Nichtoffener Wettbewerb | 06/2023
Neubau der Kindertagesstätte Ernst Fahlbusch in Göttingen
©Kummer Lubk + Partner
Anerkennung
Preisgeld: 3.000 EUR
KLP Kummer Lubk + Partner Architekten Ingenieure Generalplaner
Architektur
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Verfasser:
-
Mitarbeitende:
Landschaftsarchitektur
TGA-Fachplanung
Erläuterungstext
Das zu bebauende, nahezu quadratische Grundstück ist geprägt durch die Baumreihe entlang der Ernst-Fahlbusch-Straße, die südlich angrenzende Schulsporthalle sowie die östliche Grünkante zum Parkplatz und die nördliche Wohnbebauung mit einem davor verlaufenden, stark frequentierten Fußweg zur Erschließung der östlich liegenden Bildungseinrichtungen. Die bauliche Struktur der Umgebung ist stark heterogen und lässt keine klare städtebauliche Struktur erkennen.
Entwurfsansatz ist die Platzierung eines ausgewogenen Solitärs zur Definition von Raumkanten Richtung Straße und Wohnbebauung unter Berücksichtigung der Herstellung von gut nutzbaren Freiflächen Richtung Süden und Osten. Das Einrücken von der Ernst-Fahlbusch-Straße zum Erhalt der Baumreihe ermöglicht die Ausbildung einer Vorplatzsituation im Bereich der Wendeschleife – diese Fläche wird unter Einbeziehung angrenzender Flächen als Vorplatz ausgebildet.
Die klare Begrenzung zu westlicher Straße und nördlicher Wohnnutzung bildet neben der städtebaulichen Raumkante zugleich den baulichen Schallschutz.
Das Gebäude der Kindertagesstätte wird als eingeschossiger, nahezu auf quadratischem Grundriss, mit Ein- und Ausschnitten sowie Höhenversätzen und einem Innenhof versehenen Baukörper vorgeschlagen. Dabei definieren längliche Gebäudeeinschnitte, als überdachte Freiflächen, den Hauptzugang sowie Übergänge in die Freiflächen und markieren diese zugleich.
Strukturbildend werden die jeweiligen Funktionsbereiche der Kindertagesstätte als Raumgruppen entsprechend Freiflächenzonierung, Tageslichtnutzung und Schutzbedürfnis bzw. Tagesablauf um den Innenhof platziert. Der Innenhof ist zugleich zentrales Element – hier erhalten die angrenzenden Funktionen einen direkt nutzbaren Freibereich.
Der Hauptzugang erfolgt im nordwestlichen Bereich vom vorgelagerten Vorplatz an zentraler Stelle im Gebäude. Vom Windfang mit angegliedertem Kinderwagenabstellraum gelangt man in den Eingangsbereich – hier schließt sich das offen in die Erschließungsfläche integrierte Elterncafé an. Der im Übergang vom Eingangsbereich zum Innenhof liegende, zusammenschaltbare Raumverbund von Bewegungs- und Therapieraum kann bei Bedarf diesem zugeschaltet werden und stellt so eine große zusammenhängend nutzbare Fläche für Veranstaltungen, Feste u.ä. her. Der angrenzende Innenhof kann als Erweiterung der Raumfläche für Aktivitäten im Freien genutzt werden.
Der kompakt zusammengefasst liegende Bereich der Verwaltung wird eingangsnah, zur Straße ausgerichtet angeordnet. Weitere Funktionsräume sind einbündig Richtung Norden ausgerichtet im Übergang zum Krippenbereich angeordnet. Über einen am Innenhof vorbeiführenden Flur erreicht man den U3-Bereich im östlichen Gebäudeteil. Die zwei Gruppenräume mit zugehörigen Ruhe-, Sanitär- und Materialräumen sind identisch angeordnet – vorgeschaltete, offen in die Erschließungsfläche integrierte Garderoben weiten die Fläche auf und schaffen Orientierung. Über einen mittig angeordneten Gang erreicht man direkt den U3-Freibereich im Osten des Grundstücks. Der integrative Teil des U3-Bereiches wird um den Therapieraum im Raumverbund der übrigen Räume ergänzt.
Die östliche Längsseite des Innenhofs wird mit dem Raumverbund der Mensa U3/Ü3 sowie dem Funktionsraum Matsch bespielt – so ist eine Zusammenschaltbarkeit der jeweiligen Speiseräume, kurze Wege zu den pädagogischen Flächen und Küche, sowie die Einbeziehung der Innenhoffläche in die Speisenversorgung möglich. Gemeinsam mit den an den Innenhof angrenzenden Räumen des Bewegungs- und Therapieraumes ist so ein fließender, räumlicher und funktionaler Übergang dieser Bereiche geschaffen. Die Gruppenräume des Ü3-Bereiches, sowie alle zugehörigen Funktions- und Nebenräume werden entlang der südlichen Gebäudeflanke angeordnet und haben direkten Anschluss an den Außenbereich – dieser wird über den davorliegenden Flurbereich mit Garderobenaufweitungen erreicht. Sämtliche Gruppenräume, sowie die Funktionsbereiche des Ü3-Bereiches und der Bewegungs-/Therapiebereich erhalten eine räumliche Erhöhung gegenüber den übrigen Raumflächen. So sind Spielebenen-Einbauten in den Gruppen-/Funktionsbereichen, ausreichend nutzbare lichte Raumhöhe im Bewegungsraum sowie eine Nachtauskühlung dieser Raumgruppen über sonnenabgewandte Oberlichtbänder möglich.
