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Selektiver, einstufiger Projektwettbewerb | 03/2021

Neubau Bibliothek St.Gallen

Perspektive Aussen

Perspektive Aussen

1. Rang / 1. Preis

Preisgeld: 120.000 CHF

Staab Architekten

Architektur

ifb frohloff staffa kühl ecker

Tragwerksplanung

Arup Deutschland GmbH

Brandschutzplanung

Winkels + Pudlik

TGA-Fachplanung

Erläuterungstext

Das auf den ersten Blick einfache Gebäude ist städtebaulich wie architektonisch in komplexer Weise auf seine Umgebung bezogen. Es fasst den Blumenmarkt an seiner westlichen Kante und leitet in einen von drei Seiten zugänglichen öffentlichen Stadtplatz über, der von Altstadtgebäuden, dem denkmalgeschützten 50er-Jahre-Bau und dem Neubau der Bibliothek aufgespannt wird. Der Neubau schließt an zwei Stellen an den 50er-Jahre Bau an, wodurch sich Durchgänge, Verbindungsachsen und Terrassen ergeben. Die äußeren Einflüsse überlagern sich im Neubau mit einer prägnanten orthogonalen Struktur
aus zweigeschossigen Pilzstützen und eingehängten Leseebenen, die den Innenraum in unterschiedlich hohe, flexibel nutzbare Raumbereiche gliedern

Beurteilung durch das Preisgericht

Das Projekt bezieht sich dank seiner sorgfältigen Ausarbeitung des städtebaulichen Kontextes präzise auf den Ort: an die Schnittstelle der Stadtmauer der historischen Altstadt von St.Gallen hin zum neueren Stadtgefüge. Der Neubau nimmt geschickt die Besonderheiten des Ortes auf, vom bestehenden Hauptgebäude "Union" als wichtiger Zeitzeuge der Schweizer Architektur der frühen fünfziger Jahre, über andere im Laufe der
Zeit entstandene Gebäude, bis hin zu den öffentlichen Räumen im Bereich des Marktplatzes. Der einheitliche Ansatz der Neuordnung im Stadtgefüge, bei dem ein Neubau zusammen mit der Umnutzung des Altbaus eine klare Beziehung zwischen den verschiedenen historischen Komponenten des Ortes eingeht, wird begrüsst und als positive Bereicherung des Ortes angesehen. Auch wenn sich das neue Volumen autonom und klar gegenüber den bestehenden Gebäuden absetzt, wird es als Drehpunkt zur Verbindung mit der Umgebung. Das Projekt bewältigt den Höhenunterschied, der die
Aussenräume östlich des Hauptgebäudes "Union" prägt, geschickt. Die Erschliessung aller Gebäudeteile wird dank dem Durchgang Schibenertor zum "Bibliotheksplatz" aufgewertet.
Der Anbau wird durch einen Neubau ersetzt. Seine Präsenz lebt als Spur in der neuen Anbindung weiter. Diese Entscheidung wird aufgrund der wesentlichen Werte des Ortes und seiner Geschichte geschätzt. Die polygonale Form des Neubaus überzeugt in ihren Proportionen und in den Bezügen, die ihre Leitlinien definieren. Sie bezieht sich auf Ordnungen, welche vom örtlichen Kontext hergeleitet sind. Der Anschluss zum Haupt-
gebäude "Union" erfolgt unterhalb der Traufhöhe. In seiner Ausdehnung erhebt sich das Volumen mit der notwendigen Distanz vom Kulturobjekt und mit einer eigenen Autonomie. Ebenso steht die Ausarbeitung des Neubaus im Einklang mit der Dynamik der Fußgängerströme und ermöglicht eine gute Orientierung, sowohl zum Marktplatz als auch zum Stadtteil im Westen. Das Projekt schlägt spannende Durchgänge mit "Platzöffnungen" vor und verweist auch auf schmale historische Gassen in der Altstadt. Die Abfolge der Außenräume ist interessant, insbesondere der Bibliotheksplatz im Innenhof. Zudem bietet das Projekt einen Mehrwert mit zusätzlichen introvertierten Aussenräumen; einer Lernterrasse und einer Dachterrasse. Der Haupteingang in Höhe des Platzes ist attraktiv und belebt den öffentlichen Raum. Die hohe Transparenz des architektonischen Ausdrucks macht die Öffentlichkeit auf die Bibliotheksnutzung aufmerksam; sie könnte zugunsten der Einbindung in die umliegenden Gebäude etwas zurückgenommen werden. Gleichzeitig dringt die hohe Wertigkeit der historischen Substanz der Umgebung in die Lesesäle ein, als wäre die historische Landschaft St.Gallens die eigentliche Seele der neuen Räume.

Der Umgang mit dem Baudenkmal respektiert die Hierarchien und den kulturellen Wert des Bestandes. Das Hauptgebäude "Union" bleibt weitgehend erhalten und die eingelagerten Funktionen nehmen Rücksicht auf die eingeschränkte Tragfähigkeit der bestehenden Konstruktion. Entscheidend am Projekt ist die Umkehrung der bestehenden Verhältnisse, d. h. die Wiederherstellung einer städtischen Front gegenüber dem öffentlichen Platz, anstelle der heutigen Rückseite des Hauptgbäudes "Union". Zum Markt-
platz hin übernimmt der Neubau die Rolle des Tors zur zukunftsweisenden Bibliothek. Die Jury schätzt besonders die Bedeutung, die dem zentrale Treppenhaus des Hauptgebäudes "Union" entgegengebracht wird. Vor allem auf der dritten Ebene wird es zum Gelenk zwischen dem bestehenden Gebäude und dem Neubau, zwischen intimeren und introvertierten Räumen sowie offeneren und flexiblen Räumen, Orte der Begegnung und des sozialen und kulturellen Austausches. Die Zusammenfassung von je zwei Geschossen des Altbaus zu einem Anschluss des Neubaus führt zu einer raffinierten Kombination der beiden Bauten und ist mit den Galerien grundrissmässig geschickt durchgebildet.

Im bestehenden Uniongebäude sind Nutzungen mit eher geringen Lastanforderungen untergebracht. Im Neubau wird das Deckentragwerk als pilzartige Flachdecke mit Vouten vorgeschlagen; ihre Wirkungsweise wird noch genauer abzuklären sein. Die grossen Stützen umfassen die Treppenhäuser und Lifte. Die kompakte Bauform erlaubt ein Gebäudetechnikkonzept, das verständlich und realisierbar ist. Die Geschossfläche und das Gebäudevolumen liegen unterhalb des Mittelwertes aller Projekte mit der Folge, dass sich die Investitionskosten voraussichtlich in den vorgegebenen Grenzen halten werden.

Das Projekt überzeugt durch die Setzung, die Anbindung an das Bestandesgebäude und die spannenden Raumerlebnisse mit viel Tageslicht. Generell wird der "rote Faden", der alle wichtigen Themen rund um die Neue Bibliothek St.Gallen vereint, von der sensiblen Annäherung an den Ort bis hin zur Interpretation eines zeitgenössischen Konzepts hoch bewertet. Das Projekt meistert die schwierige Aufgabe, eine grosse öffentlich präsente Nutzung an einem städtebaulich und historisch sensiblen Ort auf eine raffinierte Art unterzubringen, ausgezeichnet.
Perspektive Innen

Perspektive Innen

Lageplan

Lageplan

EG

EG

1.OG / 2.OG

1.OG / 2.OG

2.OG / 3.OG

2.OG / 3.OG

Piktogramme

Piktogramme