weitere Mitarbeitende: Anh Pham Phuong
Leitidee & Entwurfskonzept
Der geplante Ansatz zur Revitalisierung der RWTH Aachen mit der Einhausung der Höfe beinhaltet nicht nur ein ökologisches Potential, sondern auch die Möglichkeit, dem Ort eine neue raumbildende Gesamtsprache zu geben. Der Hof kann jetzt in die Nutzung einbezogen werden. Die Innenarchitektur soll wieder ihre voluminöse Raumstruktur erhalten und somit wieder eine gestalterische Einheit mit der Fassade und stärkt das denkmalpflegerische Konzept.
Die energetische Sanierung erfolgt substanzschonend durch eine klar erkennbare neue Bauschicht aus kreislaufgerechten und nachhaltigen Materialien, die sortenrein rückbaufähig konstruiert werden. Die Innenelemente bestehen aus lasiertem Holz, Glas und Lehmziegeln. Holz-Glas-Faltschiebeelemente ermöglichen den Zugang zu den historischen Fenstern. Die verglasten Bereiche folgen in Form und Größe den bestehenden Fenstern und wirken wie Vitrinen zur Präsentation der historischen Fassade. Diese neue Fensterebene ist je nach Wandstärke bauphysikalisch individuell gestaltet. Schienengeführte Rollos für Verschattung, Verdunklung, Absorption und Reflexion von Wärmestrahlung- und Sonnenlicht bilden als dritte Fassadenebene die Grundlage einer Low-Tech-Wärmesteuerung
Die Deckenstrahlheizung sorgt für konstante Raumtemperaturen innerhalb des massiven Baukörpers. Die Deckengestaltung mit lasierten Holzprofilen setzt die Struktur der neuen Wandschicht horizontal fort. Das Mittelfeld gibt den Blick auf die Säulenkapitelle frei, während die Randfelder akustisch wirksame Paneele enthalten. Dieses neue Element setzt sich durch eine umlaufende Fuge von der historischen Substanz ab.
Die glasüberdachten Höfe reduzieren die Hüllfläche des Gebäudes erheblich, verbessern als Pufferzonen die Energiebilanz und unterstützen das Konzept einer intelligenten Low-Tech-Lösung. Das filigrane Tragwerk tritt bewusst in den Hintergrund, verstärkt durch eine reflektierenden Oberfläche. Tageslicht erzeugt eine atmosphärische Wirkung wie die Spiegelung einer Wasserfläche im Innenraum.
Durch die Verglasung der Innenhöfe und die Innenschale in den Räumen ist eine energetische Sanierung nahezu ohne Eingriff in die historische Bausubstanz möglich. Es entsteht eine ausgeklügelte Low-Tech-Lösung, die Raumqualitäten verbessert, die Baugeschichte erlebbar macht und neue räumliche Potenziale schafft.
Optimierte Belegungsplanung
Durch die Wiederherstellung der ursprünglichen Raumstruktur und die Ergänzung der verglasten Innenhöfe wird eine erhöhte Adaptionsfähigkeit erreicht. Die Ziele der Umstrukturierung, die Flächeneffizienz zu erhöhen, die Aufenthaltsqualität zu verbessern und die Nutzungsmöglichkeiten zu erweitern, können somit erreicht werden. Das Grundkonzept und die Potentiale dieser Neuplanung werden durch die folgenden Aspekte dargestellt.
Neuordnung der Bereiche – Clusterung nach Typ
Um eine optimale Nutzung der Flächen zu gewährleisten, erfolgt eine Clusterung der Bereiche nach Funktionstypen. Dies ermöglicht eine Reduktion einzelner Redundanzen.
Verwaltung oberhalb der Hofüberdachung – Kürzere Aufenthaltszeiten
Die Verwaltungsbereiche werden oberhalb der neu geplanten Hofüberdachung angesiedelt. Diese Positionierung ermöglicht kürzere Wege und Aufenthaltszeiten für Mitarbeiter und Studierende, wodurch die Effizienz der Arbeitsprozesse gesteigert wird.
