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Einladungswettbewerb | 11/2024

Neubau Hochhaus Baufeld C1 mit Busbahnhof Bredella-Areal in Pratteln (CH)

1. Rang

Preisgeld: 36.000 EUR

BrÀunlin Kolb Architekten GmbH

Architektur

Franz&Sue

Architektur

YEWO LANDSCAPES

Landschaftsarchitektur

ZPF Ingenieure AG · ZPF Structure AG

Tragwerksplanung

VIAPLAN AG

Verkehrsplanung

ErlÀuterungstext

In Pratteln, zehn Bahnminuten östlich von Basel, entsteht auf einem ehemaligen IndustriegelĂ€nde sĂŒdlich des Rheins und direkt am Bahnhof ein neues Stadtquartier. BrĂ€unlin Kolb Architekten und Franz&Sue planen als ARGE-Partner das SchlĂŒsselgrundstĂŒck des Bredella-Areals: ein Hochhaus als nutzungsgemischter Stadtbaustein mit 27 Geschoßen samt Busbahnhof als Teil der neuen MobilitĂ€tsdrehscheibe. In den Obergeschoßen finden ein Hotel und Wohnungen Platz, im Sockel sind Gastronomie, GeschĂ€fte, Fitness und Arztpraxen rund um das fĂŒnfgeschoßige öffentliche Atrium gruppiert. Der von den ArchitekturbĂŒros landschaftlich mitgestaltete Bahnhofsvorplatz verbindet das neue StĂŒck Stadt mit der bestehenden Gemeinde sĂŒdlich der Gleise.

Knotenpunkt und ZentrumsnÀhe
Das neue Stadtquartier liegt direkt am Bahnhof, der sich mit dem geplanten Ausbau in den kommenden Jahren auch zum zentralen Eingangstor fĂŒr die Gemeinde mit ihren 17.000 Einwohner:innen entwickeln wird. Bei der Modellierung des GelĂ€ndes und der Bepflanzung des Bahnhofsvorplatzes dienten die einstigen Auenlandschaften des Rheins als Inspiration. Die BahnhofsunterfĂŒhrung, die Nord- und SĂŒd-Pratteln verbindet, mĂŒndet in einem vertieften Platz, der als großer Schurf in die ĂŒber Jahrhunderte angeschwemmte und geschichtete Erde ausformuliert ist.

Im Sockel die fĂŒnfgeschoßige Wandelhalle
Das Hochhaus ist als Vertical Village konzipiert – ein urbaner Hotspot fĂŒr das Areal, offen und pulsierend im Sockel. Eine mehrgeschoßige Wandelhalle ermöglicht Zugang zu den öffentlichen Terrassen und verknĂŒpft Hotelrezeption, Gastronomie, Gesundheitscluster und Gewerbe. DarĂŒber ein guter Nutzungsmix von Hotel und Wohnen.

OrtsbildprÀgend
Das Projekt ergĂ€nzt die bestehenden HochhĂ€user in Pratteln. Wie immer sind diese Hochpunkte besonders ortsbildprĂ€gend und gibt es hier eine gestalterische Verantwortung gegenĂŒber der Umgebung. In einem mehrmonatigen Werkstattverfahren nach dem Wettbewerbsgewinn entwickelten die Architekt:innen gemeinsam mit der Wettbewerbsjury und den Auftraggeber:innen eine Fassade mit klarer Rasterstruktur, spielerischer Tiefe und einer feinen Variation aus Lisenen und BrĂŒstungselementen. Das Haus ist einheitlich in seinem Gesamtbild, gleichzeitig ist der geschichtete Nutzungsmix spĂŒrbar. Im Erdgeschoß markieren expressive Arkaden die öffentlichen ZugĂ€nge zum GebĂ€ude.

Flexibel in der Nutzung, optimale Bauzeit, nachhaltige Ökobilanz

Die Tragkonstruktion haben die Architekt:innen im Wettbewerb gemeinsam mit ZPF Ingenieure als Skelettstruktur mit massivem Kern konzipiert. Ein Raster aus StahlbetonstĂŒtzen sorgt dabei fĂŒr die geforderte rĂ€umliche FlexibilitĂ€t und Anpassbarkeit in den Regelgeschoßen. Die leichten Flachdecken aus Holz ermöglichen dank Vorfertigung eine schnelle, effiziente Bauweise. Der Bau ist so geplant, dass die Holzuntersichten sichtbar bleiben, die Statik der Flachdecken ermöglicht hinsichtlich LeitungsfĂŒhrung und Adaptierbarkeit im weiteren Planungsprozess mit seinem noch in Entwicklung befindlichen FlĂ€chennutzungen große Freiheiten.

