Nichtoffener Wettbewerb | 12/2016
Landeswettbewerb 2016 - Neues urbanes Wohnen in Flingern Nord – Ein Zuhause für Alle
1. Preis
Preisgeld: 50.000 EUR
Architektur
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Verfasser:
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Mitarbeitende:
Jenna Klupsch, Sebastian Gade, Clemens Kirchmaier, Daniel Cabrera Santana, Julia Hartig
Stadtplanung / Städtebau
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Verfasser:
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Mitarbeitende:
Erläuterungstext
NEUES RÜCKGRAT FÜR FLINGERN
Urbanität und Nachbarschaft - Was lässt sich mit der Nachverdichtung in den bestehenden, losen Siedlungsstrukturen Flingerns erreichen? Wir meinen: Klare und gefasste öffentliche Stadträume die einen lesbaren Stadtgrundriss bilden, die vernetzten und Orientierung geben. Plätze und Stadtgärten, die die urbane Raumfolge rhythmisieren, beleben und eine hohe Aufenthaltsqualität bieten. Die differenzierten baulichen Interventionen in Flingern machen lose Siedlungsstrukturen zu einem klar adressierten Stück Stadt mit einer spezifischen Form der urbanen Nachbarschaftlichkeit und der nachbarschaftlichen Urbanität.
Städtebau - Die vier eigenständigen Siedlungsteile werden morphologisch klar herausgearbeitet und freiräumlich eingewoben. Typologisch werden alle wesentlichen Raumkanten klar ablesbar gefasst und hochwertig adressiert. Entlang der Übergänge zu den angrenzenden Bestandsbauten wird die Körnung und Höhenentwicklung der gewählten Typologie maßvoll ausgebildet. Zwei signifikante Hochpunkte an den beiden Kreuzungsbereichen am Hellweg geben Orientierung, stärken die Quartiersadresse und markieren die übergeordneten Zufahrten ins Quartier bzw. zum Nahversorgungszentrum. Der Entwurf bietet insgesamt ein breites Spektrum unterschiedlicher Wohnformen mit unterschiedlichen Schwerpunkten innerhalb der einzelnen Teilräume. Das Prinzip der Mischung auf dem Baufeld generiert somit vielfältige und auch in sozialer Hinsicht durchmischte Nachbarschaften.
Im Teilgebiet A wird eine eigenständige Baustruktur aus differenzierten L- und I-förmigen Baukörpern entwickelt. Die Bestandsstraßen und –wege von Norden münden in einen gemeinsamen Wohnhof als Schnittstelle zwischen alt und neu. Somit bildet das Neubauquartier einerseits eine eigenständige Raumfiguration aus und wirkt andererseits dennoch als Teil des Gesamtquartiers.
Das Teilgebiet B wird mit einer raumwirksamen und lärmabschirmenden Großform besetzt. Eine Höhendominante an der Bruchstraße markiert den Abzweig zum Nahversorgungszentrum und inszeniert gleichzeitig durch den vorgelagerten Platzraum den Blick auf die Kirche der koreanischen Christengemeinde.
Im Märchenland schaffen die sich nach Norden auflösenden U-Figuren nach Süden einen klaren Rücken zum öffentlichen Raum. Die linearen Baukörper stellen eine Referenz an die südlich angrenzende Baustruktur dar, während die kleinteiligen Punktbauten sowie die Versätze der Gebäude einen harmonischen Übergang zum nördlich angrenzenden Wohnquartier schaffen.
Der Schützenplatz ist das Herzstück des gesamten (alten und neuen) Quartiers. Seine prägnante Form erhält er durch das Aufgreifen vorhandener Baufluchten sowie deren geschickte Verlängerung und Verzahnung miteinander. Im Bereich des neuen Schützenplatzes sind auch kleinteilige Versorgungseinrichtungen wie ein Kiosk, Bäcker, Apotheke oder ähnliches vorstellbar. Die bestehende Kita mit Jugendzentrum wurde integriert und um einen weiteren gut erreichbaren Standort im Gebiet südlich des Schützenplatzes ergänzt. Das Grundstück der Telekom bildet hier eine eigenständige Raumtypologie aus, welche sich als selbstbewusstes Ensemble zwischen Hellweg und Schützenplatz präsentiert. Aufgrund der starken Verkehrsbelastung im Süden wird durch den innen liegenden Anger eine besondere nachbarschaftliche Qualität integriert.
Der Entwurf ermöglicht eine unmittelbare und unabhängige Umsetzbarkeit innerhalb der Realisierungsteile und berücksichtigt dabei innerhalb des Realisierungsteils A Bauabschnitte vergleichbarer Größe und Wohnungsmischung. Der Realisierungsteil B wird dabei zu einem späteren Zeitpunkt durch die Ergänzungsfläche 1 baulich ergänzt.
