Nichtoffener Wettbewerb | 06/2024
Neubau Grundschule Bad Neuenahr-Ahrweiler
©GROW, studiopenta
Anerkennung
Preisgeld: 7.333 EUR
Landschaftsarchitektur
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Verfasser:
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Mitarbeitende:
Erläuterungstext
Leitidee & Entwurfsgedanke
Unter dem Leitgedanken einer neuen Adresse für die Grundschule Bad Neuenahr-Ahrweiler entsteht an der Weststraße in Ahrweiler ein neues Schulgebäude im bestehenden Ensemble aus dem Bestandsbau der alten Grundschule im Westen sowie der Turnhalle im Osten. Dabei nimmt der ruhige rückversetzte liegende Neubau die Grundschule auf und gibt nach Norden einen Auftaktplatz zur Weststraße frei. In der Idee der Zonierung und Raumgliederung wird die Qualität des bestehenden Ortes erkannt und bewusst fortgeführt. Die Ausrichtung der Gebäudeseiten nimmt dabei eine Haltung zum Ort sowie zur adressbildenden Funktion der Grundschule zur Weststraße sowie geschützten Mitte des Schulhofes nach Westen ein. Der dreigeschossige Neubau gliedert sich morphologisch in das Bestandsensemble ein und bildet räumlich eine Mitte als Gelenk und Verteiler. Der Bestandsbau als Ideenteil wird weitestgehend erhalten und neu zum zentralen Auftaktplatz orientiert. Als Idee eines „Haus des Wissen“ soll hier ein Ort des Austausches und Umweltbildung entstehen.
Freiraumplanung
Die Weststraße bleibt weiterhin die offizielle Adresse der Schule. Der Neubau rückt zurück und schafft so einen einladenden Platz, der Anlaufpunkt und Willkommensbereich ist. Von hier aus begeben sich die Schülerinnen und Schüler vor dem Unterricht zunächst auf den geschützten Pausenhof, wo sie sich in ihren Klassengruppen sammeln. Nach Schulschluss können Eltern ihre Kinder direkt vom Platz abholen. Der gegenüber gelegene Kiss&Go-Bereich gewährt kurze und sichere Wege. Die Gestaltung des Platzes ist schlicht und zugleich einladend, mit langen Stufen, die das Erdgeschossniveau des Neubaus erreichen und barrierefreien Rampen für einen einfachen Zugang. Der westseitige Pausenhof bildet das Herzstück des Freiraums, ein Ort für kreatives Spielen, Bewegung und Kommunikation. Ein heller, nahtloser Asphaltbelag bietet eine robuste Oberfläche für vielfältige Nutzungen, einschließlich Spiel- und Sportangeboten sowie dem Fahrradparcours. Vor der Mensa befindet sich ein Bereich für Außenbestuhlung. Auch der Pausenhof ist durch lange Stufen und Rampen geprägt. Das Geländeniveau orientiert sich am Bestand und ist somit gegenüber dem Neubau leicht vertieft, so dass der Verlust an Retentionsraum im Falle eines Hochwassers vermieden wird. An der Hemmesser Straße befindet sich der direkte Zugang zu den überdachten Fahrradstellplätzen. Weitere Fahrradstellplätze befinden sich an der Sporthalle und seitlich des Hauptzugangs. Sie sind von der Weststraße zu erreichen. Die Anlieferung der Mensa wird separiert von den Schulzugängen ostseitig verortet. Die Entwässerung der Oberflächen erfolgt gezielt in die neuen und auch vorhandenen Gehölzstandorte. Durch die Nutzung von Baumrigolen können große Wassermengen aufgenommen und während Trockenphasen zurückgehalten werden. Entlang der südlichen und westlichen Grundstücksgrenze werden zudem Mulden angelegt, um überschüssiges Wasser auf dem Grundstück zurückzuhalten.
