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Nichtoffener Wettbewerb | 05/2022

Neubau Institutsgebäude Physik / Nanostrukturwissenschaften an der Universität Kassel

Blick von Süden

Blick von Süden

1. Preis / Zur Realisierung empfohlen

Preisgeld: 117.450 EUR

Birk Heilmeyer und Frenzel Architekten

Architektur

Rieker Planungsgesellschaft mbH

TGA-Fachplanung

str.ucture GmbH

Tragwerksplanung

Dr. Heinekamp Labor- und Institutsplanung

TGA-Fachplanung

Brüssau Bauphysik GmbH

Bauphysik

NICOLAI BECKER IMAGES

Visualisierung

Architekturmodelle Boris Degen Modellbau

Modellbau

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Arbeit bettet sich ganz selbstverständlich in das polygonale Prinzip des städtebaulichen Masterplans ein und entwickelt darüber hinaus neue Facetten bei der Fortschreibung des Campus.
Sowohl in der Übergangsphase des 1. Bauabschnitts als auch in der komplettierten Fassung werden ausgewogene Außenräume und Beziehungen zum Umfeld erzeugt.
Im Zentrum des Campus bildet das spannungsvolle Duett aus Physikbau und NTC eine intelligente Setzung. Es gelingt, den Neubau auf der Südseite so weit zurückzunehmen, dass ein wohltuend großzügiger Vorplatz und gleichzeitig Abstand zum K19 entsteht. Dem kleinen Bestandsgebäude wird Raum gegeben, um als Relikt der Geschichte zur Geltung zu kommen. Der Zugang zum Neubau erhält dadurch einen wohltuenden Auftakt. Geschickt wird eine grüne Böschung zur großen Freitreppe nach Norden angelegt, die zum Haupteingang des Gebäudes lenkt.
Auch der Umgang mit dem NTC ist von großem Reiz. Das Gebäude wird in ein großzügig bemessenes ummauertes Feld eingelassen, damit wird die wahrnehmbare Höhe geringgehalten und ein gestufter baulicher Saum zur Ahne erzeugt. Dem Physikbau wird dadurch spürbar mehr Wirkraum gegeben.
Das Physikgebäude ist konsequent aus dem Städtebau entwickelt. Die große Stärke wird im Einschreiben einer einfachen geometrischen Struktur in die pentagonale Grundform gesehen. Die Grundrisse fächern das Raumprogramm so auf, dass prägnante und übersichtlich angeordnete Raumspangen sowie eine Erschließung mit kurzen, sicheren Wegen entstehen. Ein in die Tiefe des Baufeldes eingeschriebener Hof lässt Tageslicht ins Haus. Die perspektivisch geführte öffentliche Passage entwickelt als frei bespielbare Lerntreppe innenräumlich ein markantes Thema und setzt die räumliche Verkopplung von Nord- und Südplateau an die richtige Stelle. Seminarräume und großer Hörsaal werden dabei einladend angeschlossen. Allerdings wird die vorgeschlagene große Lichtdecke über dem Atrium kritisch gesehen, sie schafft einen hohen Energieeintrag ins Gebäude, der hohe Verglasungsanteil wird kritisch gesehen.
Die zentralen Laborbereiche sind in den parallel angeordneten Spangen übersichtlich organisiert und lassen eine hohe Praktikabilität und Flexibilität für zukünftige Entwicklungen erwarten. Die Büroräume bilden in den Obergeschossen den Ringschluss und schützen die sensible Laborwelt, die nach innen bzw. Norden orientiert ist.
Durch das konsequent vom Bürobereich entkoppelte Laborfeld können jeweils optimale Geschosshöhen für Büros und Labore angeboten werden.
Auf eine zentrale offene Erschließung wird in den Obergeschossen zugunsten einer gut auffindbaren Vertikalerschließung verzichtet. Kleine Etagenfoyers an den Treppenkernen bieten dezentrale Treffpunkte für den Austausch im Haus.
Mit der klaren Struktur des Grundrisses im Hauptgebäude geht ein ebenso schlüssiges wie belastbares Technik- und Installationskonzept einher.
Die Arbeit vermittelt über die allseitig gleichwertige und durchgehende Gliederung der Fassade eine gewisse Beliebigkeit. Die sich eher zurückhaltende Gestaltung der Hülle wird als Fortsetzung der gesamten Entwurfshaltung gesehen, die mehr auf strukturelle Lösung setzt als formale Gesten sucht. So wird auch auf eine Sockelausbildung verzichtet. Der großen, beherrschten Form wird kein neues Thema aufaddiert. Im Material fügt sich das Haus in die metallene Nachbarschaft der neuen Bauten ein. Große Rankstrukturen versehen das Haus mit einem grünen Schleier und versuchen damit, eine zeitgemäße Antwort auf notwendige klimatische Anforderungen zu geben.
Dem NTC fällt in Zusammenhang mit dem großen Physikgebäude die Rolle eines stillen Begleiters zu. Diesem Entwurfsteil wird aus Gründen der hohen Schutzanforderungen wenig Präsenz zuteil, jedoch viel Fläche zugeschrieben. Das Preisgericht wertet dies als interessante konzeptionelle Übersetzung der Aufgabe. Allein die Ausdehnung überschreitet geringfügig die Vorgaben. Zudem fehlt dem Gebäude die notwendige Technikfläche im Untergeschoss. Es wäre zu wünschen, das starke Eintiefen zugunsten eines funktionierenden Technikkonzepts zu überdenken, damit die Funktionalität des NTC gewährleistet ist (Anmerkung: Durch ein weiteres oberirdisches Geschoss verändert sich der städtebauliche Entwurfsgedanke).
Die einfache Kubatur und innere Struktur lassen grundsätzlich eine gute Entwicklung der Nutzbarkeit zu. Die Anlieferung über den Hof erscheint nicht robust genug für den Arbeitsalltag.