Beurteilung durch das Preisgericht

Das Projekt «ESNFEN» besteht aus zwei klaren und einfachen monolithischen Volumen, dessen stĂ€dtebauliche Setzung aus den Vorgaben des QP entwickelt wurde. Die Bushaltekanten werden diagonal angeordnet, so dass ein erweiterter Vorplatz mit hoher AufenthaltsqualitĂ€t entsteht. Mit grosser Sorgfalt und PrĂ€zision werden die öffentlichen RĂ€ume aktiviert und damit gekonnt eine attraktive rĂ€umliche VerknĂŒpfung von Stadtraum und GebĂ€ude geschaffen. Diese Sorgfalt zeigt sich einerseits im 1. UG/Stadtebene -1, wo der Raum fĂŒr Manöver reduziert und kompakt organisiert wird. Das Resultat sind zur Fassade orientierte, vermietbare GewerbeflĂ€chen, die den nordwestlichen Bereich entlang der Strasse hin zum Kreisel aktivieren und somit intelligent auf das geplante, gegenĂŒberliegende Projekt reagieren. Der durch die diagonale Anordnung der Bushaltekanten vergrösserte Vorplatz vermag als GegenstĂŒck zum bestehenden Bahnhofplatz im SĂŒden agieren. Er verbindet die beiden Stadtteile und bietet den Bewohner:innen sowie Nutzer:innen einen sicheren Ort der Begegnung und des Austauschs. Vom Vorplatz aus sind die verschiedenen Ebenen des Sockels und die kommerziellen Programme direkt ĂŒber ein grosszĂŒgiges, vier Etagen umfassendes vertikales Atrium zugĂ€nglich. Dieses Atrium dient zur internen Orientierung, unterstĂŒtzt die Adressbildung und fungiert als identitĂ€tsstiftendes Element des Projekts. Die nördlichen Haupterschliessungen der Wohnungen sowie des Hotels sind nachvollziehbar. Es wird jedoch diskutiert, ob die ZugĂ€nge zu Hotel und Apartments in das Atrium verlegt werden sollten, um die Erschliessungsorganisation zu vereinfachen und die Begegnung zu fördern. Kritisch hinterfragt wird zudem die Platzierung von ServiceaufzĂŒgen in diesem reprĂ€sentativen Bereich. Das Sockelgeschoss zeichnet sich durch eine mineralische, teils kontrovers diskutierte MaterialitĂ€t aus, die im Kontrast zum verglasten Leichtbauhochhaus (ab 6. OG) steht. Die Gestaltung der Fassade des Hochhauses wurde intensiv diskutiert: Die verglaste Leichtbaufassade wirkt noch zu generisch und bildet das Konzept des in den vielfĂ€ltigen Nutzungen dargestellten vielgestaltigen «Vertical Village» noch nicht ausreichend ab. Ab den Wohngeschossen scheint die Fassade auch nicht mehr mit den Grundrissen ĂŒbereinzustimmen. Dem GebĂ€udeensemble fehlt ein identitĂ€tsstiftender architektonischer Ausdruck, der das Projekt stĂ€rker in Pratteln verankern könnte. Das Preisgericht sieht jedoch das Potenzial, die Fassaden entsprechend zu ĂŒberarbeiten, diese «zu aktivieren» und spezifisch fĂŒr den Ort und die geplanten Nutzungen weiterzuentwickeln. Aus der diagonalen Anordnung der Bushaltekanten und der Platzierung der Taxi- und K+R-PlĂ€tze an der neuen Bahnhofstrasse resultiert viel Raum im sĂŒdlichen Bereich des Platzes, der sinnigerweise als «Ankunftsplatz» bezeichnet und auch so gut genutzt werden kann. Weiter antizipiert die gewĂ€hlte Anordnung der Langsamverkehrsachse entlang der Gleise sowie der AufgĂ€nge die lĂ€ngerfristigen Entwicklungsabsichten der SBB gekonnt. Der wasserdurchlĂ€ssige Belag, GrĂŒnflĂ€chen und locker gestreute BĂ€ume bilden die Basis fĂŒr einen atmosphĂ€rischen und stadtklimatisch angenehmen Raum. Organisch geformte DĂ€cher erstrecken sich ĂŒber den gesamten Platz. Durch Öffnungen in den DĂ€chern ragen BĂ€ume in die Höhe und bilden so eine weitere rĂ€umliche QualitĂ€t. Der Vorschlag hat durchaus das Potential zu einem