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Einladungswettbewerb | 03/2022

Neubau Honswerkstatt auf dem Honsberg in Remscheid

Plan 1 + 2

Plan 1 + 2

2. Preis

Preisgeld: 3.000

endboss GmbH

Architektur

ErlÀuterungstext

I want to know what love is. I want you to show me. 


Diesem Entwurf liegt die Idee und das SelbstverstĂ€ndnis zu Grunde, dass die Architektur selbst zum Werkzeug werden muss und der Raum zum transformativen Ausgangsmaterial, um den Aufgaben auf dem Honsberg gerecht zu werden. Das sind unabsehbare ZusammenhĂ€nge, die unterschiedlich raum(er)greifend und von unterschiedlicher Dauer und atmosphĂ€rischer Beschaffenheit sein werden. Deshalb versteht sich dieser Entwurf formal und inhaltlich als eine, sich immer wieder neuformulierende Einladung teilzuhaben, teilzunehmen und Teil zu werden.  


Damit diese Einladung universell und nicht limitiert auf eine oder wenige Zielgruppen ist, liegt der gesamten Gestaltung der Claim „access is love1“ zugrunde. Wohlwissend darum, dass es tatsĂ€chliche Barrierefreiheit jenseits und abgesehen von DIN-Normen nicht gibt, ist das hier der Versuch trotz allem so viele ZugĂ€nge wie möglich zu schaffen und auch den unsichtbaren Barrieren und Hemmnissen, die ein solcher Ort produzieren kann entgegenzuwirken. DafĂŒr ist neben der GebĂ€udegestaltung die Schaffung einer Vielzahl unterschiedlicher Gelegenheiten der niedrigschwelligen und unkomplizierten Kontaktaufnahme entscheidend. Um dieser Herausforderung und der Anforderung einer forschenden Architektur gerecht zu werden, sieht der vorliegende Entwurf vor, der Bauphase eine tragende Bedeutung zukommen zu lassen und die raumgestaltende Entwicklung iterativ anzugehen, bewusst zu entschleunigen und aktivierend zu öffnen. In Anlehnung an das Prinzip der Slow Architecture folgt schrittweise abwechselnd auf eine Bauphase immer eine Aneignungs- und Aktivierungsphase der neuentstandenen FlĂ€chen und Objekte, sodass parallel zum physischen Bau eine sozialrĂ€umliche Entwicklung stattfinden kann: 


  1. Die Wegeverbindung zwischen dem Garten und der Siemenstraße wird geschaffen und die Rampe fertiggestellt. Dabei entsteht auf der GrundflĂ€che des spĂ€teren GebĂ€udes ein neuer Platz.
  2. Der Platz wird zur Aneignung freigegeben. Im Anschluss wird ein Programmangebot geschaffen, um die FlĂ€che durch gemeinsames Bauen weiter zu aktivieren. Dadurch entstehen erstes Mobiliar und ein Kiosk, der ab sofort nachbarschaftlich, kĂŒnstlerisch und gastronomisch bespielt werden kann.
  3.  Die StĂŒtzen werden aufgestellt

  4. 
und im Anschluss wieder angeeignet.
  5. Vor dem Herbst kommt das Dach und das erste Mal entsteht das GefĂŒhl, bzw. die Vermutung eines neuen Innenraums.
  6. Isolierende AußenwĂ€nde werden angebracht und RĂ€ume im OG entstehen und das Innere der Werkstatt wird durch Kunst fortlaufend weiter angeeignet.
  7. Zuletzt wird die Fassade im vorderen Teil des GebÀudes in einer kollektiven Bauaktion mit gebrauchten Baumaterialien erweitert.


Die gestalterische Übersetzung von „access is love“ ist die Rampe. An sie dockt das GebĂ€ude an – als wandelbare HĂŒlle, die sich gestalterisch zurĂŒcknimmt und stattdessen auf rĂ€umliche Beziehungen fokussiert und deren Entstehung und VerĂ€nderung modular und flexibel ermöglicht. Es geht hier um das Innenleben des GebĂ€udes, daher ist die Fassade zu zwei Dritteln vollverglast. Um das Projekt kostengĂŒnstig und im zeitlichen Rahmen zu realisieren, sollen industrielle Bauweisen mit vorgefertigten Stahl- und Fassadenbauteilen mit voneinander unabhĂ€ngigen Gewerken zu Einsatz kommen. Zur Vermeidung unnötig hoher Betriebskosten kann die Werkstatt in drei unterschiedliche klimatische Zonen unterteilt und nur teilweise beheizt werden. 


