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Offener Wettbewerb | 11/2012

Haus des gemeinsamen Lernens - Schul- und Bürgerzentrum Gadamerplatz

ein 1. Preis

Preisgeld: 30.000 EUR

Datscha Architekten

Architektur

KUULA Landschaftsarchitekten

Landschaftsarchitektur

Architekturmodelle Boris Degen Modellbau

Modellbau

Erläuterungstext

ENTWURFSKONZEPT
Das Schul- und Bürgerzentrum am Gadamerplatz kombiniert in sich die öffentlichen Nutzungen einer dreizügigen Grundschule, eines Kindergartens, eines Bürgerzentrums sowie einer vierzügigen Gemeinschaftsschule als Erweiterungsoption. Damit stellt die Gesamtanlage einen wichtigen Baustein im städtebaulichen Kontext der Heidelberger Bahnstadt dar. Das Schul- und Bürgerzentrum ist Anlaufplatz für Menschen aller Altersklassen und zentral zwischen Grüner Meile und Langem Anger gelegen. Die städtebaulichen Volumina gliedern sich in den nordwestlich gelegenen Baukörper des ersten Bauabschnittes (Grundschule, Kindergarten, Bürgerzentrum) auf Baufeld SE 3 sowie den später zu errichtenden südwestlichen Baukörper der Gemeinschaftsschule auf Baufeld Z 1.

AUSSENRAUMKONZEPT
Der Außenraum des Gadamerplatzes wird in eine Platzfolge aus drei Einzelräumen aufgegliedert. Der nördliche entlang der Grünen Meile fungiert dabei als stadtseitiger Auftakt einer Serie verknüpfter Grünräume, die die Bahnstadt durchziehen. Zwischen beiden Baufeldern verläuft die Galileistraße autofrei. Der Raum zwischen den beiden Schulen dient deren Erschließung (Fußgänger, Radfahrer, Fußweg zum ÖPNV) und präsentiert sich zugleich visuell als Tor zwischen den städtischeren, verdichteten Bereichen entlang der Grünen Meile und den südlich anschließenden ruhigeren Wohnbereichen. Darüber hinaus bietet dieser Stadtraum Platzqualitäten und verbindet die beiden Schulen des 1. und 2 Bauabschnittes mit einem attraktiven Vorplatz („Schulplatz“). Dahinter öffnet sich der südliche Hauptteil des Gadamerplatzes als ruhiger, familienfreundlicher Stadtplatz. Hier sind über die alltägliche Nutzung durch die Anwohner hinaus Funktionen wie Wochenmarkt und größere Veranstaltungen denkbar. Unter dieser Teilfläche ist eine Tiefgarage zur Aufnahme der erforderlichen Stellplatzflächen vorgesehen, die jedoch nicht Gegenstand des Architektenwettbewerbes ist.
Am Gadamerplatz ermöglicht das vorgeschlagene Konzept durch die nach Norden zurückversetzte Anordnung des Volumens auf Baufeld Z 1eine Verbindung der parkähnlichen Stadträume des Zollhofgartens mit denen der Pfaffengrunder Terrasse und darüber hinaus bis hin zu den südlich an die Bahnstadt anschließenden Wiesen und Feldern.

