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Nichtoffener Wettbewerb | 09/2024

Neubau Hochschulcampus für Lebensmittel-, Ernährungs- und Gesundheitswissenschaften in Kulmbach

Anerkennung

Staab Architekten

Architektur

lml Levin Monsigny Landschaftsarchitekten PartG mbB

Landschaftsarchitektur

Transsolar Energietechnik GmbH

Energieplanung

ifb frohloff staffa kühl ecker

Tragwerksplanung

ZM-I München GmbH

Brandschutzplanung

Erläuterungstext

Weitere Mitarbeitende | Staab Architekten GmbH:
Jakob Steinfelder, Ruben Beilby

Weitere Mitarbeitende | Levin Monsigny Landschaftsarchitekten GmbH:
Aaron Arndt

Die Herausforderung beim neuen Außenstandort der Universität Bayreuth besteht darin, eine starke, identitätsstiftende Struktur zu entwickeln, die sowohl zum Zuhause für die in- und ausländischen Studierenden und Forschenden wird, als auch eine qualitätsvolle öffentliche Erholungsfläche für die Stadt Kulmbach entstehen lässt.
Wir haben uns entschieden, den Campusgedanken wörtlich zu nehmen und die geforderten Funktionen auf einzelne in einen parkähnlichen Grünraum eingebettete Häuser aufzuteilen. Die Gebäude werden über ein Plateau verbunden, das die Eingangsbereiche barrierefrei erschließt und Plätze und Wege zwischen den Gebäuden definiert. Einzelne Felder bilden Übergänge zur 'wilden' Natur, die sich vom renaturierten Bachlauf des Weißen Mains ausgehend bis zur nördlichen Grundstücksgrenze erstreckt. Mit unterschiedlichen Höhen integrieren sich die fünf orthogonalen Gebäude in die organisch gestalteten Parkflächen und lassen den Blick zur Plassenburg frei. Sie sind so platziert, dass sie zur Altstadt und zum Bahnhof einen einladenden Freiraum fassen, der zugleich Ankunftsort und kommunikatives Zentrum des universitären Lebens ist. Weitere charakteristische Orte im Außenraum entstehen am Übergang zur Erschließungsstraße im Norden, in den ruhigeren, naturbezogenen Feldern westlich der Bibliothek und zwischen dem Forschungsgebäude, dem Anzuchtbau und dem Forschungsbau des 2. Bauabschnitts. Weitere Bauschnitte lassen sich in der Logik der versetzt angeordneten, über das Plateau verbundenen Solitäre konsistent ergänzen.

Die Idee des Austauschs als entscheidendem Antrieb für Forschung und Lehre setzt sich in der Gliederung der Gebäude fort. So unterschiedlich sie im Grundriss angelegt sein mögen, folgen sie doch dem gleichen Ansatz: hochinstallierte, klimaempfindliche Nutzungen finden in massiven – vorzugsweise nach Norden ausgerichteten – Kernzonen Platz, während die kommunikativen, flexibel zonierbaren Aufenthalts- und Arbeitsbereiche in einer leichten Skelett-Struktur angeordnet werden. So entstehen vielfältige Übergangszonen zwischen Innen und Außen – von der Passage über die Galerie, dem eingestellten Arbeitsraum bis zum pflanzenbestandenen Wintergarten und zum überdachen Außenraum. Diese Schaufenster universitären Lebens richten sich zu den zentralen Außenbereichen des Campus und laden sie gleichsam mit Leben auf.
Auch mit Blick auf ein ressourcenschonendes Bauen und Betreiben ist die Gliederung der Gebäude sinnvoll: sie bietet den unterschiedlichen Nutzungsanforderungen die jeweils passende Struktur – einfach und flexibel, wo es möglich ist, komplexer, wo es erforderlich ist– und verbindet sie mit einem zukunftsweisenden Energiekonzept.
Die Fassaden spiegeln das Grundkonzept der Gebäude wider und greifen den Charakter der Umgebung auf. Die massiven Baukörper erhalten Fassaden aus Recyclingklinker, während die leichten Übergangszonen von der Struktur des Stahltragwerks und einem größeren Öffnungsanteil geprägt sind. Am Erinnerungsort des historischen Güterbahnhofs sollen Abbruchmaterialien in die Fassade integriert werden, die auf dessen bewegte und heterogene Geschichte aufmerksam machen.