Freiraum - Die zentrale Interventionsachse des Gebiets besteht im Straßenzug mit der Schlüterstraße und dem Stadt-Natur-Park im Westen, dem Herzstück der Benzstraße und deren neue Verlängerung bis zum Grünzug an der Bahnstrecke im Osten. Rhythmisiert wird die Achse durch den bipolaren Edisonplatz, den nun auch städtebaulich formulierten Schützenplatz und den Märchengarten als Gelenk vor der Bahnstrecke. Mit der baulichen Formatierung des Straßenzugs geht eine gestalterische Aufwertung der bestehenden Straßenräume als verkehrsberuhigte Bereiche mit neugestalteten Seitenbereichen und Straßenbaumpflanzungen einher. Während die Benzstraße als attraktive, für Radfahrer schnelle und direkte Verbindung zu den primären Stadträumen gehört, wird parallel dazu eine Gartenpromenade zwischen Neubebauung und Bestand als „langsamer“ Weg durch die Gärten öffentlich angeboten. Die „Schneewittchenpromenade“ wird als asymmetrisches Profil mit einer Erschließungsachse im Norden und einem grünen Band mit Spiel- und Sportangeboten im Süden formuliert.
Die Plätze entlang dieser Achse entwickeln jeweils eigenständige Qualitäten: Der Edisonplatz überspannt die Benzstraße und lässt sie in einem übergreifenden Platzbelag aufgehen. Während die Nordseite bestandsgemäß dem Spiel zugeeignet ist, wird die Südseite unter Einbeziehung des Sockelgeschosses des Solitärgebäudes als aktivierter Stadtraum verstanden. Als der zentrale Ort auch in Verbindung mit den Nachbarquartieren bietet er eine nutzungsoffene Platzfläche, die auch für Veranstaltungen und Märkte zur Verfügung steht. Der Schützenplatz entwickelt sich auf einem charakteristischen dreieckigen Grundriss mit einem langen angerartigen Sporn nach Norden. Mit seiner kräftigen Rahmung durch Großbäume und der grünen Mitte ist er als Gartenplatz ausgeprägt. Ostseitig ist ein Spielband eingeordnet, das die zentralen Rasenterrassen aktiviert. Es ersetzt den festgesetzten Bolzplatz an dieser Stelle. Der Märchengarten bezeichnet den Grünraum an der Güterbahntrasse mit großem Spielplatz. Gegenüber dem Bestand ist er robuster und klarer gestaltet und leistet auch die Überleitung zur Unterführung am Dornröschenweg.
Für die Anbindung des Bahngrünzugs im Westen konstituiert die Neubebauung die Beziehungen: Dem Hochpunkt an der Kreuzung Hellweg / Bruchstraße wird ein dreieckiger Platz als Orientierungsraum und Verteiler zugeordnet. Die Hinführung zur Hellwegunterführung an der Bahn erfolgt entlang der gefassten Straßenräume über die Schwabstraße oder aber über eine neue, gefasste Promenade zwischen Bebauung und Böschungssockel des Hellweg.
Zwischen Alt und Neu: Freiraum im Realisierungsteil A - Mit der alternierenden Folge der L-förmigen Baufiguren entsteht entlang der Benzstraße eine Folge von der Öffentlichkeit zugewandten Straßenhöfen und intimen, dem inneren Gartenraum zugewandten Gartenhöfen. Die kontrastierenden Hoftypen liegen gartenseitig aufgefädelt an einer zentralen Wegeachse, sind aber deutlich erkennbar als Erschließungs- und Wohnhöfe der Neubebauung. Demgegenüber definiert der Weg einen Zentralraum zwischen Alt und Neu, der für Alle zugänglich ist. Die inneren Kopfbauten mit ihren öffentlichen Erdgeschossen nehmen dabei eine Sonderstellung ein: Mit ihrer Durchdringung der Platanenreihe brechen sie die strikte Linearität des Hofraums auf und rhythmisieren ihn in drei Sequenzen, die jeweils aus einem Gemeinschaftsgarten für alle Generationen und einem offen nutzbaren Wiesenraum bestehen. Die Formensprache arbeitet dabei mit den orthogonalen Strukturen der Entstehungszeit wie sie heute noch teilweise erkennbar sind. Mit der gewählten Taktung der Kopfbauten gehen lediglich drei der Bestandsplatanen verloren.
Architektur - Die neu geschaffenen Gebäudestrukturen fügen sich jeweils kontextuell in die Umgebung ein. Jedes Teilquartier generiert so unterschiedliche Typologien und schafft somit auch unterschiedliche Wohnqualitäten, wodurch ein heterogenes Wohnumfeld geschaffen wird.
