modgnikehtotsyek
ALLE WETTBEWERBSERGEBNISSE, AUSSCHREIBUNGEN UND JOBS Jetzt Newsletter abonnieren

Projektwettbewerb | 09/2024

Neubau Magazin Bundesarchiv Zollikofen (CH)

4. Rang / 4. Preis

Preisgeld: 35.000 CHF

Gerber Architekten GmbH

Architektur

Bollinger+Grohmann

Tragwerksplanung, Bauphysik

CES clean energy solutions GesmbH

TGA-Fachplanung

AFC Air Flow Consulting AG

Brandschutzplanung

Ecas AG

Projektsteuerung

Erläuterungstext

Das neue Gebäude des Bundesarchivs in Zollikofen wird modernste Technologie integrieren und zugleich einen bedeutenden Beitrag zur Bautradition der Region sowie zur Präsenz der Institution leisten.
Als neues Paradigma für technisch innovative, funktionale und nachhaltige Gestaltung wird das neue Gebäude über photovoltaische Fassaden und Dächer verfügen, die mehr Energie erzeugen, als verbraucht wird, über Holzstrukturen in den Arbeitsräumen sowie über ein geschütztes, vollautomatisiertes Hochregallager, das die Archivbestände für die kommenden Jahrzehnte sichert. Neben den architektonischen und technischen Anforderungen strebt das Design des neuen Gebäudes die Schaffung eines neuen, schönen offenen Bereichs an, der als Zentrum der ESP-Entwicklung dienen soll, mit dem Ziel, diesen Teil der Stadt nicht nur für die Mitarbeiter, sondern für die gesamte Region zu einem Anziehungspunkt zu machen.

Die Bereiche rund um das Archivgebäude sowie die Verkehrswege und Zugänge wurden gemäß dem Richtplan ESP Bahnhof Zollikofen gestaltet. Die Straße nördlich des Archivs wird als fußgängerfreundliche Straße mit Pflastersteinen und Grünflächen neu gestaltet, die nahtlos mit den Lieferfunktionen kombiniert werden und den Zugang zu den Gebäuden 1 und 3 erhalten. An der nordwestlichen Ecke des Gebäudes wird ein neuer Platz vorgeschlagen, der die Zugänge zu den Gebäuden 3, 5, den neuen Gebäuden im Norden (zukünftigen Wettbewerb), sowie zum Archiv artikuliert. Die Ost-Süd-Route auf der geschwungenen Straße ist als grüner Korridor konzipiert, der die Bedürfnisse von Fußgängern und Radfahrern berücksichtigt. Sie verfügt über Grünflächen, einen Fahrradweg, einen Gehweg und mittelgroße Vegetation, die ökologische Funktionen unterstützt, während der Großteil der Fassade für die Solarstromproduktion frei bleibt.

Das Gebäude hält sich an das bebaubare Volumen, maximiert den Raum und schafft ausreichend Platz für die 1,5 Archivboxen. Die Gebäudemasse ist in zwei deutlich unterscheidbar unterteilt: einen soliden, geschützten Bereich (Archiv) und einen offeneren, leichteren Raum (Arbeitsbereich). Beide Bereiche sind durch einen Luftraum getrennt, der die Zirkulation innerhalb des Gebäudes organisiert und Ausblicke zwischen den Stockwerken ermöglicht. Im dritten Stock erlaubt eine feuerbeständige Glaswand den Blick aus dem Digitalisierungsbereich in das Lager und stellt somit die Sicherheit des Archivs sicher, während sie den Arbeitern eine belebte Hintergrundszene bietet. Das massive Lagervolumen ist mit einer filigranen, weißen Vorhangfassade verkleidet, eine faltbare Struktur, die versetzte Papierseiten evoziert und Solarenergie erzeugt. Die Arbeitsräume erhalten eine Glasvorhangfassade, die Licht hereinbringt und sie mit den auf der Nordseite geschaffenen städtischen Räumen verbindet.

Umweltfreundliche und ressourcensparende Materialien wurden bei der Gestaltung ausgewählt, und die Materialvielfalt wurde minimiert. Die Ost-/Süd-Fassade besteht aus einer weißen Glas-Vorhangfassade mit keramischer Beschichtung und Photovoltaikmaterial. Die gefaltete Oberfläche der Paneele ist nach Osten und Süden ausgerichtet, um das Solarenergiepotenzial zu maximieren. Die Nordfassade ist mit einer Vorhangfassade aus pulverbeschichteten Pfosten und isoliertem Glas versehen. Hinter dieser Fassade sorgen umweltfreundliche Holzstrukturen und Trennwände für Wärme und visuellen Komfort in den Arbeitsbereichen. Im Lagerbereich gewährleisten langlebige Materialien wie Betonwände und Epoxidböden minimale Wartung und Langlebigkeit, während Glas- und Brandschutzglas-Trennwände Sichtbarkeit, Effizienz und geringen Wartungsaufwand bieten.