GEBÄUDEKONZEPTION
Der Baukörper auf Baufeld SE3 besteht aus drei eigenständigen Volumina für die Nutzungen Grundschule, Kita und Bürgerzentrum. Der Baukörper der Grundschule ist in sich nochmals aufgegliedert in einen nördlichen (Regel- und Fachklassen sowie Schulverwaltung) und einen südlichen Gebäudeteil (Ganztagsbereich), die innenklimatisch miteinander verbunden sind und bei Bedarf auch getrennt voneinander genutzt werden können. Kernstück der Schule ist die Einfeldsporthalle im 1. UG, die aus beiden Teilbereichen der Schule barrierefrei erreichbar ist und zudem durch den separaten Zugang vom Foyer am Gadamerplatz für eine unabhängige Nutzung von außen (z.B. Nachmittags-/Abendnutzung durch Vereine) zur Verfügung steht.
Der Gesamtbaukörper wird durch einen ebenerdig von der nördlich gelegenen Grünen Meile zum südlich angelagerten Gadamerplatz durchgehenden innenliegenden Schulhof gequert, der je nach Nutzungsszenario und Tageszeit in nördlicher und/oder südlicher Richtung geöffnet und somit für eine öffentliche Nutzung der Hofbereiche zur Verfügung steht. Der Hof weitet sich in seinem zentralen Bereich kreuzförmig nach Osten und Westen auf – in der Westhälfte steht diese Aufweitung dem Kindergarten und in der Osthälfte der Grundschule bzw. dem Ganztagsbereich zur Verfügung. Die Hofflächen im EG und 1. OG sind dabei mit einer Freitreppe verbunden.
Die Überdachung der Verbindungselemente zwischen den Teilbaukörpern ermöglichen einen regengeschützten Übergang zwischen den verschiedenen Nutzungsbausteinen des Gesamtbaukörpers SE 3 und dienen darüber hinaus teilweise auch der Sicherstellung des zweiten Rettungsweges aus den Obergeschossen. Die Dachflächen der Verbindungselemente im Bereich von Kindergarten, Schule und Bürgerzentrum sind nutzbar und erweitern die Außenflächen des Innenhofes um attraktive Pausenflächen mit vielfältigen Ausblicken über die Bahnstadt (in Richtung der Grünen Meile, des Campus Zollhofgartens und des Gadamerplatzes).

Die in einer späteren Bauphase zu errichtende naturwissenschaftlich ausgerichtete Gemeinschaftsschule auf dem östlich des Baufeldes SE3 gelegenen Baufeld Z1 stellt sich als kompaktes Schulgebäude mit einem ausgeschnittenen Lichthof dar und stellt typologisch eine Anknüpfung an den Typus des Grundschulgebäudes dar. Er bildet gemeinsam mit dem 1. Bauabschnitt des Schul-und Bürgerzentrums ein Ensemble und definiert gleichzeitig den westlichen Abschluss des von Forschung und Wissenschaft geprägten Stadtteils „Campus am Zollhofgarten“.

Die interne Konzeption beider Schulen basiert auf einer Optimierung der Verkehrsströme, indem öffentlichere interne Bereiche (Sporthallen, Mensa-, Fach- und Betreuungsbereiche) zentral im EG angeordnet werden. Die ruhigeren Unterrichtsbereiche befinden sich in den windmühlenartig konzipierten Obergeschossgrundrissen, um konzentriertes Lernen zu ermöglichen. Die Anordnung der Klassenräume ist so gewählt, dass Regelklassen gegenüber den Fachklassen eine bevorzugte Orientierung erhalten.
Synergien zwischen den Baukörpern werden im ersten Bauabschnitt durch die große räumliche Nähe der drei Bausteine erreicht. Der Kindergarten verfügt dabei über eine überdachte Verbindung zur Grundschule, deren Infrastruktur (Turnhalle, Mensa, Schulhof, Fachräume) somit bei Bedarf zur Verfügung gestellt werden kann. Mit Errichtung des 2. Bauabschnittes entsteht eine Gesamtanlage, die zum Austausch zwischen den verschiedenen Altersstufen vom Kleinkind bis zum Abiturienten anregt und diesen baukörperlich nachzeichnet. Eine bauliche Verbindung zwischen beiden Schulen ist im 1. Obergeschoss möglich.

