KLIMAFREUNDLICHES ERSCHEINUNGSBILD
Am Anfang stand die Frage wie sich Idee des neuen Klimaquartiers Schweinfurt in die Architektur trägt? Bewährte Materialen wie Holz in der Fassade vermitteln Tradition und tragen parallel Entwicklungen des CO2-reduzierten Bauens in das Erscheinungsbild. Der Entwurf setzt auf Vorfabrikation und Demontierbarkeit im Sinne eines werterhaltenden Stoffkreislaufs, wie es bereits die Serie demontierbarer Häuser von Jean Prouvé aus den Jahren 1944-48 zeigt. Strukturelle Elemente sind in einem zarten Grünton lasiert, der einen frischen Farbakzent im setzt und das Thema Klima symbolisch besetzt. Markisen in einem hellen Gelbton setzen eine warme behagliche Nuance. Die Bepflanzungen in Pflanztrögen erzeugen eine üppige Begrünung im Bereich der Fassaden.
SCHALTBARE TYPEN
Der Entwurf für das Klimaquartier Schweinfurt sieht innerhalb des gegebenen städtebaulichen Rahmens Wohnungen mit hoher Flächeneffizienz und hoher räumlicher Qualität vor. Die meisten Wohnungen sind zweiseitig orientiert und verfügen über privaten Außenraum. Entsprechend des gegebenen Wohnungsschlüssels bietet der Entwurf Wohnungen von der großen 5-Zimmer Wohnung bis zum 2-Zimmer-Appartment an, sowie Angebote für besondere Wohnformen wie Cluster- oder Altenwohnen. Alle Wohnungen entsprechen den Richtlinien des staatlich geförderten Mietwohnungsbaus. Die Wohnungen sind in Drei- und Vierspännern mit geringsten Verkehrsflächen wirtschaftlich angeordnet. Eine Mischung von Reihung und Spiegelung gleicher Wohnungstypen erzeugt eine abwechslungsreiche Anordnung bei hoher Effizienz. Die Erschließung und Entfluchtung erfolgt über innenliegende Sicherheitstreppenhäuser. Diese binden im Erdgeschoss beidseitg an um eine zügige Entfluchtung sowie Erreichbarkeit durch die Feuerwehr zu den Straßenseiten zu gewährleisten. Die Badezimmer und Abstellräume liegen in der Kernzone zwischen den Treppenhäusern. Die Wohnungen gliedern sich in offene Wohnbereiche, die durch die Kernzonen von den Schlafräumen geteilt oder flankiert werden. Die Küchen sind optional immer abtrennbar. Die Wohnungen verfügen pro Treppenhauseinheit jeweils über zwei bis drei schaltbare Zimmer. Diese sind so angeordnet, dass sie zwischen zwei Wohnungen getauscht werden können. Somit kann bei wechselnder Nutzer- und Altersstruktur die Größe der Wohnungen angepasst werden. Im leicht erhöhten Erdgeschoss werden zum Dorfplatz des Klimaquartiers Geschäftsflächen und die Hauptzugänge gerichtet. In Richtung Innenhof orientiert sich an prominenter Stelle der Gemeinschaftsbereich. Zu den Nordseiten sind Kellerräume angelagert, wohingegen zu den Süd- und Westseiten Wohnungen mit Terrassen angeboten werden. Die klar adressierten Hauptzugänge bieten Müll- und Kinderwagenräume.
BEPFLANZTE BALKONREGALE
Vorgestellte Balkonregale auf den Süd- und Westseiten ermöglichen angemessen großzügige Balkone und geben Privatheit und Geborgenheit. Große Pflanzkästen mit Rankgittern erlauben eine kraftvolle Bepflanzung und bilden gleichzeitig den Sichtschutz zwischen den Wohneinheiten. In der Struktur integriert befinden sich hellegelb getönte Sonnenmarkiesen für die Verschattung . Die Bewässerung erfolgt über ein automatisches System, welches das aufgefangenesWasser aus einer Regenwasserzisterne verwendet. Bei einer möglichen Umgestaltung des Wohnungsschlüssels können die Balkone darauf angepasst werden. An den Außenseiten gewähren innenliegende Loggien den für das Klimaquartier wichtigen Winddurchfluss und öffnen die Ecken der Baumassen.Die Treppenhäuser bestehen aufgrund der hohen Anforderungen an Brand- und Schallschutzes aus Recyclingbeton, wohingegen die Decken aus Brettsperrholzplatten hergestellt sind. Alle weiteren Innen- und Außenwände sind aus effizienten Holzständerwänden, die modular und regional vorgefertigt werde. Kurze Spannweiten von maximal sechs Metern zwischen Kernzone und Außenwand sorgen für wirtschaftliche Deckenstärken und die Haupttragachsen liegen konsequent übereinander. Die nichttragenden Trennwände außerhalb der Kernzone können im Fall einer Umstrukturierung einfach versetzt werden. Die Fassadengliederung folgt der inneren Struktur und sieht vertikal gegliederte Fenster im Rhythmus von einfachen und doppelten Formaten vor. Dies werden von horizontalen Geschossbändern gegliedert und geben der Fassade eine angemessene Dimension. Die Fassaden erhalten eine äußerst robuste Holzdeckelschalung mit einem vielschichtigen Schattenbild durch die versetzte Anordnung. Eine hellgraue silikatische Vorvergrauungslasur gibt ein langlebiges Erscheinungsbild sowie einen hohen Wärmereflektionsgrad.
