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Nichtoffener Wettbewerb | 10/2022

Neubau Albert-Schweitzer-Schule in Darmstadt

2. Preis

Preisgeld: 35.000 EUR

Waechter + Waechter Architekten BDA PartmbB

Architektur

TERRA.NOVA Landschaftsarchitektur

Landschaftsarchitektur

merz kley partner

Tragwerksplanung

gbm modellbau gmbh

Modellbau

Erläuterungstext

GEMEINSAM LERNEN
Das würde Albert Schweizer gefallen: alle Schüler unabhängig der Jahrgangstufen oder Alter lernen im gegenseitigen Respekt von- und miteinander. Dazu sind alle Lernflächen in einer Lernebene im 1. Obergeschoss angeordnet. Austausch, Kommunikation und Inklusion ist so am besten möglich. Die Unterrichtsräume sind rund um die pädagogisch nutzbaren Erschließungsflächen angeordnet und dreiseitig nach Süden, Westen und Norden orientiert, nur die Betreuungsräume liegen an der Straße. Die über die eingeschnittenen Atrien und das aufgeklappte Dach belichteten pädagogisch nutzbaren Erschließungsflächen können bei Bedarf in den Unterricht eingebunden und damit auch andere Lehr- und Lernformen angeboten werden. Die Sichtbezüge über die Atrien in die anderen Lernbereiche, das Foyer und die Sporthalle sollen das ‚lernende Suchen’ und ‘in mehrere Richtungen Schauende‘ räumlich fördern und unterstützen die Augen der Schüler zu öffnen. Mit Vorhängen und mobilen Stellwänden können die offenen Flächen zoniert werden. Zwischen den Lernclustern liegen jeweils stirnseitig an der zentralen Treppe die Sanitärräume mit den Garderoben.

EINGESCHMIEGT
Nur zweigeschossig schmiegt sich die neue Schule pavillonartig, umrahmt vom ergänzten Baumbestand, punktförmig minimiert in den Parkraum ein. Die Höhe zitiert die Traufhöhen der südlich angrenzenden zweigeschossigen Wohnbebauung und ist in richtigem Höhenverhältnis zu dem denkmalgeschützten Gegenüber. Die Körnigkeit vermittelt im Übergang zwischen der Wohnbebauung und den großen Kantenlängen entlang der Rheinstraße. Die vorgegebenen Abstände zu den Baumkronen werden eingehalten und die unterbauten Flächen zusätzlich eingerückt. Zur Stichstraße öffnet sich die Schule mit einem großzügigen Vorbereich zum Ankommen und Treffen vor und nach dem Unterricht. Die Pausenfläche rundum ist gut nutzbar für alle Aktivitäten in den Pausen und bei Schulfesten. Fußgänger und Radfahrer werden großzügig seitlich geführt mit Einblick in die Pausenhalle. Die aus der Logik der Konstruktion abgeleitete Gestalt des nachhaltigen, ressourcen-schonenden Holzbaus ist weithin sichtbar, bestimmt das Erscheinungsbild und wird zum identitätsstiftenden Wieder-erkennungsmerkmal.

ANKOMMEN
Schwellenlos schließt der Eingang und das Foyer an den Vorplatz an. Zum Foyer hin öffnen- und erweiterbar liegt die Mena und der Musikbereich, die damit zu verschiedenen Nutzungen vielfältig schalt- und koppelbar sind. Küche sowie Nebenräume liegen mit der Ausgabe am Speiseraum, die Anlieferung erfolgt über den Vorplatz. Aus dem Foyer blicken Schüler, Lehrer und Eltern über den Luftraum in die Sporthalle die damit räumlich in das Leben der Schulgemeinschaft eingebunden ist. Zum Vorplatz liegt das Lehrerzimmer, zum Pausenhof der Kreativbereich, stirnseitig an der Sporthalle jeweils die Verwaltung.

