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Einladungswettbewerb im kooperativen Verfahren | 07/2025

Neubau Evangelisches Gemeindehaus Stuttgart-Feuerbach

Blick auf das neue Gemeindehaus

Blick auf das neue Gemeindehaus

Anerkennung

Preisgeld: 3.000 EUR

schleicher.ragaller freie architekten bda

Architektur

werkgruppe gruen Fuchs & Kusterer - Landschaftsarchitekten - PartGmbB

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

Grundlage unseres Vorschlags bleibt das Konzept der solitären Freistellung der Kirche und der gleichzeitigen Öffnung zur Walterstraße im Westen. Hierdurch entsteht ein offener, zur Kommunikation einladender Kirchplatz rund um die Stadtkirche St. Mauritius, der sich zu allen Seiten öffnet. Selbst die früher vorhandene Treppe zur Forsthausstraße könnte wiederhergestellt werden.

Kirche, Pfarrhaus und Gemeindehausneubau bilden ein zusammenhängendes Gebäudeensemble, das durch neu hinzugefügte Treppen und barrierefreie Zugänge Sackgassen vermeidet und allseitig gut erschlossen ist.

Das bestehende Gemeindehaus wird unter möglichst großem Erhalt des Untergeschosses und wesentlicher Erdgeschosswände behutsam zurückgebaut. Abbruchmaterial könnte geschreddert teilweise zur Verfüllung verwendet werden. Eine leichte Holzbaukonstruktion kann auf die Bestandsreste aufgesetzt werden, sodass aufwändige Verbauarbeiten zur Hangseite entfallen. Da die Außenwände des Untergeschosses bestehen bleiben und nur innerhalb dieser Geometrie aufgestockt wird, wird das aktuelle Baurecht nicht verletzt.

Das Neubauvolumen des Gemeindehauses steht frei, ordnet sich in seiner zurückhaltenden Sprache und dem Satteldach der Altstadtbebauung unter und lässt die Kirche als zentrale Figur des Ensembles erscheinen. Die Situierung auf dem Bestandsuntergeschoss schafft einen angemessenen Freiraum für Feierlichkeiten und den alltäglichen Aufenthalt. Zum Mohrenhof entsteht ein begrünter Gartenbereich als Vorzone zum Gemeindebüro mit separater Zugangs- und Aufenthaltsmöglichkeit. So entstehen auf dem Gelände differenzierte, einladende Außenbereiche, die zum Verweilen, Treffen und Feiern gleichermaßen einladen. Immer wieder finden sich gebaute Sitzmöglickeiten, die diese Einladung unterstützen.

Die starke topografische Situation aufnehmend, entwickeln sowohl das Unter- als auch das Kirchplatzgeschoss unterschiedliche Aufenthaltsqualitäten. Gemeinderäume, Küche und Lager können gut im „Gartengeschoss“ mit separatem Zugang untergebracht werden. Die Bürobereiche orientieren sich zu einem sorgfältig angelegten Gemeindegarten, der auch für Passanten einsehbar und nutzbar ist. Sitzbänke laden zum Verweilen ein.

Das Erdgeschoss öffnet sich über ein beliebig zuschaltbares Foyer großzügig zum Kirchplatz. Auskragungen bilden überdachte Zugangs- und Aufenthaltsbereiche nach Norden und Osten zum Platz und zur Kirche. Unmittelbar anschließend gelangt man in den Gemeindesaal, der sich über großzügige Türflügelelemente ebenfalls zum Kirchplatz öffnen lässt. Galerieartig öffnet sich der Saal nach Norden und macht die Gebäudehöhe im Inneren erlebbar. Die Giebelfassade nimmt das Kunstglasfenster von Gisela Sternstein auf, was dem Saal eine feierliche Note verleiht.

Eine einladende Treppe führt ins Obergeschoss mit zwei identischen, bei Bedarf zusammenschaltbaren Gruppenräumen. Ein weiterer Kleingruppenraum bietet Sichtkontakt nach Süden in den Ort und unterstreicht die Offenheit des Gebäudes. Das obere Foyer endet in einer Sitznische mit Blick auf den Kirchplatz. Das nun freigestellte Gemeindehaus ist rundum begehbar und hat gegenüber dem Vorgängerbau keine Rückseite mehr. Sämtliche Bereiche sind barrierefrei zugänglich.

Beurteilung durch das Preisgericht

Der Ansatz der Arbeit, die Kirche freizustellen und das neue Gemeindehaus daneben anzuordnen, ist gut nachvollziehbar. Zwischen den beiden Gebäuden entsteht damit ein gut proportionierter Hof (Kirchplatz), der auch über die nördlich, vom Mohrenhof herführende Treppenanlage erreicht werden kann.