atmosphĂ€rischen, eigenstĂ€ndigen und identitĂ€tsbildenden Ort. Allerdings wirkt die Gestaltung noch zu wenig prĂ€zise und spezifisch, ja teils etwas aufgesetzt. Des Weiteren wird vermutet, dass die BĂ€ume auf den Haltekanten betrieblich kaum zu realisieren sind, da sie die Ein- und Aussteigebereiche beeintrĂ€chtigen. Ein einzelner, kompakter Kern erschliesst das gesamte GebĂ€ude auf effiziente Weise. Die gewerblichen Nutzungen gruppieren sich um das Atrium, welches sich ĂŒber vier Geschosse bis zu den Terrassen auf dem 4. und 5 OG. erstreckt. Der gesamte Sockel ist durch eine Abfolge von Treppen miteinander verbunden. Auf jeder Ebene entsteht ein Podest, das Zugang zu den GeschĂ€ftsrĂ€umen bietet und flexibel genutzt werden kann. Die Vielfalt der Nutzungsmöglichkeiten innerhalb des offenen Raums ist ĂŒberzeugend. Die beiden versetzten Aussenterrassen im 4. und 5. Obergeschoss schaffen durch ihre rĂ€umliche Trennung ein vielseitiges Aufenthaltsangebot und ermöglichen eine nutzungsspezifische Organisation. Der Grundriss des Hotels ist atypisch. Der Charakter und die GrosszĂŒgigkeit der VerkehrsflĂ€chen, welche sich zwischen Kern und Zimmern ausdehnen, ĂŒberzeugen. Die so entstehende Erschliessungsgalerie ist auf einigen Ebenen nach Westen geöffnet und wird so mit Tageslicht versorgt. Auf anderen Etagen sorgen Unterbrechungen in der Abfolge der Zimmer fĂŒr zusĂ€tzliches Tageslicht. Jedes Hotelzimmer verfĂŒgt ĂŒber einen relativ versteckten und somit privaten Eingang. Die gewĂ€hlte LĂ€rmschutzlösung fĂŒr die BelĂŒftung der Hotelzimmer entspricht durch die Abmessungen erst bedingt den Vorgaben der Fachstelle an ein LĂŒften in einer Pufferzone. Die Wohnungen sind wesentlich effizienter gestaltet als das Hotel und weisen ein angemessenes VerhĂ€ltnis zwischen Nutz- und VerkehrsflĂ€che auf. Kritisiert wird jedoch die Ausgestaltung der KorridorflĂ€chen. Der vorgeschlagene Grundriss wirkt teils noch zu beengt und es fehlt an BegegnungsqualitĂ€t, um dem Konzept des «Vertical Village» noch stĂ€rker gerecht zu werden. Eine vergleichbar Ă€hnlich hohe Aufmerksamkeit wie bei den Hotelbereichen ist auch hier wĂŒnschenswert. Die bodentiefen Fenster fĂŒr die Wohnnutzung sowie die Nutzbarkeit der Loggien als Folge der gewĂ€hlten Proportionen werden kontrovers diskutiert. Alternativ wĂ€re es denkbar, an gewissen Stellen mindestens eine tiefe BrĂŒstung als «Schutz» - im Sinne des Wohlbefindens in einem Hochhaus - auszubilden und andere Abmessungen der Loggias zu wĂ€hlen. Der auf jedem Wohngeschoss vorgeschlagene Gemeinschaftsraum wird als grosszĂŒgige Geste anerkannt. Es wird jedoch bezweifelt, dass dieser aufgrund seiner Grösse, die teilweise der FlĂ€che einer Wohnung entspricht, und seiner Lage die richtige Antwort fĂŒr eine Begegnungszone ist. Vom Kreisel Salinenstrasse gelangt man direkt ins 1. UG mit der Anlieferung sowie den P+R-PlĂ€tzen. Die Rampe ins 2. und 3. UG ist zwischen der Anlieferung und der Einstellhalle angeordnet, was potenziell Konflikte bei den Anlieferungs-RĂŒckwĂ€rtsmanövern verursachen kann. Der Anlieferungsbereich selbst ist etwas beengt, nicht zuletzt aufgrund der seitlich positionierten Rampe. Die öffentlichen VeloabstellplĂ€tze sind entlang des Velotunnels angeordnet und ĂŒber die gesamte LĂ€nge offen. Pendler:innen, die zu den SBB-Perrons möchten, mĂŒssen den Velotunnel passieren, dessen Breite durch eine StĂŒtzenreihe eingeschrĂ€nkt ist. Die privaten VeloabstellrĂ€ume sind durch ein Tor im Bereich der öffentlichen VeloplĂ€tze zugĂ€nglich.