Realisierungsteil A – Entlang der Benzstraße wurde eine Gebäudetypologie entwickelt, die den charakteristischen, hochwertigen Freiraum fasst. Der Grundtypus besteht aus zwei Gebäudeformen – einem L mit Kopfbau im Gartenraum mit auskragenden Balkonen (der Bewohner tritt so innerhalb seines intimen Wohnbereiches in die Natur hinaus) und einem Winkel entlang der Benzstraße mit eingestülpten Loggien, wodurch ein geschützterer Außenbereich geschaffen wird. Die Erschließung erfolgt jeweils über die Straßenhöfe, wobei Erschließungstypus und Organisation des jeweiligen Gebäudeteils auf dessen Ausrichtung und Lage im Ensemble reagieren. Die unterschiedlichen Charakteristika tragen zur Vielgestaltigkeit innerhalb des Quartiers bei. Besondere Aufmerksamkeit erfährt auch die Stärkung von Nachbarschaften: im Erdgeschoss der inneren Kopfbauten befinden sich in Beziehung zum Gemeinschaftsgarten ein Gemeinschafts- und Veranstaltungsraum sowie ein Geräteraum für die Gartenarbeit. Entlang des Durchweges zum Straßenhof ist Raum für halböffentliche Sondernutzungen wie Co-Working, Fahrradwerkstatt oder Ausstellungsfläche. Auf Bereichen der dreigeschossigen Gebäudeteile befinden sich zudem gemeinschaftliche Dachterrassen, so dass eine Vielzahl an Begegnungsflächen für die Bewohner vorhanden ist. Im Gegensatz dazu ist das Gruppenwohnen im Erdgeschoss des Gebäudeteils entlang der Benzstraße untergebracht, wo es den geschützten rückwärtigen Bereich des Gartenhofes einnimmt und dennoch in Bezug zum Gemeinschaftsgarten steht.
Aufgrund der klaren Vorgaben und Ansprüche des Bauträgers wurde auf unkonventionelle Wohnungsformen wie z.B. Loftwohnungen oder Maisonetten verzichtet. Die Typologien entsprechen dem geforderten Wohnungsschlüssel, wobei in der weiteren Entwicklung des Gebietes (z.B. in einem späteren Bauabschnitt) auf aktuelle Entwicklungen auf dem Markt reagiert werden kann. Insgesamt wurde Wert gelegt auf eine Flexibilität bei der Anordnung der Wohnungen, den Wohnungsgrößen und Wohnungsaufteilungen, so dass unterschiedliche Wohnungsgrößen und Finanzierungsmodelle, sowie konventionelle und offene Grundrisse durchmischt in den Gebäuden angeordnet werden können und eine vielfältige Nachbarschaft entstehen kann. Dabei ermöglichen Erschließung ein vielfältiges Variieren zwischen 3- und 4-Spännern bei zweiseitiger Orientierung nahezu aller Wohnungen. Alle Wohnungen des Quartiers sind barrierefrei erreichbar und auch innerhalb der Wohnungen ist die Barrierefreiheit durch Mindestflurbreiten und Mindestabmessungen der Badezimmer gewährleistet, wodurch der demografischen Tendenz Rechnung getragen wird.
Insgesamt hat das neue Quartier eine solide und zugleich offene Ausstrahlung. Dies spiegelt sich auch in der Materialität der Baukörper wieder. Die stark beanspruchte Sockelzone greift das Klinkermaterial der gegenüberliegenden Bestandsbebauung auf und fasst somit den großzügigen Gesamthof. Über dem Sockel entfaltet sich aus weiß geputzten Fassaden eine skulpturale Kubatur, die den vielfältigen Ansprüchen der Nutzer gerecht wird.
Realisierungsteil B - Am Kreuzungspunkt Hellweg/Bruchstraße entwickelt sich die Blockrandbebauung zu einem Hochpunkt, der übergeordnete Orientierung bietet. Bis auf die Wohnungen an der Bruchstraße sind alle anderen Einheiten zum grünen Innenhof orientiert. In den unteren Geschossen unter dem Hochpunkt befinden sich gewerbliche Kleinnutzungen, die eine Kontaktstelle zum vorgelagerten Dreiecksplatz an der Kreuzung bilden. Eingeschnittene Loggien bilden geschützte Außenräume, die als Großform Blickbeziehungen zum Quartier aufbauen und mit der Umgebung kommunizieren.
Um dem Ort eine Signifikanz zu verleihen, wird der Hochpunkt aus Klinker ausgeführt, was unter anderem einen kostengünstigen Gebäudeunterhalt ermöglicht. Entlang der Bruchstraße verzahnt sich die Materialität des Klinkers mit dem straßenbegleitenden Putzbau, welcher im Kontext zur gegenüberliegenden Gebäudesubstanz steht.
