Nichtoffener Wettbewerb | 04/2025
Neubau Grundschule in Neufahrn bei Freising
©dürschinger architekten
Grundschule Neufahrn Freising
Anerkennung
Preisgeld: 12.000 EUR
Erläuterungstext
Mit dem Entwurf für die neue Grundschule Neufahrn entwickelt das Team von Dürschinger Architekten mit WGF Landschaftsarchitekten eine städtebaulich klare Setzung, die den nordöstlichen Ortsrand stärkt und das gesamte Schul- und Bildungsquartier stärkt. Der dreigeschossige Kopfbau definiert mit adressbildender Maßstäblichkeit den östlichen Ortseingang und schreibt die Körnung der benachbarten Jo-Mihaly-Mittelschule fort. Einladende, überdachte Laubengänge dienen als räumliche Filter und wettergeschützte Verbindung zwischen den Schulen und zu den Freibereichen, während der erhaltene Baum- und Gehölzbestand zum tragenden Naturelement des Pausenhofs wird und als Grünfilter wirkt.
Das Herzstück des Neubaus ist das zentrale, tageslichtversorgte Treppenhaus mit vorgelagerten Arena-Sitzstufen. Es verbindet großzügig die gemeinschaftlich genutzten Bereiche im Erdgeschoss – wie die flexibel zuschaltbare Aula und Mensa – mit den Lernbereichen in den Obergeschossen. Dieses klare Orientierungsmuster setzt sich in den oberen Clusterbereichen fort: Jeweils zwei Cluster mit vorgeschalteten Ganztagesbereichen gruppieren sich um eine zentrale, belebte Mitte und können zu größeren Einheiten verbunden werden. Die Raumstruktur bietet vielfältige Nutzungsmöglichkeiten und unterstützt differenzierte Lernformen, auch auf zuschaltbaren Außenterrassen.
Die durchdachte Organisation mit kurzen Wegen, die klare Trennung von internen Schulabläufen und extern zugänglichen Bereichen wie Aula und Mensa (auch für außerschulische Nutzung), sowie die Betonung von natürlichem Tageslicht und geschützten Außenräumen legen die Grundlage für einen funktionalen und pädagogisch wertvollen Schulbau. Die Gestaltung fördert Orientierung, Begegnung und bietet gleichzeitig geschützte Lern- und Aufenthaltsbereiche bei hohem gestalterischem Anspruch und städtebaulicher Prägnanz.
Beurteilung durch das Preisgericht
Der dreigeschossige Neubau ergänzt die bestehende Mittelschule und formt ein spannungsvolles Gesamtensemble. Der Neubau wird in Ost-West-Richtung im südlichen Bereich des Grundstückes positioniert. Verbunden werden Grund- und Mittelschule mit geschwungenen Dächern, die die ansonsten klare orthogonale Struktur von beiden Schulen auflockert. Der besondere Reiz dieser gestalterischen Idee liegt in der Ausbildung eines neuen, eingerahmten Schulhofes zwischen den Gebäuden und den Verbindungsdächern. Beide Schulen werden so ideell und tatsächlich in Verbindung gesetzt. Es entsteht ein zusammenhängendes Ensemble aus Grund- und Mittelschule, bei dem die Eigenständigkeit der beiden Schulen erhalten bleibt.
Die Mittelschüler:innen erreichen über die überdachten Laubengänge die gemeinsam genutzte Aula und Mensa. Die Höhendifferenz der beiden Schulen wurde dabei nicht berücksichtigt. Die Grundrissstruktur des Erdgeschosses folgt den gerundeten Dächern für ein Stück, endet dann jedoch relativ willkürlich und an beiden Seiten unterschiedlich. Die Trennung von Gebäude und Dach wirkt an dieser Stelle undefiniert.
Die Erschließung der Grundschule erfolgt über den innenliegenden Pausenhof. Bedingt durch die nicht an der Straße liegende Erschließung erhält die Schule keine Adressbildung und der Eingang ist schwer auffindbar. Die erforderliche Einfriedung des Pausenhofes schwächt die Idee der durchfließenden Freifläche zwischen den Gebäuden und unter den Dächern.
