modgnikehtotsyek
ALLE WETTBEWERBSERGEBNISSE, AUSSCHREIBUNGEN UND JOBS Jetzt Newsletter abonnieren

Nichtoffener Wettbewerb | 06/2021

Neubau Einfeld-Sporthalle an der Reichshainschule in Memmingen

2. Preis / Zuschlag

Preisgeld: 7.000 EUR

f64 Architekten

Architektur

adlerolesch GmbH

Landschaftsarchitektur

Planungsgesellschaft Dittrich mbH

Brandschutzplanung, Tragwerksplanung

Erläuterungstext

Städtebau
Das historische Hauptgebäude integriert sich als lineares Bauteil in den Verlauf der historischen Stadtmauer und befindet sich damit im Randbereich der Altstadt. Auf der Westseite schließt das Kempter Tor an, das als präsenter Eingang in die Innenstadt fungiert. Die Struktur des ehemaligen Stadtgrabens vor der Mauer wurde in Form eines Grüngürtels mit Parkcharakter erhalten, der sich um den Stadtkern legt. Hierhin orientiert sich auch der Außenraum der Schule, sowie ein bestehender Erweiterungsbau. Jenseits des Parks befinden sich städtische Funktionen wie Wohnen, Gewerbe und Industrie und eine Ringstraße um die Altstadt.
Übergeordnet bilden sich die drei Zonen Altstadt, Park und umgebendes Stadtgebiet ab. Das Schulgelände lagert sich als Übergangsbereich im Park an die Altstadt an. Entwurfsbestimmend ist daher die (frei)räumliche und gestalterische Abstufung der Themen Stadt und Park.
Der Standort der neuen Sporthalle befindet sich analog zum bestehenden Erweiterungsbau im Übergangsbereich zum Park. Das Motiv des punktuell in die Grünzone gesetzten Baukörpers wiederholt sich im Verlauf des ehemaligen Stadtgrabens bereits mehrmals. Das Hauptgebäude der Reichshainschule kann als Teil der historischen Stadtmauer weiterhin als prägendes Stadtelement wirken.

Funktionale Zonierung
Die neue Sporthalle ist analog zum Erweiterungsbau vom denkmalgeschützten Bestand abgerückt positioniert.
Zwischen den Gebäuden entsteht eine lineare Funktionszone mit der verkehrlichen Erschließung und Parkierung im Westen und dem neuen Pausenhof im Osten. Den vorhandenen massiven Gang zwischen Alt- und Erweiterungsgebäude ersetzt ein transparenter Verbindungsbau in der Achse des Haupttreppenhauses. Dieser schafft eine neue, zentrale Eingangssituation und verknüpft die außen- und innenräumlichen Bereiche miteinander. Der südliche Teil des Schulgeländes mit großem Anteil an altem Baumbestand und Grünflächen bildet eine Übergangszone zum Reichshainpark und beinhaltet zusätzliche außenräumliche Funktionen der Schule.

Freiraumkonzept
Der Baumbestand wird weitgehend erhalten und ergänzt. Markante Bäume wie die Buche im Pausenhof werden auf- gegriffen und zu elementaren Bestandteilen des Entwurfs gemacht. Das Gelände ist nun allseitig von Bäumen gerahmt. Zur Kempter Straße hin ergeben die Gehölze eine straßenbegleitende offene Baumreihe, welche zur Inszenierung von Stadtmauer und Stadttor beiträgt. Der südliche Teil des Grundstücks wird in seinem grünen, parkartigen Charakter verstärkt. Auch die anderen Zonen werden größtmöglich begrünt. Der Entwurf bietet viel unversiegelte Fläche mit hohem Versickerungspotential. Klimaangepasste Gehölze und robuste Pflanzungen sorgen für Nachhaltigkeit und eine hohe Biodiversität.

Bauliches Konzept
Das Gebäude steht als transparenter Pavillon im Park. Durch die unterirdische Anordnung von Nebenräumen wie Umkleiden und Geräteräumen entsteht auf der Geländeebene ein durchgängig offener Raum mit filigranem auskragenden Dach. Der Baukörper rückt vom Bestand ab und ordnet sich dem vorhandenen Kontext auch in seiner Höhe unter. Die transparente Fassade ermöglicht einen allseitigen Ein- und Durchblick. Der Bestand kann so noch in seiner Gesamtheit wahrgenommen werden und es entstehen Blickbeziehungen vom Park hinunter auf die Hallenebene.