KONSTRUKTION UND MATERIALEN
Das Gebäudetragwerk ist als Stahlbetonkonstruktion mit Flachdecken geplant und entspricht somit den Anforderungen an Statik, Bauphysik (Speichermasse), Brandschutz und Robustheit ebenso wie wirtschaftlichen Gesichtspunkten. Die Fassaden sind als Mauerwerks-Vorsatzschale aus unterschiedlich bearbeiteten Steinoberflächen ausgeführt. Die Ausfugung des Mauerwerks erfolgt optisch hochwertig, wartungsrobust und kostengünstig mit einem steinsichtigen Schlämmputz. Für die Vorsatzschale ist der Einsatz von Recycling-Steinmaterial (Mauerziegel, Naturwerkstein) aus Bahn- oder Industrie-Konversionsflächen in Verbindung mit neuen Materialien (Mauerziegel, einzelne Details als hochwertige Betonwerksteinelemente) vorgesehen. Dadurch wird es möglich, den Gebäuden und ihren Einzelbauteilen zu einer individuellen Identität zu verhelfen und sie gleichzeitig an der Schnittstelle zwischen der Geschichte des Ortes und ihren in die Zukunft weisenden Nutzungen zu positionieren.
Die Innenräume der Gebäude werden entsprechend dem geltenden Stand der Technik und den jeweiligen Nutzungsanforderungen robust, funktional und ästhetisch hochwertig gestaltet. Hier kommen an den Böden Linoleum und Betonwerksteinbeläge, an den Wänden Putzoberflächen (Teilbereiche: Sichtmauerwerk/Sichtbeton in Anlehnung an die Fassaden) zum Einsatz. Die Materialpalette wird durch den Einsatz natürlicher Holzoberflächen in den Innenbereichen abgerundet.