Das Projekt weist hohe Werte in GeschossflĂ€che und GebĂ€udevolumen auf. Die kleinere GebĂ€udehĂŒllenabwicklung fĂŒhrt zudem zu einem positiven Formfaktor zur GeschossflĂ€che. Mit Erstellungskosten der GeschossflĂ€che von unter 3700.-/m2, liegt das Projekt tiefer als die anderen BeitrĂ€ge. Die absoluten Kosten im BKP 2 sind im Durchschnitt. Bei der Effizienzbetrachtung von NutzflĂ€che zu GeschossflĂ€che liegt das Projekt im Durchschnitt, gehört jedoch bei der Betrachtung der vermietbaren FlĂ€che zu den besten Projekten. Teils kritisch hinterfragt wird jedoch, ob fĂŒr die FlĂ€chen, welche sich entlang der inneren, grossen Verbindungstreppe befinden, die angestrebten Ertragserwartungen vollstĂ€ndig erreicht werden können. Die angestrebten FlĂ€chen fĂŒr die Wohn- und Hotelnutzung sowie die ertragsstarken FlĂ€chen fĂŒr den Grossverteiler wurden leicht unterschritten. Der gewĂ€hlte kleine StĂŒtzenraster ist ein notwendiger Ansatz, um wirtschaftliche punktgestĂŒtzte CLT-Decken zu erhalten. Die Gesamtkonstruktionshöhe dĂŒrfte gegenĂŒber einer Betonflachdecke ca. 10-12 cm dicker sein. Bei der vorliegenden Nutzung und den vorgeschlagenen Anordnungen der WohnungstrennwĂ€nde wird der Ansatz der ĂŒber Nutzungseinheiten durchlaufenden Holzdecken schalltechnisch kritisch betrachtet. Wie von den Verfasser:innen angedeutet, ist zu erwarten, dass der Stabilisierungskern in der Querrichtung zu schwach ist. Die erforderlichen zusĂ€tzlichen Stabilisierungselemente schrĂ€nken die FlexibilitĂ€t allenfalls ein.

Das Projekt erreicht die herausfordernden Nachhaltigkeitsziele ausreichend bis gut. GemĂ€ss SNBS werden das gute BegrĂŒnungskonzept, die zahlreichen nicht versiegelten FlĂ€chen fĂŒr die Versickerung und die Tragstruktur mit CLT-Decken positiv bewertet. Kritisch bewertet, werden hingegen die komplexe AusfĂŒhrung der doppelschaligen Fassade und die geringen Spannweiten, welche fĂŒr eine spĂ€tere Umnutzung nicht ideal sind. Weiter zeigt die ÜberprĂŒfung des CO₂-Fussabdruckes (Erstellung und Betrieb), dass die Ziele im Bereich der Treibhausgasemissionen im Betrieb erreicht werden. Aufgrund der Sockelstruktur aus Stahlbeton, dem hohen Untergeschossvolumen sowie der vorgefertigten Fassade aus Beton und Aluminium wird das CO2-Ziel in Erstellung jedoch noch nicht erreicht.

Das Projekt «ESNFEN» schafft eine rĂ€umliche Ver bindung zwischen Stadtraum und GebĂ€ude und vermag als «Eingangstor» mit grosser Sorgfalt und PrĂ€zision den neuen Stadtteil Bredella zu bele ben sowie den bestehenden Stadtteil jenseits der Gleise zu verknĂŒpfen – ein «Vertical Village» als urbaner Hotspot fĂŒr das ganze Areal und die Stadt. Gekonnt erfĂŒllt der Entwurf die Anforderungen der Auslobung und erweitert das Nutzungsspektrum durch flexible und geschickte Raumaufteilungen, die auf verschiedene BedĂŒrfnisse der Nutzer:innen eingehen. Die strukturelle und rĂ€umliche Klarheit und seine Effizienz sowie die gekonnte Umsetzung der Vorgaben des Quartierplans sind ĂŒberzeugend.
Lageplan Großraum Pratteln

Lageplan Großraum Pratteln

Lageplan

Lageplan

FreirÀume und Lobby

FreirÀume und Lobby

Schnitt

Schnitt