Beurteilung durch das Preisgericht

Städtebau und Erschließung:
Der Entwurf, ein Ensemble aus vier Solitärbauten samt Betriebshaus mit unterschiedlichen Geschossigkeiten, ermöglicht durch seine gestaffelte Bauweise Blickbeziehungen zur Innenstadt hin. Die Gebäude verbinden sich mittels eines über dem Gelände angehobenen Sockels, von welchem aus sie zentral erschlossen werden. Die Bibliothek markiert die Mitte auf dem Campus und setzt so einen angenehmen Akzent. Der sechsgeschossige Forschungsbau schließt in westlicher Richtung den Campus ab. Die Anbindung Positionierung des zweiten Bauabschnitts wird als ungünstig gewertet.

Funktionalität und Gestaltung:
Die Arbeit trennt zu Gunsten eines Universitätscampus die einzelnen Bereiche Forschung, Lehre mit Gewächshaus, und Mensa und schafft hierdurch unterschiedliche Platzsituationen zwischen den Gebäuden über das gesamte Areal hinweg. Die den jeweiligen Baukörpern zugeordneten halböffentlichen Bereiche stehen im Dialog mit dem Außenraum. Es entstehen vielfältige kommunikative Übergangszonen zwischen Innen und Außen, welche den gewünschten Gedanken des lebendigen Austausches fördern.

Die Andienung der Mensa entlang der Fahrradabstellflächen ist kritisch zu beurteilen, auch im Hinblick auf die notwendigen Bewegungsflächen und die somit entstehende freie Ecksituation. Hinsichtlich der Funktionalität der Küche ist die Geschirrrückgabe ebenso kritisch zu betrachten wie die Belichtung des zentral liegenden Küchenbereichs.

Das dreigeschossige Hörsaalgebäude wird in seiner Verortung auf dem Campus und der vorgelagerten halböffentlichen Übergangszone positiv bewertet. Die Verteilung der Verwaltungsräumlichkeiten über mehrere Geschosse wird für die künftige Nutzung kritisch gesehen, ebenso wie das Fehlen der Teeküche im Konferenzbereich. Der dem Forschungsbereich vorgelagerte halböffentliche Bereich des Laborgebäudes ist im Hinblick auf Rückzugsmöglichkeiten zu prüfen. Positiv zu werten ist die grundsätzliche Organisation der im Erdgeschoss angeordneten Praktikumsräume. Kritisch ist der Flächenverbrauch infolge der vertikalen Verknüpfung, ebenso, dass ein Austausch der Fachbereiche über die halböffentlichen Bereiche nur bedingt möglich ist. Tierhaltung und Laboreinrichtung wurden sinnfällig verortet. Im 1. und 2 Obergeschoss werden die Anordnungen und das Fehlen der für die Funktion notwendigen Nebenräume bemängelt.

Konstruktion, Bauausführung:
Die Wahl von recyceltem Beton, Lehmziegeln und Massivholzdecken schreibt den Industriecharakter der gegenüberliegenden Bebauung der ehem. Spinnerei fort. Die „Leichtigkeit der Kommunikation“ in den halböffentlichen Bereichen wird durch die Stahlkonstruktion unterstützt. Die südorientierten großen Glasflächen sind hinsichtlich der Aufheizung kritisch zu sehen. Die verwendeten Materialien lassen eine gute Dauerhaftigkeit erwarten, jedoch fehlt ein plausibles energetisches Gesamtkonzept mit einer sinnstiftenden Verortung der Technikbereiche.

Wirtschaftlichkeit, Nachhaltigkeit, Energieeffizienz:
Der Flächenverbrauch vor allem im Bereich der Verkehrsflächenausbildung in den Gebäuden ist als negativ in Bezug auf die Wirtschaftlichkeit zu werten, ebenso wie das ungünstige A/V-Verhältnis.

Qualität und Funktionalität der Außenanlagen:
Der Übergabepunkt für die Erschließung des Campus an der Rampe wird schleifenförmig von der Innenstadt kommend im Bogen am Weißen Main entlang zur Campusmitte geleitet, was als angemessen und großzügig empfunden wird. Die zurückhaltende Gestaltung der Freiflächen erscheint vor dem Hintergrund des in hohem Maße überplanten Grundstücks angemessen.