Nichtoffener Wettbewerb | 06/2024
Neubau Förderschule in Lünen
©ACMS Architekten, Wuppertal | atelier noise
Gemeinschafts-Herz | Forum
3. Preis
Preisgeld: 48.000 EUR
Architektur
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Verfasser:
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Mitarbeitende:
Erläuterungstext
Förderschule Lünen – mit offenen Armen
Die Überschneidung der beiden Bumerangs bildet das Herz der Schule und ist innerer „Platz“ mit Sitzstufen und Vertikalerschließung. Der zweigeschossige Luftraum mit seiner intensiven Tageslicht-Ausleuchtung verdeutlicht die besondere Bedeutung als Ort der Gemeinschaft.
Die Raumtrennung in den Clustern erfolgt über Leichtbauwände oder flexibel über raumteilende Möbel. Die Flurwände werden wahlweise raum- oder flurseitig um Nischen oder Schränke ergänzt. Nutzungsabhängig sind auch verglaste oder teilverglaste Gefache möglich.
Die Fassaden werden als hochwärmegedämmte Holztafel-Elemente vor den Rohbau gestellt. Der hohe Holzanteil der Konstruktion ermöglicht neben den ökologischen Vorteilen auch eine im Schulalltag erlebbare Qualitäten: anregende haptische und olfaktorische Eigenschaften, subjektiv erhöhtes Wärmeempfinden und damit einhergehend hohe Behaglichkeit. Die getroffene Materialauswahl wurde auch für die Fassaden mit einer vertikalen Holzschalung berücksichtigt. Die freundliche und leichte Atmosphäre passt zum Ort und zur Nutzergruppe und kann bzgl. seines Nachhaltigkeitsanspruchs charakterprägendes Zeichen für das Ensemble werden.
Alle Dachflächen erhalten eine extensives Gründach, ergänzt mit aufgeständerter PV Anlage.
Auf eine aktive Kühlung kann durch Aktivierung der Betonanteile innerhalb der Holz-Beton-Verbunddecke mittels Nachtauskühlung verzichtet werden. Die Gebäudehülle kann hinsichtlich der Dämmstandards problemlos dem Passivhaus-Standard angenähert werden.
Die Beleuchtung erfolgt auf Basis einer LED-Technik. Die Beleuchtung der Klassenzimmer wird präsenz- und tageslichtabhängig geregelt. Die umfangreichen PV-Flächen auf den Dächern ermöglichen einen hohen Eigenstromanteil. Zusätzliche können Batteriespeicher installiert werden. Der hohe Warmwasserbedarf im Bereich der Duschanlagen kann zusätzl. über Solarkollektoren mit entsprechend ausgelegten Pufferspeicher gedeckt werden.
Zahlreiche Baumneupflanzungen, begrünte Dächer, Retentionsmulden im Norden und eine differenzierte Kraut- und Strauchschicht in den dichten Rändern sorgen für ein angenehmes Kleinklima und eine positive Klimabilanz.
Städtebau und Raumbildung
Auf der weiträumigen Fläche am Fuße der Halde Victoria werden die Schul- und Sportgebäude des Neubaus Förderschule Lünen als freie Formen platziert. Mit ihren Gebäudeflügeln schieben sie sich raumbildend in das baumfreie Gelände. Es entstehen unterschiedlich gestaltete, gefasste Freiräume, von denen jeder seinen besonderen Charakter erhält.
Über den Stichweg von der Jägerstraße erreichen die Schüler den Vorplatz ihrer Schule. Hier sind auch sämtliche Busparkplätze mit kurzem Weg zum überdachten Eingang angeordnet.
Die Gebäudeform ist Willkommensgeste und Sinnbild für den herzlichen Empfang seiner Schüler. Durch die zentrale Erschließung des Schulgebäudes ist eine einfache Orientierung und gute Auffindbarkeit gegeben. Vom zentralen Foyer können sich die Nutzer innenräumlich verteilen oder den Schulhof erreichen, der wiederum durch Werkstatt- und Sportbauten eine schützende Fassung erhält. Nordöstlich weitet sich vor den Gebäudeflügeln der Lerngemeinschaften der naturnahe Außenbereich mit abgesetztem Wohngebäude und Schulgarten auf.
Gemeinsam Lernen
Das Schulgebäude fügt sich aus der Form zweier gebogenen Flügel. Ein „Bumerang“ ist eingeschossig und nimmt die Gemeinschaftsfunktionen der Schule auf. Aula und Speisebereich können flexibel mit vielfältigen Spiel- und Bewegungsbereichen und dem Schulhof zusammen-geschaltet werden. Im zweiten Flügel mit Orientierung zum Vorplatz ist der Verwaltungsbereich angeordnet, ergänzt um einen eigenen Gartenbereich für das Schulteam.
