Nichtoffener Wettbewerb | 02/2025
Neubau Rathaus in Greven
©CODE UNIQUE Architekten GmbH
Perspektive: Blick in den Innenraum der Bibliothek
2. Preis
Preisgeld: 75.200 EUR
Architektur
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Verfasser:
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Mitarbeitende:
Dominic Geppert, Amelie Langkutsch, Yuliia Strelnikova, Weipeng Yuan, Oskar Nitsche, Dominik Kratz, Yelim Han
Landschaftsarchitektur
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Verfasser:
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Mitarbeitende:
Erläuterungstext
Städtebau und Intention
Die Kleinstadt Greven, unweit von Münster, plant ein ambitioniertes städtebauliches Projekt, um einen zentralen Bereich der Innenstadt neu zu gestalten. Das alte Rathaus, ein bedeutender städtebaulicher Baustein, kann aufgrund einer Kontaminierung nicht erhalten bleiben und muss abgebrochen werden. Das Wettbewerbsgebiet für die Neugestaltung umfasst die Fläche des Omnibusbahnhofs, der sich in unmittelbarer Nähe zum derzeitigen Rathaus befindet. Auf dieser Fläche sollen sowohl ein neues Rathaus als auch eine Quartiersgarage entstehen, um den Anforderungen an eine zeitgemäße Stadtentwicklung gerecht zu werden.
Das städtebauliche Konzept verfolgt das Ziel, eine klare Setzung zu schaffen. Dies wird durch die Bildung eindeutiger Raumkanten und die Schaffung zweier großzügiger Auftaktplätze erreicht. Ergänzt wird das Ensemble durch einen weitläufigen, grünen Stadtpark, der als zentrale Erholungsfläche fungiert. Der nördliche Auftaktplatz wird darüber hinaus als Veranstaltungsfläche für die traditionelle Kirmes genutzt und erhält somit eine besondere Bedeutung für das kulturelle Leben der Stadt. Die Quartiersgarage wird am Münsterdamm positioniert und als kompakter Baukörper gestaltet, um den verfügbaren Raum effizient zu nutzen. Das neue Rathaus, als Herzstück des Projekts, wird bewusst an der Ecke Rathausstraße sowie der Straße „Hinter der Lake“ platziert. Diese prominente Positionierung unterstreicht die Bedeutung des Gebäudes als Verwaltungs- und Identifikationsort der Stadt. Der neu entstehende südwestliche Auftaktplatz an der Ecke Münsterdamm/Rathausstraße schafft ein einladendes und repräsentatives Entree, das die Ankunft in Greven städtebaulich aufwertet. Das neue Rathaus übernimmt eine verbindende Funktion zwischen zwei zentralen Bereichen der Stadt: dem Bahnhof und der Innenstadt. Der nördliche Bereich mit dem grünen Stadtpark und dem nordöstlichen Auftaktplatz leitet Besucher aus der Innenstadt und führt sie durch das Quartier. Das Gebäude fungiert damit als Vermittler zwischen den unterschiedlichen städtischen Richtungen und Strukturen.
Architektonisch setzt sich der Neubau aus zwei ineinander verschränkten, quadratischen Baukörpern zusammen. Der leichte Versatz der beiden Baukörper bricht die Länge der Gesamtstruktur auf und fügt sich dadurch harmonisch in die bestehende Körnung der umgebenden Architektur ein. Gleichzeitig verleiht dieser gestalterische Bruch dem Gebäude eine moderne und eigenständige Erscheinung. Der abgestaffelte Zweiklang setzt seinen Hochpunkte bewusst am Stadteingang und schafft dadurch eine angemessene Präsenz. Der flachere Gebäudeteil vermittelt hingegen im Kreuzungsbereich und zu den bestehenden Höhen der Rathausstraße. Die Dachlandschaft des Rathauses interpretiert die traditionelle Architektur der Altstadt Grevens neu und schafft eine ikonografische Silhouette, die das Stadtbild prägt und einen Wiedererkennungswert bietet. Das Erdgeschoss des Neubaus ist nahezu vollständig transparent gestaltet, wodurch der Baukörper von allen Seiten einladend wirkt. Diese Transparenz trägt nicht nur zur Offenheit und Zugänglichkeit bei, sondern sorgt auch für eine bessere Interaktion zwischen Innen- und Außenraum. Die großzügigen Dachüberstände bieten zusätzlichen Komfort, indem sie witterungsgeschützte Bereiche schaffen, die insbesondere für die wartenden Fahrgäste des Omnibusbahnhofs von Bedeutung sind.
Insgesamt vereint das Konzept eine klare städtebauliche Struktur mit einer zeitgemäßen architektonischen Gestaltung. Es erfüllt sowohl funktionale Anforderungen als auch ästhetische Ansprüche und schafft ein modernes Rathaus, das die Identität der Stadt Greven stärkt und Raum für zukünftige Entwicklungen bietet.
