Nichtoffener Wettbewerb | 02/2025
Neubau Projekthaus Zukunft und Exzellenzcluster CeTI für die TU Dresden
©Visualisierung: Lindenkreuz Eggert
Blick von der Campus-Wiese
2. Preis
Preisgeld: 29.000 EUR
Architektur
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Verfasser:
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Mitarbeitende:
Maximilian Werner, Tracy Adrian, Wilhelm Franke, Cornelius Menzel
Landschaftsarchitektur
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Verfasser:
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Mitarbeitende:
TGA-Fachplanung
Modellbau
Erläuterungstext
Konzeptuelle Entwurfsidee/ Städtebauliches Konzept
STÄDTEBAU:
Das „Projekthaus der Zukunft“ bildet am östlichen Ende der zentral-verbindenden Campus Grünfläche ein markantes kraftvolles Gegenüber zum Hörsaalzentrum. Durch die Komposition aus zwei orthogonalen Baukörpern und einer gestaffelten Höhenentwicklung entsteht eine prägnante städtebauliche Figur, deren achtgeschossiger Hochpunkt als Landmarke sowohl das Herz des Campus als auch die Achse des Academic Mile markiert.
Die Verschneidung der Baumassen und das Zurückspringen des fünfgeschossigen flacheren Baukörpers erzeugen eine L-förmige Anordnung, die sich in Wechselwirkung und Maßstäblichkeit seiner Umgebung zuordnet und ein harmonisches Ensemble bildet. Über die Staffelung der Volumina reagiert der Baukörper respektvoll auf die angrenzenden Campusräume und unterteilt das große Raumprogramm in zwei klar erkennbare Bauteile. Durch die Baukörpermodellierung entsteht Platz für eine großzügige grüne Dachterrasse mit Blick über den gesamten Campus. Gebäudesetzung und Gestaltung als „Haus ohne Rückseiten“ erzeugt eine klare Orientierung und einladende Eingangssituationen sowohl zur zentralen Freifläche der Campuswiese als auch zur öffentlichen Nordwest-Durchwegung.
ARCHITEKTUR:
Das „Projekthaus Zukunft“ verfolgt strategisch das Ziel Offenheit und Interaktion zu fördern und eine klare Adresse im Campusgefüge zu schaffen. Eine transparente Fassade lässt trotz klar definierter Kanten die kompakten Stadträume visuell fließen, gewährt Einblicke in die Aktivitäten und Prozesse im Inneren des Gebäudes und regt so zur Interaktion mit den Forschenden und den Forschungsinhalten an.
Transparenz und Offenheit wird auch im Sinne einer kreislauffähigen und einfachen Konstruktion in das Tragwerk und die Fassade übersetzt. „Hier wird nichts versteckt“: die verwendeten Bauelemente werden weitestgehend unbehandelt und sortenrein, der Materialität sinnvoll folgend gefügt. Das Primärtragwerk bildet ein Holz-Skelettbau, für den wesentlich weniger Material, als gegenüber einer Massivbauweise benötigt wird. Die Verbindungspunkte liegen offen, sind klar ersichtlich und können beschädigungsfrei wieder gelöst werden. Lediglich in den Fluchttreppenhauskernen und den vorgefertigten Holz-Beton-Verbund Deckenelementen wird auf Stahlbeton zurückgegriffen. Dieser bietet, mit Bedacht eingesetzt, zahlreiche Vorteile welche den vergleichsweise hohen Primärenergiebedarf mehr als rechtfertigen. Die sparsame Betondeckung von 12cm erzeugt im Verbund die aussteifende, statisch notwendige Verteilung der Horizontalkräfte. Zusätzlich liefert der Beton hierbei die notwendige Masse für den Schwingungsnachweiß und den erforderlichen Schallschutz. In der Bauphase übernimmt der Beton den Feuchteschutz der offen liegenden Holzkonstruktion. Durch die linienförmigen, auf Zug beanspruchten Holzbalken (Untergurt) kann der Betonanteil nicht nur auf das notwendige reduziert, sondern auch zum Innenraum hin sichtbar offengelegt werden und somit als großflächige, thermische Speichermasse fungieren. In Kombination mit der autonomen Nachtauskühlung kann somit die tagsüber anfallende, sommerliche Wärme natürlich aus dem Gebäude geleitet und die Nachtkühle mit in den Tag genommen werden. Dieser einfache Prozess reduziert deutlich den Energie-, Wartungs-und Ressourcenverbrauch der TGA und erzeugt zusammen mit der umlaufenden Verschattung der Fassaden ein klimaresilientes Gebäude welches auch in absehbarer Zukunft weitestgehend ohne bzw. bei punktuellen Temperaturspitzen mit minimaler Gebäudetechnische Klimatisierung auskommt. (siehe TGA-Konzept) Das klar ablesbare Tragwerk mit sichtbaren Oberflächen aus Brettschichtbindern bestimmt nicht nur die Innenräume, sondern zeichnet sich auch gestaltgebend im äußeren Erscheinungsbild ab. Dieses wird umhüllt von einer modular gegliederten, vorgehangenen Elementefassade im einheitlichen Büro-Rastermaß von 3,75m (3 x 1,25m) Die Fassadenelemente können somit schnell und einfach montiert und auch wieder ausgetauscht, repariert, zurückgebaut oder neuen Anforderungen entsprechend ertüchtigt werden, ohne dabei die Tragfähigkeit der Primärkonstruktion oder den laufenden Universitätsbetrieb zu beeinflussen. Durch die Vorfertigung kann eine hohe Ausführungsqualität und kürzere Bauzeit gewährleistet werden, was sich gut mit dem verhältnismäßig schnellen Holzbau ergänzt. Die Elemente bestehen weitestgehend aus natürlichen Baustoffen und werden durch die auskragenden Balkone und durch wieder aufbereitete Metallbleche gegen die Witterung geschützt. Im höheren Gebäudeteil werden die umlaufenden Wartungsbalkone durch einen außenliegenden, metallischen und rezyklierbaren Sonnenschutzbehang aus Edelstahl ergänzt welcher ein hohes Maß an Durchsicht gewährleistet und für die nötigen Windgeschwindigkeiten ausgelegt ist.
