Nichtoffener Wettbewerb | 01/2025
Neubau Abfallwirtschaftszentrum in Bad Kreuznach
©Kauffmann Theilig & Partner
Rendering
1. Preis
Preisgeld: 24.000 EUR
Eurich Gula Landschaftsarchitektur
Landschaftsarchitektur
Tragwerksplanung
Erläuterungstext
Grundstück und städtebauliche Einbindung
Das neue Abfallwirtschaftszentrum (AWZ) findet einen sicheren, selbstverständlichen und funktionsgerechten Platz im Industriegebiet von Bad Kreuznach, südlich der Bahnlinie. In dieser Lage schafft die klare Form des Gebäudes eine selbstbewusste Präsenz. Die kompakte, nahezu quadratische Figur fügt sich sogfältig in Maßstab und Körnigkeit in die Umgebung ein und betont den funktionalen Charakter des AWZ, ohne die umliegenden Gewerbeflächen zu dominieren. Die Konzentration der Baumassen ermöglicht großzügige Grünflächen, die das gesamte Quartier aufwerten, und dient als Orientierungspunkt in der Umgebung. Das AWZ bekommt eine klare und auffindbare Adresse.
(AuĂźere) ErschlieĂźung
Die Erschließung des Geländes erfolgt über eine neu angelegte Zufahrtsstraße von der Siemensstraße im Osten – sowohl für die 118 PKW-Stellplätze für Mitarbeiterinnen und Besucherinnen als auch das Werksgelände mit seinen 35 LKW-Stellplätzen, Waschhallen und Werkstätten, sowie den Verwaltungs- und Sozialbereichen.
Die klare und nachvollziehbare Anordnung auf dem Grundstück ermöglicht eine mühelose und selbstverständliche Orientierung.
• Die Zufahrt in den Werkhof liegt in direkter Verlängerung der Zufahrtsstraße um einen effizienten Ablauf zu ermöglichen und abzubilden
• Die PKW-Stellplätze sind dem AWZ vorgelagert und dienen Mitarbeiterin-nen und Besucherinnen gleichermaßen.
• Von Parkplatz aus werden sowohl der Haupteingang für Besucherinnen und Verwaltungsangestellte, als auch der separate Eingang für die Mitarbeiter des Fuhrparks zum Umkleidebereich auf kurzem Weg erschlossen
• 20 überdachte Fahrradstellplätze stehen unmittelbar bei den Eingängen zu Verfügung.
Das Abfallwirtschaftszentrum
Die verschiedenen Funktionsbereiche sind innerhalb des AWZ schlüssig angeordnet um die inneren Abläufe effizient gestalten zu können die Austausch untereinander auf kurzen Wegen zu ermöglichen.
Erdgeschoss: Umkleidebereich
Mitarbeiterinnen des Fuhrparks nutzen einen separaten Eingang links neben dem Haupteingang. Dieser fĂĽhrt sie entweder zu ihren BĂĽros mit direktem
Bezug zum Fuhrpark oder zu den Umkleiden, die den Ăśbergang zwischen WeiĂź- und Schwarzbereich bilden. Der Trockenraum dient nach RĂĽckkehr vom
Einsatz als Schmutzschleuse. Direkt im Anschluss daran befinden sich die grünen Spinde für Mietwäsche.
Erdgeschoss: Sozialbereich
Im südlichen Bereich, ruhig gelegen und zum Grün hin orientiert, befindet sich der Sozialraum mit einer Teeküche. Hier bietet sich den Mitarbeiterinnen die Möglichkeit, sich in den Pausen zu erholen oder gemeinsam ihr mitgebrachtes Essen einzunehmen. Ein Grillplatz und eine überdachte Terrasse schaffen zu-dem Raum für geselliges Beisammensein, auch außerhalb der Arbeitszeiten. Der Sozialraum ist sowohl vom Weiß- wie auch vom Schwarzbereich zugänglich.
Obergeschoss: Verwaltung
Im Obergeschoss des Gebäudes ist die Verwaltung untergebracht. Ein kleiner Wartebereich für Besucherinnen liegt in unmittelbarer Nähe zur Treppe und zum Fahrstuhl, wodurch eine gute Orientierung gewährleistet ist. Hier befinden sich ebenfalls die Besucher-WCs. Der Verwaltungsbereich ist als Dreibund organisiert: Die Mittelzone umfasst Räume zur Infrastruktur wie WCs, Lager und Technikflächen, während die an der Fassade gelegenen Büros von Tageslicht profitieren und natürlich belüftet werden. Im südlichen Bereich befindet sich ein Tagungsraum mit Zugang zu einer Dachterrasse. Eine angrenzende Teeküche ergänzt die Funktionalität dieses Bereichs.