Der zweigeschossige Bumerang orientiert sich zum ausgedehnten Schulgarten und gliedert sich in vier überschaubare Lerngemeinschaften zentral die Inselräume. Ihre Foren mit vielfältigen Rückzugs- und Bewegungs-optionen sowie differenzierter Belichtung öffnen sich über Terrassen bzw. den offenen Galeriegang direkt zum Garten, und ermöglichen so eine vom Grün geprägte Lernatmosphäre
Die Überschneidung der beiden Bumerangs bildet das Herz der Schule und ist innerer „Platz“ mit Sitzstufen und Vertikalerschließung. Der zweigeschossige Luftraum mit seiner intensiven Tageslicht-Ausleuchtung verdeutlicht die besondere Bedeutung als Ort der Gemeinschaft.
Sport- und Werkstätten
Sporthalle und Schwimmbad werden gemeinsam über ein durchgestecktes Foyer erschlossen, das auch außerschulische Gäste empfängt. Die separaten Umkleidebereiche ermöglichen eine unabhängige Nutzung der beiden Sportbereiche. Im Untergeschoß ist eine Technikzentrale als bivalente Versorgungseinheit für das gesamte Schulquartier ausgebildet.
Der Werkstattflügel bildet das Pendant zum Sportflügel und orientiert sich wie dieser mit einem schützenden Vordach zum Schulhof.
Brandschutz und Barrierefreiheit
Das Gebäude wird mit flexiblen Lernbereichen als Cluster gemäß dem „Forschungsprojekt Brandschutz im Schulbau“ ausgebildet. Die einzelnen Gebäudeflügel sind in jedem Geschoss als getrennte Brandschutzcluster organisiert, in denen jeweils keine notwendigen Flure und damit auch keine teuren Raumabschlüsse mit Brandschutzqualitäten notwendig sind. Jede Einheit erhält einen ersten gebauten Rettungsweg, im EG ebenerdig direkt nach außen, im OG jeweils über eine Außentreppe. Der zweite gebaute Fluchtweg kann über die Halle nachgewiesen werden. Im Brandfall wird diese zu den Gebäudeflügeln jeweils mit einer Brandschutztür verschlossen.
Das gesamte Gebäude kann effizient mit nur einem Aufzug an zentraler Stelle rollstuhlgerecht erschlossen werden.
Ressourceneffizienz durch Hybridbauweise
Das Gebäude ist in Hybridbauweise mit hohem Holzanteil entworfen, mittels derer die Baustoffe bauteilspezifisch eingesetzt werden. Bodenplatte, Stützen und Brandabschnittswände werden in Stahlbeton ausgebildet. Mit der so gewählten Skelettbauweise kann eine optimierte Flexibilität in den Grundrissen bereitgestellt werden. Die Decken sind als vorgefertigte Holzbetonverbunddecken geplant. Tragenden Holzrippen, werden um Stahlbetonplatten in der Druckzone ergänzt und bleiben sichtbar. Im Zwischenraum der Holzrippen werden raumakustisch wirksame Werkstoffe integriert.
Die Raumtrennung in den Clustern erfolgt über Leichtbauwände oder flexibel über raumteilende Möbel. Die Flurwände werden wahlweise raum- oder flurseitig um Nischen oder Schränke ergänzt. Nutzungsabhängig sind auch verglaste oder teilverglaste Gefache möglich.
Die Fassaden werden als hochwärmegedämmte Holztafel-Elemente vor den Rohbau gestellt. Der hohe Holzanteil der Konstruktion ermöglicht neben den ökologischen Vorteilen auch eine im Schulalltag erlebbare Qualitäten: anregende haptische und olfaktorische Eigenschaften, subjektiv erhöhtes Wärmeempfinden und damit einhergehend hohe Behaglichkeit. Die getroffene Materialauswahl wurde auch für die Fassaden mit einer vertikalen Holzschalung berücksichtigt. Die freundliche und leichte Atmosphäre passt zum Ort und zur Nutzergruppe und kann bzgl. seines Nachhaltigkeitsanspruchs charakterprägendes Zeichen für das Ensemble werden.
Alle Dachflächen erhalten eine extensives Gründach, ergänzt mit aufgeständerter PV Anlage.
