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Nichtoffener Wettbewerb | 12/2024

Neubau Grundschule Neuburg am Inn

Innenraum Cluster

Innenraum Cluster

3. Preis

Preisgeld: 9.750 EUR

DIEZINGER ARCHITEKTEN

Architektur

Wamsler Rohloff Wirzmüller FreiRaumArchitekten

Landschaftsarchitektur

Thomas Egger Modellbau | Frässervice

Modellbau

Erläuterungstext

STÄDTEBAU
Die neue Grundschule wird als markanter und eigenständiger Baustein in das bestehende städtebauliche Gefüge integriert. Der kompakte Baukörper tritt in einen spannungsvollen Dialog mit den Großformen der Hofstelle Pell, der Kirche und der Bestandschule. Durch die harmonische Einbettung in die natürliche Topografie entsteht eine nahtlose Verbindung zwischen dem Kirchplatz und der neuen Ankunftszone am Pell-Anwesen, was sowohl städtebauliche Spannung als auch ein Gefühl der Zugehörigkeit erzeugt. Die bewusst einfache Gestaltung des Daches, bestehend aus aneinandergereihten Satteldächern, unterstützt die Einbindung in das Umfeld und schafft eine angenehme Maßstäblichkeit. Der Versatz des zweigeschossigen Baukörpers sorgt für eine klare räumliche Gliederung der Zugangs- und Freibereiche der Grundschule und verbindet den Landschaftsraum mit den öffentlichen Anbindungen. Der Naturraum, der Baumbestand und die Topografie werden weitestgehend erhalten und gestärkt. Die bestehende Schule bleibt erhalten und wird in das städtebauliche Konzept integriert, wodurch eine Nutzung als Musikschule sowie als Lern- und Veranstaltungsort für die Gemeinde ermöglicht wird.

ERSCHLIESSUNG
Die neue Grundschule öffnet sich selbstverständlich mit ihrem Hauptzugang zum Kirchplatz. Die fußläufige Erschließung erfolgt über landschaftlich gestaltete, sanft ansteigende Wege von der Schulstraße aus, optimal getrennt von der Fahrerschließung. Die Busanbindung und die Anlieferung der Mensa erfolgen von der gegenüberliegenden Bahnhofsstraße aus. Die Pausenhalle, das Herz der Schule, dient sowohl als Ankunfts- als auch als Verweilort. Der diagonale Raumverbund mit dem Speisebereich schafft sowohl Orientierung als auch Übersichtlichkeit. Die Erschließung der Lernwohnungen erfolgt zentral über einen großzügigen Luftraum. Jede Lernwohnung verfügt über vorgelagerte Loggien mit Freiraumbezug und direkten Zugang über Außentreppen. Die Anbindung an die Turnhalle erfolgt direkt und überdacht von den Garderoben aus. Alle Bereiche des Gebäudes sind barrierefrei über einen Aufzug erreichbar.

FUNKTION
Die Pausenhalle bildet mit den gemeinschaftlich genutzten Bereichen das Herz der Schule. Ganztags- und Kreativbereich sind sinnvoll im Erdgeschoss angeordnet. Diese Räume sind jeweils zusammengefasst und über einen eigenen, multifunktional nutzbaren Marktplatz erschlossen. Der Verwaltungs- und Lehrerbereich ist direkt an die Pausenhalle und den Hauptzugang angebunden. Ein separater Außenzugang bietet gute Erreichbarkeit und kurze Wege für Lehrer und Personal. In den Schulferien ist dieser Bereich zudem eigenständig von außen erreichbar. Die Klassenbereiche befinden sich im Obergeschoss und werden als zwei Lernwohnungen organisiert. Eine großzügige Mittelzone schafft die Verbindung zum gemeinschaftlichen Bereich der Pausenhalle und integriert übergeordnete Funktionen wie die zentrale Garderobe. Jeweils fünf Klassenräume bilden zusammen mit den Gruppen- und Differenzierungsräumen eine flexibel gestaltete Lernwohnung. Das Herzstück jeder Lernwohnung ist der zentrale Marktplatz, der sich über die zwischen den Klassen gelegenen, transparent gestalteten Differenzierungsräume erweitert. Vorgelagerte Loggien schaffen zusätzliche Transparenz, Freiraumbezug und dienen als erweiterter Unterrichtsraum. Teamraum und Nassbereiche sind jeder Lernwohnung eigenständig und auf kurzem Weg zugeordnet.

