Einstufiger nichtoffener Ideenwettbewerb mit hochbaulicher Vertiefung | 06/2023
Nachhaltiges Quartier SĂŒdwest in Bamberg
©H2M Architekten und Stadtplaner GmbH, Visualisierung: Eric Dietze
Quartierseingang
ein 3. Preis
Preisgeld: 15.000 EUR
Stadtplanung / StÀdtebau, Architektur
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Verfasser:
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Mitarbeitende:
Dimitra Wittmann, Benjamin Eichhorn, Marina Hörath, Jaideep Acharya, Anja Schiller, Milos Straka, Eric Dietze
ErlÀuterungstext
Ressource Bestand_Transformation_Erneuerung_ErgĂ€nzung_ Ganz bewusst werden die bestehenden GebĂ€ude im Sinne der Leitidee âRessource Bestandâ komplett erhalten und durch flexible An- und Aufbauten, sowie der Setzung neuer Baukörper in Freibereichen ergĂ€nzt. Die sogenannten âAdapterâ ergĂ€nzen die bisher abweisenden Zeilenenden flexibel als Vertikale GĂ€rten, zusĂ€tzliche Raumschichten (Co-Working, Gemeinschaftsnutzungen, AtelierwohnenâŠ), barrierefreie ErschlieĂungen, Freibereichen etc. und bilden somit kommunikative HĂ€user zu den PlĂ€tzen und QuartierseingĂ€ngen aus. Auch gerade Richtung Norden entsteht durch die vorgesetzten Vorbauten eine identitĂ€tsstiftende, einladende neue Adresse zum Kontext, sowie einen neuer Quartierseingang mit kommunikativem Quartiersplatz. Die bestehende Typologie wird aufgegriffen und erweitert, das teilweise sehr stark verspringende Bauvolumen im Sinne der A/V-Optimierung ergĂ€nzt, so dass zwischen Alt- und Neubauten eine identitĂ€tsstiftende Symbiose entsteht. Der Bestand wird komplett erhalten und mit zusĂ€tzlichem Wohnungsbau qualitĂ€tvoll weiterentwickelt. Im Sinne der baulichen und sozialen Nachhaltigkeit wird darauf verzichtet, groĂmaĂstĂ€blich Bestandsbauten abzubrechen und damit auch zwei unterschiedliche Adressen mit sozialer Separierung auszubilden. Die Symbiose aus Alt- und Neubau wird bewusst gesucht â ein neues Wohnquartier erwacht.
Transformieren_ Die bisherige Barriere des Tiefhofes im Norden des Erdgeschosses wird auf die barrierefreie Höhenlage aufgefĂŒllt und die ĂberflĂ€chen im Erdgeschoss teilweise zurĂŒckgebaut, um einen neuen qualitĂ€tvollen Quartierseingang mit Nutzungseinlagerungen (CafĂ©, Quartiersmanagement, Versorgung, GemeinschaftsrĂ€ume etc.) auszubilden. Um den neuen Quartiersplatz entstehen neue GemeinschaftsrĂ€ume, Co-Working und neue Arbeitsformen, welche zum AuĂenraum geöffnet werden können. Durch das Ausnutzen der Gesamthöhe des Erdgeschosses (Nutzung der Versorgungsebene der bisherigen abgehĂ€ngten Haustechnikdecke im EG), kann der Niveausprung von ca. 1m durch Nutzungseinlagerung und AuffĂŒllung (u.a. Recycling aus Abbruchmaterial) aufgefangen werden. Durch die vorgelagerten neuen TreppenrĂ€ume an den Vorbauten (Adapter) kann zwischen den unterschiedlichen Höhenlagen barrierefrei vermittelt werden.
Erneuern_ Die bestehenden QualitĂ€ten des Wohnungsbaus werden aufgegriffen und mit schadstofffreien Materialien neu ausgebaut. Dabei wird auf die bestehende Tragstruktur des Rohbaus RĂŒcksicht genommen und nur ganz geringfĂŒgige Eingriffe vorgenommen. Die vielen unterhaltsintensiven VersprĂŒnge, Vor- und RĂŒcksprĂŒnge, werden durch vorgefertigte Zubauten in Holzbauweise egalisiert, ohne den Charakter des Bestandes zu verlieren. Es entsteht ein schlĂŒssiger erweiterter neuer Wohnungsmix.
ErgĂ€nzen_ Die egalisierenden Zubauten in vorgefertigter nachhaltiger Holzbauweise ergĂ€nzen in der FlĂ€che das vorhandene Volumen, sowie auch in der Höhe durch entsprechende Dachaufstockungen und Vorbauten. Insgesamt wird so das Areal um ca. 50% nachverdichtet und es entsteht eine schlĂŒssige Verbindung aus Alt und Neu. Bewusst werden Alt- und Neubau nicht unterschieden, sondern auch im Sinne der sozialen Nachhaltigkeit als Symbiose angesehen.