WIRTSCHAFTLICHKEIT
Die städtebauliche Konfiguration des Bauensembles als verdichtete Baublöcke mit intensiver Nutzung der Baukörper und ihrer Dachflächen stellt bereits im Grundsatz eine sehr wirtschaftliche Bauweise dar. Soweit möglich und innenräumlich vertretbar, werden die Geschossgrundrisse zweihüftig erschlossen.
Durch die Verwendung einfacher, robuster Oberflächenmaterialien wird die Grundinvestition niedrig gehalten und langfristig eine erhebliche Entlastung im Gebäudeunterhalt angestrebt. Renovierungszyklen können verlängert angesetzt werden, nötige Erneuerungsarbeiten sollen einfach und kostengünstig erfolgen können. Eine saubere und handwerkliche Fügung der Materialien erhöht die Wertigkeit des Gebäudes und minimiert somit auch auf indirektem Wege die Aufwendungen für die Beseitigung von Vandalismusschäden.
Weiterhin wirken sich die Erwägungen im Sinne der energetischen Nachhaltigkeit (siehe Energiekonzept) auch im wirtschaftlichen Sinne positiv aus. Wirtschaftlich relevant sind dabei besonders die kompakte Gebäudeform und die extrem geringe energetische Aufwand beim Betrieb eines Passivhauses.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Verfasser schlagen einen als Hoftypus organisierten, kompakten Solitär vor, der die nördliche Ecke des Grundstücks entlang der Baugrenze an der „Grünen Meile“ besetzt. Im Zusammenspiel mit dem vorgeschlagenen zweiten Bauabschnitt auf dem Gelände Z1 entsteht dabei eine Folge von Freiräumen unterschiedlicher Charaktere. Der räumliche Abschluss des parkähnlichen Zollhofs durch die zweite Baustufe wird vom Preisgericht durchgängig positiv bewertet. Die Sinnfälligkeit des Stadtraumes, der durch das Schul- und Bürgerzentrum bzw. den zweiten Bauabschnitt im Norden an der „Grünen Meile“ entsteht, wird hingegen kritisch betrachtet, zumal die Funktionen der Schulerweiterung vermutlich keine nennenswerte Belebung des Stadtraumes herstellen. Prinzipiell wird im Preisgericht darüber diskutiert, ob die vorgeschlagene Baumasse kraftvoll genug ist, um sich am städtischen Kontext zu behaupten.
Unter gebäudeplanerischen Gesichtspunkten ist der Beitrag sehr überzeugend. Die einzelnen baulichen Einheiten, bestehend aus Schule, Kindergarten und Bürgerzentrum, sind durch die Betonung der Ecken gut ablesbar und entwickeln einen spannungsreichen Übergang zum städtischen Raum. In der inneren Organisation zeigt sich der Hoftypus als sehr leistungsfähig. Die Erschließung im Inneren der Anlage und der einzelnen Raumgruppen ist übersichtlich und in ihrer Dimensionierung angemessen.
Das Bürgerzentrum ist über drei Geschosse gut organisiert. Ein Nachteil
dieser Lösung ist ein höherer personeller Aufwand. Der im Erdgeschoss angeordnete
Saal ist leicht auffindbar und gut proportioniert.
Die Schule ist auf einfacheWeise über den Innenhof erschlossen. Mit einladender Geste mündet der Windfang in einen zentralen Raum mit ansteigenden Stufen, der für unterschiedliche Nutzungen gleichermaßen geeignet ist: als Aula, Theaterraum oder einfach zum Verweilen.
Hervorzuheben sind die kurzen Erschließungswege in den beiden Unterrichtsebenen des ersten und zweiten Obergeschosses. Die an der südlichen Ecke des ersten Obergeschosses vorgesehener Betreuungsbereich kann auch unabhängig vom Betrieb der Schule erreicht werden und zeigt damit eine hohe Variabilität und Flexibilität, beispielsweise in den Nachmittagsstunden oder während der Schulferien.
Die KiTa verfügt über eine eigene Erschließung und zeigt eine gelungene Raumfolge zwischen dem Eingangsfoyer, den Gruppenräumen und dem anschließenden Freiraum. Die Abgrenzung des Hofes zwischen der KiTa und der Schule müsste konkretisiert werden.
Die Turnhalle ist auf geschickteWeise in das innenräumliche Konzept eingefügt, nicht überbaut und mit Tageslicht versorgt. Sie kann der Aula zugeschaltet werden und somit das funktionale Angebot dieses zentralen Bereiches in positiver Weise ergänzen.
Die Fassadegestaltung des Gebäudes ist auf eine sympathische Weise einfach und raffiniert zugleich. Die Verfasser entwickeln aus wenigen, präzise gesetzten Elementen ein Gebäude mit wohltuender Ruhe und angemessener Eigenständigkeit.
Insgesamt wird die Positionierung des Gebäudes unterschiedlich bewertet.
Der Gebäudetypus entspricht hinsichtlich seiner Gestaltung, Organisation und der innenräumlichen Qualität im hohen Maße die in der Auslobung formulierten Anforderungen.
Insgesamt zeigen uns die Verfasser ein gelungenes Passivhauskonzept mit guter Kompaktheit und richtig orientierter und ausgewogen dimensionierter Glasflächen zur passiven Solarenergienutzung. Alle Themen die für die energetische Qualität und Raumqualität wichtig sind, wie z. B. sommerlicher Wärmeschutz, Nachtauskühlung, erneuerbare Energien und Lüftungstechnik sind in hervorragender Weise berücksichtigt.
Mit dem Flächenverhältnis von Nutzungsfläche zu Nettogrundfläche wird eine Aussage zur Wirtschaftlichkeit gemacht. Dieses Flächenverhältnis ist bei der KiTa nicht ideal, bei der Grundschule und dem Bürgerzentrum sehr ungünstig.
Zwei Baukörper - weisse Darstellung mit Acrylglaseinschub im EG/ 1.OG

Zwei Baukörper - weisse Darstellung mit Acrylglaseinschub im EG/ 1.OG

Vogelperspektive

Vogelperspektive

Aus einer anderen Blickrichtung

Aus einer anderen Blickrichtung