BRANDSCHUTZ
Jede Lernwohnung wird als eigenständiger Brandabschnitt mit einer maximalen Grundfläche von 600 m² ausgeführt. Jeder Brandabschnitt verfügt über zwei unabhängige bauliche Rettungswege. Dadurch kann innerhalb der Lernwohnung auf zusätzliche Brandschutztrennungen verzichtet werden, was eine flexible und offene Raumgestaltung ermöglicht.

GESTALTUNG
Der vorgeschlagene Baukörpertypus besteht aus aneinandergereihten Satteldächern, die sowohl eine Zugehörigkeit zum Ort schaffen als auch einen maßstäblich gegliederten Baukörper formen. Dieser Baukörper hat eine klare Zeichenhaftigkeit und vermittelt die Nutzung als Schule eindeutig. Der Holzbau wird mit einfachen, im Detail fein gestalteten Holzfassaden vorgeschlagen, die eine deutliche Strukturierung und Gliederung aufweisen. Die Sockelzonen sind robust und widerstandsfähig aus Beton ausgeführt, um Langlebigkeit und Stabilität zu gewährleisten. Die Fensterflächen sind funktional optimiert in Größe und Ausformung und mit baulichen Sonnenschutzelementen versehen. Die räumliche Gestaltung zeigt die Konstruktion, wo möglich als fertige Oberflächen. Sichtbaren Holzoberflächen unterstützen das offene und wohnliche Konzept der Lerncluster und tragen zur angenehmen Atmosphäre bei.

WIRTSCHAFTLICHKEIT UND NACHHALTIGKEIT
Die robuste und elementierte Bauweise als Holzhybrid reduziert den erforderlichen Aufwand an grauer Energie erheblich und trägt durch den hohen Anteil nachwachsender Rohstoffe zu einer ausgezeichneten ökologischen Bilanz bei. Der hohe Vorfertigungsgrad und das konsequente Konstruktionssystem ermöglichen eine wirtschaftliche und schnelle Montage. Der natürliche Werkstoff Holz zeichnet sich durch eine hohe Lebensdauer aus und erfordert bei sachgerechtem Einbau, vernünftiger Dimensionierung und entsprechender Vorbehandlung nur minimalen Unterhalt. Die Stahlbetonmassivkonstruktionen der erdberührten Zonen im Erdgeschoss werden aus Recycling-Beton vorgeschlagen, was den Aufwand an grauer Energie weiter reduziert und die ökologische Bilanz verbessert. Oberflächen werden, wo möglich, als endfertige und robuste Oberflächen in Holz und Sichtbeton ausgeführt. Dies ist sowohl nachhaltig als auch wirtschaftlich. Die Deckenelemente aus Holz sind werkseitig mit akustisch hochwirksamen Oberflächen ausgestattet. Ergänzt durch absorbierende Einbauten und Vorhänge bietet das Raumkonzept hohe räumliche, atmosphärische und akustische Qualitäten.