HERZ
Die zentrale Treppe mit den zugeordneten Aufzügen für mobilitätseingeschränkte Schüler bildet das Herz der neuen Grundschule, über das aufgeklappte Dach und die längsseitigen Atrien belichtet, und verbindet Foyer, Sporthalle und Lernebene - ein pulsierender Treffpunkt, Kommunikations- und Begegnungsort für Lernende und Lehrende, Schüler und Lehrer, der zugleich eine einfache Orientierung sicherstellt.

SPORT ALS TEIL DER SCHULGEMEINSCHAFT
Da die gemeinsamen Leibesübungen wesentlicher Bestandteil des Schulalltags sind, ist die Halle über die umlaufende Öffnung oberhalb der Prallwand räumlich an das Foyer angebunden mit schönen Einblicken von hier, aus dem Lernbereich oder auch aus dem vorbeiführenden Fuß- und Radweg und natürlicher Belichtung. Stirnseitig liegen die Geräteräume, Umkleiden und Sanitärbereiche. Über einen eigenen Eingang und abtrennbaren Schließbereich ist die Sporthalle nebst den entsprechenden Nebenräumen für Vereine unabhängig der Öffnungszeiten der Schule zu betreten, auch für mobilitätseingeschränkte Sportler.

BRANDSCHUTZ
Die Teilung der Lerncluster in Nutzungseinheiten (rd. 350 qm) über im Betrieb offenstehende Türen ermöglicht die Flächen ohne brandschutztechnische Auflagen zu nutzen. Aus den Nutzungseinheiten können jeweils die notwendigen Treppen oder eine angrenzende Nutzungseinheit erreicht werden. Die Aufzüge sind zur Selbstrettung in den Treppenhäusern der notwendigen Treppen angeordnet.

RESSOURCENDSCHONEND IN HOLZ
Die Tragstruktur ist effizient und ressourcenschonend in Holz-Skelettbauweise mit punktgestützten Balkendecken gedacht, zweilagig mit einfachen Fügungen auf Zangen aufgelegt, ohne aufwändige Stahlbauteile. Sämtliche innere Trennwändesind nichttragend und so auf die wechselnden Raumbedürfnisse flexibel adaptierbar. Die vertikalen Wandelemente an den Kernen sind aus massiven Brettsperrholzelementen konstruiert und werden zur Aussteifung herangezogen. Die zwischen den Balken verlegten Holzwolle-Leichtbauplatten sind raumakustisch (einschl. tiefer Frequenzen) wirksam. Auf die statisch als Scheibe wirksame Schalung werden Lehmsteine zur Schalltrennung zwischen den Geschossen verlegt. Balken und Schalung werden im Werk zu transportierbaren Größen als Elemente vorgefertigt. Durch das gleichmäßige Stützenraster ist die Lastabtragung über der Sporthalle einfach, zur Reduzierung des Materialverbrauchs sind die Träger fachwerkartig aufgelöst mit hölzernen Druckstreben und stählernen Zugelementen.

AUSDRUCK - EINFACH
Im Inneren entsteht eine lichtdurchflutete, freundliche und anregende Atmosphäre als Voraussetzung für angenehmes Lernen und Arbeiten allein und in der Gruppe. Die sachliche, unaufgeregte Einfachheit bestimmt die äußere und innere Anmutung. Die sichtbare und nachvollziehbare lineare Tragstruktur und die einfache Fügung gibt der Unruhe des Lernens, dem ständigen Suchen, Reflektieren, dem Neugierigen eine systematische Ordnung.