Der Haupteingang, der sich an der nordöstlichen Ecke auf Ebene +6.00 befindet, bietet Zugang für Mitarbeiter und Besucher. Logistikarbeiter arbeiten auf dieser Ebene, während Büroangestellte die Treppe oder den Aufzug benutzen, um zu den Ebenen +10.00 und +13.50 zu gelangen. Die Ebene +6.00 enthält alle Logistikräume, die Ebene +10.00 enthält Büro- und Mitarbeiterräume, und die Ebene +13.50 enthält den Digitalisierungsbereich und einen Bereich, der auch als Showroom genutzt werden kann. Der obere Teil der Lagerwand besteht aus Glas und bietet einen direkten Blick auf die oberste Ebene des Lagers, wo die autonomen Fahrzeuge arbeiten. Der Abstand zwischen der Fassade und der Glaswand verhindert, dass direktes Sonnenlicht ins Archiv gelangt, während automatische Rollläden nachts den Blick von außen ins Lager verhindern. Der zentrale Luftraum ermöglicht Sichtverbindungen zwischen den Stockwerken und eine sekundäre Zirkulation.

Das Ziel des Projekts ist die Realisierung eines nachhaltigen und emissionsfreien Baus und Betriebs durch den Einsatz erneuerbarer Energien, Energieeffizienz und die Förderung der Kreislaufwirtschaft gemäß dem SIA-Standard 112/1 und den VOBU-Maßnahmen zur Kreislaufwirtschaft. Das Gebäude besteht fast vollständig aus Kreislaufwirtschaftsmaterialien und verwendet recycelte Bauelemente. Das Tragsystem wird einfach gehalten, um Kosteneinsparungen zu ermöglichen. Klimatisierter Beton, der aus recycelten, rekarbonisierten Zuschlagstoffen mit einem geringeren Zementgehalt besteht, wird im Lager verwendet, um den ökologischen Fußabdruck zu verbessern. Holz (mit großem CO2-Bindungspotenzial), wird in der Struktur und Böden (Bürobereichs) verwendet. Darüber hinaus werden lokale Produkte bevorzugt, um die Transportwege so kurz wie möglich zu halten und die Emissionen weiter zu reduzieren.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die städtebauliche Setzung orientiert sich an der bestehenden orthogonalen Bebauungsstruktur und an der geschwungenen Form des Eichenwegs. Der Bauperimeter wird flächendeckend mit durchgehender Höhe besetzt und optimal genutzt. Die West- und die Südfassade sind geschlossen, während die Nordseite grosszügige Verglasungen aufweist, die einen klaren Aussenbezug ermöglichen und eine eindeutige Adresse schaffen. An dieser Stelle befinden sich die Zugänge – sowohl der Personenzugang als auch der Anlieferungsbereich. Die Vorzone ist als Langsamverkehrsachse gestaltet und sinnvoll in das Areal eingebunden. Vis-à-vis wird optional ein neuer, begrünter Platz vorgeschlagen, der in Zusammenhang mit künftigen Projekten auf dem Nachbarareal viel Potenzial für die Entwicklung des Standorts eröffnet. Die Gestaltung der Aussenräume ist differenziert und berücksichtigt die jeweiligen Gegebenheiten sowie die Bedürfnisse der Nutzer. Die Fassade besteht mehrheitlich aus einer weissen, gefalteten Struktur, die mit Photovoltaikelementen aus Glas ausgestattet ist. Sie umschliesst das Gebäude dreiseitig und wird einzig auf der Nordseite durch einen vollständig verglasten Fassadenteil ergänzt. Das Erscheinungsbild des Gebäudes wird somit stark durch die Faltwerkstruktur geprägt. In den gezeigten Darstellungen wirkt der architektonische Ausdruck jedoch noch schematisch. Der Übergang zur vollverglasten Nordfassade gestaltet sich direkt und unmittelbar, wobei diese wenig ausformuliert ist und einen strengen Kontrast zur restlichen Fassade bildet. Die grosszügige Öffnung im Norden ist zwar visuell spektakulär, erscheint aber für die schlüssige Lösung der Wettbewerbsaufgabe nicht zwingend erforderlich. Die innere Organisation und Struktur des Projektes ist sorgfältig entwickelt und gut verständlich. Das Gebäudevolumen ist in zwei Bereiche gegliedert. Südlich angeordnet liegt das Lagervolumen, welches in Massivbauweise geplant ist und auch das Untergeschoss umfasst. Nördlich befindet sich der auf drei Geschossen organisierte Arbeitsbereich, der in Holzrahmenbauweise gestaltet wird. Zwischen den beiden Nutzungszonen ist ein vertikaler Zwischenraum angeordnet, welcher der Erschliessung dient und Möglichkeiten für Einblicke und Orientierung bietet. Das Projekt setzt ein Kompaktlagersystem auf zwei Geschossen ein. Die Verbindungen zwischen den Lagerbereichen und den Arbeitsplätzen sind kurz, kompakt und redundant angelegt worden. Die aufgezeigten Packschemata der Schachteln in den Behältern haben sich bei Praxistests als wenig realistisch herausgestellt; dadurch ergibt sich eine unterdurchschnittliche Lagerkapazität. Die Hauptprozesse der Ein- und Auslagerung sind in ihrer Bedeutung entsprechend funktional angeordnet worden. Die Anbindung der Fläche «Kommissionierung» an das Lagersystem ist über den Korridor gelöst worden und erscheint verbesserungswürdig. Die Arbeitsplätze sind ergonomisch optimal mit fahrerlosem Transportsystem erschlossen. Die klare strukturelle Trennung im Gebäudeinnern hätte das Potenzial, sich auch stärker in der Fassade und in der Dachaufsicht widerzuspiegeln. Damit liesse sich der Ausdruck des Gebäudes entsprechend differenzierter ausgestalten.
Innenraum

Innenraum