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Nichtoffener Wettbewerb | 03/2011

Neubau 'PARADIESHOF'

3. Preis

GEIER·MAASS Architekten·GmbH

Architektur

Sroka Architekten

Architektur

Erläuterungstext

Realisierungswettbewerb Paradieshof Alt-Sachsenhausen

„Fliegende Volksbühne Frankfurt“
Der Paradiesplatz in Frankfurt Alt-Sachsenhausen bietet gegenwärtig ein disparates Bild. Der Neubau des Paradieshofes für die „Fliegende Volksbühne Frankfurt“ eröffnet für Alt- Sachsenhausen die Chance einer neuen räumlichen Definition und atmosphärischen Aufwertung des Platzes durch Theater und Gastronomie.
Die Weiterverwendung von Teilbereichen des Altbaus in das integrative Gesamtkonzept der Anlage scheint ohne dabei relevante Einbußen an räumlicher und funktionaler Qualität hinnehmen zu müssen weder konstruktiv noch wirtschaftlich sinnvoll. Der neue Paradieshof steht als solitäre städtebauliche Figur in einem heterogenem Kontext. Mit vielfältiger Differenzierung und Brechung seiner Kubatur reflektiert er den Maßstab des kleinteilig, mittelalterlich strukturierten Baublocks ohne diesen zu imitieren. Er ist zugleich Ausdruck der unterschiedlichen Nutzungen auf einer Parzelle, die unter einem, facettenreich gefaltetem, Dach integriert werden.
Der Paradieshof zeigt sich selbstbewusst als „neues Gesicht“ am Platz.

Städtebau
Der Entwurf des Theaters folgt der Forderung der Gestaltsatzung nach geneigten Dächern. Als all-ansichtiges Objekt bildet das Gebäude im Gegensatz zum umgebenden Bestand des Blockinnenbereiches, der von Gebäuderückseiten mit vorgelagerten eingeschossigen Anbauten geprägt ist, auch im rückwärtigen Teil keine untergeordneten „Anbauten“ mit Flachdächern aus.
Die Neubebauung orientiert sich in Ausrichtung, Ausnutzung und Höhe am heutigen Bestand und begleitet die Paradiesgasse als traufständige 3-geschossige Blockrandbebauung in historischer Bauflucht. Im rückwärtigen Bereich der nördlichen Baugrenze schließt der Bau als 1-geschossiger Baukörper mit Bühne- und Nebenbühne an.
Mit einer Reihung von Giebeln präsentiert sich der Theaterneubau offen zum Paradiesplatz, gewährt tiefe Einblicke in sein Innenleben und leistet mit der Orientierung seiner kulturell- öffentlichen Nutzungen auf den Platz einen formal anspruchsvollen Beitrag zu dessen Charakter und Belebung.

„Fliegende Volksbühne“ im Paradieshof
- Erschließung Ein gemeinsames, mehrgeschossiges Foyer mit Kartenverkauf und Garderobe verbindet alle öffentlich-kulturellen Funktionen des Paradieshofes (Theater, Probebühne/Bürgersaal, Gastronomie, und Künstlerateliers) mit dem Paradiesplatz. Die einzelnen Einrichtungen verfügen jeweils über gesonderte Erschließungen. Durch entsprechende „Schaltung“ der variabel und mobil gestalteten Schnittstellen können getrennte oder gemeinsame Veranstaltungen ausgerichtet werden. Ein jeweils autonomer Betrieb von Gastronomie und Theater ist bei dann getrennten Zugängen, Foyers und WC- Anlagen möglich. Für die Theatergäste besteht dann weiterhin die Möglichkeit der gastronomischen Versorgung über einen zum Foyer offenen Gastronomietresen. Die Probebühne kann über die Foyertreppe, bei getrenntem Betrieb aber auch separat über den Eingang und Treppe von der Gasse erschlossen werden. Sie verfügt hierfür über eine gesonderte WC-Anlage im 1.OG. Sämtliche Bereiche sind barrierefrei erschlossen und können über einen behindertengerechten Aufzug erreicht werden, der schaltbar die Theaterbesucherbereiche, die Probebühne, die internen Theaterbereiche und im Bedarfsfall auch die Wohnungen erschließt.

- Theater
Die Publikumserschließung des Theaters erfolgt über das Foyer vom Paradiesplatz. Bei gegebenem Anlass kann die Gastronomie als erweitertes Foyer mit Zugang von der Paradiesgasse zugeschaltet werden. Der Theatersaal ist das Herzstück der Anlage.
Seine polygonale, kompakte Grundfigur erzeugt zusammen mit dem ansteigenden Gestühl des Parketts, den eingezogenen Rängen, der gestuften Kiemendecke und dem durchgängig warmen Grundton der Holzverkleidungen eine dichte und intime Theateratmosphäre. Die Nähe von Bühne und Saal bewirkt einen intensiven Kontakt zwischen Publikum und Schauspielern. Kein Zuschauer sitzt mehr als 10 Meter von der Bühne entfernt.
Die Bühne und der anschließende Bereich des Parketts sind mit Hubböden ausgestattet, so dass eine variable Konstellation von Auditorium und Bühne als Guckkasten oder Transversale ermöglicht wird. Die ansteigende Bestuhlung des Parketts schafft die gewünschte Verbindung von Bühne und Platz, bei geöffneter Saalwand stellt sich das Innere des Theaters „Platz-greifend“ zur Schau.
Die Andienung des Theaters erfolgt von Seiten der östlichen, bühnenhohen Seitenbühne durch ein großes Rolltor. Dieses ermöglicht das unmittelbare Anliefern und Einbringen großer Werkstücke für das Bühnenbild.

