Nichtoffener Wettbewerb | 05/2022
Neubau Kita mit Schule in Aichwald-Aichschieß
©studio ito + Philipp Schieber
Modell
2. Preis
Preisgeld: 19.000 EUR
Architektur
Philipp Schieber Landschaftsarchitekt
Landschaftsarchitektur
Erläuterungstext
BÄUME BLEIBEN, GEBÄUDE DAZWISCHEN
STÄDTEBAU UND ARCHITEKTUR
Auf dem Wettbewerbsgebiet, vor allem um das Bestandsgebäude herum, stehen zahlreiche Bestandsbäume. Diese sind aus unserer Sicht nicht nur deswegen erhaltenswert, weil sie mit ihren Kronendächern eine natürliche Verschattung zur Kühlung im Sommer anbieten können, sondern auch weil sie identitätsstiftend für den Ort sind. Sie sind Teil der Stadt und mit ihnen sind sicher viele Erinnerungen verbunden. Dazu gehört auch der Pavillon mit seiner Gartenanlage, der neben dem historischen Feuerwehrhaus steht.
Deshalb schlagen wir vor, keine „Kiste“ auf das Grundstück zu setzen, sondern eine „Gruppe“ von mehreren Häuschen in einer Reihe. Diese werden so verschoben, dass die Bestandsbäume und der Pavillon trotz des grossen Volumens des Neubaus erhalten bleiben können. Die Aufnahme der Körnung / Dachlandschaft aus den umgebenden Häusern lässt das neue Gebäude sich gut in die Umgebung einfügen.
Durch das Verschieben des Gebäudes entsteht auf der Pavillonseite (Stadtseite) ein neuer Stadtplatz, während auf der neuen Schulstrassenseite ein Aussenfoyer als Eingangsbereich der Kita und der Grundschule fungiert.
Als Ideenteil haben wir östlich vom Wettbewerbsgebiet drei Einzelgrundstücke mit Satteldachhäusern vorgesehen, die ebenfalls die Körnung der Umgebung aufnehmen. Die bestehenden Bäume bleiben auch hier erhalten und werden in die privaten Gärten integriert.
ANKOMMEN - AUSSENFOYER
Der grosszügig überdachte Eingangsbereich mit dem „gefalteten“ Vordach bietet den Kindern, Eltern und Besuchern einen neuen „Vorplatz“ als Treffpunkt und Ort des Austausches. Die neue Erdgeschosshöhe liegt auf dem gleichen Niveau wie der alte Schulhof im Bestand. Von dort aus gelangt man entweder in die Schule oder in die Kita hinein. Die beiden Eingänge sind, wie gewünscht, separat vorgesehen, können aber über den Essbereich verbunden werden.
KITA
Über einen Windfang mit Kinderwagenabstellraum erreicht man einen hellen, offenen Eingangsbereich, der sich zum Essbereich hin öffnet. Der Essbereich hat direkte Zugänge zum Stadtplatz, sodass diese Aussenfläche als Erweiterung des Essbereichs genutzt werden kann. Die Haupttreppe im Eingangsbereich ist offen und hat Sitzlandschaften, die den Kindern verschiedene Spielmöglichkeiten bieten. Im Erdgeschoss haben wir zwei Ü3-Gruppeneinheiten vorgesehen, während im Obergeschoss die kleineren Kinder ihre Gruppenräume finden. Diese Aufteilung war der Wunsch der Ausloberin. Wir können uns auch genauso gut vorstellen, dass die kleineren Kinder im Erdgeschoss untergebracht werden, damit sie einen kürzeren Weg zum Eingang oder zum Garten haben. Beide Varianten sind in unserer Grundrissstruktur möglich. Die Gruppenräume haben direkte Zugänge zum Aussenspielbereich. Die überdachte Terrasse bzw. der Balkon fungieren als Pufferzone zwischen innen und aussen.
SCHULE
Der Eingangsbereich der Schule lädt die Nutzer in die offene Einrichtung ein. Dieser Bereich kann zusammen mit dem angrenzenden Bewegungsraum und dem Essbereich eine große zusammenhängende Fläche für diverse Veranstaltungen anbietet. Bei gutem Wetter kann man auch das Aussenfoyer mit dazu schalten. Die Gruppe „Kerni“ findet ihren Raum ebenfalls im Erdgeschoss. Die Küchenanlieferung kann über das UG erfolgen. Das Obergeschoss verfügt über einen grossen Balkon und bietet den Kindern einen Gruppenraum und einen Klassenraum an. Diese Räume können optional mit einer flexiblen Trennwand ausgestattet werden.