Freiraum_Umfeld_ Bei der Gestaltung des AuĂenraums wird höchster Wert auf stadtklimarelevante Themen wie FlĂ€chenentsiegelung und BegrĂŒnung des Quartiers gelegt. Die bestehenden, sanierungsbedĂŒrftigen BelagsflĂ€chen werden durch weitgehend wasserdurchlĂ€ssige BelĂ€ge, z.B. in wassergebundene KiesflĂ€chen oder Pflaster aus Recyclingbeton mit breiten Fugen ersetzt, bzw. neu strukturiert. ZusĂ€tzlich werden GrĂŒnflĂ€chen fĂŒr neue BĂ€ume und Beete integriert, so dass Klima und AtmosphĂ€re im Quartier nachhaltig aufgewertet werden. Der alte Baumbestand wird erhalten und durch Neupflanzungen von klimaresilienten Gehölzen ergĂ€nzt. Schwellen und Borde werden niederschwellig zurĂŒckgebaut. Unter dem geplanten Quartierplatz entstehen groĂe unterirdische Wasserspeicher (Zisternen) fĂŒr die Nutzung des OberflĂ€chenwasser der angrenzenden DachflĂ€chen. Durch die Nivellierung des nördlichen GrundstĂŒckes und die programmatische Neuordnung des Wohnumfeldes mit Quartiersplatz, SpielplĂ€tzen, MieternutzgĂ€rten, MobilitĂ€tsstationen etc. entsteht eine barrierefreie, durchgĂ€ngige Platzabfolge mit hoher AufenthaltsqualitĂ€t, die neue Impulse fĂŒr eine soziale, lebendige Nachbarschaft schafft. Tristesse und EindimensionalitĂ€t weicht AktivitĂ€t und Kommunikation. Der neu inszenierte Freiraum besteht also aus einer Vielzahl intensiv genutzter Orte und Angebote, die das Quartier in sich, aber auch mit dem angrenzenden Umfeld verknĂŒpft. So werden neben dem groĂen, wassergebundenen Quartiersplatz, der auch fĂŒr Quartiersfeste, FlohmĂ€rkte etc. eingesetzt werden kann, spezielle Jugend- und KinderspielflĂ€chen integriert, sowie groĂzĂŒgige Urban-Gardening- und GemeinschaftsgartenflĂ€chen fĂŒr die Bewohner. Es entstehen aktive Begegnungsorte als wichtiger Bestandteil der sozialen Nachhaltigkeit.
Die Besonderheit des Regenwassermanagements ist auch dessen Integration in die WĂ€rmeversorgung der GebĂ€ude. Dabei wird das Wasser der Zisternen aus WĂ€rmetauscher von Wasser-Wasser-WĂ€rmepumpen genutzt. Anstatt geringe Anteile an WĂ€rmeenergie aus Luft zu entziehen, ermöglichen die Zisternen nicht nur die Wasser- sondern mit diesem auch die WĂ€rmespeicherung. Diese ist deutlich höher als in der umgebenden AuĂenluft und kann zusĂ€tzlich auch ĂŒberschĂŒssige WĂ€rmeenergie speichern. Diese kann aus der auf dem Flachdach angeordneten Solarthermieanlage gewonnen werden, die â neben Photovoltaikmodulen fĂŒr Eigenstromerzeugung â als ErgĂ€nzung zur Warmwasserbereitung vorgesehen wird. Dieser Ansatz ist ganzheitlich einer dezentralen Warmwasseraufbereitung mit Durchlauferhitzern gegenĂŒberzustellen. Insgesamt ergibt sich dadurch ein geschlossenes, klimaresilientes System von Energie (Strom) und WĂ€rmeerzeugung sowie Wassermanagement. Dabei ergibt sich durch die Kombination der DachbegrĂŒnung mit der Photovoltaik nicht nur der Synergieeffekt, dass das Gewicht der BegrĂŒnung als statische Auflast zur Verankerung der Solarmodule dient, sondern auch, dass eine Ertragssteigerung um bis zu 20% der Photovoltaikanlage durch den KĂŒhleffekt der DachbegrĂŒnung eintritt (Quelle: BUND). Die Nutzung von Geothermie kann das ganzheitliche Energiesystem unterstĂŒtzen.
