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Nichtoffener Wettbewerb | 08/2019

Neubau Landratsamt Landshut in Essenbach

Anerkennung

Preisgeld: 16.500 EUR

JSWD Architekten

Architektur

RMP Stephan Lenzen Landschaftsarchitekten

Landschaftsarchitektur

TRAGRAUM Ingenieure PartmbB

Tragwerksplanung

Erläuterungstext

Architektur und Städtebau
Ruhig und selbstverständlich liegt der Neubau für das Landratsamt Landshut in der landwirtschaftlich geprägten Umgebung. In Anlehnung an die typischen Hofbebauungen regionaler Gehöfte, manifestiert der quadratische Neubau des Landratsamtes diesen Ort.
Vom baulichen Quadrat des Gebäudes gefasst, liegt der der große Sitzungssaal frei gestellt im Atrium. Als Symbol demokratischer Entscheidungsprozesse kommt ihm besondere Bedeutung zu. Geschützt und ungestört aber doch transparent und offen, können hier Kreistagsitzungen oder andere Veranstaltungen abgehalten werden. Dabei bildet der Ratsgarten im Atrium einen attraktiven Rahmen und die Gelegenheit diesen Freiraum in Sitzungspausen oder bei Veranstaltungen zu nutzen.
Empfangen werden Kunden und Mitarbeiter im großzügigen Eingangsfoyer mit Blick in den durchgrünten Innenhof. Von hier erfolgt auch die vertikale Erschließung in die Obergeschosse Eine übersichtliche und flexible Ringerschließung bildet die Grundstruktur des Gebäudes. Im Erdgeschoss verläuft diese Ringerschließung entlang der Atriumfassade und ermöglicht für Kunden und Mitarbeiter des Landratsamtes eine einfache und übersichtliche Orientierung. Besucher und Nutzer erreichen so alle Funktionen des Erdgeschosses. Zugleich können Bereiche, die auch außerhalb der üblichen Öffnungszeiten besucht werden sollen, von außen separat erschlossen werden. Die zentrale vertikale Erschließung erfolgt über das großzügige Eingangsfoyer mit Blick in das begrünte Atrium.
Die logische Ringstruktur findet sich auch in den Obergeschossen wieder. Eine Mischung aus Zwei- und Dreibundanlagen ermöglicht eine hochflexible und moderne Arbeitsplatzorganisation. Zellenbüros für vertrauliche Angelegenheiten können ebenso angeordnet werden, wie offene Arbeitslandschaften mit Mittelzone. Ergänzt wird diese Struktur durch Kommunikationsflächen mit Teeküchen und informellen Besprechungszonen. Kunden können sich immer wieder leicht orientieren und finden insbesondere in den Mittelzonen immer wieder dezentrale Wartezonen.
Die ruhige Grundform des Gebäudes wird durch die geradlinige Architektur fortgeführt. Eine Struktur aus Holzelementen nimmt Bezug auf die lange Tradition bayrischer Holzfassaden. Großzügige Fensterflächen wechseln sich ab, mit geschlossenen Holzpaneelen.
Die Verwendung von Holz und hellen, aber zugleich robusten Materialien, wird im Gebäudeinneren fortgeführt.
Die Einfachheit und Klarheit der Konzeption begeistert im Ganzen wie auch im Detail. Das Gebäude verfügt über eine Ausstrahlung, die nach außen und innen wirkt und sowohl die Ratio als auch die Emotionen gleichermaßen anspricht.
Nachhaltigkeit
Bei der Konzeptentwicklung wurden die Aspekte des nachhaltigen Bauens in den Mittelpunkt gestellt. Dazu wird bei der vorgeschlagenen Konstruktion und den eingesetzten Materialien auf eine Langlebigkeit geachtet und weitestgehend auf Verbundbaustoffe verzichtet. Die wesentlichen Teile des Gebäudes können zudem leicht an geänderte Anforderungen angepasst werden und nach Ablauf ihrer Lebensdauer wiederverwendet bzw. recycelt werden.
Das geplante Gebäude hält einen großen Teil des Niederschlags im natürlichen Kreislauf. Das innovative Energiekonzept sowie die geplante Regenwassernutzung tragen zudem zu einer nachhaltigen Reduzierung der Betriebskosten bei.

Durch das geplante Energie- und Nachhaltigkeitskonzept wird gemäß den Leitlinien des Bewertungssystems „Nachhaltiges Bauens für Bundesgebäude (BNB)“ ein erstklassiger Nutzerkomfort, eine herausragende Nachhaltigkeit sowie hohe Wirtschaftlichkeit gleichermaßen sichergestellt.

Nach dem Bewertungssystem Nachhaltiges Bauen für Bundesgebäude (BNB), wird für das Landratsamt Landshut ein Zertifikat in der Qualitätsstufe „Gold“, angestrebt.

