Verhandlungsverfahren | 07/2025
Neubau Fraunhofer IEG Cottbus
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Visualisierung
Zuschlag
Erläuterungstext
Anspruch Unser Anspruch an den Neubau IEG ist die Transformation der nutzereigenen Werte in eine herausragende Architektur und die Schaffung einer überregionalen identitätsstiftenden Wirksamkeit. Neben den städtebaulichen Bezugs- und Vernetzungspunkten innerhalb des Forschungscampus ist die Verdeutlichung der Zusammengehörigkeit der Institutsgebäude Kerngedanke des Entwurfs. Es sollen attraktive, differenzierte moderne Arbeitswelten geschaffen werden, die die Anforderungen an Flexibilität, Wirtschaftlichkeit, Erweiterungsfähigkeit und Nachhaltigkeit aber auch an Individualität bewältigen, mithin eine offene Umgebung generiert werden, die ökologische Aspekte bereits räumlich ganz wesentlich mit einbezieht.
Städtebau | Gebäudekonzept Das städtebauliche Konzept sieht eine präsente Solitärbebauung in exponierter Ausrichtung zur Haupterschließungsstraße und zum Forschungs-Campus als Auftaktgebäude vor. Ein flächeneffizienter Zweibund-Baukörper wird als transformierender Riegel ausgebildet und bietet auf allen Seiten unterschiedliche städtebauliche Qualitäten: Adressbildung, Vorplatz, Raumkante, Grünhof und Hub-Modul für das Technikum. Aus der Gebäudetypologie eines T-förmigen Riegels werden 2 Prioritäten herausgearbeitet - die offene zugewandte Umgebung ´ohne Begrenzung´ und die interne hochverdichtete Technologie-Plattform als interagierende Baumasse - als einheitlicher, gesamthafter Baukörper zusammengeführt. Die Krümmung des Büro-Riegels bildet einen Halbhof-Baukörper, der das quadratische Technikum zweiseitig umfasst. Durch zukünftige Erweiterungsbauten soll die östliche städtebauliche Kante gestärkt werden. Es entsteht ein solitärer Baukörper, der durch seine Verformung und Platzierung auf dem Grundstück zwei besondere, städtebauliche Vorplatzzonen entwickelt. Nordöstlich entwickelt sich ein urbaner Vorplatzbereich mit sehr präsenter Fassade und dem Haupteingang. Dieser bildet den identitätsstiftenden Auftakt des gesamten Campus und wirkt zugleich adressbildend für den Neubau IEG selbst. Im Süden des Flügels entsteht eine ´morphologische´ Gebäude-Einkerbung, die den vorgelagerten Grünraum der Campus-Plaza motivisch aufgreift und einen vermittelnden Übergang zwischen Campus und Forschungsgebäude bildet. Dieses Ensemble-bildende Motiv soll Synergien auf dem Forschungscampus erzeugen und die gemeinsame Nutzung betonen. Die kraftvolle Geste der Einkerbung nimmt zudem ideell Bezug auf die, durch den Braunkohleabbau geprägte Topographie der Lausitz-Region. Kommunikationszonen nehmen mit unterschiedlichen Sicht- und Raumbezügen Kontakt untereinander und zum Außenraum auf und treten so in Interaktion mit der Umgebung. Der Anlieferbereich erfolgt über den östlichen Wirtschaftshof in klarer Abgrenzung zu den öffentlich zugänglichen Bereichen. Für die künftige Erweiterung wird vor Allem eine lineare Verlängerung der Technikumshalle vorgedacht, die dann ebenso zweiseitig mit Büroflügeln eingefasst werden kann und einen logischen Abschluss der urbanen Raumkanten findet.
Grundriss-Organisation Das Gebäude wird sowohl vom Vorplatz als auch vom Grünhof aus erschlossen. Ein durchgestecktes, bidirektionales Foyer verbindet die beiden Eingänge miteinander und führt über den angeschlossenen Empfangsbereich Vis-à-Vis zum Seminarraum, welcher durch seine exponierte Lage zu beiden Vorplatzsituationen eine öffentlich-wirksame und kommunikative Transparenz des Forschungsgebäudes zu Campus und Stadtraum fördert. Ebenfalls an das Besucher-Foyer angrenzend, befinden sich das zentrale, offen gestaltete Treppenhaus mit Sitztreppe und verschmelzendem Pausen- und Aufenthaltsraum. Diese Zonierung schließt als kommunikativer Hotspot unmittelbar an den Grünhof mit Außenbereich an. Das Digi-Lab ist südlich angeordnet und erhält eine direkte Anbindung an das Technikum und den Werkstattbereich inkl. Sichtbezügen mittels Fensterbändern, was zur Förderung der internen Orientierung und Zusammengehörigkeit beiträgt. Die Anordnung der obergeschossigen Büronutzungen erfolgt im Ein- und Zweibundprinzip. Die mittig liegenden Flure werden als Stichflure konzipiert um eine natürliche Belüftung und Tageslichtversorgung zu ermöglichen. Besprechungsräume sowie offen gestaltete Kommunikationszonen mit Teeküchenzeile werden an der Fassade des Hofs angeordnet und dienen der Förderung spontaner Begegnungen. Die Kommunikationszonen werden offen und lichtdurchflutet gestaltet. Die Südfassade wird als begrünte Fassade konzipiert, die den grünen Hof und die ökologische Wirksamkeit prägt und gleichzeitig als solarer Schirm wirkt.
