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4. Rang 5 / 5

Nichtoffener Wettbewerb | 11/2020

Neubau des Landesspitals Liechtenstein in Vaduz (LI)

5. Rang / 5. Preis

Preisgeld: 15.000 CHF

HASCHER JEHLE Architektur

Architektur

Mitiska Wäger Architekten

Architektur

Erläuterungstext

Städtebau und Architektur
Für das neue Landesspital Liechtenstein schlagen wir einen flachen, kubischen Baukörper vor, der auf einem Sockel aufliegt. Der kompakte Neubau wird entlang des Rheindamms platziert und schafft Raum für den östlich entstehenden, großzügigen Spitalvorplatz. Der Vorplatz öffnet sich zur nördlichen Zollstraße und Richtung Vaduz. Er verbindet die neue Bushaltestelle mit dem Spitalgebäude und schafft ein angemessenes Entrée. Die Zollstraße begleitend, erhält der Vorplatz eine leichte Steigung, die den Besucher auf das Niveau des Haupteingangs führt. Durch die sanfte topographische Modellierung des Vorplatzes wird das Areal des Wettbewerbsgebietes sowie das neue Spital harmonisch und selbstverständlich in die Umgebung eingebunden. Außerdem bietet der Vorplatz eine hervorragende Adressbildung für zukünftige, das Spital ergänzende Nutzungen. Der Vorplatz erhält einen parkartigen Charakter und dient als Erholungs- und Aufenthaltsbereich für Patienten, Besucher und Personal.
Auf der Südseite des Gebäudes entsteht eine, dem Restaurant vorgelagerte Dachterrasse mit schönen Rundumblick in die umgebende Landschaft und Bergwelt. Eine Passarelle bindet von hier aus den Rheindamm an und lädt zu Spaziergängen am Rheinufer ein.
Der Ambulanzbereich des Spitals kann bei Bedarf nach Süden flexibel erweitert werden. Für zukünftige, das Spital ergänzende Nutzungen bietet sich die Fläche südlich des Vorplatzes an. Der Vorplatz bildet dann die gemeinsame Adresse für Spital sowie für die kliniknahen Nutzungen.

Organisation und Funktionalität
Die Ebenenstruktur wurde weitestgehend nach den Vorgaben umgesetzt, so dass alle funktionalen Zusammenhänge in idealer Weise berücksichtigt werden konnten. Das Gebäude besteht aus je 2 Obergeschossen und zwei Sockelgeschossen. Ein zentraler Lichthof versorgt das Gebäudeinnere mit reichlich Tageslicht und schafft eine freundliche, helle Atmosphäre, die Orientierung, Begegnung und Kommunikation für Patienten und Besucher ermöglicht und fördert. Die beiden Erschließungskerne wurden jeweils nördlich und südlich des Innenhofs situiert damit die Empfangs- und Wartebereiche in den verschiedenen Geschossen jeweils direkt am Innenhof platziert werden konnten.
Im Eingangsgeschoss befinden sich alle Ambulanzen, die Tagesklinik und die IMC. Die Eingangshalle liegt direkt am lichtdurchfluteten Innenhof. Der attraktive, zentrale Wartebereich des Klinikums umfließt den Hof. Die Notfallzufahrt auf der Nord-West Seite des Gebäudes ist nicht vom Haupteingang einsehbar und durch die Topographie von der Zollstraße abgeschirmt. Der Notfall ist über die nördliche Fahrstuhlgruppe direkt mit der OP-Abteilung, sowie dem Hubschrauberlandeplatz auf dem Dach des Gebäudes verbunden. Der Schockraum wird mit direkter Anbindung an das CT platziert. Notfall und Intermediate Care sind benachbart angeordnet um im 24-Stunden Betrieb einen geringer Personalaufwand zu ermöglichen. Die Tagesklinik erhält einen separaten Eingang und kann bei Bedarf auch als Quarantänestation genutzt werden. Der 24-Stunden Bereich des Spitals kann nachts separat betrieben werden.