Die Idee des Gebäudekonzeptes zur Umsetzung des pädagogischen Konzeptes sowie des geplanten Tagesablaufes zielt auf ein kompaktes, übersichtliches Gebäude mit kurzen Wegen – leichte Orientierung durch Fixpunkte wie Innenhof und gemeinsame Bereiche entlang des Umgangs, eine geschützte Atmosphäre im Inneren, überschaubare Größen und Flurlängen sowie ständige Blickbeziehungen nach außen oder zum Innenhof zur Identifizierung mit Ort und Umgebung sind die Leitgedanken. Dabei spielt auch Tageslichtnutzung, natürliche Materialität und die maximale Einbeziehung der Freifläche in den Alltag eine große Rolle im Entwurfsansatz. Die Grundrisstypologie bietet Möglichkeiten das Gebäude gruppenübergreifend selbst zu erkunden und sich „vorzuwagen“.
Der geschützte, eher introvertierte Bereich mit Innenhof und gemeinsamen Funktionen wird ergänzt durch selbst zu erkundende Freibereiche. Weiterhin gewährleistet die Lage und Zugänglichkeit, sowie Verteilung der Funktionsräume im Gebäude eine flexible Raumnutzung und obliegt keiner direkten Zuordnung – ein offenes Haus für alle mit Rückzugsmöglichkeiten.
Beurteilung durch das Preisgericht
Der großzügige, eingeschossige und klare Solitär schafft Richtung Norden und Westen eindeutige Abgrenzungen zum Straßenraum. Die Außenanlagen befinden sich auf einem schmalen Streifen im Osten und Süden.
Die Entscheidung, den eingeschossigen Baukörper zentral auf dem Grundstück zu platzieren, führt in der Konsequenz dazu, dass die Spielflächen in den verbleibenden Randbereichen zu organisieren sind. Dies bedeutet eine additive Aneinanderreihung von verschiedenen Angeboten auf einem begrenzten Raum. Zwar entsteht in der Gebäudemitte ein geschlossenes Atrium mit Möglichkeit der Außenbestuhlung für die Mensa, jedoch vermag dieses Angebot das Defizit an großzügigen Freiflächen nicht ausgleichen. Die Ausgestaltung einer Mauerkonstruktion zur Überwindung des gegebenen Höhenunterschiedes wird im Preisgereicht kontrovers diskutiert.
Die vorgehängte hinterlüftete Holzfassade schmiegt sich durch die grüne Farbgebung ins grüne Umfeld. Durch die Kubatur ergeben sich jeweils an der Fassade alle notwendigen Gruppenräume mit Nebenräumen sowie Personal als auch Technik und Ruhebereiche. Im Kern des Neubaus befinden sich alle Funktionsbereiche und Mehrzweckräume.
Das Gebäude gliedert sich klar mit Küche und Technik im Norden, zur Westseite die Verwaltung, im Osten die Krippe und der Kita-Bereich im Süden. Die Flurbereiche haben durch die jeweiligen Ausgänge ausreichend Belüftung. Durch die nahezu komplett durchgängig bodentiefen Fenster erfährt das Gebäude einen ausgeglichenen Innen- / Außenbezug. Als Hauptaugenmerk dient die innenliegende Terrasse in der Mitte des Gebäudekörpers. Hier erfährt man eine deutliche Aufenthaltsqualität, durch den beinahe quadratischen Grundriss erreicht man eine ausgewogene Innenraumqualität.
Die ebenerdige Planung der Kita ist sehr praktisch für die Arbeit im offenen Konzept sowie für die Kommunikation im Team. Ungünstig ist die Planung der Küche mit Entfernung zur Mensa. Eine direkte Verbindung wäre von Vorteil, damit das Essen nicht über weitere Wege transportiert werden muss.
Über befestigte Pflasterflächen gelangt man im Osten und Süden in den Außenbereich. Die Freiräume sind klar unterteilt im Osten nach Krabbelwiese, Wasserspielbereich und Piratendorf. Im Süden gibt es ein großzügiges Ballspielfeld mit Trampolin.
Die vorhandenen Bäume werden weitestgehend erhalten und durch neue Baumpflanzungen ergänzt. Im Nordwesten erstreckt sich ein großzügiger Vorplatz mit den notwendigen Fahrrad- und PKW-Stellplätzen. Es wird eine Massiv-Holz-Konstruktion vorgeschlagen. Das angestrebte Technik-Konzept im Passivhaus-Standard mit dezentraler Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung wird verfolgt.
Im Bereich Nachhaltigkeit werden vorrangig Holzmaterialien sowie Glas verwendet. Ein außenliegender Sonnenschutz unterstützt den sommerlichen Wäremeschutz. Akustisch wirksame Unterdecken sorgen für den notwendigen Schallschutz. Eine Rigole sowie Zisterne dienen zum Regenwassermanagement
Insgesamt stellt der Entwurf einen wichtigen Beitrag dar. So bestechend die Großform mit eingeschnittenem Atrium auch auf den ersten Blick wirkt, die innere Erschließung kann ebenso wie die Qualität der Außenräume und Freianlagen die Jury nicht vollends überzeugen.
©Kummer Lubk + Partner
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