ZIRKULARE MATERIALIEN 
Die Anmutung innen und außen lebt von der Schönheit des Holzes, dessen Textur die Geschichte des Wachstums und dessen Patina die des Gebrauchs erzählt. Im Inneren sind die Holzbauteile weißlich hell geölt und geseift, außen vergrauen die Holzschindeln auf den brise soleil silbrig. Der Schallschutz wird über die augelegten Lehmsteine sichergestellt. Die Dämmung der Holzrahmenwände könnte statt aus Mineralwolle mit Stroh erfolgen. Die hellen Holzfenster und die filigranen Metallbauteile fügen sich in das homogene Material- und Farbkonzept ein. Die Böden sind entsprechend dem angestrebten werkstattartigen Charakter als homogener heller, matt geschliffener Lehmestrich konzipiert und damit dem Nutzungskonzept entsprechend belastbar. Sämtliche Oberflächen sind strapazierfähig und so für die Nutzung dauerhaft geeignet. Bei der Materialwahl sind Nachhaltigkeit, Lebenszyklus und die Schonung der natürlichen Ressourcen besonders berücksichtigt.

ENERGIE GEWINNEN
Mit dem Ziel mehr Energie zu erzeugen als zu verbrauchen kombiniert das Energiekonzept bauliche (passive) Maßnahmen mit einer effizienten Anlagentechnik. Die kompakte Baukörperdisposition gewährleistet durch das sehr günstige A/V Verhältnis energetisch minimale Transmissionswärmeverluste. Die vorgestellten brise soleil ergänzt durch einen textilen, hellen Sonnenschutz reduzieren die thermischen Einträge. Durch Photovoltaik auf dem intensiv begrünten Retentionsdach ergänzt durch ein Erdwärmesondenfeld (Jahreszeitenpendelspeicher) und eine Luftwärmepumpe, wird ein sehr guter Energiestandard erreicht. Die Beheizung erfolgt energetisch sinnvoll über eine Fußbodenheizung, so dass die Speichermasse des Bodens in das Energiekonzept eingebunden werden kann und im Inneren keine in der Nutzung störenden Heizkörper erforderlich sind. Die Warmwassererzeugung erfolgt dezentral in den Sanitärbereichen. Die hohe Tageslichtautonomie aller Bereiche sowie effiziente Beleuchtungskomponenten reduzieren den Primärenergiebedarf weiter.

FREIRAUM SCHAFFEN
Der kompakte Baukörper wird in einem allseitig umlaufenden, ruhigen Belagsmuster verankert. Dieses nimmt klaren Bezug zur inneren Struktur der Holzkonstruktion auf und unterstreicht die freie Gebäudestellung im parkartigen Umfeld. Außen- und Innenraum gehen fließend ineinander über. Das Gebäude wird allseitig freigestellt, wodurch eine flexible Nutzung der Freibereiche ermöglicht wird. Direkt den Eingängen der Schule zugeordnet entstehen großzügige Außenräume für Ankommen und Pause. Zum öffentlichen Raum hin wird mit Grünflächen und Bäumen und den darin eingebetteten Nutzungen wie Parkierung, Fahrrad- und Rollerstellflächen oder Spielbereichen ein grüner Filter geschaffen. Dieser wird zur Hindenburgstraße durch eine langgestreckte Hecke räumlich geschlossen und öffnet sich großzügig zu den vorgelagerten Wiesenflächen der Albert-Schweizer-Anlage mit ihrem schönen Altbaumbestand.

NACHHALTIG UND EIGENSTÄNDIG
Die großformatige Belagselemente werden aus Recyling-Beton mit Ziegelzuschlag hergestellt. Jede Platte wird zum Unikum und führt in der Summe zu einer lebendigen Oberflächenstruktur. Durch das Spiel mit dem Raster, dem Hinzufügen von Sitz- und Bühnenpodesten aus Holz, dem Aussparen durch üppig begrünte Stauden- und Gräserflächen zusammen mit neuen Baumpflanzungen gewinnt das Schulumfeld an räumlicher Qualifizierung. Es entstehen Nischen, Spiel- und Kommunikationsräume für das gemeinsame Miteinander. Zugleich ermöglicht das Auflösen der festen Beläge eine natürliche Versickerung und Retention des anfallenden Oberflächen- und Dachwassers. Eigenständig und dennoch ortspezifisch fügt sich die Schule und ihr Umfeld selbstverständlich in den grünen Stadtraum ein und bildet einen weiteren maßstäblichen Baustein entlang der Hindenburgstraße.