Fuhrpark und Arbeitsbereich
Östlich des Sozial- und Verwaltungsgebäudes liegt der Fuhrpark mit überdachten Stellplätzen für LKW.
Von den Aufenthalts- und Bürobereichen wirkungsvoll getrennt sind im nördlichen Bereich, angrenzend an die Bahnlinie, die lärmintensiven Funktionen angeordnet: Das Mülltonnen-Lager mit angrenzender Waschhalle, eine Waschhalle für die LKWs und eine Werkstatt mit Lagerflächen und den benötigten Aufenthalts- und Büroräumen. Haustechnik – insbesondere die Lüftung für die Wasch-hallen ist – im 1.OG angeordnet.
Material Konstruktion Gestalt
Das AWZ zeichnet sich durch seine kompakte, nahezu quadratische Grundstruk-tur aus, die zugleich funktional und ästhetisch ansprechend ist. Vertikale und horizontale Fassadenelemente aus Holz setzen Akzente, während begrünte Flächen harmonisch integriert sind, um den Baukörper in die Umgebung einzubetten. Diese markante Gestaltung verleiht dem Gebäude einen modernen und nachhaltigen Charakter.
Konstruktion
Holz wird als primärer Baustoff eingesetzt:
• Sozial- und Verwaltungsbau wird in Holz-Hybridbauweise umgesetzt, um Anforderungen an den Schall- und Brandschutz zu erfüllen
• Die Überdachungen im Fuhrpark-Bereich werden von Holzstützen und (auf-gelösten) Trägern getragen und sind einfach aus Brettschichtholz aufge-baut.
• Der Sockelbereich des Werkhofs ist sinnvoll aus Stahlbeton. Die Holzkonstruktion wird so vor der Einwirkung des Wassers geschützt und es entsteht gleichzeitig ein robuster Anfahrschutz um gesamten Hofbereich.
• In den stärker wasserbeaufschlagten Waschbereichen werden auch die Wände massiv hergestellt.
Nachhaltiges Konstruktionsmaterial
Die eingesetzten Materialien werden bewusst auf den Aspekt der Nachhaltigkeit ausgesucht:
• Der verwendete Stahlbeton hat einen hohen Rezyklatanteil.
• Thermisch vorbehandeltes, FSC-zertifiziertes Vollholz garantiert Langlebigkeit und fügt sich harmonisch in die Umgebung ein.
• Für die Dämmung werden natürliche, nachhaltige Materialien wie Hanf verwendet.
Fenster und Fassade
Die Glasanteile der Fassade liegen bei unter 50 Prozent, um ein optimales Verhältnis zwischen Tageslichtversorgung und Wärmeschutz zu gewährleisten. Die Gliederung in ein einheitliches Raster über das gesamte Gebäude ermöglicht – auch für die Zukunft – eine flexible (Anpassung der) Nutzung. Raumhohe Verglasungen sorgen für eine sehr gute Belichtung der Innenräume. Ein sommerlicher Wärmeschutz wird durch Dachüberstände und tiefe Leibungselemente optimiert. Ergänzend kommt ein außenliegender Sonnenschutz in Form von Raffstores zum Einsatz.
Dächer
Die Dächer des Fuhrparks bestehen aus einer Tragkonstruktion aus Brettschichtholz. Über den Fahrwegen wird eine lichtdurchlässige Metallkonstruktion genutzt, die Platz für Photovoltaik-Elemente und Begrünung bietet. Die Begrünung sorgt im Sommer für eine angenehme Verschattung und ein verbessertes Mikroklima. Durch die vollständige Belegung der Dachflächen mit Photovoltaikmodulen sowie die Nutzung der Fahrwege für weitere Solarmodule wird der Energiebedarf des Zentrums nachhaltig gedeckt. Auf den PKW-Stellplätzen kann dadurch auf Photovoltaikanlagen verzichtet werden, so dass regelmäßig durch gepflanzte Bäume eine natürliche Verschattung und eine wirkungsvolle Grünstruktur entsteht.
Brandschutz
Der Brandschutz kann ohne großen technischen Aufwand gewährleistet werden:
• Die Bauteile der Holzkonstruktion werden so dimensioniert, dass der Brandwiderstand über Abbrand gelöst werden kann.
• Das 1. OG des Verwaltungsbaus ist in 2 Brandabschnitte geteilt
• Der Bauliche Rettungsweg ist von beiden Brandabschnitten erreichbar
• Der zweite Rettungsweg wird über Anleiterung sichergestellt
• Das Gebäude ist ringsum anfahrbar.
Barrierefreiheit
Das gesamte Gebäude ist komplett barrierefrei. Alle obergeschossigen Bereiche sind über Aufzugsanlagen rollstuhlgerecht angebunden. Die Verkehrswege und –flächen sind rollstuhlgerecht dimensioniert.