BAUKONSTRUKTION, MATERIALITÄT UND WIRTSCHAFTLICHKEIT
Wir schlagen vor, den Neubau in Holzbauweise auf einem Betonsockel zu errichten. Wir finden die hochwertige Massivholzkonstruktion mit BSP-Platten sehr gut, da das Gebäude aus „echtem“ Holz entsteht. Die Nutzer können in ihrem Haus das natürliche Material spüren. Wir können uns den Neubau aber auch in Holzständerbauweise vorstellen. In diesem Fall soll für die Wandverkleidung ein geeignetes, robustes Material verwendet werden (z.B. Holz oder Spannplatte mit HPL-Beschichtung).
Die hinterlüftete (sehr wichtig für einen Holzbau!) Fassade mit einer Wärmedämmung aus Holzfaserplatten soll mit einer vertikalen Holzschalung verkleidet werden. Als Schutzschicht für die Holzoberfläche können wir uns entweder eine verkohlte Holzoberfläche oder eine dunkle Lasur vorstellen.
Auf den Satteldächern kann eine PV-Anlage montiert werden oder eine extensive Dachbegrünung vorgesehen werden, die ebenfalls zu einem sehr guten Raumklima beiträgt und zusätzlich das Regenwasser zeitlich „verzögert“ in die Kanalisation einleitet. Die Aufenthaltsräume erhalten alle außenliegende Sonnenschutzelemente. Wir schlagen vor, eine aufklappbare Markise (Markisolette) vorzusehen, um trotz Verschattung den Ausblick in die Natur zu behalten. Die bestehenden Bäume unterstützen zusätzlich die Kühlung im Sommer. Neben der gewünschten mechanischen Lüftungsanlage können die Räume über die bodentiefen Fenster und die Oberlichter natürlich gelüftet werden. Auch eine Nachtkühlung ist somit möglich. Eine zentrale mechanische Lüftung benötigt i.d.R. viel Platz im Gebäude. Wir können uns ggf. auch ein Lüftungskonzept vorstellen, das aus einer Kombination von einer natürlichen Fensterlüftung und dezentralen Lüftungsgeräten besteht. Aus unserer Sicht ist dieses Alternativkonzept sehr sinnvoll, da dadurch sowohl die Haustechnikkosten als auch die Baukonstruktionskosten geringer gehalten werden können. Die Wartung einer zentralen Lüftungsanlage im Bauunterhalt spielt außerdem eine sehr große Rolle. Wir können uns deswegen auch ein Low-Tech-Gebäude vorstellen.
FREIRAUM
Die Freiraumgestaltung orientiert sich an den vielfältigen Funktionen des Schul- und KiTa-Gebäudes und verbindet dieses mit den vorhandenen örtlichen Strukturen.
Im Zuge der Neugestaltung entstehen somit abwechslungsreiche Freiräume die individuell auf die Anforderungen der Schule sowie der KiTa eingehen und zusätzlich eine verbindende und erhaltende Funktion mit dem Ort herstellen.
Der Haupteingangsbereich des Gebäudes ist dem Ort zugewandt und öffnet sich diesem mit einem großzügigen Aussenfoyer.
Mit einem breiten Vorplatz werden Schüler/innen sowie Besucher/innen der KiTa gleichermaßen empfangen und willkommen geheißen.
Das Aussenfoyer verlängert sich über eine Freitreppe hinab zur neuen durchgehenden Schulstrasse.
Entlang der Schulstrasse sind die notwendigen Stellplätze angeordnet.
Der vorh. Baumbestand soll erhalten bleiben.
Ebenso bleibt der vorhandene Pavillon an der Alten Dorfstrasse mit dem angrenzenden Stadtplatz erhalten. Dieser wird über eine Sitzstufenanlage hinauf zum Schul- und KiTa-Gebäude erweitert und kann somit auch für Außenveranstaltungen der Schule / bzw. KiTa genutzt werden kann.
Die Freiflächen der Grundschule orientieren sich stark am Bestand.
Über den Vorplatz gelangt man über einen neuen Weg auf das Außengelände mit einer neuen Aussenklasse. Die vorhandenen Spielgeräte sowie der Baumbestand mit angrenzendem Fußballplatz bleiben vollständig erhalten und stehen auch weiterhin als Spielmöglichkeit außerhalb der Schulzeit allen Kindern / Sportlern zum Hangeln, Toben, Klettern, Balancieren und Ballspielen zur Verfügung.
Rasen- und höher wachsenden Wiesenflächen wechseln sich ab. Durch neue Baum- und Strauchpflanzungen soll der vorhandene Vegetationsbestand ergänzt und der „grüne“ Schulhof-Charakter weiter gestärkt werden. Ergänzend werden Picknick-Tische aufgestellt.
Das KiTa-Außengelände südlich des Hauptgebäudes verfügt über eine großzügige Terrasse welche als Bewegungsfläche zum Laufen, Fahren (Roller, Dreirad ect.) genutzt werden kann.
Von dieser führt ein Weg vorbei an einer Wasser-Matsch-Anlage und einer Rutsche in den hinteren Teil des Außengeländes und endet in einer kleinen Platzfläche / Aussengruppe.