Erschließung
Bei der Erschließung des Neubaus wurde auf eine kreuzungsfreie Trennung der unterschiedlichen Verkehrsströme geachtet. Das Spital erhält eine separate Notfallvorfahrt. Die Bushaltestelle wird über einen Fußweg durch den Patientenpark mit dem Haupteingang verbunden. Tiefgarage und Wirtschaftshof werden über den Felbaweg erreicht.
Die Interdisziplinäre Pflegeabteilung im obersten Geschoss ist als gemeinsame Station mit den separaten Bereichen der Wöchnerinnen sowie der Geriatrie konzipiert. Durch die Ausrichtung des Gebäudes sind fast alle Zimmer Ost-West-orientiert und erhalten eine schöne Aussicht in die Berge. Die Zimmer der Wöchnerinnen sind nach Süden ausgerichtet. Die Wöchnerinnenstation erhält einen eigenen Empfangsbereich. Ein direkter Zugang von der Geriatrie führt auf das Gebäudedach. Hier kann ein gesicherter 200m Rundgang angeboten werden.

Beurteilung durch das Preisgericht

Das Projekt ‘200017’ überzeugt in erster Linie durch die umfassende und sorgfältige Erfüllung der komplexen Anforderungen des Programms und der Anstrengung, die vorhandenen Qualitäten des Ortes entscheidend zu verbessern, mehr noch von einer Hinterhofsituation in eine ‘bessere Adresse’ überzuführen.
Das Projekt ‘200017‘ setzt konsequent einen flachen, zweigeschossigen kubischen Baukörper parallel zum Rhein, der sich auf einem zweigeschossigen Sockel über die Dammkrone erhebt.
Damit wird der Bau von der Autobahn herkommend sehr zurückhaltend wahrgenommen, begleitet den Hakenschlag der Zufahrtstrasse ohne Fernwirkung. Es wird keine Marke gesetzt und dennoch entsteht beim Einbiegen in die Zollstrasse eine Torwirkung zusammen mit dem gegen-überliegenden Bau der Gemeinde als Auftakt zum Siedlungsgebiet der Gemeinde Vaduz.
Aus dem Programm abgeleitet ergibt sich der flache Baukörper. Damit dieser flache Baukörper nicht vollends hinter dem Damm verschwindet, wird alles daran gesetzt den Baukörper so hoch oben wie möglich zu platzieren. Dadurch steht das Gebäude nicht neben dem Damm. Die beiden Sockelgeschosse sind an den Damm angelehnt und integrieren sich somit in den Damm. Die beiden Obergeschosse sind zweiseitig schwebend auf den erweiterten Damm aufgesetzt, ein konstruktiver Kraftakt der mit nicht unerheblichen Kosten erkauft wird.
Die Zufahrt für Fahrzeuge von Mitarbeitenden, Besuchenden und Anlieferung erfolgt gemein-sam über den Felbaweg und führt ins Untergeschoss des Gebäudes. Bei der Zufahrt in die Tiefgarage fehlen entsprechende Ausrundungen und Sichtbermen, dies kann jedoch mit wenig Aufwand gelöst werden.
Die Anlieferung befindet sich in weiterer Folge nach der Zufahrt zur Tiefgarage, die vorgesehe-nen Rangierflächen sind knapp bemessen.
An der Nordseite des Gebäudes ist die Zufahrt für Notfälle liegend und stehend geplant. Ent-sprechend den Darstellungen erfolgt sowohl die Einfahrt, die Ausfahrt und auch die Vorfahrt zu den Parkplätzen beim Haupteingang über die ÖV-Anbindung Zollstrasse und entspricht damit nicht den Vorgaben.
Es entsteht im Osten ein leicht ansteigender Vorplatz als grosszügiger Zugang. Der Zugang zum Spital über diesen Vorplatz ist für Menschen mit einer Beeinträchtigung über eine Rampe nicht mehr zeitgemäss und problematisch.
Im Untergrund wird diese Neigung durch eine in der Höhe gestaffelte Parkierungsanlage mit drei Fahrgassen erzwungen. Die Tiefgaragenparkplätze sind als zweihüftige Parkierungsanlagen auf drei Ebenen ähnlich einer Split-Level-Garage angeordnet.