Nachhaltigkeits- und Energiekonzept
Aufgrund der hohen Belegungsdichte von Schulgebäuden und den damit einhergehenden hohen inneren Wärmequellen liegt der Hauptfocus zur energetischen Optimierung auf dem Bereich der Kühlung, Beleuchtung und einem rationellen Lüftungsbetrieb. Das Gebäude erhält eine zentrale Lüftungsanlage mit Zu- und Abluft sowie zentraler Wärmerückgewinnung für die Heizperiode. In der Übergangs- und Sommerzeit erfolgt eine Wärmerückgewinnung mittels Wärmepumpe aus dem in den Sportstätten platzierten Warmwasser-Pufferspeicher. Zur Reduktion der Luftmengen wird die Zuluft als Quellluft eingebracht. Die Abluft wird im oberen Raumbereich abgesogen. Zu- und Abluftkanäle werden umlaufend im oberen Flurwandbereich geführt. Kreuzungen mit der Trägerstruktur, welche die Geschosshöhe minimiert, werden gänzlich vermieden.
Auf eine aktive Kühlung kann durch Aktivierung der Betonanteile innerhalb der Holz-Beton-Verbunddecke mittels Nachtauskühlung verzichtet werden. Die Gebäudehülle kann hinsichtlich der Dämmstandards problemlos dem Passivhaus-Standard angenähert werden.
Die Beleuchtung erfolgt auf Basis einer LED-Technik. Die Beleuchtung der Klassenzimmer wird präsenz- und tageslichtabhängig geregelt. Die umfangreichen PV-Flächen auf den Dächern ermöglichen einen hohen Eigenstromanteil. Zusätzliche können Batteriespeicher installiert werden. Der hohe Warmwasserbedarf im Bereich der Duschanlagen kann zusätzl. über Solarkollektoren mit entsprechend ausgelegten Pufferspeicher gedeckt werden.
Freianlagen
Die Freiräume der neuen Förderschule in Lünen entwickeln sich in mehreren Schichten ausgehend vom Herzen des Schulgeländes. Der zentrale Schulhof wird charakterisiert durch eine intensiv nutzbare Zone mit etwas höherem Versiegelungsgrad. Es schließen sich wiesenhafte Bereiche, die zum Toben aber auch Entspannen einladen, an. Rund um das Gelände entwickelt sich ein dichter Saum, der im Osten der Naturerfahrung im Schulalltag und im Norden als Verknüpfung zum angrenzenden Baumbestand dient. Gliederung und Identität stiftet zusätzlich die Ost-West-Grünachse zwischen der Halde Victoria und der östlichen Ausgleichsfläche.
Ankunft und Abholung der Schüler:innen findet auf dem südlichen Vorplatz statt. Neben Kraftfahrstellplätzen sind hier noch 20 Fahrradstellplätze um die zentrale Grüninsel angeordnet. Mitarbeiter:innen und außerschulische Nutzer:innen nutzen den westlichen Parkplatz, die Fahrradabstellmöglichkeiten am Sportgebäude und den Fußweg im Norden. Der Fußweg schlängelt sich durch den neu entstehenden Waldrand und bietet in Nischen kleine Outdoorsportmöglichkeiten. Der dichte grüne Saum zieht sich im Osten des Gebiets weiter nach Süden und bietet Platz für einen „Pfad der Sinne“ und Versteck- und Spielangebote unterm Baumdach. Westlich daran schließen die beiden durch Topografie voneinander abgegrenzten Stufenbereiche mit viel Platz für Bewegung und Kommunikation an. Alles wird gefasst von der Flitzerunde, die auch auf den inneren Schulhof erweitert werden kann. Der Schulhof kann vielseitig und intensiv für Feste und den Schulalltag genutzt werden. Es gibt Platz für Spiel und Essen im Freien, eine Bühne, eine Kletterwand und auch einen Witterungsschutz. Am Übergangsbereich zwischen Schulhof und grünem Hof in unmittelbarer Nähe zur Übungswohnung ist der Schulgarten verortet. Die Lage macht ihn für alle gut zugänglich und zu einem im Schulalltag präsentem Ort.
Zahlreiche Baumneupflanzungen, begrünte Dächer, Retentionsmulden im Norden und eine differenzierte Kraut- und Strauchschicht in den dichten Rändern sorgen für ein angenehmes Kleinklima und eine positive Klimabilanz.
Beurteilung durch das Preisgericht
Mit »offenen Armen« als gebaute Willkommensgeste empfängt die Schule ihre Schüler*innen und Lehrenden. Der Baukörper orientiert sich richtig mit einem einladenden Eingang zur Erschließungszone mit Busvorfahrt und einem großzügigen Vorplatz an der Jägerstraße. Hier sind überzeugend die Funktionen Gemeinsame Mitte, Lerngemeinschaften und Verwaltung zu einem kompakten und doch offenen Baukörper gebündelt angeordnet und das Ensemble bezieht in umfassender Geste den Schulhof mit ein.