Nachhaltigkeit und Energie
Das AWZ erfüllt höchste Ansprüche an nachhaltiges Bauen:
• Das kompakte A/V Verhältnis sorgt für geringe Wärmeverluste.
• Die angemessenen Raumtiefen und die ausgewogene Belichtung ermöglichen einen effizienten Betrieb des Gebäudes.
• Großflächige Photovoltaikanlagen auf Dächern und über Fahrwegen erzeugen umweltfreundlichen Strom.
• Geothermie und eine Wärmepumpe stellen eine effiziente Wärmeversorgung sicher.
• Niedertemperaturheizsysteme die auch zur Kühlung genutzt werden können, gewährleisten ein angenehmes Raumklima: Im Erdgeschoss, also in den Umkleiden und Sozialräumen kommt eine Fußbodenheizung mit einem schwimmenden Estrich zum Einsatz. Die Verwaltung im Obergeschoss ist mit Deckenstrahlplatten und einem Hohlraumboden für flexible Anpassungen gerüstet.
• Lüftungsanlagen (für Umkleide- und Waschräume) mit Wärmerückgewinnung optimieren die Energieeffizienz.
• Automatisierte Lüftungsflügel ermöglichen im Sommer eine Querlüftung zur Nachtauskühlung
• Die Büros werden natürlich belüftet.
• Die Vermeidung aufwändiger Haustechnik ermöglicht eine langlebige Konstruktion und einen wartungsarmen Betrieb.
• Die eingesetzten Materialien werden bewusst auf den Aspekt der Nachhaltigkeit ausgesucht.
• Fassaden- und Dachbegrünungen fördern die Biodiversität und verbessern das Mikroklima.
• Versickerungsfähige Bodenbeläge minimieren die Versiegelung und vermeiden eine Belastung des Abwassernetzes, während natürliche Baumbepflanzung im Bereich der PKW-Stellplätze zusätzlichen Schatten spendet.
Dieses Gesamtkonzept verbindet eine durchdachte Funktionalität mit ökologischer Verantwortung und architektonischer Qualität. Das neue Abfallwirtschaftszentrum setzt so Maßstäbe für nachhaltige und effiziente Arbeitsumgebungen in einem ansprechenden Design.
AuĂźenanlagen
Das Gelände wird über die neu angelegte Straße erschlossen, welche sich zum Gebäude hin öffnet. Entlang dieser Achse sind
die Stellplätze für Mitarbeiter und Besucher angelegt. Eine direkte Wegeverbindung zum Haupteingang / Fahrradabstellraum
ermöglicht einen sicheren Zugang ins Gebäude.
Nahe dem Eingang befinden sich die barrierefreien Stellplätze, die durch ihre Nähe zum Haupteingang eine hohe Nutzerfreundlichkeit bieten.
Um die Versiegelung auf ein Minimum zu reduzieren, werden sowohl die Pkw- sowie die Lkw – Stellplätze mit einem
versickerungsfähigen Belag ausgebildet.
Die neu angelegte Straße und die Fahrwege des Fuhrparkbereichs werden der Nutzungsintensität entsprechend mit Asphalt
hergestellt.
Eine repräsentative Grünfläche am Hauseingang setzt einen gestalterischen Akzent und vermittelt Besuchern sowie Mitarbeitern
einen ansprechenden ersten Eindruck. Wenig vollversiegelte Flächen und großräumige Grünstrukturen werten den Gesamtkomplex
deutlich auf.
Neben den begrünten Stellplätzen werden Baumreihen sowie artenreiche, standortgerechte sowie klimaangepasste Vegetationsflächen angelegt. Diese tragen zum Kleinklima, zur Förderung der Biodiversität und des Artenschutzes bei.
Das Grundstück wird durch standortgerechte Sträucher / wildwachsende Hecken zu den umliegenden Nachbarn eingegrünt.
An die südlich, des Gebäudes angeordnete Terrasse schließt ein Rundweg an. Dieser führt durch eine artenreiche Wiesenfläche
mit vereinzelten Gehölzgruppen sowie einer Versickerungsmulde. Neben Ruhezonen, Sitzgelegenheiten und Erholungsmöglichkeiten
fĂĽr Mitarbeiter, entsteht auch ein biodiverser Lebensraum fĂĽr verschiedene Fauna und Flora.
Insgesamt verbindet das Gestaltungskonzept ökologische und funktionale Anforderungen und setzt gezielt auf Maßnahmen zur
Stärkung der Biodiversität und des Artenschutzes. Durch das Anlegen von Versickerungsmulden in den Grünflächen entstehen
nicht nur funktionale Vorteile der dezentralen Entwässerung, sondern es werden auch neue Lebensräume für ansiedelnde
Lebewesen geschaffen. Die so geschaffenen, vielseitig angelegten Grünflächen tragen durch ihre Vielfalt und Struktur zur
Attraktivität des Geländes bei.