Mobilität - Die Erschließung erfolgt über das bestehende Straßennetz, welches im Ergänzungsbereich Märchenland um eine weitere Querverbindung zwischen Froschkönigweg und zum Märchenland ergänzt wird. Fuß- und Radwege vernetzen das gesamte Gebiet, schaffen attraktive Verknüpfungen zwischen den Quartiersteilen und den bereits bestehenden Fuß- und Radverbindungen.
Fahrradstellplätze werden überdacht in den Erdgeschossen der Wohngebäude und für Besucher in der Nähe der Hauseingänge verortet. Öffentliche Fahrradbügel sind dezentral im gesamten Quartier vorgesehen.
Sharing-Angebote (Auto/(Elektro-)Rad etc.) befinden sich entlang der neuen Erschließungsstraße am Schützenplatz und am Edisonplatz.
Aufgrund der guten Vernetzung (ÖPNV/Fuß/Rad) und ergänzenden Sharing-Angeboten können notwendige Stellplätze reduziert werden. Private Stellplätze werden gut erreichbar und mit direktem Gebäudezugang in Tiefgaragen untergebracht. Optional können private Stellplätze zu Reihenhausgrundstücken im Ergänzungsbereich Märchenland auf dem Grundstück nachgewiesen werden. Die durch Abriss alter Garagenanlagen wegfallenden Stellplätze können am gleichen Standort in zwei gut erreichbaren Sammeltiefgaragen kompensiert werden. Besucherstellplätze werden freiräumlich integriert unter Bäumen im Straßenraum angeboten. Im Bereich der neuen Kita gibt es ausreichend Kurzzeitparkmöglichkeiten für den Bring- und Abholverkehr.
Nachhaltigkeit - Die Dachflächen der neuen Bebauung werden als kombinierte Grün- und Energiefächer ausgebildet. Hierbei werden die Attikabereiche zur solaren Strombereitstellung mit integrierter Photovoltaik versehen. Die restlichen Flächen werden zur Retention und Reinigung von Regenwasser intensiv begrünt. Die nutzenergetische Optimierung wird durch eine gute Kompaktheit, optimierte Grundrisszonierungen und Fensterflächenverteilung, einem sehr guten Dämmstandard, wärmebrückenfreie Konstruktionen und kontrollierter Wohnungslüftung erreicht. Das Energieversorgungskonzept nimmt als Ausgangspunkt die städtebauliche Grundkonzeption der einzelnen Baufelder auf. Eine Bilanzierung auf Quartiersebene nutzt Synergieeffekte, die bei einer konventionellen, gebäudeweisen Einzelbetrachtung unberücksichtigt blieben.
Urbanität und Nachbarschaft - Was lässt sich mit der Nachverdichtung in den bestehenden, losen Siedlungsstrukturen Flingerns erreichen? Wir meinen: Klare und gefasste öffentliche Stadträume die einen lesbaren Stadtgrundriss bilden, die vernetzten und Orientierung geben. Plätze und Stadtgärten, die die urbane Raumfolge rhythmisieren, beleben und eine hohe Aufenthaltsqualität bieten. Die differenzierten baulichen Interventionen in Flingern machen lose Siedlungsstrukturen zu einem klar adressierten Stück Stadt mit einer spezifischen Form der urbanen Nachbarschaftlichkeit und der nachbarschaftlichen Urbanität.
Städtebau - Die vier eigenständigen Siedlungsteile werden morphologisch klar herausgearbeitet und freiräumlich eingewoben. Typologisch werden alle wesentlichen Raumkanten klar ablesbar gefasst und hochwertig adressiert. Entlang der Übergänge zu den angrenzenden Bestandsbauten wird die Körnung und Höhenentwicklung der gewählten Typologie maßvoll ausgebildet. Zwei signifikante Hochpunkte an den beiden Kreuzungsbereichen am Hellweg geben Orientierung, stärken die Quartiersadresse und markieren die übergeordneten Zufahrten ins Quartier bzw. zum Nahversorgungszentrum. Der Entwurf bietet insgesamt ein breites Spektrum unterschiedlicher Wohnformen mit unterschiedlichen Schwerpunkten innerhalb der einzelnen Teilräume. Das Prinzip der Mischung auf dem Baufeld generiert somit vielfältige und auch in sozialer Hinsicht durchmischte Nachbarschaften.
Im Teilgebiet A wird eine eigenständige Baustruktur aus differenzierten L- und I-förmigen Baukörpern entwickelt. Die Bestandsstraßen und –wege von Norden münden in einen gemeinsamen Wohnhof als Schnittstelle zwischen alt und neu. Somit bildet das Neubauquartier einerseits eine eigenständige Raumfiguration aus und wirkt andererseits dennoch als Teil des Gesamtquartiers.