Zuwegung und interne Wegebeziehungen
Die verkehrliche Erschließung des Schulgeländes erfolgt über die Kempter Straße. Im westlichen Teil des Schulgeländes werden PKW- und Fahrradstellplätze für die Lehrkräfte angeboten. Das restliche Gelände ist autofrei gehalten. Der Haupteingang an der Steinbogenstraße bleibt bestehen. In diesem Bereich gibt es die Möglichkeit einer Kiss&Drop Zone.
Über den Reichshainpark kann das Schulgelände östlich und südlich zu Fuß oder mit dem Fahrrad erschlossen werden. Unter dem auskragenden Dach der Sporthalle befinden sich Fahrrad- und Scooterstellplätze für die Schüler. Die Sporthalle wird zweiseitig von der Schul- und Parkseite erschlossen und kann unabhängig vom Schulbetrieb genutzt werden. Der Pausenhof ist über die bestehenden Ausgänge aus dem Bestandsgebäude, sowie über den neuen Verbindungsbau zugänglich.

Pausenhof und Park
Der Pausenbereich wird durch die umliegenden Gebäude räumlich gefasst. Um den Nutzungsansprüchen der Schülerinnen gerecht zu werden, werden Ruhe- und Aktionsbereiche angeboten. Es ergeben sich drei Inseln mit individuellen Spiel- und Sitzmöglichkeiten innerhalb eines fließenden Bewegungsraumes, der auch Platz für Schulfeste vorhält. Neben klassischen Sport- und Spielgeräten motivieren abstrakte Holzstrukturen und Findlinge zu einer fantasievollen Aneignung. Ein Sonnensegel und üppige Begrünung wirken einer sommerlichen Überhitzung entgegen und schützen vor Wind und Niederschlag. Zwei große Oberlichter zur Belichtung der Umkleideräume im UG werden in die Gestaltung des Pausenhofbereichs integriert.
Im parkartigen Bereich des Schulgeländes finden ein Schulgarten, ein grünes Klassenzimmer und die bestehende Boulderwand Platz. Kantine und Café erhalten eine großzügige Terrassenfläche in Richtung Park. Diese wird durch eine Bepflanzung eingefasst. Begrünte Lichthöfe gewährleisten weiterhin die Belichtung der unterkellerten Räume.

Denkmalschutz
Die Neubebauung und das Freiraumkonzept stärken den denkmalgeschützten Bestand in seiner Struktur und Präsenz. Der Neubau ordnet sich in seiner Position der linearen Bebauungsstruktur unter. Die historischen Bauteile Schulgebäude, Kempter Tor und Stadtmauer werden durch das Abrücken und die transparente Gestaltung der Halle, sowie die Auflösung des massiven Verbindungsgangs freigestellt.
Eine straßenbegleitende Baumreihe inszeniert die Hauptachse zum Stadttor. Die Form des historischen Rondells bleibt erhalten und gibt die neue Wegeführung im östlichen Grundstücksbereich vor.
Die neue Sporthalle befindet sich wie die ehemalige Halle im aufgeschütteten Bereich des ehemaligen Stadtgrabens und greift somit kaum in historische Bodenschichten ein.

Nachhaltigkeit
Das Gebäude erhält ein Holztragwerk mit Holzfassade und ein begrüntes Dach. Die natürliche Materialität fügt sich subtil in den von altem Baumbestand geprägten Park ein. Das Gründach wirkt als Wasserspeicher und Lärmabsorber und ergänzt die Grünflächen des Parks. Die Dachauskragung sorgt für eine natürliche Verschattung der Fassade und erlaubt den Verzicht auf zusätzliche Sonnenschutzelemente. Zudem wird der überdachte Bereich um das Gebäude für die Unterbringung der Fahrrad- und Scooterstellplätze mitgenutzt.
In die Fassade integrierte Öffnungsklappen unterstützen die mechanische Lüftungsanlage durch natürliche Lüftung.
Der Bestand wird in seiner Struktur und Nutzung durch die Versetzung des Verbindungsgangs und die Organisation der Funktionszone aufgewertet.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Sporthalle präsentiert sich als offener Pavillon mit einer transparenten Fassade und einem filigranen, in seiner Anmutung schwebenden Dach, das sich dem Hauptgebäude der Schule in der Höhe unterordnet. Die städtebauliche Positionierung des Baukörpers und seine Stellung längs zum Grünzug werden positiv bewertet. Zum Schulgebäude fasst die Sporthalle so auf selbstverständliche Weise den Pausenhof. Der Entwurf sieht den Abriss des bestehenden Verbindungsbauwerks sowie einen Ersatzbau hierfür weiter im Osten vor, wodurch sich die Pausenfläche vergrößern würde. Dies ist jedoch nicht Gegenstand der Wettbewerbsaufgabe.