Material_Konstruktion_ ErgĂ€nzt wird das System der Energieversorgung durch eine sehr gute DĂ€mmung der wĂ€rmeĂŒbertragenden HĂŒllflĂ€che. Beispielsweise kann mit einer WĂ€rmedĂ€mmung der Fassaden von d = 20 cm (WLS 035 und damit U †0,17 W/(mÂČK)), der FlachdĂ€cher mit d = 26 cm (WLS 035 und damit U †0,13 W/(mÂČK)), sowie Fenster mit Dreischeiben-Isolierverglasung mit Uw †0,80 W/(mÂČK) aus einer ersten GrobabschĂ€tzung ein HeizwĂ€rmebedarf von nur ca. Qh = 25 kWh/(mÂČa) prognostiziert werden. Dabei wurde von einer optimalen WĂ€rmebrĂŒckenausfĂŒhrung und einem Zuschlag von nur ïUWB = 0,025 W/(mÂČK) ausgegangen. Mit dem Ansatz einer gut gedĂ€mmten GebĂ€udehĂŒlle lĂ€sst sich der nur noch geringe HeizwĂ€rmebedarf sehr gut ĂŒber die beschriebene Kombination aus WĂ€rmepumpe und Solarthermie in Verbindung mit einer Eigenstromerzeugung durch eine PV-Anlage decken und stellt ein nahezu autarkes System dar, dass sich im gesamten Quartier umsetzen lĂ€sst. In Bezug auf die Nachhaltigkeit spielt auch die Baustoffauswahl eine entscheidende Rolle. Dabei sollen die GebĂ€ude (sowohl die ErgĂ€nzungsbausteine als auch der Neubau) ausschlieĂlich in Holzbauweise in Verbindung mit ökologischen DĂ€mmstoffen errichtet werden. Unter BerĂŒcksichtigung aller Faktoren, die mit der Bauwerkserrichtung verbunden sind, sind damit CO2-neutrale GebĂ€ude bereits mit Baufertigstellung möglich. Es wird ein maximal hoher Vorfertigungsgrad angestrebt, um einerseits die Belastung fĂŒr die Bewohner gering zu halten und andererseits optimiert und Ressourcen schonend zu bauen. Dabei erreicht die Holzbauweise â sowohl als Holzrahmen- als auch als Holzmassivbauweise â alle anderen technischen Anforderungen z.B. der TragfĂ€higkeit als auch der Bauphysik. Durch die Vorfertigung werden weiterhin die Voraussetzungen geschaffen, Fördermittel aus dem Bundesprogramm âSerielles Sanierenâ zu generieren. In diesem werden die Entwicklung und Erprobung serieller Sanierungs-komponenten fĂŒr individuelle Pilotprojekte (inklusive Machbarkeitsstudien) serieller Sanierungskomponenten im Wohnungsbau gefördert. Zum Schutz gegen AuĂenlĂ€rm sind Holzkonstruktionen ebenfalls geeignet. FĂŒr das Baugebiet liegen dabei keine zu hohen Anforderungen vor. Dies ermöglicht auch den Einsatz einer freien LĂŒftung, die im Entwurf insbesondere fĂŒr die zahlreichen Wohneinheiten mit QuerlĂŒftungsmöglichkeit (ĂŒber Eck liegende oder durchgesteckte Wohneinheiten) sehr effizient ist. FĂŒr die Wohnungen kann mit einer NachtauskĂŒhlung auch bei den raumhohen Fenstern, die die Wohnungen mit viel natĂŒrlichem Tageslicht versorgen, der sommerliche WĂ€rmeschutz sichergestellt werden.
Zusammenfassend berĂŒcksichtigt der Entwurf in dem vorliegend nur in AuszĂŒgen vorgestellten ganzheitlichen Nachhaltigkeitskonzept nicht nur energetische Aspekte sondern neben der hohen regenerativen Energieversorgung (WĂ€rmepumpe , Solarthermie und Photovoltaik) auch ein zukunftsweisendes Regenwassermanagement, das eine ausreichende BewĂ€sserung der BegrĂŒnung des Quartiers, den Fassaden und GrĂŒndĂ€chern auch im Sommer garantiert und dabei auch durch Verdunstung fĂŒr angenehme Temperaturen bei heiĂer Witterung sorgt, eine nachhaltige Baustoffauswahl, die eine CO2-NeutralitĂ€t der GebĂ€ude ermöglicht auch Aspekte des Schallschutzes, der natĂŒrlichen LĂŒftung und anderer Nachhaltigkeitskriterien.
Beurteilung durch das Preisgericht
©H2M Architekten und Stadtplaner GmbH, Visualisierung: Eric Dietze
Blick auf Quartiersmitte
©H2M Architekten und Statdplaner GmbH
PrÀsentationsplan 01
©H2M Architekten und Statdplaner GmbH
PrÀsentationsplan 02
©H2M Architekten und Statdplaner GmbH
PrÀsentationsplan 03
©H2M Architekten und Statdplaner GmbH
Bestandsquartier
©H2M Architekten und Statdplaner GmbH
Optimierung des Quartiers
©H2M Architekten und Statdplaner GmbH
Freiraumnutzung
©H2M Architekten und Statdplaner GmbH
Nachhaltiges Quartier
©H2M Architekten und Statdplaner GmbH
Quartiersnutzung
©H2M Architekten und Statdplaner GmbH
MobilitÀt