Das Schulgebäude fügt sich aus der Form zweier gebogener Flügel. Ein eingeschossiger »Bumerang« übernimmt die öffentlichen
Funktionen mit Verwaltung und der Gemeinsamen Mitte - ein zweigeschossiger Flügel bildet den Raum für die Lernbereiche im Erdgeschoss und im Obergeschoss.
Das Foyer als Herz der Schule verknüpft die Funktionen in der Schnittmenge der Bumerangs überzeugend und übersetzt den Wunsch der Schule nach mehr Begegnung im Schulalltag in eine transparente und verbindende Raumkonfiguration. Eine einladende Sitztreppe, der Durchblick zu Bibliothek und die offene Verknüpfung der Lernbereiche in beiden Geschossen sowie eine schöne Ausleuchtung durch ein Oberlichtband sind hier die überzeugenden Elemente der Gestaltung.
Die Lernbereiche überzeugen mit einer offenen Gestaltung und sinnvollen Zonierung der Grundrisse, die sich im Erdgeschoss über eine Terrasse und im Obergeschoss über einen Balkon zum Außenraum öffnen. Es entstehen offene Räume und Rückzugsräume, die die Anforderungen des Schulalltags abbilden - sinnvoll verknüpfen die Inselräume und das Forum jeweils zwei Lerngemeinschaften zu einem »Bumerang«.
Stadträumlich gliedert der Körper überzeugend als Solitär den Außenraum, die Freiräume. So entsteht gerade im Bereich des Anschlusses an die angrenzende Siedlung ein offener Eindruck, der auch den Wunsch der Schule nach einem offenen Bild entspricht. Neben dem Eingangshof werden attraktive Räume im Außenraum mit eigener Ausprägung vorgeschlagen: der grüne Schulhof im Bereich der Klassentrakte, der zentrale Schulhof, der die Anbindung an Sporthalle und Werkräume gewährleistet und als gefasster Raum das Herz der Schullandschaft wird. Er ist aber auch »eigener Raum«, darüber hinaus Außenraum für die Trakte Verwaltung und Schulteam im Südosten. Nach Westen wird der Bereich des Schulhofs durch den eingeschossigen Werkstattbereich gefasst - dem Werkstattcharakter entsprechend öffnet sich dieser mit entsprechender Vordachschutzzone, raumsparend ohne Flurzonen zum Schulhof- dieses wurde kontrovers diskutiert, von der Schule als mögliche Option für den Alltag bewertet.
Als Riegel aus Sporthalle und Schwimmbad bildet der Sportbereich den nördlichen Abschluss zum Grundstück und stellt eine städtebauliche Verbindung zum nördlich anschließenden Sportgelände und dem Karl-Kiehm-Weg, der von Norden nach Süden verbindet, her. Die Positionierung des Sportbereichs wurde kontrovers diskutiert, die Anordnung der großen Volumina im hinteren
Gelände ermöglichen zum Einen eine einladende, niedrigmaßstäbliche Gestaltung des Entrees mit Focus auf die Schulnutzung, zum Anderen wird hinterfragt, ob die Erschließung für externe Nutzer, trotz der hier im Westen längs zur Grundstückskante richtig angeordneten verbindenden Stellplatzanlage zu wenig zentral angeordnet ist. Die separate Erschließung für interne und externe Nutzende überzeugt. Die Übungswohnung wird als eigener Baukörper vorgeschlagen.
Die Setzung als Ensemble mit offener Anbindung über den Schulhof nimmt eine funktionale Einschränkung der Schulnutzung in Kauf.
Die Vorfahrt der Busse ist als Schrägaufstellung in die Platzgestaltung integriert. Dieses erfordert ein Rückwärtsfahren der Busse und
entspricht nicht den verkehrsrechtlichen Vorgaben und wurde kontrovers diskutiert.
Die vorgeschlagene Holzskelettkonstruktion wird im Bereich der Gemeinsamen Mitte aufgrund der erforderlichen Spannweiten hinterfragt.
Insgesamt lässt sich aufgrund der reduzierten Flächenansätze und der gewählten Materialität als Skelett-Konstruktion in Verbindung mit Holzhybridkonstruktion eine nachhaltige Umsetzung erwarten.
©ACMS Architekten, Wuppertal
Konzeptzeichnungen
©ACMS Architekten, Wuppertal | KRAFT.RAUM., Düsseldorf
Lageplan
©ACMS Architekten, Wuppertal
Ansicht Süd Haupteingang
©ACMS Architekten, Wuppertal
Grundriss Erdgeschoss
©ACMS Architekten, Wuppertal
Grundriss Obergeschoss und Untergeschoss
©ACMS Architekten, Wuppertal
Längsschnitt A-A Werken und Hauptgebäude
©ACMS Architekten, Wuppertal
Fassadenschnitt mit Teilansicht