Einladungswettbewerb | 02/2023
Haus der Katholischen Kirche in Schwenningen
©Braunger Wörtz Architekten
Außenperspektive
3. Preis
Preisgeld: 8.500 EUR
Architektur
silands | Gresz + Kaiser Landschaftsarchitekten PartG mbB
Landschaftsarchitektur
Architekturmodelle Boris Degen Modellbau
Modellbau
Erläuterungstext
"Wo die Barmherzigkeit und Klugheit ist, da ist nicht Verschwendung noch Täuschung."
Dieses Zitat vom Namenspatron Franz von Assisi, dessen Leben und Wirken durch die Einfachheit im tiefen Glauben geprägt war, formuliert die Entwurfsidee des Gemeindehauses in kraftvollen Worten. Architektur als Ausdruck eines demütigen Selbstverständnisses mit dem Ziel in der Einfachheit das Wesentliche zu Erkennen und den Mensch und unsere Schöpfung in den Fokus zu nehmen ist die Leitschnur des Entwurfs.
Auf der Suche nach dem Einfachen - der Zentralbaukörper
Die Entwurfsidee der Einfachheit formuliert einen einzigen städtebaulichen Baustein. Der Zentralbaukörper baut auf dem Grundriss des Quadrates auf. Das Quadrat mit seinen allseitig gleichlangen Schenkeln gilt in seiner Symbolik als vollendete und damit bestandhabende Form. Dieser einfache und gleichzeitig selbstbewusste Baukörper bildet mit der Kirche ein kraftvolles, identitätsstiftendes Ensemble. Die städtebauliche Klarheit des Solitärs ordnet den heterogenen Städtebau und definiert neue Außenraumkanten und Wegebeziehungen.
Ein Haus voller Leben
Durch die Konzentration aller Funktionen unter einem kompakten Dach wird das vielfältige Gemeindeleben eng verwoben und im Stadtraum präsent. Einzelne Bereiche können sich befruchten und werden untereinander sichtbar. Das Erdgeschoss ist durch die flexible Raumkonfiguration variabel nutzbar und dient der ganzen Gemeinde als lebendiger Veranstaltungsort. Vielfältige Blickbezüge zwischen innen und außen verzahnen das Haus mit seiner Umgebung schaffen durch öffenbare Fassadenteile einen fließenden Übergang.
Anders und doch verwandt
Die äußere Erscheinung des Gemeindehauses zitiert architektonische Elemente des Kirchengebäudes um die inhaltliche Verbindung des Ensembles herzustellen. Das langestreckte Fensterformat mit dem feststehenden Sonnenschutz im oberen Bereich und dem stark geneigten Sims findet sein Gegenüber in der Gestalt und Proportion der Rundbogenkirchenfenster. Die Brandbleche der Holzfassade gliedern die Fassade analog der Gesimse am Kirchenschiff. Die kleinteilig, handwerklich verarbeitete Element der gotischen Klinkerfassade des Kirchenschiffs wird beim Gemeindeshaus in eine Holzgitterstruktur übersetzt und bildet eine weitere Verwandtschaft zwischen Sakral- und Profanbau.
Franz von Assis - gelebte Nachhaltigkeit
Franz von Assisi war bereits vor über 800 Jahren durch sein Wirken ein Vorreiter des heutigen Begriffs der Nachhaltigkeit. Das Gemeindehaus trägt diesem
Gedanken bereits durch seine sehr kompakte Bauweise Rechnung und legt durch seine Geometrie mit einem optimierten Verhältnis von Nutzfläche und
Außenhaut einen robusten Grundstein nachhaltigen und Energieeffizienten Bauens. Die bei Franziskus zugrunde gelegte Verantwortung gegenüber der
Schöpfung bedingt die Wahl zur Materialität Holz in allen sinnfälligen Bereichen um den CO2-Fußabdruck zu minimieren. Aufgrund der kompakten Setzung
gelingt es alle Stellplätze unproblematisch im Außenraum zu platzieren und auf eine Tiefgarage zu verzichten. Neben der finanziellen Ersparnis kann
dadurch der Ressourcenverbrauch erheblich reduziert werden. Besonders unter dem Gesichtspunkt einer verändernden Mobilität gewinnt die Fragestellung der Angemessenheit von Tiefgaragen an Bedeutung und sollte verantwortungsvoll hinterfragt werden. Konstruktiv erforderlich Betonbauteile werden aus
Recyclingbeton erstellt mit Flugasche zur Reduktion des energieaufwändigen Zementes. Alle Bauteile werden weitestgehend sortenrein gefügt für eine
spätere Trennbarkeit und Wiederverwertbarkeit.