Der Eingang im Zentrum des dreigeschossigen Gebäudes schafft ein Raumkontinuum von Mensa, Eingang und Aula, dass sich zur Pausenfläche öffnet. Die Platzierung des Lehrerzimmers in diesem Bereich zwischen Mensa und Eingang wird eher nachteilig beurteilt. Die geschlossenen Fassaden der Mensaküche zur Straße steht etwas im Widerspruch zu der offenen Laubengangstruktur.
Das Gebäude ist ansonsten klar und nachvollziehbar strukturiert. Die zentrale Treppe erschließt die Cluster der Obergeschosse ausreichend großzügig. Die Cluster sind funktional organisiert, die gemeinsamen Clustermitten sind von außen über die Stirnseite belichtet. Für Unterricht und Ganztagsbetreuung bietet der vorliegende Entwurf praktikable Lernbereiche mit viel Tageslicht. Die Verkehrsflächen bzw. freien Flächen und die gemeinsamen Mitten in den Obergeschossen sind zu großzügig gestaltet. Eine Trennung von lärmintensiven und ruhigen Bereichen gibt es nicht.
Die Garderoben liegen ungünstig innerhalb des Ganztagesbereich. Die Räume für Förderunterricht und Lernwerkstatt sowie die Fachräume befinden sich im Erdgeschoss und sind während des Unterrichts nur auf längerem Weg zu erreichen.
Gewürdigt wird die klaren Orientierbarkeit im Gebäude. Die Funktionsverteilung im Gebäude ist schlüssig und überzeugend. Die Verwaltung ist erdgeschossig, leicht auffindbar, nahe des Eingangs positioniert und durch einen externen Zu-gang mit den Parkplätzen verbunden. Der Gang vor diesen Räumen hat nur wenig Licht und bildet zugleich eine Lärmschneise. Die Anlieferung der Mensaküche erfolgt ungestört vom Schulbetrieb.
Die zwei Zugangsplätze für die Schulen sind ausreichen groß. Der geringe Grünanteil in der „Grünachse“ Schulstraße und Parkplatz schwächt die Vor-plätze und wird kritisiert. Die Anordnung der Funktionen Sport, Schulgarten und grünes Klassenzimmer im Süden und Osten ist richtig, die Anbindung zur Mittelschule und Sporthalle ist gut gelöst.
Das Zugangskonzept bzw. die Einfriedung zum Pausenhof mit Eingangsbereich zur Schule ist zu prüfen. Der Anteil der befestigen Flächen erscheint hoch. Spielangebote im Pausenhof sind nicht zu erkennen, die vorgeschlagenen Ruhebereiche in den Grüninseln des Innenhofs erscheinen als nicht praktikabel. Der Böschungsbereich zur Mittelschule ist nicht gelöst. Der Erhalt der bestehenden Bäume wird angezweifelt.
Das Brandschutzkonzept wird durch einen umlaufenden Fluchtbalkon erfüllt, was eine große Freiheit in der inneren Organisation ermöglicht und zusätzlich einen baulichen Sonnenschutz bringt, jedoch auch konstruktiv aufwändig ist. Die vorgeschlagene modulare vorgefertigte Holzelementbauweise mit Holzbetonverbunddecken verspricht eine nachhaltige Erstellung. Die tragende Struktur der Obergeschosse findet im Erdgeschoss im Bereich der Mensa und Aula keine Fortsetzung und wird kritisiert. Die Ausführung der Laubengangdächer erfordert einen wirtschaftlichen Mehraufwand.
Die ausgebildeten Fluchtbalkone mit den bodengebundenen Fassadenbegrünung reagiert gut auf die Klimawandelrisken. Im Zusammenhang mit dem angestrebten EG40-Standard fehlen die erforderlichen Angaben, jedoch hat der ersichtliche Konstruktionsgedanke bereits das Potential diesen Standard mit entsprechender TGA auch zu erreichen. Der Verglasungsanteil ist im Sinne der Energieeffizienz zu groß. Die Sonderformen der gebogenen Fassade im Erdgeschoss und des Laubengangs erhöht die Erstellungs- und Instandhaltungskosten im Lebenszyklus. Das Nachtlüftungskonzept erscheint nicht gelöst.
Das Konzept der Bildung eines Gesamtensembles mit der Mittelschule wird gewürdigt, die Arbeit stellt einen interessanten Beitrag zur gestellten Aufgabe dar.
©dürschinger architekten
Grundschule Neufahrn Freising
©dürschinger architekten
Grundschule Neufahrn Freising