Die Platzierung der Pkw-Stellplätze in einer Parkbucht südlich des Schulgebäudes an der Kempter Straße erscheint schlüssig, weil dadurch der südliche Bereich des Wettbewerbsperimeters von Parkierungen freigehalten werden kann und der Grünzug an Raum gewinnt. Der Charakter des Parks bleibt erkennbar erhalten und wird teilweise sogar gestärkt. Insgesamt können die Freiflächen in ihrer Zonierung und Ausgestaltung überzeugen.

Auch die Organisation der Sporthalle trägt der Bedeutung des Grünzugs Rechnung. Sämtliche Funktionsbereiche werden unterirdisch angeordnet. Das oberirdische Bauvolumen der Sporthalle wird so auf das Notwendigste minimiert. Durch die umlaufenden großzügigen Auskragungen des Dachs wird der Abdruck des Gebäudes aber leider wieder deutlich vergrößert – hier wäre eine Reduzierung der Auskragung wünschenswert.

Die Zugänge in das Gebäude erfolgen für die Schule von Westen und für den Vereinssport von Osten, sie sind in den Ansichten aber nur schwer erkennbar und müssten deutlicher herausgearbeitet sein, um den einladenden Charakter des Gebäudes zu stärken. Das langgestreckte Foyer bietet zu einer Seite einen Blick in den anschließenden Pausenhof, zur anderen Seite einen Blick in die tieferliegende Halle und somit eine gute Orientierung. Zwei Treppen und ein Aufzug führen von hier ins Untergeschoss. Die Trennung der Erschließung in Straßen- und Turnschuhbereich funktioniert grundsätzlich, ist aber mit sehr langen, labyrinthartigen Wegen verbunden. Hierbei ist insbesondere die Position des Aufzugs im Untergeschoss unglücklich. Die Korridore werden durch Aufweitungen rhythmisiert und ebenso wie die Umkleiden teilweise über Oberlichter belichtet. Deren Integration in die Freiflächen ist allerdings funktional und gestalterisch schwierig. Die zwei baulichen Fluchtwege der Halle sind über die beiden Treppen gegeben, die vorgeschlagene Ausbildung des notwendigen Treppenraums durch Brandschutzvorhänge im Erdgeschoss ist jedoch technisch aufwändig.

Das vorgeschlagene Tragwerk wirft Fragen auf. Der ungerichtete Trägerrost aus Baubuche wird hinsichtlich Konstruktion und Wirtschaftlichkeit als problematisch gesehen, da er gegenüber einem gerichteten Holztragwerk mit unverhältnismäßig höherem Aufwand verbunden ist und zudem in der Mitte geteilt werden muss, um den Trennvorhang aufzunehmen. Die konstruktive Ausbildung der Auskragung ist ungeklärt. In seiner Erscheinung hat das Dach durch die schwache Ausbildung seines Randes zu wenig Gewicht und Substanz. Ein Durchlaufen der Träger auch im Bereich der Auskragungen wäre konstruktiv sinnvoll und würde das Dach als wesentliches Element des Gebäudes und somit das bauliche Konzept stärken.

Insgesamt stellt der Entwurf in seiner Intention eine angemessene Antwort auf den Ort dar. Die Freianlagengestaltung ist vorbildlich gelöst und wertet die bestehende Parklandschaft auf. Insbesondere hinsichtlich der vorgenannten Aspekte wird aber eine konsequentere und präzisere Durcharbeitung vermisst.