die Anforderungen des vorbeugenden baulichen Brandschutzes sind auch im Leichtbaubereich problemlos durch Anstriche und Bekleidungen zu erfüllen.

Die Baukostenersparnis gegenüber einem Massivbau liegt bei ca. 150.000 Euro.

Fassade:
Die schwebende Archivbox erhält eine hinterlüftete Fassade aus Aluminiumblechen. Als Farbe ist ein mattes Silbergold angedacht, welches zum Einen symbolisch für den geschichtlichen WERT des Inhalts steht, zum Anderen - über das Material des Archivgebäudes - das Haus der Geschichte mit dem nahen Hochhausensemble der nördlichen Essener City „verlinkt“.
Die Plattengrössen alternieren in senkrechten Streifen. Die horizontalen Fugen wechseln zwischen Breiten von 0,2 bis 5,0 cm. Das so entstehende Bild der Schichtung unregelmäßiger Dicken erinnert assoziativ an den „gestapelten“ Inhalt des Gebäudes.
Das computergesteuerte Lüften der Archivgeschosse wird für den Betrachter sichtbar gemacht. Im Falle des Öffnens der Fenster in der inneren Tragwerksschale öffnen sich auch die davor liegenden Metallpaneele. Die sich so in unregelmäßigen Abständen verändernde Fassade macht die Funktion des Gebäudes und die bauliche Idee der Umsetzung bildhaft erlebbar.
Die eingeschossige Halle der Archivalienübernahme wird umlaufend mit einer Gussglassfassade versehen und somit natürlich belichtet und belüftet.

Altbau – Museum, Stadtarchiv und Schule:
Unabdingbarer Bestandteil für die Institution „Haus der Geschichte“ ist der zentrale Auftakt und Empfang in der Eingangshalle, welche auch für das Erleben des Baudenkmals den wichtigsten Raum darstellt. Von hier aus erfolgt die sternförmige Verteilung in die Nutzungseinheiten und alle Geschosse (UG mit Luftschutzkeller bis 2.OG mit Aula) sind schwellenfrei zu erreichen. Für die zentrale Positionierung des Aufzugs, wie auch für die aktive Anbindung des Hofes als sommerlicher „Multifunktionsraum“ wird der westliche Anbau zurückgebaut und die dahinter liegende Fassade des Baudenkmals instand gesetzt.
Der Zugang zu den Vortrags- und Seminarräumen erfolgt direkt aus der Eingangshalle. Ebenso stellt dies Start- und Endpunkt des Parcours durch die Ausstellung dar, welche in den westlichen Hochparterreräumen des Baudenkmals eingerichtet wird. Das darunter liegende Souterrain mit den Räumen des Luftschutzkellers ergänzt das Raumangebot der Ausstellung.
Bauliche Eingriffe werden so reduziert wie möglich vorgenommen, in den meisten Fällen reduzieren sich diese auf das Zurückbauen späterer Eingriffe.

Der Zugang zum Lesesaal des Stadtarchivs erfolgt durch die Flurzone des Ausstellungsbereichs. Es wird vorgeschlagen hier die Ausstellungsinhalte in den einzelnen Räumen zusammenzufassen bzw. einzuleiten, um somit beim Durchschreiten dieses Raumbereichs Interesse zu wecken, und den einzelnen Besucher des Archivs über sein individuelles Interesse am einzelnen Archivgut hinaus auch für die Essener Stadtgeschichte, insbesondere die „unbequeme“ Zeit des Nationalsozialismus, zu sensibilisieren.
Die einzelnen Räume der Ausstellung sind über die Bestandstüren verschließbar, so dass unterschiedliche Öffnungszeiten des Archivs und des Museums möglich sind.

Landschaftsarchitektonisches Konzept
Das landschaftsarchitektonische Konzept leitet sich sowohl an den städtebaulichen Vorgaben, als auch an den unterschiedlichen Bedürfnissen der zukünftigen Gebäudenutzer ab.
Das städtebauliche Umfeld des Grundstückes ist durch ein für die Innenstädte des Ruhrgebietes typisches Maß an urbaner Heterogenität geprägt. Die Rauheit dieser Stadtstruktur, die vor allem den funktionalen Ansprüchen genügt, findet sich in der Materialität des zum Straßenraum orientierten Umfeldes und der Vorplatzsituation wieder. Diese Flächen werden in Asphalt erstellt und rahmen das Gebäudeensemble ein.
In Anlehnung an die vorhandene Einfriedung markiert eine kniehohe Mauer die Grenze zwischen öffentlichem Gehweg und dem Grundstück der Luisenschule. Diese Mauer wird – neben seiner trennenden Funktion – auch als kommunikatives Objekt begriffen, ein Ort zum Sitzen, Liegen, Spielen, sich Treffen, u.s.w.
Die Parkmöglichkeit auf dem Vorplatz ist in Anlehnung an die heutige Situation möglich. Lediglich der unmittelbare Bereich vor dem Haupteingang sollte vor dem Hintergrund seiner Bedeutung nicht beparkt werden. Die Konsequenz daraus wäre ein Defizit von 4 Stellplätzen auf dem Grundstück. Dieses könnte ausgeglichen werden, indem in der Geibelstrasse 4 Längsparker untergebracht werden.
Durch das neue Magazingebäude wird die Flucht im Norden an der Bert-Brecht-Straße geschlossen. Dies hat eine atmosphärische Stärkung der Innenhofsituation zur Folge und wird die Aufenthaltsqualität wesentlich erhöhen. Die Lichtreflektion über die helle Aluminiumfassade des Archivbaukörpers wird den Hof im Tages- und Jahresverlauf unterschiedlich beleuchten. Das Innere des neuen Ensembles wird als Saal verstanden, der den neuen Nutzern als wertvoller Außenraum zur Verfügung stehen wird. Durch die bestehenden Bäume wird man vor allem im Sommer einen kühlenden Ort vorfinden. Der Innenhof ist aufgrund seiner reduzierten Gestaltung auch ein Raum für Sonderveranstaltungen wie Ausstellungen oder Konzerte zu bespielen. Der Bodenbelag des Hofes entspricht in Längsrichtung dem Format der Fassadenplatten des Magazins. Innerhalb dieses modularen Systems schieben sich unter den Bäumen Sitzobjekte aus der Fläche heraus. Um einen Bezug von Innen und Außen herzustellen, wird auf dem Vorplatz ein Teppich aus Intarsien im Format der Innenhofplatten den Haupteingang betonen, bzw. zu diesem hin leiten.
Lageplan

Lageplan

Ansichten und Schnitte

Ansichten und Schnitte

Ansichten und Schnitte

Ansichten und Schnitte

Grundriss EG

Grundriss EG

Grundriss EG

Grundriss EG