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Nichtoffener Wettbewerb | 03/2014

Neubau der Hans-Thoma-Schule

4. Preis

kreateam architekten

Architektur

Erläuterungstext

Leitidee
Der Gebäudekomplex der Hans-Thoma-Schule wird als Stadtlandschaft konzipiert und besteht aus Straßen, Plätzen, Häusern, Parks und öffentlichen Einrichtungen.
Jeder Raum im Gebäude erhält damit seine eigene unverwechselbare "Adresse", die eine einfache Orientierung im Stadtgefüge erlaubt und eine eigene Identität als Stadtteil bietet.
Durch den "Stadtplan im Kopf" kann die Schule von allen Schülern einfach und spielerisch ganzheitlich erfasst werden.
Die Vernetzung des Gebäudekomplexes der Hans-Thoma-Schule mit dem Gesamtgrundstück ist zentrales Entwurfsthema. Baukörper, Freiflächen, Gärten und Höfe werden zu einem spannungsreichen Geflecht verbunden. So entsteht ein mit dem Grundstück spannungsvoll und maßstäblich vernetzter Gesamtorganismus aus bebauten und freien Flächen unter- schiedlicher Texturen: ein Ort des Lernens, Erlebens und Spielens, mit strukturierten Teilflächen ohne räumliche Begrenzung. Der Raum kann durch Bewegung kontinuierlich erfasst werden.

Innere und äußere Erschließung
Die Infrastruktur des Gebäudes erlaubt eine einfache und leicht erfassbare Orientierung.
Die Gebäude- und Funktionsbereiche werden durch ein orthogonales Wegenetz in Ein- und Zweispänner strukturiert. Zweigeschossige Gebäudebereiche erhalten dabei jeweils eine eigene schnelle Vertikalerschließung für die direkte interne Verbindung und sind zudem über die zentralen Treppen am Innenhof erreichbar.
Die Obergeschosse erhalten zur Entfluchtung im Brandfall zusätzlich außenliegende Flucht- treppen, die über die Balkone und Dachterrassen angebunden sind.
Die äußere Erschließung orientiert sich entlang der Mainstraße, an der alle Hauptzugänge liegen. Die Sporthalle erhält einen separaten Zugang in der Nähe des Parkplatzes.

Räumliche Organisation
Die Unterrichtsbereiche (Cluster 1 bis 3) sind in unmittelbarer Nähe zu den Sonderfunktions- bereichen angeordnet, so dass diese von allen Klassen aus auf kurzen Wegen erreichbar sind. Dabei wurden inhaltliche Schwerpunkte sinnvoll den jeweiligen Stufen zugeordnet.
Die Orientierung im Gebäude ist durch die internen Durchblicke und Blickbezüge logisch und einfach. Sie erlauben den Benutzern immer ihren Standort im Gebäude von jedem Punkt aus eindeutig feststellen zu können.
Die Vorgaben des Raumprogramms in Bezug auf Lage und Größe der Räume wurden dabei vollständig umgesetzt.

Architektur/Freiraum
Der Gebäudekomplex gliedert sich in maßstäbliche Baukörperabschnitte, die zusammen mit den Freianlagen einem Gesamtorganismus bilden. Durch den Wechsel von massiven Klinker- flächen und transparenten Glasflächen werden die einzelnen Gebäudeabschnitte als Adressen spannungsreich akzentuiert.
In den Klassenbereichen werden überwiegend Lochfassaden geplant, so dass in den Brüstungsbereichen Nutzungen mit Sitzbänken etc. möglich sind. Flure und halböffentliche Nutzungen erhalten raumhohe Pfosten-Riegel-Fassaden.
Die Fassade wird mit kleinformatigen Klinkersteinen in unregelmäßigem Verband mit gemischten hellen Farbtönen als hinterlüftete, 2-schalige Fassade hergestellt.
Die Klinkersteine symbolisieren Naturverbundenheit, Langlebigkeit, Nachhaltigkeit, Solidität, Zeitlosigkeit und Maßstäblichkeit. Sie geben der Fassade eine zurückhaltende Eleganz und Wärme und prägen mit ihrer eigenen Identität den Ort.

Die Freiflächen werden durch die Lage des Schulgebäudes auf dem Grundstück von der Autobahn abgeschirmt und bilden mit den im Süden neu entstehenden Grünanlagen einen harmonischen, kontemplativen Freiraum.
Die abwechslungsreichen Texturen und Materialien zonieren dabei die Freiflächen und ermöglichen unterschiedlich bespielbare, maßstäblich gliederbare Flächen, ohne die Gesamtanlage räumlich abzugrenzen. Sie regen durch ihre Materialität zum differenzierten Spielen in allen Altersgruppen an und geben dazu vielfältige Angebote.