Ausbau des Dachraums im östlichen Flügel
Der Ausbau des Dachraums im östlichen Flügel stellt eine optionale, aber sinnvolle Erweiterungsmöglichkeit dar. Diese Fläche kann flexibel für zusätzliche Büroräume, Meetingräume oder andere Bedarfe genutzt werden und bietet somit eine wertvolle Reserve für zukünftige Entwicklungen.
Lehrstühle und Coworking unterhalb der Hofüberdachung
Unterhalb der Hofüberdachung werden die Lehrstühle sowie Coworking-Bereiche eingerichtet. Diese offenen, großen Bereiche bieten flexible Teilungsmöglichkeiten mittels Faltschiebewänden. Dadurch können die Räumlichkeiten je nach Bedarf angepasst und effizient genutzt werden.
Wiederherstellung des bauzeitlichen Grundrisses und Raumproportionen
Ein wichtiger Aspekt der Neustrukturierung ist die Wiederherstellung des bauzeitlichen Grundrisses und der ursprünglichen Raumproportionen. Dies trägt nicht nur zur architektonischen Authentizität bei, sondern verbessert auch die funktionale Nutzung der Räumlichkeiten.
Erweiterungsmöglichkeiten durch Coworking-Bereiche
Bei Bedarf können weitere Coworking-Bereiche eingerichtet werden, beispielsweise im Hof, in der Sky Lounge oder in Teilungsräumen. Diese Flexibilität ermöglicht es, schnell auf sich ändernde Anforderungen zu reagieren und die Flächennutzung zu maximieren.
Größere Auslastung durch Nutzung durch Dritte
Die Nutzungsfrequenz der Räumlichkeiten wird durch die Einbindung externer Nutzer er-höht. Studierende können die Teilungsräume, die Sky Lounge und vor allem den Hof mit-nutzen. Ein Raumbuchungssystem, analog zum Haus der Statistik, wird implementiert, um die Raumauslastung optimal zu steuern.
Überdachung der Höfe – Neue Nutzungsmöglichkeiten
Die Überdachung der Höfe schafft zusätzliche Nutzungsflächen, die als Arbeitsoase, Veranstaltungen und Cafeteria dienen können. Diese neuen, geschützten Bereiche bieten einen attraktiven Aufenthaltsort für Studierende und Mitarbeiter.
Bibliothek als zentrale Anlaufstelle
Die Bibliothek wird zentral zwischen den Höfen angeordnet. Diese Positionierung macht sie zu einer leicht zugänglichen Anlaufstelle für alle Nutzer des Gebäudes und erhöht ihre Funktionalität und Attraktivität.
Technik und Lagerflächen im Untergeschoss
Die Technik- und Lagerflächen werden im Untergeschoss untergebracht. Diese Anordnung hält die oberen Geschosse frei für Arbeits- und Aufenthaltsbereiche und gewährleistet gleichzeitig einen effizienten Zugang zu technischen Einrichtungen und Lagerflächen.
Fazit
Die optimierte Belegungsplanung der RWTH Aachen zielt darauf ab, durch eine intelligente Neuordnung und flexible Nutzung der Flächen die Effizienz zu steigern und die Aufenthaltsqualität zu verbessern. Durch die Clusterung nach Typen, die sinnvolle Erweiterung des Dachraums und die flexible Nutzung der Hofbereiche wird ein modernes und funktionales Arbeitsumfeld geschaffen, das den Bedürfnissen von Studierenden und Mitarbeitern gleichermaßen gerecht wird.
Energetische Sanierung
Konzept Bauphysik
Es soll eine allumfassende Ertüchtigung durch die Schaffung einer 2. innenliegende Fassadenebene vor den Bestandsfassaden realisiert werden. Diese 2. Fassadenebene bildet unsere neue thermische Hülle. Sie wird dabei aus transparenten Fensterelementen vor den Bestandsfenstern sowie opaken Wandelementen aus Lehmziegeln bestehen.