Das Teilgebiet B wird mit einer raumwirksamen und lärmabschirmenden Großform besetzt. Eine Höhendominante an der Bruchstraße markiert den Abzweig zum Nahversorgungszentrum und inszeniert gleichzeitig durch den vorgelagerten Platzraum den Blick auf die Kirche der koreanischen Christengemeinde.
Im Märchenland schaffen die sich nach Norden auflösenden U-Figuren nach Süden einen klaren Rücken zum öffentlichen Raum. Die linearen Baukörper stellen eine Referenz an die südlich angrenzende Baustruktur dar, während die kleinteiligen Punktbauten sowie die Versätze der Gebäude einen harmonischen Übergang zum nördlich angrenzenden Wohnquartier schaffen.
Der Schützenplatz ist das Herzstück des gesamten (alten und neuen) Quartiers. Seine prägnante Form erhält er durch das Aufgreifen vorhandener Baufluchten sowie deren geschickte Verlängerung und Verzahnung miteinander. Im Bereich des neuen Schützenplatzes sind auch kleinteilige Versorgungseinrichtungen wie ein Kiosk, Bäcker, Apotheke oder ähnliches vorstellbar. Die bestehende Kita mit Jugendzentrum wurde integriert und um einen weiteren gut erreichbaren Standort im Gebiet südlich des Schützenplatzes ergänzt. Das Grundstück der Telekom bildet hier eine eigenständige Raumtypologie aus, welche sich als selbstbewusstes Ensemble zwischen Hellweg und Schützenplatz präsentiert. Aufgrund der starken Verkehrsbelastung im Süden wird durch den innen liegenden Anger eine besondere nachbarschaftliche Qualität integriert.
Der Entwurf ermöglicht eine unmittelbare und unabhängige Umsetzbarkeit innerhalb der Realisierungsteile und berücksichtigt dabei innerhalb des Realisierungsteils A Bauabschnitte vergleichbarer Größe und Wohnungsmischung. Der Realisierungsteil B wird dabei zu einem späteren Zeitpunkt durch die Ergänzungsfläche 1 baulich ergänzt.
Freiraum - Die zentrale Interventionsachse des Gebiets besteht im Straßenzug mit der Schlüterstraße und dem Stadt-Natur-Park im Westen, dem Herzstück der Benzstraße und deren neue Verlängerung bis zum Grünzug an der Bahnstrecke im Osten. Rhythmisiert wird die Achse durch den bipolaren Edisonplatz, den nun auch städtebaulich formulierten Schützenplatz und den Märchengarten als Gelenk vor der Bahnstrecke. Mit der baulichen Formatierung des Straßenzugs geht eine gestalterische Aufwertung der bestehenden Straßenräume als verkehrsberuhigte Bereiche mit neugestalteten Seitenbereichen und Straßenbaumpflanzungen einher. Während die Benzstraße als attraktive, für Radfahrer schnelle und direkte Verbindung zu den primären Stadträumen gehört, wird parallel dazu eine Gartenpromenade zwischen Neubebauung und Bestand als „langsamer“ Weg durch die Gärten öffentlich angeboten. Die „Schneewittchenpromenade“ wird als asymmetrisches Profil mit einer Erschließungsachse im Norden und einem grünen Band mit Spiel- und Sportangeboten im Süden formuliert.
Die Plätze entlang dieser Achse entwickeln jeweils eigenständige Qualitäten: Der Edisonplatz überspannt die Benzstraße und lässt sie in einem übergreifenden Platzbelag aufgehen. Während die Nordseite bestandsgemäß dem Spiel zugeeignet ist, wird die Südseite unter Einbeziehung des Sockelgeschosses des Solitärgebäudes als aktivierter Stadtraum verstanden. Als der zentrale Ort auch in Verbindung mit den Nachbarquartieren bietet er eine nutzungsoffene Platzfläche, die auch für Veranstaltungen und Märkte zur Verfügung steht. Der Schützenplatz entwickelt sich auf einem charakteristischen dreieckigen Grundriss mit einem langen angerartigen Sporn nach Norden. Mit seiner kräftigen Rahmung durch Großbäume und der grünen Mitte ist er als Gartenplatz ausgeprägt. Ostseitig ist ein Spielband eingeordnet, das die zentralen Rasenterrassen aktiviert. Es ersetzt den festgesetzten Bolzplatz an dieser Stelle. Der Märchengarten bezeichnet den Grünraum an der Güterbahntrasse mit großem Spielplatz. Gegenüber dem Bestand ist er robuster und klarer gestaltet und leistet auch die Überleitung zur Unterführung am Dornröschenweg.