Energiekonzept / Nachhaltigkeit
Das Gebäude wird als 2-schaliger Massivbau mit Klinkervorsatzschale und hinterlüfteter Dämmebene geplant. Die Verglasungen werden je nach Ausrichtung als Sonnenschutz- bzw. Schallschutzverglasung ausgeführt, mit 3-fach Isolierverglasung mit einem Ug-Wert von 0,6 W/m²K. Sie unterschreiten damit die Anforderungen der EnEV und bilden mit der übrigen Gebäudehülle einen Standard, der nahe dem Passivhaus liegt.
Die Natürlichkeit, Langlebigkeit und Nachhaltigkeit der ausgewählten Materialien stehen dabei im Vordergrund, Materialien mit hohem Primärenergiebedarf bei der Herstellung werden nur da eingesetzt, wo es keine ökologische Alternative mit gleichwertigen technischen Eigenschaften gibt.
Aus ökologischen Gründen wird zur Substitution fossiler Energieträger durch regenerative Energiequellen der Einsatz frei verfügbarer Energiequellen wie Geothermie, Nachtkühle, Tageslicht und Sonne (Photovoltaik) vorgeschlagen. Zur Verbesserung der Luftqualität und des thermischen Komforts wird eine zentrale kontrollierte Lüftungsanlage mit Wärmerück- gewinnung vorgeschlagen.
Die Beleuchtung im Gebäude soll tageslichtabhängig gesteuert werden, als Leuchtmittel sollen LED-Lampen zum Einsatz kommen.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Arbeit überzeugt durch die städtebauliche Anordnung von fünf teilweise 2-geschossigen Volumen um einen gemeinsamen Innenhof. Durch die Komposition der Baukörper gelingt es den Architekten, differenzierte, gut proportionierte Außenräume unterschiedlicher Nutzung und Qualität zu erzeugen. Insbesondere hervorzuheben sind die gelungene Eingangssituation sowie die Lage und Ausformulierung des großen Pausenhofes innerhalb der Gesamtanlage. Dieser ist räumlich eingebettet zwischen zwei Baukörpern, nach Süden orientiert und verspricht hohe Aufenthaltsqualitäten. Die zentrale Lage und die Größe sind ausgesprochen gelungen. Das große Bauvolumen ist hervorragend gegliedert und verzahnt sich auf ansprechende Weise mit der umgebenden Freifläche. Die Lage und Funktion der Mensa und der Turnhalle sowie deren externe Zugänglichkeit sind gut gelöst. Die Verfasser definieren die Schule als Stadtlandschaft, in der jede Funktion eine eigene Adresse, einen eigenen Ort bekommt. Das Eingangsfoyer markiert den zentralen Platz, von dem aus die Turnhalle, die Verwaltung und die Mensa direkt erreicht werden. Am Foyer binden auch zwei Erschließungsstraßen an, entlang derer die weiteren schulischen Nutzungen angliedert werden. Leider überzeugt die Größe des Foyers, seine Anbindung an angrenzende Funktionen und Erschließungen, trotz unbestreitbarer räumlicher Qualität, nicht in allen Punkten. Das gewählte Erschließungskonzept wird in beiden Geschossen gleich ausformuliert. Im Obergeschoss sind allerdings weitestgehend nur 1-hüftige Grundrisse angegliedert. Dadurch entsteht ein verhältnismäßig hoher Anteil an Verkehrsfläche. Das Raumprogramm ist quantitativ gut umgesetzt. Kleine Defizite gibt es in Bezug auf dienende Räume. Funktional erscheint die Anordnung einer Kombination von Klassenzimmer und Fachklassen nicht zwingend. Dadurch ist die Orientierung innerhalb des Gebäudes nicht selbsterklärend. Mit Ausnahmen sind alle Klassenräume und Fachklassen nach Süden ausgerichtet. Die Lehrräume, die nach Norden zur Autobahn orientiert sind, werden in Bezug auf die Schallemission der Autobahn als kritisch betrachtet. Die Wahl der Materialien und das Fassadenkonzept mit hellem Klinker sind angemessen und gestalterisch ansprechend. Insgesamt handelt es sich um eine anregende und vor allem städtebaulich sehr gelungene Arbeit. In Hinblick auf die gestellte Aufgabe als Förderschule bietet das Projekt zu wenig Orientierung innerhalb des Hauses und zeigt Schwächen in der Organisation des Raumprogramms. Die Adressbildung der Funktionen gemäß Konzept im Grundriss ist nicht ausreichend prägnant umgesetzt.