ENERGETISCHES KONZEPT
Der kompakte Baukörper ist mit einem optimalen A/V-Verhältnis konzipiert. Die hocheffiziente Gebäudehülle ist hinsichtlich der Tageslichtanteile und transparenten Flächen optimiert und entspricht den Dämmwerten des Passivhausstandards. Starre Sonnenschutzelemente in Verbindung mit Sonnenschutzmarkisen sorgen für den erforderlichen sommerlichen Wärmeschutz. Für die Gebäudetechnik wird ein Low-Tech-Konzept vorgeschlagen, das durch die konsequente Reduktion mechanischer und technischer Anlagenteile sowohl einen wirtschaftlichen Betrieb als auch optimale Raumkonditionen ermöglicht. Die Lüftung der Klassenräume erfolgt über Fensterlüftung. In den Marktplätzen wird Zuluft über eine unterstützende Lüftung eingebracht und über die Nassbereiche abgesaugt, wodurch die Lufteinbringung optimiert und doppelt genutzt wird. Eine Lüftungsanlage wird für die absolut notwendigen Bereiche der Pausenhalle und des Speiseraums dimensioniert, wobei die Luftmenge bei Bedarf den Marktplätzen zur Verfügung steht. Dies reduziert die Anzahl der erforderlichen Lüftungsgeräte und gewährleistet eine optimale Frischluftversorgung in allen Bereichen. Für eine effektive Nachtauskühlung werden geschützt angeordnete Lüftungsflügel angeboten. Die Geschossdecken als Holzbetonverbunddecken bieten gute Speichermassen im Gebäude. Dieses System wird durch eine Flächenheizung unterstützt, die auch zur Kühlung genutzt werden kann. Die erforderliche elektrische Energie für den Betrieb der Anlagen wird weitestgehend durch eine Photovoltaikanlage am Gebäude selbst erzeugt. Die Gebäudekonzeption ermöglicht eine effiziente Nutzung der Dachflächen durch optimale Ausrichtung. Die begrünten Dachflächen dienen zusätzlich als Retentionsdach und Wasserrückhalt, was den PV-Ertrag steigert und die thermische Qualität im Sommer verbessert. Der Energiebedarf für Beleuchtung wird durch den konsequenten Einsatz von LED-Technik reduziert. Die Energieversorgung erfolgt CO2-neutral über die bestehende Fernwärme.
FREIRAUMKONZEPT - EINE SCHULE IM GRÜNEN
Die unterschiedlichen Nutzungszonen des Schulgeländes entwickeln sich aus der dörflichen Struktur und der topografischen Situation des Geländes. Ein in den Hang gelegter, baumüberstandener Fußweg führt von der Dorfmitte zum Haupteingang. Kinder, die mit dem Bus kommen, gehen ebenfalls durch Wiesen zur Schule. Die Buszufahrt wird dabei in einen Walnusshain gelegt, eine „Obstwiese“ bildet somit den dorfgemäßen Übergang des Pellhofes zur Landschaft. Der Topographie folgend entwickelt sich der Pausenhof von der Schule über den Wiesenhang zum einhegenden vorhandenen Baumbestand. Es entsteht eine vielfältige nutzbare und abwechslungsreiche Pausenfläche: Wiesen, Kräuterrasen und Obstbäume prägen den Freibereich, Holzklettergerüste laden zum Kräfte messen ein, Inseln mit Sitzstufen erlauben Rückzug und den Unterricht im Freien, im Schulgarten und an den Bienenkästen darf „gegärtnert und geimkert“ werden. Die Freibereiche bleiben dabei, soweit wie möglich unversiegelt. Das Oberflächenwasser der Dächer, der Beläge und des Hanges wird in Regenwassergräben und – mulden gesammelt, zum regenwassergespeisten Wasserlauf und von hier aus weiter zu den Retentions- und Versickerungsflächen geleitet. Die Wasser- und Versickerflächen sind zugleich Spiel- und Erfahrungsort und erhöht die ökologische Vielfalt. Das Überschußwasser wird dabei in Zisternen gesammelt und einer Brauchwassernutzung zugeführt.