Für die Anbindung des Bahngrünzugs im Westen konstituiert die Neubebauung die Beziehungen: Dem Hochpunkt an der Kreuzung Hellweg / Bruchstraße wird ein dreieckiger Platz als Orientierungsraum und Verteiler zugeordnet. Die Hinführung zur Hellwegunterführung an der Bahn erfolgt entlang der gefassten Straßenräume über die Schwabstraße oder aber über eine neue, gefasste Promenade zwischen Bebauung und Böschungssockel des Hellweg.
Zwischen Alt und Neu: Freiraum im Realisierungsteil A - Mit der alternierenden Folge der L-förmigen Baufiguren entsteht entlang der Benzstraße eine Folge von der Öffentlichkeit zugewandten Straßenhöfen und intimen, dem inneren Gartenraum zugewandten Gartenhöfen. Die kontrastierenden Hoftypen liegen gartenseitig aufgefädelt an einer zentralen Wegeachse, sind aber deutlich erkennbar als Erschließungs- und Wohnhöfe der Neubebauung. Demgegenüber definiert der Weg einen Zentralraum zwischen Alt und Neu, der für Alle zugänglich ist. Die inneren Kopfbauten mit ihren öffentlichen Erdgeschossen nehmen dabei eine Sonderstellung ein: Mit ihrer Durchdringung der Platanenreihe brechen sie die strikte Linearität des Hofraums auf und rhythmisieren ihn in drei Sequenzen, die jeweils aus einem Gemeinschaftsgarten für alle Generationen und einem offen nutzbaren Wiesenraum bestehen. Die Formensprache arbeitet dabei mit den orthogonalen Strukturen der Entstehungszeit wie sie heute noch teilweise erkennbar sind. Mit der gewählten Taktung der Kopfbauten gehen lediglich drei der Bestandsplatanen verloren.
Architektur - Die neu geschaffenen Gebäudestrukturen fügen sich jeweils kontextuell in die Umgebung ein. Jedes Teilquartier generiert so unterschiedliche Typologien und schafft somit auch unterschiedliche Wohnqualitäten, wodurch ein heterogenes Wohnumfeld geschaffen wird.
Realisierungsteil A – Entlang der Benzstraße wurde eine Gebäudetypologie entwickelt, die den charakteristischen, hochwertigen Freiraum fasst. Der Grundtypus besteht aus zwei Gebäudeformen – einem L mit Kopfbau im Gartenraum mit auskragenden Balkonen (der Bewohner tritt so innerhalb seines intimen Wohnbereiches in die Natur hinaus) und einem Winkel entlang der Benzstraße mit eingestülpten Loggien, wodurch ein geschützterer Außenbereich geschaffen wird. Die Erschließung erfolgt jeweils über die Straßenhöfe, wobei Erschließungstypus und Organisation des jeweiligen Gebäudeteils auf dessen Ausrichtung und Lage im Ensemble reagieren. Die unterschiedlichen Charakteristika tragen zur Vielgestaltigkeit innerhalb des Quartiers bei. Besondere Aufmerksamkeit erfährt auch die Stärkung von Nachbarschaften: im Erdgeschoss der inneren Kopfbauten befinden sich in Beziehung zum Gemeinschaftsgarten ein Gemeinschafts- und Veranstaltungsraum sowie ein Geräteraum für die Gartenarbeit. Entlang des Durchweges zum Straßenhof ist Raum für halböffentliche Sondernutzungen wie Co-Working, Fahrradwerkstatt oder Ausstellungsfläche. Auf Bereichen der dreigeschossigen Gebäudeteile befinden sich zudem gemeinschaftliche Dachterrassen, so dass eine Vielzahl an Begegnungsflächen für die Bewohner vorhanden ist. Im Gegensatz dazu ist das Gruppenwohnen im Erdgeschoss des Gebäudeteils entlang der Benzstraße untergebracht, wo es den geschützten rückwärtigen Bereich des Gartenhofes einnimmt und dennoch in Bezug zum Gemeinschaftsgarten steht.
Aufgrund der klaren Vorgaben und Ansprüche des Bauträgers wurde auf unkonventionelle Wohnungsformen wie z.B. Loftwohnungen oder Maisonetten verzichtet. Die Typologien entsprechen dem geforderten Wohnungsschlüssel, wobei in der weiteren Entwicklung des Gebietes (z.B. in einem späteren Bauabschnitt) auf aktuelle Entwicklungen auf dem Markt reagiert werden kann. Insgesamt wurde Wert gelegt auf eine Flexibilität bei der Anordnung der Wohnungen, den Wohnungsgrößen und Wohnungsaufteilungen, so dass unterschiedliche Wohnungsgrößen und Finanzierungsmodelle, sowie konventionelle und offene Grundrisse durchmischt in den Gebäuden angeordnet werden können und eine vielfältige Nachbarschaft entstehen kann. Dabei ermöglichen Erschließung ein vielfältiges Variieren zwischen 3- und 4-Spännern bei zweiseitiger Orientierung nahezu aller Wohnungen. Alle Wohnungen des Quartiers sind barrierefrei erreichbar und auch innerhalb der Wohnungen ist die Barrierefreiheit durch Mindestflurbreiten und Mindestabmessungen der Badezimmer gewährleistet, wodurch der demografischen Tendenz Rechnung getragen wird.