Erweiterung | Brandschutz Das Gebäude ist in zwei Brandabschnitten konzipiert. Das Bürogebäude um den Grünhof bildet den ersten Brandabschnitt, das Technikum mit angegliederter Werkstatt und Lager bildet den zweiten Brandabschnitt. Das Treppenhaus im Ostflügel ist als Nebenzugang vom Logistikbereich und im Hinblick auf die Erweiterungsfähigkeit angelegt. Eine interne Treppe in der Technikumshalle dient einem kurzen Weg in die Halle und als Wartungszugang zur Kranposition und kann als notwendige Treppe herangezogen werden. Das Konzept sieht bereits ein Treppenhaus an der Ostfassade des Gebäudes vor, um bei späteren Erweiterungen eine optimale Anbindung unter Einhaltung der Flucht- und Rettungsweglängen und Reduzierung der später erforderlichen weiteren Treppenhäuser zu ermöglichen. Ein Erweiterungsbau kann somit sowohl direkt an den Baukörper angeschlossen, als auch beispielsweise über Verbindungsbrücken angebunden werden. Durch die geplante Grundrisskonfiguration mit Büroräumen im Norden und Technikumshalle im Süden lässt sich eine flexible und modulare Erweiterung beider Nutzungsbereiche gestalten.
Planungsraster | Konstruktion Die Grundrissorganisation des Gebäudes zeichnet sich durch eine klare Hybrid-Strukturierung aus. Alle Bauteile orientieren sich an dem allgemeinen Holzbauraster von 62,5 cm, um eine Flexibilität bei der Wahl der Konstruktion zu behalten. Büro- und Tragkonstruktionsraster wurden jeweils als ein Vielfaches des Holzbaurasters angewendet. Als Tragsystem wird ein Platten-Stützen-System aus Holzskelettbauweise und Recyclingbeton gewählt, welches durch aussteifende Kerne und massive Wände (Brandwände zum Technikum) ausgesteift wird. Die Konfiguration bietet somit die Möglichkeit flexibler Nach- und Umbaumöglichkeiten und kann auf veränderte Nutzungsbedürfnisse reagieren. Die Stützweiten sind zudem auf ökologische Deckensysteme ausgelegt. Es wird eine hybride Konstruktionsbauweise aus Holzbau und Massivbau angestrebt, welche ökologische und klimatische Vorteile vereint und einen hohen Vorfertigungsgrad erlaubt.
Gebäudehülle | Energiekonzept Ein Großteil der Büroräume ist direkt nach Norden ausgerichtet. Dies ermöglicht eine konstante blendfreie Tageslichtversorgung mit gleichmäßigen Lichtverhältnissen, Ideal für Bildschirmarbeitsplätze. Durch die Ausformung des Baukörpers mit einer konkaven Einkerbung, wird eine Reduzierung der südlichen Fassadenflächen erreicht. Die Büroräume können sich dadurch nach West bzw. Ost orientieren, wodurch der sommerliche Wärmeeintrag verringert wird. Durch die vorgelagerte Grünfassade auf der Südseite wird ein solarer Schirm ausgebildet, der es ermöglichen kann, auf einen außenliegenden Sonnenschutz zu verzichten (neutrale Sonnenschutzverglasung, innenliegender Blendschutz, inkl. Tageslichtlenkung). Die Fassade wird auf der Südfassade des Techikums mit integrierten beweglichen PV-Modulen ausgerüstet. Im Innenraum wird die Nutzung der thermischen Speicherfähigkeit der Betonmasse und Lehmdecken angestrebt. Im Sinne des `Frugalen Bauens´ wird auf einen deutlich reduzierten Ausbau gesetzt und Sichtinstallationen entsprechend als Bestandteil einer zeitgemäßen Arbeitswelt akzeptiert. Die Technik-Installationsebene unter dem Dach dient als Klimapuffer und Nachtlüftungsebene für die Nachtauskühlung.