Die Architektur verzichtet auf jede Art von Veredelung. Stattdessen soll von Anfang an mit den ansĂ€ssigen KĂŒnstler:innen von Ins Blaue e.V. ein „Kunst-am-in-und-um-den-Bau-Programm“ entwickelt werden, das sich in die Zukunft verstetigen kann und soll. 


Das hier ist also viel weniger der Vorschlag fĂŒr ein „schönes“ GebĂ€ude, sondern vielmehr die Frage danach, ob es nicht möglich ist auch den Begriff der Baukultur zu hinterfragen, anzueignen und umzudeuten – weg von der Disziplin und dem Prinzip von Angebot und Nachfrage, hin zu einem VerstĂ€ndnis und einer Kultivierung des Bauens als kollektive und soziale Praxis.  

Beurteilung durch das Preisgericht

Mehr als der aus Sicht der Jury viele Fragen aufwerfende Vorschlag der prozessual angelegten Baurealisierungsphasen, ĂŒberzeugt konzeptionell ein zentraler Grundgedanke, den die Verfassenden mit dem Claim „access is love“ zitieren. Die Idee einer Rampe, deren Charakter zwischen Teil des GebĂ€udes und Freiraumelement changiert, besitzt einigen Reiz. Mit ihren darunterliegenden FunktionsrĂ€umen bildet sie das RĂŒckgrat des Entwurfs, das als ‚demokratisches‘ bauliches Element von allen Nutzerinnen und Nutzern des Hauses als ‚gemeinschaftlicher‘ Erschließungsweg in das 1. Obergeschoss und darĂŒber hinaus bis zur Siemensstraße fĂŒhrt. Geschickt spannt das in den Hang gesetzte Rampenbauwerk parallel zur Halskestraße, in Verbindung mit dem darauf gestellten GebĂ€udevolumen, zwei stĂ€dtebaulich schlĂŒssig definierte öffentlich zugĂ€ngliche AußenrĂ€ume auf der Nord‐ und SĂŒdseite auf. Weil die Arbeit der architektonischen Gestalt des Hauses bewusst eine nachgeordnete Rolle zuschreibt, schafft es der Entwurf nicht, die Rampe zum selbstverstĂ€ndlichen Teil des Hauses zu machen und dieses auf funktionaler Ebene integral mit der Rampe zu verknĂŒpfen.

Die dienenden RĂ€ume unterhalb der schrĂ€gen Ebene sind sowohl flĂ€chenmĂ€ĂŸig zu klein als auch zu niedrig. Die in das hohe vollverglaste Hallenvolumen eingestellte Empore, wirft in Verbindung mit einer geringen Bearbeitungstiefe der vorgeschlagenen Konstruktionen Fragen zum Abschluss von RĂ€umen untereinander, besonders in parallelen Nutzungsszenarien von Erdgeschoss und 1. Obergeschoss, auf.

Das verfĂŒhrerische Bild einer allseitig offenen, verglasten Halle steht im Kontrast zu den Forderungen nach Robustheit, (baulicher) AnpassungsfĂ€higkeit und einem sparsamen Betrieb und Unterhalt des GebĂ€udes. Auch wenn das zu dem eher komplexen Rampenbauwerk einfach gehaltene Hallenvolumen bei erster Betrachtung das Potential birgt, als neuer Baustein gut in die bauliche wie auch sozialrĂ€umliche Umgebung des Honsbergs zu passen, erscheint das GebĂ€ude einer Mehrheit der Jury nicht als ausreichend gerĂŒstet fĂŒr unklare ZukĂŒnfte.

Die vorgeschlagene Strategie einer „slow architecture“ mit wechselnden Bau‐ und Aneignungsphasen ist nach Ansicht der Jury durchaus problematisch. Die vielen Zyklen von Absperrung, Baustelleneinrichtung, BautĂ€tigkeit und Wiederinbetriebnahme wĂŒrden die stete Umlagerung und Unterbrechung der „Aneignungs‐Setzlinge“ kĂŒnftiger Nutzer:innen bedeuten und bergen hohe Kostenrisiken. Auch kann bezweifelt werden, ob eine solche mehrjĂ€hrige Dauerbaustelle tatsĂ€chlich einen programmatischen Mehrwert fĂŒr das Tun der Urbanen Nachbarschaft und die Menschen im Stadtteil mit sich brĂ€chte.

In der Gesamtbetrachtung sind in der Arbeit AnsĂ€tze fĂŒr einen forschenden Entwurfsprozess auf der Suche nach Lösungen fĂŒr ein bescheidenes, gleichsam identitĂ€tsstiftendes und (weil) sorgsam entworfenes GebĂ€ude letztlich nicht stark genug miteinander verwoben.

Plan 1

Plan 1

Plan 2

Plan 2