Insgesamt hat das neue Quartier eine solide und zugleich offene Ausstrahlung. Dies spiegelt sich auch in der Materialität der Baukörper wieder. Die stark beanspruchte Sockelzone greift das Klinkermaterial der gegenüberliegenden Bestandsbebauung auf und fasst somit den großzügigen Gesamthof. Über dem Sockel entfaltet sich aus weiß geputzten Fassaden eine skulpturale Kubatur, die den vielfältigen Ansprüchen der Nutzer gerecht wird.
Realisierungsteil B - Am Kreuzungspunkt Hellweg/Bruchstraße entwickelt sich die Blockrandbebauung zu einem Hochpunkt, der übergeordnete Orientierung bietet. Bis auf die Wohnungen an der Bruchstraße sind alle anderen Einheiten zum grünen Innenhof orientiert. In den unteren Geschossen unter dem Hochpunkt befinden sich gewerbliche Kleinnutzungen, die eine Kontaktstelle zum vorgelagerten Dreiecksplatz an der Kreuzung bilden. Eingeschnittene Loggien bilden geschützte Außenräume, die als Großform Blickbeziehungen zum Quartier aufbauen und mit der Umgebung kommunizieren.
Um dem Ort eine Signifikanz zu verleihen, wird der Hochpunkt aus Klinker ausgeführt, was unter anderem einen kostengünstigen Gebäudeunterhalt ermöglicht. Entlang der Bruchstraße verzahnt sich die Materialität des Klinkers mit dem straßenbegleitenden Putzbau, welcher im Kontext zur gegenüberliegenden Gebäudesubstanz steht.
Mobilität - Die Erschließung erfolgt über das bestehende Straßennetz, welches im Ergänzungsbereich Märchenland um eine weitere Querverbindung zwischen Froschkönigweg und zum Märchenland ergänzt wird. Fuß- und Radwege vernetzen das gesamte Gebiet, schaffen attraktive Verknüpfungen zwischen den Quartiersteilen und den bereits bestehenden Fuß- und Radverbindungen.
Fahrradstellplätze werden überdacht in den Erdgeschossen der Wohngebäude und für Besucher in der Nähe der Hauseingänge verortet. Öffentliche Fahrradbügel sind dezentral im gesamten Quartier vorgesehen.
Sharing-Angebote (Auto/(Elektro-)Rad etc.) befinden sich entlang der neuen Erschließungsstraße am Schützenplatz und am Edisonplatz.
Aufgrund der guten Vernetzung (ÖPNV/Fuß/Rad) und ergänzenden Sharing-Angeboten können notwendige Stellplätze reduziert werden. Private Stellplätze werden gut erreichbar und mit direktem Gebäudezugang in Tiefgaragen untergebracht. Optional können private Stellplätze zu Reihenhausgrundstücken im Ergänzungsbereich Märchenland auf dem Grundstück nachgewiesen werden. Die durch Abriss alter Garagenanlagen wegfallenden Stellplätze können am gleichen Standort in zwei gut erreichbaren Sammeltiefgaragen kompensiert werden. Besucherstellplätze werden freiräumlich integriert unter Bäumen im Straßenraum angeboten. Im Bereich der neuen Kita gibt es ausreichend Kurzzeitparkmöglichkeiten für den Bring- und Abholverkehr.
Nachhaltigkeit - Die Dachflächen der neuen Bebauung werden als kombinierte Grün- und Energiefächer ausgebildet. Hierbei werden die Attikabereiche zur solaren Strombereitstellung mit integrierter Photovoltaik versehen. Die restlichen Flächen werden zur Retention und Reinigung von Regenwasser intensiv begrünt. Die nutzenergetische Optimierung wird durch eine gute Kompaktheit, optimierte Grundrisszonierungen und Fensterflächenverteilung, einem sehr guten Dämmstandard, wärmebrückenfreie Konstruktionen und kontrollierter Wohnungslüftung erreicht. Das Energieversorgungskonzept nimmt als Ausgangspunkt die städtebauliche Grundkonzeption der einzelnen Baufelder auf. Eine Bilanzierung auf Quartiersebene nutzt Synergieeffekte, die bei einer konventionellen, gebäudeweisen Einzelbetrachtung unberücksichtigt blieben.
