Viel zu selten entfaltet ein Neubau so eine positive Atmosphäre auf die Menschen, die sich in ihm bewegen, wie im Fall des Kölner Stadtarchivs. Mit dem Gebäudeensemble für den neuen Standort am Kölner Eifelwall gelingt dem Darmstädter Büro Waechter + Waechter Architekten ein stimmiges Kunststück aus Archivieren und Bewahren, Einladen und Öffnen, Behüten und Schützen. Sich auftuende Einblicke durch die Lamellen lösen den Spagat zwischen Schutz und Offenheit. Die Lamellenfassade lockt beim Vorübergehen oder Vorbeifahren ins Innere des ummantelten Schatzhauses, spiegelt dabei teilweise das städtische Umfeld und bringt Tageslicht ins Innere. Im schwellenlosen Foyer begrüßt die warme Umarmung aus weiß geölter Douglasie Beschäftigte und Publikum, Fenstereinschnitte im Dach sowie ein bepflanzter Innenhof öffnen das Haus zum Himmel. Ein handschmeichelndes Holzgeländer, einem kostbaren Kunstwerk anmutend, führt die Besuchenden über die Freitreppe hinauf zum Lesesaal ins obere Geschoss.
Beeindruckend ist die hochwertige Materialität des Bauwerks, auffallend die gute Raumakustik insbesondere auch in dem Foyer- und Galeriebereichen, beachtlich die Qualität der Ausführung bis in jedes Detail, vorbildlich das sensible Zusammenspiel aus Stabilität und Leichtigkeit – aus Transparenz und Sicherheit. Der Grundriss folgt der Logik der Nutzungen und vereint die verschiedenen Zonen über einen gemeinsamen Innenhof. In dem dreiflügeligen Mantelbau ordnen sich die öffentlichen Bereiche wie der Lesesaal und Ausstellungsflächen auf den zwei Geschossen zentral zur Eingangsfassade, während rechts und links davon die allein dem Archivpersonal zugänglichen Arbeitsbereiche wie Werkstätten, Labore und Büros anschließen.
Die eigentlichen Archivkammern liegen als fensterloser Kern im Inneren des schützenden Mantelbaus. Das mehrgeschossige Archiv haben Waechter + Waechter Architekten im Innenhof dabei nicht als einen abweisenden Kubus, sondern als geheimnisvollen Schmuckkasten mit einer edlen Fassade aus Baubronze inszeniert. Luftdicht, gekühlt und zusätzlich vor möglichen Temperaturschwankungen abgesichert lagern hier die jahrhundertalten Dokumente und historischen Bestände (die älteste Urkunde ist aus dem Jahr 922). Räumliche Schleusen garantieren die Einhaltung der empfindlichen Archivanforderungen.
Über 15 Jahre sind vergangen, seitdem das alte Kölner Stadtarchiv in der Severinstraße einstürzte. Umso wichtiger ist für den Nachfolgebau der Aspekt des Schützens und des Bewahrens. Das neue Stadtarchiv Köln von Waechter + Waechter Architekten ist somit auch ein heilender Baustein für eine Katastrophe, die nicht nur die Stadt Köln erschüttert hat.
Der Neubau für das Historische Archiv und das Rheinische Bildarchiv erfüllt alle Ansprüche der vitruvianischen Trias aus Schönheit, Nützlichkeit und Beständigkeit. Er ist ein hochtechnologisches und gleichzeitig ästhetisches Bauwerk für die Schätze vergangener Zeiten – und als offenes Haus und Raum für Austausch und Begegnungen zugleich ein starkes Zeichen für die Zukunft. All das macht diese präzise Architektur, die enorm viele Anforderungen einhalten musste und darüber hinaus noch so viel mehr leistet, zu einer echten Bereicherung für die Stadt, weshalb die Jury des Kölner Architekturpreises 2024 sich geschlossen und ohne Diskussionen für einen verdienten Preis entschieden hat: Herzlichen Glückwunsch!