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Offener, zweiphasiger interdisziplinärer Realisierungswettbewerb | 09/2021

Masterplan Innenstadt Bad Godesberg

2. Preis

Preisgeld: 55.000 EUR

hochC Landschaftsarchitekten PartGmbB

Landschaftsarchitektur

yellow z urbanism architecture

Architektur, Stadtplanung / Städtebau

Hoffmann - Leichter Ingenieurgesellschaft mbH

sonstige Fachplanung

Erläuterungstext

ParkStadt Bad Godesberg

Die Bad Godesberger Innenstadt erlebt seit den 1950er Jahren einen tiefgreifenden Transformationsprozess, der sich in der Stadtgestalt, Nutzung und Gesellschaft widerspiegelt. Heute zeigt sich der Stadtkern, sowie der Kurpark, als ein Mix unterschiedlichster architektonischer Stile und Leitbilder: sehr heterogen, zum Teil unsensibel, aber auch überraschend und einprägsam. Mit dem Masterplan BG bietet sich nun die Chance, aus den oft zufällig wirkenden Versatzstücken des urban-freiräumlichen Patchworks eine absichtsvolle und einzigartige Collage mit starker Identität, vielfältigen Nutzungen und lebendigen öffentlichen Räumen entstehen zu lassen: die ParkStadt Bad Godesberg.

Blau-Grün und vernetzt
Eine neue Verbindung zwischen Kurpark und Godesberg durch eine Brücke wird erstellt. Der Berg ist als naturnaher Erlebnisraum vorgesehen. Der Kurpark wird mit vielseitigen Gemeinschafts- und Bewegungsflächen für alle Generationen sowie seinen vorhanden Kulturangeboten als urbaner Stadtpark interpretiert.
Im Zusammenspiel mit dem nahen Redoute-Park können die Bedürfnisse nach einem ruhigen Erholungspark und einem lebendigen Stadtpark gleichermaßen erfüllt werden

Klimasensible Stadt
Zur Begegnung des Klimawandels braucht die Innenstadt eine Adaptionsstrategie, welche auf unterschiedlichen Ebenen Klimaschutz und Klimaanpassung leistet. Kleinere Grünflächen sind in die Straßenräume und auf Dachflächen integriert. Neue Plätze werden wassersensibel gestaltet und dezentrale Flächenentsiegelungen sowie klimaresiliente Baum- und Neubepflanzungen durch eine „Gründachoffensive“ ergänzt. Der Kurpark wird außerdem als „Schwammpark“ aktiviert.

Starke Achsen
Unser Konzept fokussiert auf das Netz der öffentlichen Räume (Straßen und Plätzen) und sieht vor, durch eine umfassende Qualifizierung und charaktervolle Interpretation der Straßen als „Starke Achsen“ das Gesicht der Innenstadt zu prägen. Jede Achse bildet dabei ein eigenständiges Profil mit unterschiedlichen Merkmalen aus.
Der Theaterplatz und Platz am Fronhof auf der Genuss- und Kulturachse bieten vor allem Raum für kulturelle Schwerpunkte. Der Michaelhof als Kur- und Wasserachse bietet einen grün-blau geprägten Aufenthaltsbereich. Die Koblenzer Straße als Bewegungsachse im Kurpark versammelt verschiedene Freizeit- und Sportangebote zur freien Nutzung für alle Generationen. Die gewachsene Struktur der sanierten Koblenzer Straße im Stadtkern dient weiterhin als Grundlage für die Einkaufsachse.

Plätze und Höfe
Der Theaterplatz wird durch ein abgestuftes Retentionsbecken mit drei Pflanzpodesten räumlich sowie in der Aufenthaltsqualität neu gegliedert und in Verbindung mit dem neuen Pavillonpatz und Wasserspiegel in seiner repräsentativen Anmutung gestärkt. Der Fronhof behält eine Freifläche vor der Galeria, eine großzügige begehbare Plattform mit Baumpflanzungen dient zur Raumschließung.

