Nichtoffener Wettbewerb | 04/2021
Krankenhausneubau Heidekreis-Klinikum in Bad Fallingbostel
©loomn
1. Preis
Preisgeld: 100.000 EUR
nsp landschaftsarchitekten stadtplaner PartGmbB schonhoff schadzek depenbrock
Landschaftsarchitektur
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Verfasser:
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Mitarbeitende:
loomn architekturkommunikation
Visualisierung
Erläuterungstext
Die drei kubischen Baukörper der Somatik umschließen zusammen mit dem Gebäude der Psychiatrie den gemeinsamen Vorplatz des neuen Gesundheitscampus. Der gefasste Platz im Zentrum gibt den Neubauten eine Adresse und schafft Intimität im Spannungsverhältnis zu der umgebenden Weite des Wettbewerbsgebiets. Der Vorplatz erhält einen parkartigen Charakter und dient als geschützter Erholungs- und Aufenthaltsbereich für Patienten, Besucher und Personal. Durch die moderate Geschossigkeit und die Staffelung der Kubatur fügt sich das neue Heidekreis-Klinikum harmonisch und selbstverständlich in den umgebenden Landschaftsraum.
Das Gebäudeensemble wird zentral auf dem Wettbewerbsgebiet platziert so dass eine gute Erreichbarkeit des Klinikums sowohl von der Düshorner Straße als auch von der Walsroder Straße sowie von dem zukünftigen Haltepunkt der Heidebahn gegeben ist.
Durch das vorhandene nach Norden leicht abfallende Gelände sowie einer leichten topographische Modellierung des südwestlichen Wettbewerbsgebietes erhalten die Palliativstation und die Geriatrie einen ebenerdigen Ausgang. Eine vorgelagerte Terrasse bietet einen schönen Ausblick in die umgebende Weite und lädt zu Spaziergängen ein. Die Lage der beiden Stationen im 1. Obergeschoss ermöglicht zudem eine kreuzungsfreie Anbindung zu den erdgeschossigen Untersuchungs- und Behandlungsbereichen. Die Pflegezimmer aller Stationen sind so angeordnet dass die Patienten einen schönen Ausblick in die umgebende Landschaft erhalten.
Landschaft und Freiraum
Das gestalterische Leitbild für die Außenanlagen orientiert an den kulturlandschaftlichen Merkmalen der Umgebung. Diese werden aufgegriffen und in eine zeitgenössische, den Nutzungsansprüchen des Krankenhauses gerechte Formsprache übersetzt um dem künftigen Klinikstandort eine eigenständige Identität zu verleihen.
Den Wald- und Feldstrukturen nachempfunden und die Reliefenergie aufgreifend, werden Teile der Außenanlagen durch ein System von Parzellen und Knicks gegliedert. Hainförmige Gehölzstrukturen nehmen das Bild der Umgebung auf und verleihen dem Freiraum eine dynamische Signatur und Außenwirkung. Durch die Geländemodellierung wird neben der Reliefenergie auch das Wassermanagement reguliert, im nördlichen Randbereich entsteht ein zusammenhängendes System von offenen Wasserflächen zur qualitätsvollen Raumbildung und Retention.
Die Wegeführung vernetzt als übergeordnetes System sämtliche Bereiche des Klinikums. Durch die zahlreichen Verbindungen dient sie der Erschließung sowie der kontemplativen Erholung. Die Erschließung der gesamten Außenanlagen erfolgt zu 100% inklusiv. Das Entree wird gebildet durch einen zentralen Platz, welcher mit eigenständiger Formsprache einen prägnanten Antritt mit vielfältigen Aufenthaltsqualitäten schafft.
Im süd-westlichen Bereich des Areals erstreckt sich eine landschaftlich geprägte Parkanlage gekennzeichnet durch unterschiedliche Typologien. Entlang dieser Raumfolge werden unterschiedliche „Themengärten“ gesetzt die mit Ihrer Ausprägung den unterschiedlichen Nutzungsansprüchen gerecht werden: Spezifische Vegetation, Haptik, Wegeführung und Möblierung ermöglichen eine Anregung der Sinne, geben Gelegenheit für Rückzug und Ruhe sowie Spiel und Sport. Um den Gärten einen geschützten Charakter (Sicht und Wind) zu verleihen werden sie in Mulden hineingesetzt und von Knicks umschlossen. Zwischen den Gärten finden Besucher und Patienten reichlich Fläche zur freien Aneignung.
In Bezug auf die Pflanzenauswahl wird auf einen vielfältigen Mix und die Verwendung überwiegend standortverträglicher, heimischer Arten geachtet, sodass durch die vorgeschlagene Bepflanzung zahlreiche Brut- und Nahrungshabitate, und das Charakteristische Landschaftsbild erhalten bleiben.
Die Interpretation und Adaption des landschaftlichen Kontexts ermöglicht die Entwicklung eines Klinikstandortes mit räumlicher Vielfalt und Qualität. Die stufenweise entwickelbaren Verdichtungspotenziale und die Vorstrukturierung durch die landschaftsarchitektonischen Interventionen sind zentrale Elemente und begünstigen die künftige Entwicklung des Heidekreis- Klinikums in der Region.
Beurteilung durch das Preisgericht
Die allgemeine Erschließung erfolgt richtigerweise sowohl über eine Zufahrt von der Düshorner Straße aus, die eine grün kaschierte Parkpalette und freie Stellplätze erschließt und auch zu der ZNA führt, als auch über die Walsroder Straße. Ein neuer Halt der Bahn und der Übergang zum Ort ist einfach möglich. Der Hubschrauberlandeplatz direkt an der ZNA ist funktional richtig, aber gefährlich nahe am Gebäude angeordnet.