Nachhaltigkeit & Energieeffizienz
Die hessischen Vorgaben zur Energieeffizienz, zur Erfüllung des geforderten Niedrigenergiestandards und zur Verwendung erneuerbarer Energien können im Rahmen des Entwurfs voraussichtlich eingehalten werden. Das vorgelegte Energiekonzept und die Ausführung der Gebäudehülle erlaubt den Schluss, dass der durch allgemeine Nutzungen und Büros belegte Teil der Gebäude ohne besonderen Aufwand konditioniert werden kann. Die Relation von Investitionskosten zu Energieeinsparpotential darf als angemessen bewertet werden. Die Entwurfsverfasser sehen die Verwendung von Hölzern und Holzprodukten in der Konstruktion und im Innenausbau, sowie von weiteren ressourcenschonenden Baustoffen vor. Es ist eine extensive Dachbegrünung und eine Regenwasserbewirtschaftung geplant. Die Berücksichtigung dieser Nachhaltigkeitsaspekte wird positiv bewertet.

Wirtschaftlichkeit & Kosten
Der Wettbewerbsbeitrag 1014 liegt - bezogen auf den vorgegebenen Kostenrahmen - in der vergleichenden Kostenbetrachtung nach Kostenflächenarten über dem Wert der Vorgabe aus dem "0"-Projekt, jedoch unter dem Durchschnitt aller Wettbewerbsbeiträge. Der Bruttorauminhalt des Wettbewerbsbeitrags liegt in der vergleichenden Betrachtung unter dem Durchschnitt aller Wettbewerbsbeiträge.

Insgesamt werden der Arbeit klare Haltung und Stimmigkeit attestiert. Auf die komplexen Fragen der Aufgabenstellung antwortet die Arbeit allseitig mit unangestrengter Selbstverständlichkeit. Die gehaltvollen Konzeptideen sind sorgfältig ausgearbeitet sowie technisch untersetzt. Dem Entwurf gelingt es an dieser Stelle, aus dem Spagat zwischen notwendiger Ratio (Laborbau/Technik) und prägnanter Form (Städtebau) zu einer schlüssigen Gebäudetypologie mit zurückhaltendem Auftritt zu gelangen.
Blick auf die Freitreppe

Blick auf die Freitreppe

Lageplan

Lageplan

Einsatzmodell

Einsatzmodell