Beurteilung durch das Preisgericht

Der Entwurf bietet eine sehr kompakte klare Lösung der Aufgabenstellung. Der maßstäblich angenehme Baukörper mit zwei Geschossen und aneinandergereihten flachen Satteldächern nimmt ländliche Strukturen auf ohne sich anzubiedern. Die Westfassade bildet einen angenehmen Ortsrand. Durch einen gebührenden Abstand und die zurückhaltende Formensprache wird die historische Identität des Pell-Stadls nicht beeinträchtigt.

Die Freianlagen sind wohltuend zurückhaltend gestaltet und geben mit ausgedehnten Wiesen- und Rasenflächen der Natur ausreichend Platz. Unterstützt wird die naturnahe Gestaltung durch sichtbare Gerinne in leicht vertieften Mulden und drei Retentionsmulden zur Ableitung des Regenwassers von den extensiv begrünten Dachflächen. Der Versiegelungsgrad ist erfreulich gering.

Der Weg von der Schulstraße zum Haupteingang führt entlang einer Sickermulde und wird so zum prägenden Gestaltungselement mit einem dörflich naturnahen Charakter. Ob die an der Schulstraße gelegenen Fahrradabstellplätze nicht besser alle am Haupteingang der Schule angeordnet wären, wäre zu prüfen.

Die nah an den Gebäuden verlaufende Wegeführung lässt zumindest im nordwestlichen Bereich des Pell-Hofs ausreichend Platz, um den natürlichen Geländeverlauf aufzunehmen. Die Anlieferung an der Südwest-Ecke des Schulbaus liegt gut. Die Busvorfahrt ist sehr gut in den Freiraum integriert. Die Pkw-Stellplätze werden großenteils im Bestand nachgewiesen.

Die große Öffnung zwischen dem Speisesaal und der vorgelagerten, zum Teil überdachten Terrasse wird sehr wohltuend empfunden. Die optische Verbindung von Innen und Außen wird im Gebäude bis zum Haupteingang fortgeführt und trägt so wesentlich zur Attraktivität der Ankunftssituation in der Pausenhalle bei.

Leider bestehen in der inneren Organisation einige Mängel. Die vertikale Erschließung ins Obergeschoss ist zu eng, die Verwaltung schwer auffindbar bzw. die Wegeführung unattraktiv. Die Zugänglichkeit des vorgeschlagenen Pausenbereichs (im vorhandenen Baumbestand westlich des Gebäudes) über die Mensa wird vermutlich zu Konflikten führen. Die Zugänglichkeit der Anlieferung Küche ist nicht nachvollziehbar.

Der Ansatz mit unterschiedlichen Raumhöhen im unteren Geschoss auf das Gelände zu reagieren ist vorhanden, aber durch unstimmige Darstellung in Grundriss und Ansicht nicht wirklich nachzuvollziehen.

Ungewöhnlich ist, dass sich die Garderobe im Obergeschoss befindet; das ist vermutlich dem Ansatz geschuldet, dass die Schüler zur Pause direkt von den Klassenräumen über elegant eingeschnittene Treppen nach unten ins Freie gelangen sollen. Die Lernwohnungen sind klar zugeordnet jedoch wären die Marktplätze bei Schließung der großen Differenzierungsräume aus funktionalen Gründen nur noch von oben belichtet, was kritisch gesehen wird.

Der Entwurf bleibt in allen Kennzahlen (Grundfläche, Verkehrsflächen etc.) deutlich unter den Durchschnittswerten und stellt damit eine sehr wirtschaftliche Lösung dar. Allerdings sind die Technikräume nicht ausreichend, so dass dafür ggf. weitere Flächen geschaffen werden müssten.

Die Arbeit stellt eine gelungene Lösung dar, die zurückhaltend auf die vorhandene Topographie und in einer modernen Formensprache auf die ländliche Situation reagiert.
Lageplan

Lageplan

Erdgeschoss

Erdgeschoss

Obergeschoss

Obergeschoss

Schnitte

Schnitte

Fassade

Fassade

Modellfoto

Modellfoto