Beurteilung durch das Preisgericht

Das Gebäude fügt sich als zweigeschossiger Baukörper pavillonartig in den Parkraum. Der Park wird als Rahmen für die Schule gesehen. Das Gebäude ist im größeren Zusammenhang geplant. Die Solitärwirkung ist jedoch aufgrund der Größe des Gebäudes eingeschränkt. Sowohl im Norden als auch im Süden verbindet sich alter Baumbestand und Neupflanzungen mit den übergeordneten, bestehenden Parkstrukturen. Das Gebäude wird somit Teil des Parkraums. Der Schulhof scheint jedoch zu gering bemessen und in seiner Lage zwischen Straße und Park nicht optimal. Ein überzeugendes Angebot für den Schulhof fehlt. Eine Mitnutzung des Parks erscheint allein aus Gründen der Aufsichtspflicht schwer möglich.

Die Gebäudestruktur ist konsequent und strukturell durchgearbeitet. Gleichwohl entsteht durch die gewählten Materialien im Innenraum und durch gute Raumproportionen eine ästhetisch hochwertige Wirkung. Diese Poesie wird auch durch die Fassadenidee auf die äußere Gestalt übertragen.

Der Grundriss ist aufgeräumt und funktional. Er lässt auf gute Lernlandschaften schließen. Die Sporthalle ist Bestandteil der Schule und gut einsehbar. Das Erschließungssystem ist gut gelöst. Die zentrale Schultreppe verbindet alle Bereiche sehr gut, schöne Einblicke in die Sporthalle sind von allen Ebenen aus möglich. Die Eingangssituation ist durch die zwei identischen Eingänge nicht ganz selbsterklärend. Die Foyersituation und die Zuordnung der Allgemeinräume ist gut gelungen. Es gibt eine gute Lärmzonierung. Die Lerncluster sind gut belichtet und nutzbar.

Das Gebäude ist als Holzbau gut umsetzbar. Die Tragkonstruktion ist klar strukturiert, die Konstruktionshöhe des Sporthallentragwerks müsste geprüft werden. Das Gebäude ist brandschutztechnisch gut organisiert. Zwei Rettungswege aus dem Obergeschoss ermöglichen die offene Halle. Die Abschnittsbildung im OG ist schwierig, erscheint aber machbar. Die Schindelfassade in der Nachbarschaft zu den Bäumen wird in ihrer Haltbarkeit kritisch gesehen.

Die Kompaktheit ist gegeben. Die feststehenden Fassadensegel beeinträchtigen den solaren Eintrag. Der Verglasungsanteil ist durch die umlaufende Verglasung relativ hoch. Eine Fassadenbegrünung fehlt. Der Footprint ist aufgrund der Zweigeschossigkeit sehr groß. Die Regenwassernutzung ist nicht ausformuliert. Trotz großer Nutzfläche liegen die Kenndaten zu BGF und BRI im wirtschaftlichen Bereich.

Die Barrierefreiheit ist im Grundsatz gegeben. Die Öffnung der barrierefreien WC´s zur Halle wird kritisiert. Die inklusiven Gedanken sind gut umgesetzt. Das Erschließungssystem ist intuitiv nutzbar.

Insgesamt ist die Arbeit ein innovativer Beitrag und sehr gut durchgearbeitet. Der Entwurf verspricht ein „Gebäude im Park“. Leider ist aufgrund des großen Fußabdrucks die Beziehung von Schulhof, Gebäude und Park nicht schlüssig gegeben und kann zu Einschränkungen im Schulalltag führen.
Schwarzplan

Schwarzplan

Lageplan

Lageplan

Grundriss EG

Grundriss EG

Grundriss RG-OG

Grundriss RG-OG

Grundriss UG

Grundriss UG

Ansicht Ost

Ansicht Ost

Ansicht Stichstraße

Ansicht Stichstraße

Schnitt 1-1

Schnitt 1-1

Schnitt 2-2

Schnitt 2-2