Gestaltungskonzept Fassade Die Fassaden werden modular aus Holz-Glas-Elementen konzipiert. Der Anteil der transparenten Flächen wird dabei bauklimatisch begrenzt und optimiert. Die geschlossenen Fassadenbereiche erhalten eine Sichtschale aus dunkel gebeiztem Holz, auf der Südseite aus hellem, naturbelassenem Holz – hierdurch wird die konzeptionelle Gestaltung des Hofeinschnittes optisch betont. Die dunkle Tönung umfasst den Baukörper zu einem kompakten, visuell klar erkennbaren Solitär. Die vorgestellten Brüstungen mit Rankgewächsen schaffen ein abwechslungsreiches Fassadenbild: Die Südfassade greift in Verbindung mit dem Hof die Grüne Mitte des autofreien Campus auf und bietet erhebliche mikroklimatische Vorteile. Die Gebäudeform mit dem freigestellten Westflügel in Verbindung mit der Holz- und Grünfassade prägen den Charakter des Campus entscheidend, gerade als Auftaktgebäude und vereint Funktionalität, Ästhetik und ökologische Verantwortung.
Nachhaltigkeit Die Konstruktion des Neubaus und die Auswahl der Materialien erfolgt unter dem Aspekt des Dreisäulenmodells der Nachhaltigkeit im Bauprozess (Ökologische, Ökonomische und soziokulturell-funktionale Qualitäten). Der Neubau ist in Holz-Hybrid-Bauweise mit Lehmmoduldecken und Holzfassaden angedacht. Holz begünstigt als natürlicher, nachwachsender Baustoff eine ressourcenschonende, CO2-optimierte Bauweise, ist vollständig recycelbar und durch eine hohe Langlebigkeit gekennzeichnet. Die Minimierung des Primärenergiebedarfs wird durch die Verwendung von Holz als Baustoff mit optimalen bauphysikalischen Eigenschaften (Wärmedämmeigenschaften und hohe Tragfähigkeit) in Kombination mit dem Einsatz natürlich vorhandener, erneuerbarer Energien (PVT-Anlagen) erzielt. Fassadenbegrünung und Gründach ergänzen die ökologischen Qualitäten des Entwurfs. Ökonomische Qualitäten werden durch die Fertigteilbauweise erzielt. Die Vorfertigung im Werk reduziert die Belastung der Umwelt durch Schmutz, Lärm und Bauabfälle. Die Bauweise begünstigt durch das Konstruktionsprinzip (Holzrahmenkonstruktion mit nichttragenden Wänden) zudem Um- und Nachnutzungsmöglichkeiten und ist für Aufstockungen und Erweiterungen geeignet. Die soziokulturellen und funktionalen Qualitäten werden durch die Bildung zweier vorplatzartiger Gemeinschaftsflächen für Treffen, Kommunikation und Aufenthalt aufgewertet. Im Gebäude werden diese Qualitäten durch die offen gestalteten und lichtdurchfluteten Kommunikations-Hotspots fortgeführt. Weitere Nachhaltigkeitsaspekte, die im Entwurf berücksichtigt wurden:
- Kompakte Bauweise | A/V-Verhältnis von 0,27
- Möglichst geringe Flächenversiegelung | reduzierte Flächeninanspruchnahme
- Flexible Grundrisskonfiguration durch Konstruktionsprinzip und Planungsraster | Flächeneffizienz
- Hauptorientierungen | Reduzierung der Südfassadenfläche | Verbesserung der thermischen Behaglichkeit und des
sommerlichen Wärmeschutzes | hohe Tageslichtversorgung mit optimiertem Fensterflächenanteil von 44%
- Aufenthaltsqualität, Identitätsstiftung | städtebauliche Adressbildung, Vorplätze, offene Kommunikationszonen
- Barrierefreiheit | Zugänglichkeit der Hauptnutzungen, barrierefreie Büroarbeitsplätze möglich
- Nachhaltiges Haustechnik- und Energiekonzept mit Einsatz von:
Solarthermie, PVT-Modulen und Dachbegrünung, Fassadenbegrünung und Mikroklima, Nutzung von Abwärme
- Kreislauf-optimierte Materialwahl, recyclierbar und ressourcenschonend, natürliche Materialien
- Rückbau | Trennung und Verwertung (leicht trennbare Bauteilschichten, Sortenreinheit und Wiederverwertbarkeit)
- Reinigung und Instandhaltung (Schmutzfangzonen, robuste Bodenbeläge, Fußbodenleisten, Zugänglichkeit Glasflächen
- Regenwassermanagement | -Kreislauf
- Frugales Bauen | Low-Tech
- Lebenszykluskosten
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Grundriss EG
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Ansicht | Schnitt
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Piktogramme
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Fassadenschnitt
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Konstruktion
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Lageplan