Freiraumplanerische Konzeption
Der Freiraum des Ratshausareals gliedert sich entsprechend dem neuen Baukörper in drei Plätze, welche verschiedene Qualitäten bieten und über eine gemeinsame Gestaltungssprache miteinander kommunizieren. Es werden Orte der Gemeinschaft, aber auch des Rückzugs geschaffen nach der Leitidee „Wohnzimmer der Stadt“. Entsiegelte Flächen, Schattenplätze und zahlreiche grüne Bauminseln ermöglichen es, den Anforderungen an eine klimaangepasste Stadt gerecht zu werden. Eine biodiverse und abwechslungsreiche Bepflanzung im Areal durch Wiesenflächen, Stauden und Gräsern fördert die urbane Artenvielfalt.
Die Freiraumgestaltung unterstützt mit der Setzung seiner Elemente die neue Verbindung zwischen Emspark und dem Zugang zur Innenstadt.
Der Auftaktplatz, welcher sich zwischen Münsterdamm und den beiden neuen Baukörpern aufspannt, wird besonders durch die Bestandsbaumgruppen als grüner Stadteingang geprägt.
Zwischen den großzügigen und bepflanzten Bauminseln entsteht eine schattige Mitte, welche durch weitere neu gepflanzte Klimabaumarten erweitert wird. Rundbänke entlang der Bauminseln, ein Spielbereich mit recyceltem EPDM-Belag als Fallschutz und der Außensitz des Bistros konzipieren den Platz zu einem Treffpunkt und einem Kommunikationsort.
Diese Mitte grenzt sich durch einen Belagswechsel von wassergebundener Decke zu geschnittenem Natursteinpflaster im Reiheverband zur umliegenden Platzfläche ab, welche primär der Erschließung dient.
Der Grüne Quartiersplatz stellt sich nördlich vom neuen Rathaus dar. Die weiträumige Vegetationsfläche wird durch Wiesenansaat und Geländemodellation gestaltet und fasst zahlreiche Baumneupflanzungen. Über Entwässerungslinien um die Grünfläche und Baumrigolen ist die Fläche nicht nur mikroklimatisch wirksam, sondern auch als Retentionsraum dienlich. Der Grünraum mit einer Pufferzone aus wassergebundener Decke zeigt eine intimere und ruhige Atmosphäre und bietet Ort für den Traugarten, einen Lesehügel und zum entspannten Verweilen. In der funktionalen Pufferzone sind zudem zahlreiche Sitzmöglichkeiten durch Rundbänke und Anleinhilfen für Hunde verortet.
Ein multifunktional nutzbarer Marktplatz orientiert sich öffentlich zur Straße „Hinter der Lake“. Ein zentrales Wasserspiel akzentuiert den Eingang zum Foyer des Rathausneubaus. Es speist sich aus einer Zisterne, welche Regenwasser der umliegenden befestigten Fläche und Dachfläche aufnimmt.
Einzelne Baumgruppen fassen den Platz locker und lassen zugleich Bewegungsströme aus der Innenstadt und vom ZOB zu. Der mit Natursteinpflaster befestigte Platz ist multifunktional für verschiedene Arrangements und Festivitäten bespielbar. Die nötigte Infrastruktur wird mit Unterflurverteilern, Bodenhülsen und einer Abwasserentsorgungsstation gewährleistet. Die Wartebereiche für den ZOB werden durch den Neubau des Rathauses und der Bibliothek überdacht und sind mit Sitzbänken ausreichend möbliert. Die asphaltierte Zufahrt zur Quartiersgarage ist nördlich dieser über den Münsterdamm möglich.
Innere Struktur
Der Entwurf des Neubaus trägt den räumlichen Herausforderungen des Standorts in besonderem Maße Rechnung und übersetzt das funktionale Raumprogramm in eine durchdachte und optimal nutzbare Architektur. Durch eine klare und strukturierte Gestaltung wird ein Gebäude geschaffen, das sowohl den Anforderungen an öffentliche, halböffentliche und interne Bereiche als auch an Flexibilität und Effizienz gerecht wird.
Die Erdgeschosszone besticht durch maximale Transparenz, die eine einladende Atmosphäre schafft und den offenen Charakter des Gebäudes unterstreicht. Großzügige Unterschnitte an allen Seiten verstärken diesen Eindruck und laden Besucherinnen und Besucher ein, das Gebäude zu betreten. In diesem zentralen Bereich sind wichtige öffentliche Einrichtungen wie die Bibliothek, das Bistro, der Bürgerservice und der Empfangsbereich untergebracht. Das Foyer ist als offene Zone konzipiert, die sich von Norden nach Süden erstreckt und als zentrale Achse beide Seiten des Gebäudes miteinander verbindet. Diese Gestaltung ermöglicht Zugänge von allen Seiten des Baukörpers und sorgt für eine natürliche Orientierung im Innenraum.