Der U3-Bereich liegt geschützt zwischen der westlichen Fassade und dem Feuerwehrhaus.
Neben Spiel- und Klettermöglichkeiten sind auch Ruhebereiche mit Hängematten vorgesehen.
Der KiTa-Aussenbereich ist durch einen Zaun vom Schulhof / Spielplatz getrennt. Durch Tore ist der Zugang zu den angrenzenden Spiel- und Platzbereichen von außen möglich.
Beurteilung durch das Preisgericht
Die städtebauliche Grundidee besteht aus einer Gruppe von aneinandergefügten Häusern mit Satteldächern gedeckt, die in unterschiedlicher Längenausdehnung so gesetzt sind, daß sich zur Dorfstraße und zur Schulstraße ein Außenraum ausbildet.
Die Erschließung von Schule und Kita von der Schulstraße aus wird geschickt über eine, in die Gefällesituation eingelegte Treppe gelöst. Der vorgeschlagene Baumstandort ist hier richtig verortet. Wünschenswert wäre die Ergänzung eines Sitzangebots als Treffpunkt am Eingang zum Gebäude und im Übergang zum öffentlichen Raum. Die Erschließung des Fahrradraums wirkt überbetont. Hier wäre eine einfachere gestalterische Integration wünschenswert gewesen. Positiv gewürdigt wird der Erhalt des Pavillons und der Bestandseiche und die platzartigen Freiflächen, die die vorhandene Identität im neuen Konzept geschickt integriert. Die Erweiterung der Platzsituation und die an dieser Stelle integrierte Außenterrasse des Essbereichs erweitert sinnfällig den Bestand und stärkt die Nutzungsqualitäten. Wünschenswert wäre Integration einer fußläufigen Verbindung von Stadtplatz zum vorhandenen Bolzplatz. Die Darstellungen der vorhandene Freiraumnutzungen im Bereich der Kitafreiflächen bleiben sehr schematisch und wirken formal aufgesetzt. Hier wäre eine Weiterentwicklung wünschenswert, auch im Zusammenhang mit der Notwendigkeit zur Anpassung der dargestellten Abgrenzungen zwischen Kitaspielflächen und öffentlichem Spielplatz.
Der Bebauungsvorschlag im Ideenteil bildet eine nach Süden orientierte Hausreihe aus, die jedoch eine zusätzliche Erschließungsfläche benötigt.
Vom Eingangshof als gut dimensioniertem Ankommensbereich sind die beiden Einrichtungen Kita und Schule erschlossen. Dieser Freiraum ist jedoch auch gleichzeitig Schulhof.
Sehr begrüßt wird die kompakte Anordnung von jeweils 2 übereinanderliegenden Ebenen für beide Hauptnutzungen. Im Erdgeschoß sind die gemeinschaftlichen Räume über den Essbereich erreichbar, der damit Durchgangsraum wird.
Die beiden Kita-Ebenen erfüllen die geforderten funktionalen Anforderungen und weisen gute Raumqualitäten auf. Leider führt der Gartenzugang des Ü3-Bereichs im OG direkt in der Krippengarten.
Die Zuordnung der Freiflächen zu den Gruppenräumen und der Südgarten sind gut dimensioniert. Der Bereich der Schule ist mit den Haupträumen nach Westen orientiert, die Erschließungsflächen sind relativ knapp bemessen. Bemängelt wird die Unterschreitung der Fläche des Kerni-Raumes um 10 m2.
Die gewählte Höhenlage führt zu einer eingeschossigen Sockelausbildung an der Nord-West- Ecke und erzeugt eine Dreigeschossigkeit des Baukörpers.
Die Architektursprache und Gestalt wird geprägt durch eine Dachlandschaft und die Fassaden aus dunkler Holzschalung auf einem massiven Sockel. Die durchlaufenden horizontalen Fensterbänder wirken aber sehr schematisch und eher unsensibel, die geschlossene Fassade zur Dorfstraße wirkt abweisend.
Die wirtschaftlichen Kenndaten liegen im Vergleich aller Arbeiten im günstigen Bereich, die Arbeit weist das geringste Volumen auf, die Hüllflächen und der Energiebedarf liegen weit unter dem Durchschnitt. Dies wird jedoch auch durch Flächenunterschreitungen Bei der Kita und der Schule erkauft.
Zusammenfassend stellt der Entwurf einen guten Beitrag zur Aufgabenstellung dar. Die Dachlandschaft fügt sich gut und harmonisch ein in den ländlich geprägten Kontext. Die räumlichen und pädagogischen Anforderungen von Schule und Kita werden gut umgesetzt.
©studio ito + Philipp Schieber
Plan 1
©studio ito + Philipp Schieber
Plan 2
©studio ito + Philipp Schieber
Plan 3