Durch in die Umgebung integrierte dezentrale Elemente zur Wasserspeicherung (Speicherrigolen unter den Stellplätzen) wird das
anfallende Regenwasser gesammelt und kann als Brauchwasser gezielt eingesetzt werden.
Mit dieser Planung wird nicht nur ein funktionales Arbeitsumfeld geschaffen, sondern auch ein ökologisch wertvoller Außenbereich,
der den Anforderungen des Klimawandels gerecht wird und die biologische Vielfalt nachhaltig fördert.
ResĂĽmee
Das neue Abfallwirtschaftszentrum in Bad Kreuznach verbindet funktionale Effizienz, ökologische Nachhaltigkeit und
architektonische Qualität in einem durchdachten Gesamtkonzept. Mit kompakter Bauweise, nach-haltigen Materialien, großzügigen
Grünflächen und innovativen Energie- und Wasserkreislaufmaßnahmen setzt das Zentrum neue Maßstäbe für umweltfreundliche
Arbeitsumgebungen und fördert gleichzeitig die Biodiversität sowie das Mikroklima.
Beurteilung durch das Preisgericht
Die entwurfsprägende Idee ist die klare Form des kompakten Gebäudes. Die Baumasse fügt sich so in das Umfeld der angrenzenden Nachbarbebauung ein, ohne selbst dominant zu wirken. Dadurch entstehen auch ausreichende Bewegungsräume und zusammenhängende Freiräume. Diese kompakte Formgebung setzt sich im Inneren mit allen geforderten Funktionen und Aufgaben fort. Dies führt zu kurzen Wegen und einer reduzierten Erschließung. Die Anlage wird dadurch insgesamt sehr gut überschaubar.
Die externe Erschließung bildet getrennte Umfahrten für LWK und PKW ab. Dies ermöglicht eine genaue Abgrenzung des Betriebshofes mit Schiebetor zu der Pkw-Parkplatzanlage und öffentlichem Zugang für Besucher. Vom Parkplatz wird das Verwaltungsgebäude mit einer eindeutigen und ansprechend gestalteten Eingangssituation erschlossen. Die Raumeinteilung ist gut organisiert.
Der Pausen- und Sozialbereich ist nach Süden orientiert, es fehlen aber Einbindung und Verbindung mit der Außenanlage. Ein zweiter Rettungsweg aus dem Gebäude fehlt, ist ohne großen Aufwand aber ergänzbar.
Die Rangierflächen der LKW sind plausibel dargestellt, müssen aber noch einmal im Detail überprüft werden. Die Waschanlage sollte von der dominanten Stelle am Eingang weg verlagert werden. Das südliche Eck des Betriebshofes sollte mit seinem gefangenen Raum in seiner Nutzung überplant werden.
Barrierefreiheit ist gegeben, Engstellen könnten in den Fluren im Bereich der Stützen entstehen.
Holz ist als primärer Baustoff gewählt. Umfangreiche PV- Anlagen sind über dem Betriebshof angeordnet und erweiterbar über den PKW-Parkplätzen möglich.
Dachbegrünung mit Retention, versickerungsfähige Flächenbeläge sind vorgesehen. Mit der kompakten Gebäudeform ergeben sich insgesamt zusammenhängende Außenanlagen. Der Übergang zwischen Verwaltungsgebäude und Parkplatz ist mit dem Freiraum gut gepuffert. Der schmale (Rest-) Grundstücksteil im Süden ist für Versickerung angedacht, kann jedoch durch die Untergrundverhältnisse nur als Rückhalte- und Verdunstungsfläche vorgehalten werden. In diesem Freiraum besteht das Potential für Aufenthaltsflächen der Belegschaft im Freien. Die äußere Einbindung ist durch einen ausreichend breiten und in sich funktionierenden Grünstreifen gegeben.
Die Bauwerkskosten sind mittels realistischerer Mengenansätze (BGF, BRI) zu überprüfen. Insbesondere die Überdachung der Fahrzeughalle scheint hier nicht erfasst zu sein. Die Schätzkosten für die Außenanlagen fallen recht hoch aus.
Der Entwurf schafft mit seiner Kompaktheit ein sehr gut durchdachtes Gesamtkonzept, das den verschiedenen funktionalen Anforderungen gerecht wird, ein hohes Maß an Freiraum ermöglicht und mit einem hohen architektonischen Anspruch seinen Ausdruck findet.
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Lageplan
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Fassadenschnitt
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Grundriss und Schnitt
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Modellbild