Architektonisch räumliches Konzept
Das Leitmotiv des Neubau ist eine ruhiger, kompakter horizontaler Baukörper. Das Hervor- und Zurücktreten des erdgeschossigen Volumens gibt nach Norden zum Vorplatz einen überdachten Eingangsbereich frei, nach Süden schiebt sich wiederum der eingeschossige Mensabereich heraus und bildet eine Höhenabstaffelung zum umliegenden Freiraum. Durch den Windfang des Haupteingang sowie die westseitigen Eingänge gelangt man in die zentrale Pausenhalle. Mit Einblick in alle Funktionsbereiche, sowie durch den Grünpatio und Oberlicht zoniert, wird dies zum Verteiler und gemeinsamen Herzstück der Schule mit Zugang zur Mensa und dem Mehrzweckraum mit direkter Verbindung zum zentralen Schulhof. Für externe Veranstaltung wird die Pausenhalle zum separierbaren Empfangs- und Foyerbereich mit Garderobenbereich, welcher direkt mit den Räumen der Mensa und dem Mehrzweckraum vernetzt werden kann. Über zwei großzügige Tageslichttreppen gelangen die Schülerinnen und Schüler im Schulbetrieb direkt in die jeweiligen Mitten der Lerncluster als Auftakt zur Lernlandschaft ab dem ersten Obergeschoss. In kompakter Raumbildung legen sich hierbei die Unterrichtsräume eines Clusters in L-Form an jeweils eine zentrale Clustermitte. Von dieser werden die flexibel zuschaltbaren Differenzierungsräume sowie der zentrale Ruhe/- und Spielraum mit Blick in die Grünatrien erschlossen. Eine solch kompakte Bauweise erlaubt eine hochgradige visuelle Vernetzung zwischen den Unterrichtsräumen mit der Clustermitte, schafft kurze Wege und lässt unterschiedliche Nutzungszenarien zu. So kann von einer kompletten Vernetzung der Clustermitte und Öffnung aller Räume zu einem fließenden Raum, auch der Ruhe/- und Spielraum mittig geteilt und jeweils als zusätzlicher Differenzierungs-/Möglichkeitsraum mit 30m2 jeweils separat einem Cluster zugeordnet werden. Vielfältige Orte des Lernens an den Lichtatrien mit Blick in die Unterrichtsräume, Garderoben direkt vor den Unterrichtsräumen, sowie den Clustern direkt zugeordnete Lehrmittel und Sanitärräume, ergänzen das Clusterkonzept und machen diese zu einem geschützten Ort für die Schülerinnen und Schüler. Die kompakten räumlichen Zuordnungen zu den jeweiligen abkoppelbaren Einzelclustern, die klare Verortung der Erschließungsbereiche und der dienenden Räume, unterstützen den inklusiven Ansatz sowie das Konzept der Ganztagsbetreuung weiter.
Konstruktion & Nachhaltigkeit & Wirtschaftlichkeit
Ausgangspunkt ist die Idee eines einfachen, langlebigen Hauses. Dabei bildet der Grundriss in seiner funktionsgerechten, kompakten Organisation und wirtschaftlichen Spannweiten, das Fundament einer bedarfsorientierten Architektur und Konstruktion. Die Kubatur bietet hierbei grundsätzlich die Möglichkeit einer Holzbauweise sowie der Massivbauweise ergänzend für die Bauteile zum Erdreich. Die klare Gebäudestruktur – mit ihrer Aufteilung in zwei Kernbereiche mit den Sanitärräumen und Fluchttreppenhaus sowie den dazwischen aufgespannten Funktionsbereichen - und eine vorgeschlagene elementierte Bauweise, versprechen außerdem eine kurze Bauzeit sowie eine einfache, solide Konstruktion. Das hierdurch erreichte hohe Maß an Standardisierung, bei hoher Qualität der werkseitigen Bauteile, erlauben ein werthaltiges und langlebiges Gebäude. Der kompakte Neubau weist ein optimales AV- Verhältnis auf und verringert somit deutlich Transmissionswärmeverluste. Alle ständigen Aufenthaltsräume sind dabei an der Außenfassade orientiert.
Beurteilung durch das Preisgericht
Der Entwurf schlägt eine Adressbildung der neuen Grundschule an der breiteren und der Stadt mehr zugewandten Weststraße vor. Diese Lösung schreibt die bisherige Zugangssituation des Schulstandortes fort und bietet die Chance, die gesamten Freiflächen zur Hemmesser Straße hin als geschützten Schulhof auszubilden. Erkauft ist diese Lösung durch einen Teilabriss des bestehenden Riegels an der Weststraße, der als Haus der Bildung zusammen mit dem Sporthallenbau und dem mittigen Schulneubau eine Art Campus-Situation als großzügigen Vorplatz und Auftakt zum Schulgelände anbietet. Der Mehrwert dieses Eingriffs in den Bestand wird kontrovers diskutiert.