Der Bau wird als Ganzes auf die tragfähige Schicht abgestellt und erfordert mit Ausnahme der untersten Parkierungsebene nur einen minimalen Aushub.
Der massive, zweigeschossige Sockel lehnt sich pragmatisch an die westliche Baulinie entlang des Rheindammes an, was den Grundriss im Zugangsgeschoss in der südwestlichen Ecke geometrisch verunklärt und nicht von überzeugendem Gestaltungswillen getrieben ist. Die beiden Obergeschosse sind mit einem Filter aus vertikal angeordneten Latten aus Lärchenholz verkleidet um dem massigen Baukörper eine gewisse Eleganz und Leichtigkeit zu verleihen. Die Funktion dieser Massnahme ist jedoch nicht gegeben, dient eher der Bestimmung eines optischen Auftritts und ist insgesamt nicht stimmig.
Im lichtdurchfluteten Innern wird der von aussen in Sockel und holzverkleideter Baukörper ge-gliederte Bau als eine Einheit wahrgenommen. Ein über alle vier Geschosse reichender, zentraler Innenhof mit den beiden Erschliessungskernen machen den Bau in seiner ganzen Höhe erlebbar und sehr übersichtlich. Einfach und unkompliziert erfolgt die horizontale Erschliessung immer wieder zum Licht führend.
Zusammen mit dem durchgängigen Stützenraster wird so eine starke und robuste Struktur vorgegeben, welche auch eine Optimierung oder spätere Adaption der Nutzungsanordnung im Prinzip problemlos zulässt. Leider kann die Durchgängigkeit des Stützenrasters in den sehr schematischen und stimmungsarmen Grundrissen nicht überprüft werden.
Beim Projekt ‘200017‘ werden die geforderten Cluster weitgehend erfüllt und logisch anordnet. Der Cluster OP müsste umgeplant werden, da die logistischen und teilweise die hygienischen Vorgaben mit dieser Planung nicht eingehalten werden könnten. Das geplante Spital funktio-niert in der Mehrheit der Funktionsschemata auf den ersten Blick gut. Bei differenzierter Betrachtungsweise wird klar, dass insbesondere die Mitarbeiter-, Patienten- und Besucherströme in verschiedenen Bereichen nicht getrennt sind und in einigen Bereichen zu Engpässen führen. Die Wege für die liegenden Patienten sind im Bereich Radiologie und IMC sehr lange und evtl. gar nicht möglich.
Das Projekt ‘200017‘ ist bewusst in eine parkartige, neue Landschaft eingebettet um die jetzige Situation umzudeuten und aufzuwerten. Die Umgebung ist nicht vom ruhenden oder fahrenden Verkehr geprägt, welcher, wo immer möglich, unterirdisch angeordnet sind. Das wichtigste Element der Aussenraumgestaltung ist dabei der sanft modellierte östliche Vorplatz mit einer ho-hen Aufenthaltsqualität. Die Freifläche auf dem Sockel ist nach Süden gerichtet, verbunden mit dem Rheindamm und mit guten Ausblicken und dient der Cafeteria als Aussenraum. Die Cafeteria ist durch diese attraktive Lage damit aber weit abgerückt vom Zugang und der Eingangshalle. Das Dach des Hauptbaukörpers dient im nördlichen Bereich als Helikopterlandeplatz, im Süden ist eine Fotovoltaik platziert, zusätzlich soll das Dach für die Geriatrie als gesicherter Aussenraum (Rundweg) genutzt werden können.
Insgesamt entsteht ein ganz neuer Ort mit einer wohltuend ruhigen und geordneten Stimmung, landschaftlich aufgewertet und ganz ohne wichtigtuendes Gehabe, allerdings überzeugen der zweigeschossige Sockel und der holzverkleidete, zweigeschossige Baukörper nur in Teilaspekten und mehr im konzeptionellen Ansatz wie in der konkreten Umsetzung.
Wirtschaftlichkeit
Die Geschossflächen sind beim Spitalbau um 7.8%, das Gebäudevolumen um 7.7% über der Grundlage des Kredites. Die Gesamtkosten liegen ca. 14.7% über den Zielkosten. wobei die Tief-garage ca. 40% teurer ist.
4. Rang 5 / 5