Eine Verbindung aller Bereiche wird im EG über eine kleine, aber gut proportionierte zweigeschossige Halle erreicht, die bis zur Psychiatrie geführt ist. Die Anordnung der Cafeteria und der Mitarbeiterversorgung mit dem Angebot von Außengastronomie und anderer allgemeiner Nutzungen macht diesen Bereich lebendig und attraktiv. Hier werden alle Stationen unabhängig erschlossen. Eine relativ kurze und funktionale Magistrale trennt den Besucherverkehr vom Krankenhausbetrieb ab.
Alle Pflegestationen sind ringförmig mit sehr gutem Ausblick aus allen Patientenzimmern und mit gut funktionierenden Clustern angeordnet. Sowohl die Psychiatrie als auch die Geriatrie und die Palliativstation haben eigene abtrennbare Gartenbereiche, was sehr begrüßt wird. Die Dialyse ist nicht gesondert erschlossen, aber über den Haupteingang schnell und direkt erreichbar.
Die Funktionsbereiche sind gut und flexibel aufgeteilt und über kleinere gut proportionierte Innenhöfe sehr gut belichtet. Es entstehen nirgendwo dunkle Innenbereiche. Die OP-Technik ist direkt oberhalb der OP’s angeordnet. Die Fläche auf dem Dach ist allerdings zu klein und liegt direkt im Blickfeld eines Pflegebereichs. Es werden keine Pflegezimmer oberhalb der OP’s angeordnet, was einen einfacheren Umbau begünstigt.
Die angebotene Metall-Fassade, den großen transparenten Eingangsbereichen und den aufgesetzten Pflegestationen mit großen Glasflächen und einem automatisierten Sonnenschutz aus Faltläden aus Holz ist gestalterisch stimmig. Die Zweckmäßigkeit und die Unterhaltskosten der Faltläden wird allerdings kritisiert, ebenso die wenig innovative Materialwahl. Weitere Angaben zum Nachhaltigkeits- und Energiekonzept erscheinen einfach und realistisch.
Die Anlieferung vom Norden über eine enge Zufahrt auf der untersten Ebene und einer kleinen Vorfahrt erscheint zu beengt. Die angebotenen Erweiterungen scheinen einfach möglich.
Das Konzept hat einen sehr geringen Fußabdruck (niedrige GRZ), was eine große verbleibende Freifläche zur Folge hat. Die angebotenen Raumhöhen allerdings sind zu gering. Alle Flächenwerte liegen im gewünschten Bereich, die Sollzahlen sind nahezu perfekt erreicht, die BGF ist niedrig, was eine hohe Wirtschaftlichkeit erwarten lässt. Der Kostenrahmen kann nach Angaben der Vorprüfung genau eingehalten werden.
Insgesamt ist dieses wirtschaftliche und gestalterisch überzeugende Konzept mit den sehr guten klaren und funktionalen Grundrissen und dem einladenden Eingangsplatz ein herausragender Beitrag für das neue Heidekreis-Klinikum.
Freiraum
Die sehr kompakte Bauweise des Klinikneubaus ermöglicht die Ausgestaltung großzügig sich in die Umgebung einfügender Platz- und Landschaftsräume.
Herauszustellen ist die klare Adressbildung mittels Schaffung eines zentralen, identitätsstiftenden Vorplatzes, welcher neben seiner Erschließungsfunktion eine hohe Aufenthaltsqualität verspricht. Letztere wird u.a. durch die Positionierung verschiedener Baumgruppen, welche im Sommer Schatten und Verdunstungskühle inmitten des urbanen Klinikensembles versprechen, erreicht.
Die Einbindung in die landschaftliche Umgebung, welche den Charakter der lokalen Wald- und Feldstrukturen aufgreift, erfolgt durch die Einführung locker positionierter, hainförmiger Gehölzcluster. So entsteht ein harmonisches Wechselspiel aus Ferne und Nähe, Weite und Geschlossenheit. Einzelnen Baum- und Gehölzcluster ermöglichen unterschiedliche Aus- und Einblicke in die Umgebung und kreieren - inmitten eines großzügig wirkenden Klinikparks - differenzierte Parkräume. Um die Nutzungsmöglichkeiten der Gesamtanlage weiter zu differenzieren, werden den vorgenannten Parkräumen jeweils drei unterschiedlich große Wegeloops zugeordnet. Allerdings schwächt die plakative Nachzeichnung der Landschaftsräume durch diese Wege die szenografische Spannung und Großzügigkeit der Gesamtanlage.
Kritisch gesehen werden die einzelnen Therapiegärten von Geriatrie und Psychiatrie, welche recht unmotiviert an den einzelnen Gebäudetrakten ‚kleben‘.
Die komprimierten PKW-Parkierungsflächen, deren Erschließung, wie auch die Ein- und Anbindung des angedachten Bahnhaltes des Heidebahn, wirken sehr selbstverständlich.
Der vorliegende Gestaltungsvorschlag der Freianlagen bietet einen sehr guten Ansatz für eine klare identitätsstiftende, aber dennoch unprätentiöse Einbindung des Heideklinikums in den ‚Genius loci‘.
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Lageplan
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Grundriss Erdgeschoss
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©Architektengruppe Schweitzer, HASCHER JEHLE Architektur, nsp landschaftsarchitekten stadtplaner PartGmbB schonhoff schadzek depenbrock
Lageplan
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Grundriss Obergeschoss
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Grundriss Erdgeschoss
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Grundriss Obergeschoss
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