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Beurteilung durch das Preisgericht
Durch die Gliederung der Baumasse in zwei sich diagonal verschränkende Baukörper entsteht ein attraktiver Solitär. Mit dem höheren Würfel der sich zur „academic mile" orientiert wird der Hochpunkt richtig gesetzt, mit dem niedrigeren Baukörper wird zum bestehenden Verwaltungsgebäude in der Höhe vermittelt. Es entsteht eine kleine räumlich wohltuende Aufweitung. Die Baukörper können in Ihrer Positionierung städtebaulich überzeugen.
Die Gebäudehöhe wird durch die Wahrnehmung von 8 Geschossen geschickt in Szene gesetzt, wobei die letzten beiden Geschosse nur mit technischer Nutzung belegt sind. Der Entwurf bleibt daher unter der Hochhausgrenze.
Der Eingang ist zur Universitätswiese gelegen und bietet eine Durchwegung bis auf die „academic mile" an. Die Barrierefreiheit kann allerding nur durch den zentralen Aufzug gewährleistet werden.
Die zentrale Erschließung liegt in der Schnittfläche der beiden Baukörper in Form eines über alle Geschosse gehenden, offenen Atriums. Dies schafft ein interessantes Raumerlebnis mit einer guten Orientierbarkeit durch das Gebäude. Die Ausbildung ist sehr anspruchsvoll, wirft aber vor allem wegen des Brandschutzes Fragen zur Wirtschaftlichkeit auf.
Insgesamt aber bietet der Grundriss, der einfache Bürostrukturen entlang der Fassade geschickt mit offenen kommunikativen Raumnutzungen am Atrium kombiniert, genug Flexibilität für unterschiedliche Angebote von Arbeitswelten.
Auf dem kompakten Erd- und Sockelgeschoß sind die Feuerwehr und der Bereich Uni mit Kind mit eigener Erschließung untergebracht. Richtig zugeordnet sind auch der Hörsaal, die Cafeteria, das Co-Robotic Lab/ Swarm Lab und der Showroom.
Leider liegen in dieser kompakten Struktur nicht auch das Quantenlab (1. OG), das Holodeck (5.0G) und die VR und AR Labs (3. OG), die eigentlich dem öffentlich attraktiven Erdgeschossbereich zuzuordnen wären. Die Verteilung dieser Laborbereiche auf die Geschosse stellt einen wesentlichen funktionalen Mangel dar.
Die raumhohe Verglasung des höheren Baukörpers schafft Transparenz und lässt die Holzkonstruktion als architektonische Gliederungselement sichtbar werden. Gleichzeitig schaffen die schrägen Aussteifungselemente auch Unruhe und wurden kontrovers diskutiert, denn Ziel ist im Rahmen der Suffizienz auch, die Anzahl der Bauelemente zu reduzieren und dabei möglichst auf Standardelement zurückzugreifen.
In Bezug auf den Betrieb, dem Innenraumklima und dem Wunsch auf möglichst geringen technischen Aufwand wird der hohe Glasanteil kritisch gesehen. Im niedrigen Block werden hinter dem Fluchtbalkon niedrige Brüstungselemente in der Fassade angeboten.
Die Nachhaltigkeitsaspekte sind überwiegend berücksichtigt, das Energiekonzept bietet bewährte Lösungen an. Der Dachgarten auf dem niedrigen Baukörper zur gärtnerischen Nutzung dient der Erhöhung der Biodiversität und Regenrückhaltung.
Das Freiraumkonzept überzeugt durch zurückhaltende, präzise Ergänzungen der vorgefundenen Gestaltung, die an diesem wichtigen Ort attraktive Nutzungen ermöglicht und einen Beitrag zur Klimaresilienz bietet.
Die alleebestandene academic mile und ein dichtes Klimawäldchen entlang der Nordkante spannen die Wiese auf. Hierbei erhält die südliche Böschung locker gesetzte Ergänzungspflanzungen, die kleinteilige und beschattete Aufenthaltsorte im Blick auf die Wiese generieren. Die aufgeforstete Pappelallee quert und gliedert den offenen Raum sinnfällig in den neuen Vorplatz des Gebäudeensembles und die große Wiese.
Der Entwurf zeigt eine überzeugende Antwort auf die Fragestellung nach der Identität des Projekthauses der Zukunft an der TUD. Die stadträumliche Setzung schafft überzeugende Freiräume, der architektonische Ausdruck weist eine hohe Eigenständigkeit auf und Aspekte multiperspektivischer Nachhaltigkeit prägen den Entwurf. Leider sind wichtige öffentlichkeitswirksame Funktionen nicht in den Sockelgeschossen angeordnet, so können die Anforderungen einer guten Sichtbarkeit von Forschung nur bedingt erfüllt werden.
©r+b landschaft s architektur & RohdeCan Architekten
Entwurfsplan zentrale Universitätscampus
©Visualisierung: Lindenkreuz Eggert
©r+b landschaft s architektur
Piktogramme
©Rohdecan Architekten GmbH
Piktogramme
©Rohdecan Architekten GmbH
Piktogramme
©Rohdecan Architekten GmbH
Schnitt
©Rohdecan Architekten GmbH
Grundriss EG
©Rohdecan Architekten GmbH
Grundriss ZG-OG2
©Rohdecan Architekten GmbH
Ansicht