Tragwerk
Die Konzeption des Tragwerkes orientiert sich streng an der gestalterischen Idee einer nachhaltigen Holzbaukonstruktion und setzt diese auch in den tragenden Teilen konsequent fort. Die Primärstruktur der Obergeschosse wird als Skelettbau mit tragenden Holzstützen und Holz-Beton-Verbunddecken ausgebildet. Die Entwurfsidee eines ressourcenschonenden Gebäudes wird auch in der Errichtung des Tragwerks fortgesetzt. Eine Ausbildung der Geschossdecken in elementierter, vorgefertigter Bauweise bestehend aus hölzernen Tragrippen und fertigem Betonspiegel gewährleistet einen minimalen Werkstoffverbrauch – insbesondere eines reduzierten Beton- und damit Zementvolumens – bei kurzen Bauzeiten, trockener Baustelle und minimiertem Umgriff für die Baustelleneinrichtung. Durch die gewählte Geschossigkeit in Verbindung mit den reduzierten Deckeneigengewichten und der auf die Büroraster ausgerichteten Tragachsen können die tragenden Stützen bis zum Erdgeschoss als Holzbauteile in Baubuche umgesetzt werden. Damit können auch die Gründung und die Teilunterkellerung als wirtschaftliche Betonkonstruktion erstellt werden.
Durch die Integration der Haustechnik sowie der akustischen Maßnahmen in die Konstruktionsebene können mit der gewählten Hybridkonstruktion bei vergleichbaren Spannweiten nahezu gleichwertige Konstruktionshöhen wie bei einem reinen Massivbau bei geringerem Ressourcenverbrauch erzielt werden. Die Ausbildung des Betondeckenspiegels mit Recyclingbeton im Fertigteil steigert die Nachhaltigkeit im Tragwerk noch weiter.
Freiraumplanung
Die Konzentration der Funktionen und der Gebäude generiert für den Freiraum den möglichst großzügigen Erhalt von Kulturlandschaft am Siedlungsrand. Dieses Bild von landwirtschaftlich genutzten Flächen oder Obstwiesen bildet die vorhandene Landschaftstypologie des Ortes.
Die Außenraumgestaltung des neuen Landratsamtes ist ansonsten geprägt von einer klaren und funktionalen Anordnung. Die oberirdischen Besucherstellplätze sind gut erkennbar und räumlich zum Haupteingang positioniert. Stellplätze für E-Autos und Fahrradabstellmöglichkeiten sind dem Gebäude direkt zugeordnet. Baumsetzungen von klimaangepassten Alnus spaethii gliedern den Freiraum .
Der Platzraum vor dem Haupteingang ist repräsentativ gestaltet und bietet neben Sitzelementen aus Holzdecks, auch Platz für die Außengastronomie des Kantinenbereiches. Dies trifft auch für den Innenhof des Amtes zu, welcher mit seiner hochwertigen Bepflanzung eine angenehme Aufenthaltsqualität erzielen soll und sowohl den Besuchern als auch den Mitarbeitern dienen soll.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Verfasser positionieren den „Vierkanter“ in unmittelbarer Nähe zur Altheimer Straße, nehmen aber keinen Bezug zu den Vorbereichen Eskara und Musikschule auf. Die Bushaltestelle liegt nahe des gut proportionierten Vorplatzes, die Fahrradstellplätze befinden sich ungünstig und abgelegen hinter dem Gebäude bzw. hinter der Anlieferung.
Das 900 Stellplätze fassende, sehr dominante dreigeschossige Parkhaus mit Split-Level-Erschließung und der offene baumüberstandene Parkplatz mit 300 Stellplätzen befinden sich direkt westlich des neuen Landratsamtes und sind über Wege gut angebunden.
Die geforderte Erweiterung ist nur mit größeren Umbaumaßnahmen und mit einem Verlust an Gestaltqualität am Hauptbaukörper möglich.
Der südöstlich am Landratsamt und Parkhaus liegende Rad- und Fußweg wird positiv gesehen.
Über einen klar definierten, sehr großzügigen Hauptzugang erreicht man die Zugangshalle mit Information und vertikaler Erschließung sowie den Innenhof mit dem Sitzungssaal.
Die innere Erschließung des Gebäudes ist klar strukturiert, die Flure sind leider größtenteils ohne natürliche Belichtung. Die Lage des Hauptzuganges und des Sitzungssaales ist nicht optimal gelöst. So wäre etwas mehr Nähe zu den bestehenden Plätzen und die Erreichbarkeit des Sitzungssaales über den Hauptzugang wünschenswert. Die dominante Lage des Sitzungssaales im Innenhof („transparente Demokratie“) wird positiv bewertet.
Das Bistro und die Kantine liegen sehr kundenfreundlich jedoch etwas zu öffentlich für Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen am Eingangsbereich.
Die Raumqualitäten der Büros und Arbeitsbereiche sind gut und entsprechen den Vorgaben. Die funktionale Zuordnung der Fachstellen funktioniert optimal besonders in Bezug auf die individuellen Öffnungszeiten der einzelnen Abteilungen. Die Registratur im 2. Obergeschoß wird problematisch gesehen.
Der Verkehrsflächenanteil befindet sich leicht über dem Durchschnitt. Es werden keine detaillierten Aussagen zur Haustechnik geliefert. Die Büroflächen werden natürlich belüftet, die Dächer der Parkdecks werden mit Photovoltaikelementen versehen. Die Konstruktion wird mit einem hohen Anteil an nachwachsenden Rohstoffen im Innen- und Außenbereich vorgeschlagen. Die sehr stark aufgeglasten Fassaden werden kostenmäßig und in Bezug auf die Energieeffizienz des Gebäudes kritisch gesehen.