Nichtoffener Wettbewerb | 11/2024
Neubau Gymnasium in Überlingen
©Birk Heilmeyer und Frenzel Architekten / Kraft.Raum Landschaftsarchitektur / Nicolai Becker Images
4. Preis
Preisgeld: 14.000 EUR
Tragwerksplanung
Wagner Zeitter Bauingenieure GmbH
Brandschutzplanung
Erläuterungstext
Der Bildungscampus in Überlingen wächst seit jeher durch Erweiterungen und strukturelle Optimierungen. Berufsschule, Realschule und Gymnasium bilden eine vielseitige Komposition unterschiedlicher Baukörper, die sich harmonisch in das umgebende Wohngebiet einfügen und immer stärker miteinander verbunden werden. Die neu geschaffene Campussporthalle und der erweiterte Raumbedarf haben eine Umstrukturierung ermöglicht, bei der Bildungs- und Sportbauten durch grüne, trichterförmige Erschließungszonen entlang der Obertorstraße im Norden und der Sankt-Johann-Straße im Süden verbunden werden. Dadurch entsteht ein Campus ohne Rückseiten, der von allen Seiten gut zugänglich ist.
Die Rauensteinstraße wird vom Pkw-Verkehr ausgeschlossen und entwickelt sich zu einem zentralen Boulevard, der die Schulen miteinander verbindet und als lebendiger Treffpunkt der Campusgemeinschaft dient. Ein neu geschaffener, geschützter Freiraum in der Mitte des Campus bietet Platz für eine grüne Campusmitte, die als Begegnungsort für Bildung, Freizeit und Veranstaltungen dient.
Im Außenbereich des neuen Gymnasiums an der Obertorstraße entstehen großzügige Aufenthaltsbereiche mit Sitzmöglichkeiten unter Schatten spendenden Bäumen. Der südliche Pausenhof bietet polygonale Grünflächen, Beete, Sitzbänke und Spielbereiche mit fest installierten Elementen wie Klettergerüsten und Balancierbalken sowie ein hölzernes Sonnendeck. Ein „Grünes Klassenzimmer“ mit Rasensitzstufen, eine Streuobstwiese und ein multifunktionales Sportfeld regen zur Nutzung im Freien an. Der westliche Teil des Campus wird naturnah gestaltet und mit heimischen Pflanzen als Biotop zur Förderung der Flora und Fauna angelegt. Ein Schulteich und ein Gemüse- sowie Kräutergarten ergänzen die Anlage.
Das neue Schulgebäude ist als Holzhybridkonstruktion geplant und vereint nachhaltige Bauweisen mit einer energieeffizienten Gebäudetechnik, die größtenteils ohne mechanische Lüftung auskommt. Die Lernräume für die Klassenstufen 5 bis 10 sowie die Veranstaltungsbereiche und das „Learning Center“ für die Oberstufe schaffen durch flexible, clusterbasierte Raumnutzung eine offene Lernumgebung. Ein großzügiges Treppenhaus verbindet die Etagen und bietet zudem Fluchtwege ins Freie. Die natürliche Belüftung durch Querlüftung, effiziente Dämmung und der Einsatz von Wärmespeicherwänden sorgen für ein stabiles Raumklima. Das Dach des Neubaus wird begrünt und mit PV-Anlagen ausgestattet, um den Energieverbrauch weiter zu optimieren und nachhaltige Kreisläufe zu unterstützen.
Beurteilung durch das Preisgericht
Der sehr kompakte Baukörper wird ganz in Richtung Obertorstraße geschoben. An der Obertorstraße befindet sich der nördliche der beiden Hauptzugänge, der an dieser Stelle richtig sitzt. Er nimmt die Schüler und Schülerinnen, die von Norden kommen auf. Durch den geringen Abstand zu Obertorstraße entsteht leider kein angemessener Vorplatz, der für eine Schule an dieser Stelle wichtig ist. Eine Identitätsbildung wird dadurch deutlich erschwert.
Durch den kompakten nach Norden gerückten Baukörper entsteht auf der Südseite ein Maximum an Raum, der für einen großen Abstand zum bestehenden Gymnasium sorgt, das erst zwei bis drei Jahre nach der Fertigstellung abgerissen wird.
Die Qualitäten des Entwurfs liegen in der Organisation des Erdgeschosses. Unmittelbar nach dem Eingang im Norden befinden sich leicht auffindbar die Verwaltung mit Sekreta-riat. Eine kurze Verbindung zum Pädagogikbereich im Obergeschoss fehlt leider. Die Durchwegung der Schule zieht sich von Norden nach Süden und verbindet alle wichtigen Funktionen wie Haupttreppe, Aula und Mensa. Durch einen geschickten Versatz der Er-schließung nach der Haupttreppe formt sich eine großzügig gestaltete Aula an die separat nutzbaren Bereiche anschließen. Hierdurch entstehen vielfältige Nutzungsmöglichkeiten für das Erdgeschoss. Die Mensa liegt in unmittelbarer Nähe zur Aula und lässt sich so als zusätzliche Erweiterung bei Bedarf nutzen. Durch die Großzügigkeit wird dieser Bereich zum Mittelpunkt der Schule. Ein zweiter Zugang verbindet diesen Bereich mit der südlichen Schulhoffläche.
Positiv werden die beiden Lichthöfe gewertet, die bis zum Erdgeschoss geführt werden und die Innenbereiche aufgrund ihrer Größe gut mit Licht versorgen.
Die Großzügigkeit im Erdgeschoss setzt sich leider nicht in den Obergeschossen fort. Es entstehen stellenweise innenliegende Flurbereiche, die eher an eine Flurschule erinnern. Die Clusterflächen funktionieren innerhalb der Klassenstufen gut. Der zentral im Cluster gelegene Marktplatz mit der Belichtung über den Lichthof wird positiv bewertet, es liegen fast alle Klassenzimmer an der Klassenmitte. Die Funktionsbeziehungen werden allerdings nicht alle entsprechend den Anforderungen der Ausloberin bezüglich der Anordnung der Räume erfüllt. Die Erweiterung wird über mitgebaute Räume erfüllt. Nach der Erweiterung verlieren die Clusterbereich in den Obergeschossen dadurch allerdings deutlich an Großzügigkeit.
Die Kompaktheit des Gebäudes trägt erheblich zur Nachhaltigkeit bei. Die Fassade mit ausgewogenen Glasanteilen und auskragenden Betonfertigteilen wird eher positiv angesehen, jedoch hinsichtlich der Materialisierung kritisch hinterfragt.
Mit einer vorgehängten Streckmetallfassade schafft das Gebäude einen schönen Bezug zur angrenzenden neuen Spothalle.
Insgesamt stellt die Arbeit insbesondere mit den Erdgeschossbereichen einen guten Bei-trag für das neue Gymnasium in Überlingen dar.
©Kraft.Raum Landschaftsarchitektur / Birk Heilmeyer und Frenzel Architekten
©Birk Heilmeyer und Frenzel Architekten / Kraft.Raum Landschaftsarchitektur / Nicolai Becker Images
©Birk Heilmeyer und Frenzel Architekten / Kraft.Raum Landschaftsarchitektur
©Birk Heilmeyer und Frenzel Architekten
©Birk Heilmeyer und Frenzel Architekten / Kraft.Raum Landschaftsarchitektur