Resiliente Nutzungsmischung
Die City muss als Ort des Wohnens und Arbeitens, aber auch der Produktion „wiederentdeckt“ werden. Wir schlagen vor, den westlichen, ruhigeren Teil der Innenstadt gezielt als attraktive innerstädtische Wohnlage zu stärken, den Einzelhandel an der Koblenzer Straße und Alte Bahnhofstraße zu konzentrieren. Um die Villichgasse bereichert ein „Werk-Viertel“ die Innenstadt um eine wichtige Nutzung; als Ort von stadtverträglicher Produktion und urbanen Manufakturen „Made in Bad Godesberg“.

Vom Transitraum zum öffentlichen Raum
Die langfristig autofreie Innenstadt wird durch verbesserte ÖPNV Angebote, die Installation von Shared Mobility an strategischen Punkten sowie einem großen Mobility Hub unterstützt.
Der Durchgangsverkehr in der Moltkestrasse und Am Kurpark wird stark beruhigt; ausschließlich Anliegern und Bus/Taxi sowie Kunden der Innenstadt soll die Zufahrt gestattet sein. Damit ist es auch möglich, die beiden Radwege aus Bonn und vom Rhein zu verbinden.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Verfasser*innen der Arbeit 1001 haben die Leitidee aus der Phase 1 konsequent weiterentwickelt. Dabei spielt die Entwicklung der Stadt in Zukunft und der zu erwartende, schrittweise Transformationsprozess die zentrale Rolle. Der Zukunftskompass ist richtungsweisend und gibt den behutsamen Umgang mit dem Bestand als Richtschnur vor.

Die vier Achsen „Kultur und Genuss“, „Einkaufen“, „Bewegung und Sport“ und „Kur und Wasser“ werden inhaltlich weiter verständlich ausgebaut. Die Idee eines zusätzlichen Handwerkerquartiers rund um die Villichgasse ergänzen die Achsen um einen sehr spannenden konzeptionellen Ansatz, die eine Mischung aus Produzieren gemäß dem Motto „Made in Bad Godesberg“, Wohnen im Westen des Planungsraums und Arbeiten in der Gesamtstadt ergänzen. Die Gestaltung der Vertiefungsräume in Fortsetzung vorhandener Strukturen mit bereits bestehenden Materialien (Klinker) nimmt den nachhaltigen Ansatz des behutsamen Umbaus auf. Auch die Auseinandersetzung mit den Bäumen, die gestalterisch auf die jeweiligen Achsen angepasst ausgewählt sind, wirkt schlüssig, ebenso im Sinne einer Grünvernetzung die Schaffung von mehreren Grünflächen. Die Verknüpfung des Godesbergs mit dem Kurpark durch die Stadt gestärkt durch die Unterbringung mehrere Pavillons ist ein weiterer, besonderer Ansatz.

Die Darstellung der Themen „Schwammstadt“ und damit verbundenen Auseinandersetzung mit der Speicherung des Wassers zu Starkregenereignissen und Abgabe zu Hitzeperioden wurde in dargestellten Art und Weise kontrovers diskutiert, die konsequente Stärkung begrünter Dächer wirkt aus Sicht der Jury sehr schlüssig. Die zurückhaltenden, baulichen Anpassungen mit Abriss (z.B. im Bereich des Ännchen) und Neubau, z.B. im Bereich der Villichgasse sind an diesen Stellen sehr gut und strukturell nachvollziehbar, ebenso die erarbeiteten Phasen einer möglichen Umsetzung in Zukunft. Deutlich wird hier jedoch, dass eine ausgearbeitete Masterplanstruktur, die einen zukünftigen Steuerungsprozess gestalten kann, fehlt. Die vier Achsen als Masterplangerüst sind zwar thematisch sehr ausgearbeitet, die tatsächliche Entwicklung der Stadt würde dadurch jedoch u.a. extrem unbeweglich. Ebenso unflexibel ist eine Nutzung der öffentlichen Räume möglich, wenn diese, wie vorgesehen, mit den so genannten Pflanzschollen übermöbliert werden. Die Verkehrsberuhigung im Grundsatz wird sehr begrüßt, jedoch erscheint die Verkehrsreduktion in Moltkestraße und Kurparkstraße als nicht umsetzbar wegen der entstehenden umgeleiteten Verkehre, z.B. durch das Villenviertel, gerade im Fall einer Sperrung des Tunnels (B9). Der an der Moltkestraße gelegene neue „Marktplatz“ wird zur Belebung der Innenstadt auch an dieser Stelle kritisch gesehen.
Lageplan

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