Architektur und Außenraum - ein Zweiklang
Zwischen dem Kirchengebäude und dem neuen Haus der Katholischen Kirche spannt sich der Kirchplatz als offener und verbindender Freiraum auf, zu dem hin sich alle wesentlichen Gebäudeeingänge orientieren. Unterschiedliche Zonen und Ausstattungselemente - ein kleiner Garten unter den bestehenden Großbäumen im Osten, ein baumbestandener Fest- und Bouleplatz im Süden und eine lange, Gemeinschaft stiftende Tafel im Westen - gliedern den Kirchplatz und lassen einzelne Bereiche unterschiedlicher Prägung und Atmosphäre entstehen, die den vielfältigen Anlässen im Kirchen- und Gemeindealltag Raum geben. Zur Stärkung der gemeinsamen räumlichen Mitte wird vorgeschlagen, den barrierefreien Zugang zum Kirchenraum zukünftig entlang der Südseite der Kirche zu schaffen und im Gegenzug den nordseitigen Zugang in Richtung Jakob-Kienzle-Straße aufzugeben.
Der Kirchplatz wird mit regionalem Granitpflaster im Farbspektrum von grau bis rot gepflastert und damit auch materiell am Ort verankert. Die notwendigen Stellplätze westlich der Kirche und südlich des Neubaus erhalten dabei die gleiche Materialität, ergänzt um lineare Rasenfugen. Das Haus der
Katholischen Kirche wird so in den Grünsaum um das Kirchengebäude eingebettet. Losgelöst vom oberen Geländeniveau des Kirchenplatzes erhalten die
Jugendlichen vis-à-vis zu ihrem separaten Gebäudeeingang ein großzügiges Holzdeck als Verweilort und Treffpunkt in unmittelbarer Nähe zum benachbarten Hochschul-Campus.
Beurteilung durch das Preisgericht
Den Verfassern der Arbeit 1122 gelingt es, mit einem kompakten Baukörper eine städtebaulich überzeugende Situation zu schaffen. Die Reduzierung der Materialien und die Beschränkung auf einen „einfachen Kubus“ bringen Ruhe in den gesamten Baublock mit seiner heterogenen Bebauung.
Die Höhenentwicklung des Baukörpers, die die Trauflinie der Kirche überschreitet, wird kontrovers diskutiert. Die Grundrisse sind durchdacht und funktional richtig ausgebildet. Die Säle öffnen sich zum Außenbereich, der Zugang zum Gebäude liegt richtig und ist gut einsehbar. Die Auffindbarkeit der Gemeinderäume im 1.OG wird jedoch als nachteilig empfunden.
Der Entwurf überzeugt durch seine Wirtschaftlichkeit, die durch den Verzicht auf eine Tiefgarage nochmals gesteigert wird.
Die Arbeit stellt einen wichtigen Beitrag dar und überzeugt durch seine durchgängige Stringenz.
©Braunger Wörtz Architekten
Lageplan
©Braunger Wörtz Architekten
Erdgeschoss
©Braunger Wörtz Architekten
Obergeschoss 1
©Braunger Wörtz Architekten
Obergeschoss 2
©Braunger Wörtz Architekten
Schnitt
©Braunger Wörtz Architekten
Modell