Im Freiraum zeichnet sich die Arbeit durch einen Platz des Ankommens und eine deutliche Adressbildung aus.
Die klare Formsprache und Zonierung des Außenraumes schaffen ein ruhiges Grundgefüge in welchem die verschiedenen Nutzungen ihren Platz finden.
Durch die Lage des Baukörpers inmitten des Baufeldes ergeben sich räumliche Zwänge welche hinsichtlich der Größe des Schulhofes seitens der Jury sehr kontrovers diskutiert wurden.
Auch das Spielangebot kann für den Standort Grundschule nur partiell überzeugen. Der übermäßig hohe Grad an Versiegelung wird für eine heutige Schulhofgestaltung hinsichtlich der Freiraumplanung als nicht mehr zeitgemäß betrachtet.
Der von Ost nach West umlaufende grüne Rahmen schafft eine ruhige Fassung des Baufeldes und unterstützt die einzelnen Zonierungen des Entwurfs, zusätzlich werden durch bewusstes Absenken von Teilen der Grünanlage Flächen zur Retention geschaffen.
Der Entwurf geht mit den topographischen Anforderungen durch die Ausbildung von Treppen und Rampen behutsam und angemessen um.
Der Entwurf favorisiert eine kompakte bauliche Lösung in einem rechteckigen dreigeschossigen Baukörper, der das Grundstück sinnvoll in drei charakteristische Bereiche Ankommen, Pausenhof und Fahrradhof gliedert. Die Materialisierung mit horizontalen Geschossbändern aus farbiger Keramik und Holzfasseden orientiert sich am Bestandsbau und verspricht eine harmonische Einfügung in den Gesamtkontext.
Im Erdgeschoss des Gebäudes siedelt der Entwurf als große zusammenhängende Fläche die kollektiven Nutzungen an, die sich aufgrund der spezifischen Lage des Gebäudes großzügig zum Innenhof öffnen lassen. Auf der gegenüberliegenden Seite ist der offene Bereich eingefasst durch eine L-förmiges Band aus zugeordneten Funktionsbereichen Bibliothek, Verwaltung und Hausmeisterbereich. Der Entwurf verspricht durch diese Grundanordnung eine vielfältige und komplexe Nutzung der kollektiven Bereiche. In der Durcharbeitung sind die Ausrichtung und die Beziehungen der Teilbereiche untereinander wenig überzeugend ausgebildet: Die Mensa wird zur Hälfte in einem aus der klaren Kubatur erdgeschossig ausscherenden Anbau untergebracht, der die südliche Fensterfront der Mensa hart an die Grundstücksgrenze setzt. Der Mehrzweckraum als eingestellte Box an der Westfassade lässt wenig erahnen, wie dieser Bereich mit Foyer, Mensa und Außenbereich in ein sinnvolles Zusammenspiel treten könnte. Die im Foyer platzierten Lichthöfe - Grünpatio und Oberlicht- wirken eher trennend und störend als den kollektiven Bereich der Schule sinnvoll zonierend.
In den beiden Obergeschossen des Gebäudes befinden sich je zwei Cluster, die über getrennte Treppenhäuser erschlossen werden und in dadurch die Schülerströme wohltuend entzerren. Während die Klassenräume, die auch untereinander verbunden werden können, ringförmig an der Fassade angeordnet sind, befinden sich die Clustermitten mit den ihnen zugordneten Differenzierungs- und Spielflächen sämtlich im Gebäudeinneren an zwei kleinen Atrien, eingeschlossen hinter der ringförmigen Flurerschließung der Klassenräume. Grundsätzlich stellt sich die Frage, weshalb Fluchttreppenhäuser und Sanitärkerne an den belichtungstechnisch wertvollen Gebäudeecken angeordnet werden, wohingegen pädagogisch relevante Flächen wie Clustermitte, Differenzierungs- und Förderräume innenliegend an wenig einladenden Atrien angeordnet sind. Der Entwurf hat seine Qualität in der kompakten Bauweise und komprimierten Anordnung des Raumprogramms.
In Summe liefert der Beitrag städtebaulich einen erfrischenden Ansatz im Umgang von Gebäudekubatur und Flächenzonierung, kann jedoch in seiner Ausformulierung, dem hohen Grad an Versiegelung und den sich durch das Entwurfskonzept ergebenden Zwängen nicht umfassend überzeugen.
©GROW, studiopenta
Schwarzplan
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