Der Neubau folgt in seinen Hauptrichtungen dem bisherigen Bestand, wird aber nicht mehr vom Kirchplatz aus erschlossen, sondern vom parallel zur Walterstraße verlaufenden, neuen Verbindungsweg. Diese - vermutlich barrierefreie - Erschließung (Höhenangaben fehlen) wird dadurch ermöglicht, dass die vorhandene Stützmauer und die Treppenanlage weggenommen und durch eine neue Maueranlage ersetzt werden. Der südliche Zugang zum Kirchengrundstück entfällt dagegen ersatzlos, der Eingang des Neubaus liegt seitlich des Wegs an der engsten Stelle des Durchgangs.

Die Kritik an der Erschließung des Gebäudes setzt sich auch in der inneren Organisation des Gebäudes fort. Im Erdgeschoss ist nur der große Saal, das Foyer und zwei Nebenräume angeordnet. Das Behinderten-WC wird - kaum brauchbar - direkt vom Saal aus erschlossen, die dargestellte Treppe ist zu klein, um die Höhen zu den übrigen Geschossen überwinden zu können. Deutliche Kritik erfährt auch der große Saal selbst, der in zwei Teile stark unterschiedlicher Raumhöhen aufgeteilt wird. Aussagen zur gewünschten Teilbarkeit fehlen. Eine denkbare Teilung der beiden Raumhälften scheitert an der fehlenden getrennten Erschließung. Die beiden Gruppenräume und der Besprechungsraum im Obergeschoss sind vom oberen Foyer aus gut erreichbar. Die Räume reichen bis in den First des Satteldachs hinauf, was zu ungewöhnlichen Raumproportionen führt. Zum Umgang mit der im Saal dargestellten Tragwerkskonstruktion in den übrigen Räumen des Obergeschosses werden keine Aussagen gemacht. Die vorgeschlagenen, großen Verglasungen der Gruppenräume in den EG-Saal werden nur mit aufwendigen Brandschutzverglasungen möglich sein.

Positiv gewürdigt wird die Lage der Gemeindebüros auf der untersten Ebene, die gut und separat vom Mohrenhof aus erreichbar sind. Lage und Anordnung der übrigen Räume (z.B. Gartengeräte, Hausmeisterwerkstatt), die vom zu den Gemeindebüros gehörigen Flur erschlossen werden, sind dagegen nicht nachvollziehbar. Der geplante gemeinsame Aufzug für Personen und für den Transport von Essen, Getränken und Küchenutensilien lässt erhebliche Zweifel an dessen Nutzbarkeit aufkommen. Dazu gehört auch die Lage der Küche im Untergeschoss anstatt auf Saalebene.

Um im UG die Raumhöhe für Aufenthaltsräume zu erreichen, wird vorgeschlagen, die Bestandsbodenplatte tiefer zu legen. Die Möglichkeit Teile der Bestandskonstruktionen weiter zu nutzen, wird damit stark eingeschränkt und wegen der nötigen Ertüchtigungsmaßnahmen kaum wirtschaftlich darstellbar.

Das landschaftsarchitektonische Konzept bleibt sehr im Vagen und lässt eine klare Haltung vermissen sowie stringente Lösungsansätze mit den gestellten Herausforderungen (städtebauliche Einbindung, Topografie, Zugänglichkeiten, Verbindung Innen/Außen + Schwellenräume, Klima + Regenwassermanagement). Die Infragestellung der aktuellen Treppenanlage an der Walterstraße wird vom Preisgericht grundsätzlich begrüßt, die vorgeschlagene Lösung mit einem vollständigen Verzicht an dieser Stelle wird jedoch sehr kritisch diskutiert und ein Mehrwert infrage gestellt. Im Gegenteil resultieren daraus sogar erheblich längere Wege; die Kirche wird zur zweiten Adresse hinter dem Gemeindehaus, diesen konzeptionellen Fehler vermag auch die hinter den Parkplätzen am historischen Standort rekonstruierte Treppenanlage nicht zu heilen.

Positiv beurteilt das Preisgericht das Entstehen eines fließenden, durchlässigen Stadtraums, der aus dem Rückbau des Mittelbaus resultiert. Jedoch nutzen die Verfasser*innen die Potentiale, aus dieser spannenden räumlichen Konstellation attraktive, qualifizierte und qualitativ hochwertige Räume zu schaffen, kaum aus.
Umgang mit dem Bestand

Umgang mit dem Bestand

Lageplan

Lageplan

Grundriss Erdgeschoss

Grundriss Erdgeschoss

Ansicht Süd

Ansicht Süd

Fassadendetail

Fassadendetail