- Künstlerbereich und Verwaltung
Sie liegen an den Saal angrenzend im östlich flankierenden Gebäudeflügel und werden getrennt vom Publikumsverkehr eigenständig erschlossen.
- Probebühne Die Probebühne dient als multifunktionaler Raum auch als Bürgersaal, für Versammlungen und Vereine. Sie liegt an prominenter Stelle im 1. OG an der Ecke zur Paradiesgasse und über der Gastronomie. Die dreiseitige Orientierung zu Gasse, Platz und Foyer verhilft ihr zu einem intensiven Außenbezug. Sie kann, variabel schaltbar, entweder über das gemeinsame Theaterfoyer oder getrennt von Seiten der Paradiesgasse erschlossen werden.

- Gastronomie
Die Gastronomie liegt mit größtmöglichem Außenbezug zwischen Paradiesgasse und Foyer mit Orientierung zum Platz. Die Außengastronomie kann sich attraktiv zu drei Seiten entwickeln. Sie ist mit dem Theaterfoyer zusammenschaltbar und kann somit auch als dem Theater vorgeschaltetes Entrée von Seiten der Gasse genutzt werden. Anlieferung und Pantry-Küche sind ebenengleich im EG angeordnet, WC ́s und Lager, über eine gesonderte Treppe erschlossen, im UG. Personalraum und WC liegen im 1.OG hinter der Probebühne und könnten, bei einvernehmlicher Regelung, als „Backstage-Bereich“ mitgenutzt werden.

- Künstler-Appartements / Wohnungen
Alle Wohnungen sind in Ober- und Dachgeschoß des Gebäudeflügels an der Paradiesgasse angeordnet. Um eine störungsfreie Nachbarschaft zu gewährleisten sind sie eigenständig von Seiten der Paradiesgasse erschlossen und räumlich-strukturell von den Theaternutzungen abgegrenzt.

Beurteilung durch das Preisgericht

Auszug aus der Beurteilung des Preisgerichts

Der Entwurf zeigt sich als solitäre städtebauliche Figur mit vielfältiger Differenzierung in seiner Gesamtform und greift dadurch die Kleinteiligkeit seines Umfeldes auf. Das Haus ist als Neubau konzipiert. Hervorzuheben ist die Ausbildung der Fassade, welche durch leichte Vor- und Rücksprünge gegliedert sind. Diese ist vollständig verglast, um Durchblicke nach beiden Seiten zu ermöglichen. Besonders der Durchblick vom Paradiesplatz ins Theaterhaus schafft Transparenz und leistet dadurch einen anspruchsvollen Beitrag zur Stärkung der Urbanität des Platzes. Die Ausführung und die Ausbildung der Glasfassade zur Südseite hin wird kritisch gesehen, ebenso die Vollverglasung bezogen auf die Funktionen, wie z.B. das Wohnen.

Als gelungen anzusehen ist die unterschiedliche Glasoberflächenausformung
Das Gebäude wird erschlossen über den Paradiesplatz, wo sich auch die Eingänge von Gastronomie, Theater, Künstlerbereich und Verwaltung befinden. Ein großzügiges mehrgeschossiges Foyer mit den notwendigen Funktionen verbindet alle öffentlich-kulturellen Nutzungen des Hauses wie Theater, Gastronomie und Probebühne. Die Wohnungserschließung ist umständlich. Dem Verfasser gelingt es, die vorgegebenen Funktionen in sinnvoller Weise zu organisieren. Sie sind gut nutzbar und bieten durch kurze Wege eine klare Orientierung im Gebäude. Der Entwurf erfüllt die gewünschten Flächenanforderungen.

An der Nordostgrenze werden mehr als 2 Geschosse vorgeschlagen, an der Südwestgrenze werden die notwendigen Abstände zur Straßenmitte um 0,55 m überschritten – die macht Nachbarzustimmungen erforderlich. Die Materialien Glas und Schiefer sind nach Baugestaltungssatzung zulässig. Die Glasfassade zum Paradiesplatz entspricht nicht den Vorgaben nach kleinteiliger, maßstäblicher Gliederung.

Der Theatersaal ist das Herzstück des Hauses und wird über die Seitenbühne im Osten angeliefert. Die Durchdringung der Räume ist als gut gelöst zu betrachten. Die Ausgestaltung des Theatersaals lässt keine besonderen Qualitäten erkennen.

Dem Entwurf liegt ein energietechnisches und ökologisches Gesamtkonzept zugrunde, das aber durch die Ausbildung der Glasfassade in seiner Wirkung zu hinterfragen ist.
Der Entwurf zeigt insgesamt gute städtebauliche Ansätze, die durch eine klare und eindeutige Haltung und Ausdrucksweise überzeugen.