Die Lehmziegel weisen eine hohe thermische Speichermasse auf und können somit einer Überhitzung in den Sommermonaten entgegenwirken. Schwere Konstruktionen sind hin-sichtlich des sommerlichen Wärmeschutzes nämlich als positiv zu bewerten, da sie langsamer auf Temperaturschwankungen reagieren.
Als weitere Maßnahme gegen Überhitzung im Sommer, wird zudem ein außenliegender Sonnenschutz vor der inneren Fensterebene aber hinter der äußeren Bestandsfensterebene geplant. Zudem kann eine Nachtauskühlung durch ein Öffnen der Fenster bzw. durch die Lüftungsgeräte in den mechanisch belüfteten Bereichen realisiert werden.
Es ist zudem geplant die Innenhöfe durch Glasdächer zu überdachen und somit in die thermische Hülle einzubeziehen. Zukünftig sollen die Cafeteria sowie ein Coworking-Space in den überdachten Innenhöfen verortet werden. Die Innenhöfe sind dabei als niedrig beheizt anzusehen.
Durch die Überdachung der Innenhöfe wird eine Reduktion der Außenhülle erzielt und die Notwendigkeit einer Ertüchtigung der Hoffassaden und Bestandsfenster entfällt. Die Be- und Entlüftung der Innenhöfe soll über eine natürliche Lüftung über die Lamellen im Dach erfolgen.
Weiterhin soll das Untergeschoss unbeheizt sein. Dementsprechend wird die Kellerdecke mit Dämmung versehen.
Konzept Technische Anlagen
Grundlage der gesamten energetischen Gebäudekonzeption ist, durch die Kombination einfacher baulicher Eingriffe und ein Mindestmaß an technischer Ausrüstung die Vorzüge des massiven Gebäudekörpers in einem Low-Tech-System zu nutzen. Vorhandene Einrichtungen und Technik, sowie die Fernwärmeversorgung werden in das System integriert und ressourcenschonend mit verwendet.
- Heizung
- Heizkörper in Fluren (Annahme VL/RL 70/55), Deckenheizung (und -kühlung) in Büros (VL/RL 35/30), Fußbodenheizung in Innenhofbereichen (Annahme VL/RL 55/45), Luftheizung in Aula und Hörsälen
- Flure und Innenhöfe niedrig beheizt, UG unbeheizt
- Wärmeerzeugung durch Wärmpumpe + Spitzenlast Fernwärme (zunächst Standard-werte, Fernwärme 30-40 % Deckungsanteil)
Integration Hocheffizienter Luftwärmepumpen mit Natürlichen Kältemittel R290 (Propan) in das Gebäudeheizsystem neben dem vorh. Fernwärmeanschluss.
Die Grundlastdeckung der Heizlast erfolgt über die Wärmepumpe, die Spitzlastdeckung über Fernwärme. Zudem kann über die Wärmepumpe im Sommer über Kühl-decken moderat gekühlt werden. Dabei sichern die Kühldecken ein hohes Maß an Nutzerzufriedenheit über den hohen Strahlungsanteil. Die gefüllte Temperatur liegt im Kühlfall ca. 2 bis 3 K unter der Operativen Raumtemperatur.
- Ausrüstung der Büro- und Seminarräume, Hörsäle und Aula mit Heiz- und Kühldecken.
Die Raumtemperaturen können im Heizfall um ca. 2 K abgesenkt werden, ohne Komforteinschränkungen, bedingt durch den hohen Strahlungsanteil über die Decke. Alle Bauteile und Person stehen im Strahlungsaustausch miteinander.
Es kann von einer Energieeinsparung von ca. 6 bis 12% ausgegangen werden im Ver-gleich zu herkömmlichen Heizsystem mit Heizkörpern.