Beurteilung durch das Preisgericht
Der Beitrag besticht durch eine klare städtebauliche Haltung, die es schafft, das gesamte Areal in einen Zusammenhang zu bringen. Zwei konsequent entwickelte Blockstrukturen an den lärmempfindlichen Bereichen übernehmen Gelenkfunktionen in die benachbarten Bereiche und sind im Maßstab angemessen.
Der 20er-Jahre-Struktur mit ihrem wunderbaren Grünraum wird mit mehreren U-förmigen
Baustrukturen geantwortet, die sich zum gemeinsamen Grünraum deutlich öffnen und damit den schönen Baumbestand akzentuieren. Gelungen ist die bauliche Fassung des Grünraums zur Daimlerstraße als Pendant zur Fassung im Bestand, allerdings wird damit der Edisonplatz überbaut. Durch die Schrägstellung in der U-förmigen Bebauung entstehen zum einen gut proportionierte Eingangshöfe, zum anderen ist die Besonnung der Gartenräume gewährleistet. Auf der Straßenseite (Benzstraße) antwortet die Bebauung sensibel auf die nördliche Nachbarschaft. Der Rhythmus von geschlossenem U als Gegenüber zu den ankommenden Wohnstraßen und perspektivisch sich verjüngenden Höfen als Antwort auf die nördlich Freiräume schafft einen klar gegliederten
Straßenraum. Über einen urbanen Platz wird dieser Raum in den Grünzug zum Bahn-Freiraum geleitet, so dass diese rhythmisierte Achse zum starken Rückgrat wird. Der zentrale Quartiersplatz bildet das Gelenk zum östlich Quartier, das gut strukturiert im Wechsel von Erschließungshöfen und Grünräumen die Schrägstellung aus der westl. Bebauung aufgreift. Das grüne Band im Süden des Ergänzungsbereichs 3 vermittelt zur angrenzenden Bebauung und wirkt als wohltuender Puffer zu dieser ausfransenden Bebauung. Die gut entwickelten Baufelder werden durch eine hohe Dichte sinnvoll ausgenutzt.
Die von den Entwurfsverfassern vorgeschlagenen Fassaden überzeugen in ihrer Anmutung für die Aufgabenstellung im Rahmen des sozialen Wohnungsbaus nicht in Gänze.
Insgesamt stellt die Arbeit einen hervorragenden Ansatz zur Nachverdichtung dieses besonderen Quartiers dar.
Der 20er-Jahre-Struktur mit ihrem wunderbaren Grünraum wird mit mehreren U-förmigen
Baustrukturen geantwortet, die sich zum gemeinsamen Grünraum deutlich öffnen und damit den schönen Baumbestand akzentuieren. Gelungen ist die bauliche Fassung des Grünraums zur Daimlerstraße als Pendant zur Fassung im Bestand, allerdings wird damit der Edisonplatz überbaut. Durch die Schrägstellung in der U-förmigen Bebauung entstehen zum einen gut proportionierte Eingangshöfe, zum anderen ist die Besonnung der Gartenräume gewährleistet. Auf der Straßenseite (Benzstraße) antwortet die Bebauung sensibel auf die nördliche Nachbarschaft. Der Rhythmus von geschlossenem U als Gegenüber zu den ankommenden Wohnstraßen und perspektivisch sich verjüngenden Höfen als Antwort auf die nördlich Freiräume schafft einen klar gegliederten
Straßenraum. Über einen urbanen Platz wird dieser Raum in den Grünzug zum Bahn-Freiraum geleitet, so dass diese rhythmisierte Achse zum starken Rückgrat wird. Der zentrale Quartiersplatz bildet das Gelenk zum östlich Quartier, das gut strukturiert im Wechsel von Erschließungshöfen und Grünräumen die Schrägstellung aus der westl. Bebauung aufgreift. Das grüne Band im Süden des Ergänzungsbereichs 3 vermittelt zur angrenzenden Bebauung und wirkt als wohltuender Puffer zu dieser ausfransenden Bebauung. Die gut entwickelten Baufelder werden durch eine hohe Dichte sinnvoll ausgenutzt.
Die von den Entwurfsverfassern vorgeschlagenen Fassaden überzeugen in ihrer Anmutung für die Aufgabenstellung im Rahmen des sozialen Wohnungsbaus nicht in Gänze.
Insgesamt stellt die Arbeit einen hervorragenden Ansatz zur Nachverdichtung dieses besonderen Quartiers dar.
©winkelmüller.architekten/Machleidt GmbH/sinai
Blick entlang der Gartenachse
©georglindenkreuz.de
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Bruchstraße - Ecke Hellweg
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Städtebauliche Idee
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Städtebaulicher Entwurf/Lageplan M 1:1.000
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Modell
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Modell