GRÜNE OASE
Die Wegeverbindungen in das neue Quartier öffnen sich einladend nach außen und verengen sich beim Übertritt in den Innenhof. Es öffnet sich eine vielschichtig genutzte Insel als grüne Oase in der Mitte des Hofes, die vom umlaufenden Wegenetz gerahmt wird. Das Wegenetz weitet sich an den Zugängen zu breiteren mit Sitzbänken gerahmten Kommunikationsknoten und ermöglicht ein effizientes Erreichen der Richtung Hof orientierten Hauptzugänge. Auf der Insel finden sich ein Spielplatz, Aufenthaltsflächen für die Bewohner sowie ein Urban Gardening Angebot gerahmt von höheren Baumpflanzungen, die im Sommer Schatten spenden und den Hof vor Überhitzung schützen. Zu den Gebäuden sind begrünte und mit niedrigeren Bäumen und Hecken besetzte Abstandszonen vorgesehen. Im Süden und Westen befinden sich unter den Balkongerüsten auf einen halben Meter erhöhte Terrassen der größeren Wohnungen. Zum Außenbereich erhält das Klimaquartier einen naturbelassenen Grüngürtel mit notwendigen Retentionsmulden. Das schafft Abstand zu den umliegenden Straßen. Nur die direkten Zugänge für die Feuerwehr zu den Eingängen durchbrechen den Gürtel. Die Außenraumplanung zielt im Sinne des Leitgedankens der Schwammstadt auf eine hohe Versickerungsfähigkeit ab. Es werden nur im geringsten Maße Flächen versiegelt und Wege, wo technisch machbar mit wassergebundener Wegedecke gebaut. Langlebige natürliche Baustoffe werden unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten gewählt und in einfacher und neuester Technik effizient eingesetzt. Mangelanfällige Materialwechsel werden gering gehalten und die Ausstattung folgt einem einfachen Materialkanon. Die Auswahl geeigneter Pflanzengesellschaften und klimaadaptiver Baumarten stellt eine lange Lebensdauer sicher.
KÜHLENDER LEHMPUTZ
Ausgangspunkt der ganzheitlichen Konzeption ist eine effiziente Hüllkonstruktion, die den sommerlichen sowie winterlichen Wärmeschutz und damit die Lastgänge im Gebäude reguliert. Die gewählte Holzständerkonstruktion minimiert den Materialeinsatz des Holzes und ermöglicht in Kombination mit 3-Scheibenverglasungen (U-Wert < 0,9 W/m2K) einen sehr guten wärmetechnischen Standard der Gebäudehülle (U-Wert < 0,18 W/m2K). Eine Kombination aus angemessenem Fensterflächenanteil, Energiedurchlassgrad max. 50%, konstruktiver Verschattung über die Balkone im Süden + Westen und dem Einsatz von Markisen schützt die Räume vor Überhitzung. Die Grundrissgestaltung ermöglicht eine Querlüftung in nahezu allen Wohnungen, diese dient der natürlichen Lüftung sowie der Nachtdurchspülung zur Wärmeabfuhr in Zeiten mit hohen Tag-Nacht-Amplituden. Zum Ausgleich der Lastgänge ist ein Flächenheizsystem in je eine Wand pro Raum vorgesehen. Mittels Metallgitter unter einem 3-4cm Lehmputz verteilt sich die Wärme aus einem wassergeführten Rohr im Sockelbereich, so dass die Gefahr der Beschädigung durch die Nutzerschaft minimiert ist. Durch die sorptiven Eigenschaften des Lehms ermöglicht er neben der Einbringung von in den Raum wirksamer Speichermasse im Holzbau, die Regulierung von Feuchtespitzen. Das Flächensystem wird so ausgelegt, dass es auch in Hitzeperioden des Sommers zur Temperierung dient, gerade in diesen Phasen erweisen sich die hygrischen Fähigkeiten des Materials Lehm als großes Potential in Verbindung mit der ganzjährig natürlichen Lüftung. Zur ganzjährigen Versorgung der Gebäude wird der Aufbau eines Wärmenetzes vorgeschlagen, welches über 2 reversible Luft-Wasser-Wärmepumpen gespeist ist. In den Sommermonaten erfolgt die Kältegeneration parallel zu den Spitzenlastgängen der PV-Anlagen so dass eine hohe Eigennutzung des Solarstrom erreicht wird. Die PV Anlagen sind auf den Dächern mit einer Ausrichtung und 10° Neigung nach Ost-West angebracht, um im Tagesverlauf eine gleichmäßige Versorgung der Wohneinheiten zu erreichen. Zur Pufferung wird ein Lastmanagement in Kombination mit zentral verorteter Mobilität vorgeschlagen. Die Warmwasserbereitung erfolgt elektrisch über Durchlauferhitzer, damit werden Leitungsverluste und ein enormer Installationsaufwand für die Hygiene des Trinkwassernetztes eingespart. In der Grundrissorganisation sind die Sanitärbereiche so angeordnet, dass diese über einen Versorger je Wohneinheit angedient werden können.