- Für die überdachten Innenhöfe ist eine Grundbeheizung von ca. 15°C über einer Fußbodenheizung vorgesehen. Dies gewährleistet die Thermische Behaglichkeit in den Wintermonaten ohne zugleich viel Heizenergie zu verschwenden. Die Wärmehaltung wird durch Reflexionsebenen im Glasdach und dem dreischichtigen Fassadenaufbau optimiert. Für die Sommermonate ist die natürliche Nachströmung von Außenluft über Frischluftbrunnen sowie Nachtauskühlung über den Raumverbund vorgesehen. Über öffenbare Elemente im Glasdach wird die natürliche Thermik genutzt. So wird eine Überheizung diese Bereiche vermieden und eine kleines Mikroklima stellt sich ein.
- Lüftung
- Ventilatoren SFP1
- mechanische Belüftung für Aula und Hörsäle (Zu- und Abluft mit WRG >= 75 %)
- Abluftanlage für Sanitärbereiche
Die Mech. Lüftung ist lediglich in den 4 Hörsälen und der Aula vorgesehen.
Über eine hocheffiziente Zu- und Abluftanlage mit Wärmerückgewinnung und integrierter Wärmepumpe zum Heizen und Kühlen werden diese Räume entsprechend konditioniert.
Dabei ist für jeden Raum eine eigene Raumlufttechnische Anlage vorgesehen um den Regelungsaufwand klein zu halten. Zudem ist vorgesehen, die Luftführung nach dem sogenannten „Bauer System“ der chaotischen Luftführung vorzunehmen. Dies sichert ein Höchstmaß an Behaglichkeit, Luftqualität bei gleichzeitig hoher Energieeinsparung.
Die Luftvolumenströme wurde mit 30 m3/h Person für die jeweiligen Räume angesetzt.
Für alle anderen Räume ist eine natürliche Lüftung über die Fenster vorgesehen. Hier unterstützt ein Fensterantrieb die Öffnung der Fenster und die Steuerung der Rollos in Abhängigkeit von CO2 Wert in den Räumen. Gleichzeitig kann dieses System für die Wärmeabfuhr und die Nachtkühlung im Sommer genutzt werden.- Die Dachflächen bieten durch geringe Dachneigung die Möglichkeit, auch Flächen mit ungünstiger Ausrichtung zu nutzen und die gesamte Dachlandschaft zu einer homogenen 5. Fassade zu entwickeln. Hierfür wird die PV ebenengleich im Neubau bzw. bei Sanierung in einer zweiten, farblich angeglichenen Dachschicht angeordnet. Auch PVT-Module können dadurch bei Bedarf in die homogene Dachhaut integriert werden.
- Kühlung
Kühlung durch Lüftungsgeräte (Aula und Hörsäle) sowie über Deckenkühlung (Büros), reversible Wärmepumpe
- Beleuchtung
LEDs
- Größe PV
Ca. 1620 m² PV-Modulfläche
Wirtschaftlichkeit im Betrieb
• Der Low-Tech-Ansatz im sommerlichen und winterlichen Wärmemanagement durch die dreischichtigen Fassaden und die Pufferzonen der verglasten Höfe ermöglicht durch einfache mechanische System eine Minimierung der Anlagentechnik und damit der Betriebs- und Wartungsaufwendungen.
• Die Erreichbarkeit der Bestandsfenster dient nicht nur der Flexibilität und der Nutzerakzeptanz, sie macht den Respekt vor dem Denkmal zu einem integrativen Bestandteil der Gebäudenutzung, als Ersatz weiterer technischer Einrichtungen.
Denkmalschutz
Umgang mit vorhandener Bausubstanz
Die Zurückhaltung in der Architektursprache und das Einfügen neuer Elemente führen zu einer klaren Trennung zwischen Alt und Neu sowie zur Geschichte des Hauses. Die baulichen Maßnahmen folgen dieser Haltung, indem kaum Eingriffe in die denkmalgeschützte Substanz notwendig sind. Diese Herangehensweise ermöglicht eine klare Trennung zwischen Sanierungsmaßnahmen und energetischer Ertüchtigung.
Durch den Rückbau historisch gewachsener Trennwände und zu niedriger abgehängter Decken werden ursprüngliche Raumstrukturen freigelegt, wobei historisch relevante Bauteile wie Eisenstützen zum Vorschein kommen.