Eine besondere räumliche Dynamik entsteht durch zwei großzügige Sitztreppen, die das Erdgeschoss mit dem ersten Obergeschoss verbinden. Diese Treppen laden nicht nur zum Verweilen ein, sondern fördern auch die Kommunikation und den Austausch zwischen den Gebäudebereichen. Hierzu tragen vor allem auch die beiden geschossübergreifenden Hallen ein, die dem Innenraum eine angemessene Offenheit verleihen. Eine einläufige Haupttreppe erschließt alle Geschosse vertikal und wird durch zwei barrierefreie Aufzüge ergänzt, sodass ein uneingeschränkter Zugang für alle Nutzergruppen gewährleistet ist.
Das erste Obergeschoss ist geprägt von repräsentativen und halböffentlichen Bereichen. Hier befinden sich der große Ratssaal und das Trauzimmer, die durch eine flexible Raumgestaltung für unterschiedliche Veranstaltungsformate geeignet sind. Ebenfalls in dieser Etage angesiedelt ist die zweite Ebene der Bibliothek mit einem großen Lesesaal, einem multifunktionalen Veranstaltungsraum und mehreren Seminarräumen. Diese Räume zeichnen sich vor allem durch fließende Übergänge aus, wodurch eine großzügige und offene Landschaft entsteht. Das Foyer fungiert als neutrale, öffentlich zugängliche Zone in allen Geschossebenen, die eine intuitive und unabhängige Erschließung aller Bereiche sicherstellt. Die Grundrissorganisation ermöglicht, dass nahezu alle Bereiche bei Bedarf separat genutzt oder abgetrennt werden können. Dies gilt insbesondere für die Besprechungsräume für die politischen Gremien, als auch für den Teilbereich der Bibliothek, der rund um die Uhr geöffnet haben soll. Dieser Bereich umfasst den zweigeschossigen Multifunktionsraum und die Seminarräume. Diese sind mit einem eigenen Flursystem versehen, welches von der neutralen Erschließungszone betreten werden kann und dadurch optimal separat betrieben werden kann.
Das zweite Obergeschoss beherbergt den Bürgerservice sowie die Fachbereiche 2 und 3 auf. Diese Etage ist funktional und effizient gestaltet, um den Anforderungen des täglichen Betriebs gerecht zu werden. Das dritte Obergeschoss dient den verbleibenden internen Fachbereichen sowie den technischen Betrieben Greven. Hier finden Mitarbeitende moderne Arbeitsplätze in einer klar strukturierten und dennoch flexibel nutzbaren Bürolandschaft. Im vierten und obersten Geschoss bündelt der Entwurf die Aufenthaltsbereiche für Mitarbeitende. Ein Forum und ein Betriebssportbereich bieten Raum für Austausch und Erholung. Auch die Verwaltungsspitze mit dem Büro des Bürgermeisters und dem Verwaltungsvorstand ist hier untergebracht. Das Untergeschoss des Gebäudes beherbergt das Stadtarchiv und die Technikzentrale. Diese Bereiche sind effizient organisiert und gewährleisten eine optimale Nutzung des verfügbaren Raums. Im dritten und vierten Obergeschoss sind die Erweiterungsflächen der internen Bereiche angedacht. Dieses sind als Loggien ausgebildet, die den Mitarbeitenden als hochattraktive Pausenflächen zur Verfügung stehen. Im Bedarfsfall können diese zu Büroflächen umgenutzt werden.
Die angrenzende Quartiersgarage ist als kompaktes Split-Level-Parkhaus über sechs Etagen konzipiert. Es bietet Platz für insgesamt 300 Fahrzeuge, einschließlich Fahrradstellplätzen und vier Stellplätzen für kleinere Lastwagen. Die funktionale Erschließung des Parkhauses leitet Besucherinnen und Besucher direkt auf den südwestlichen Auftaktplatz, der als zentraler Ankunftsbereich dient und einen attraktiven Übergang zum Neubau, zur Stadt und zum Bahnhof schafft.
Brandschutz
Zur Gewährleistung der bauordnungsrechtlichen Schutzziele wird der Neubau geschossweise durch innere Wände mit brandschutztechnischen Anforderungen in die nötigen Brandabschnitte untergliedert. Stellplätze, sowie die Zufahrten für die Feuerwehr sind vorgesehen. Infolge der zu erwartenden Personenzahlen werden prinzipiell zwei unabhängige bauliche Rettungswege ausgebildet. Zur Kompensation bauordnungsrechtlicher Abweichungen werden sowohl bauliche (z.B. Anordnung von Trennwänden, Kapselung von Räumen mit erhöhter Brandgefahr) als auch anlagentechnische Maßnahmen (z.B. automatische Brandmeldeanlage, automatische Feuerlöschanlage, Sprachalarmierungsanlage) vorgesehen. Für innenliegende Bereiche werden maschinelle Rauchabzugsanlagen vorgesehen.
Fassade
Die Gestaltung der Fassade des Neubaus orientiert sich an den historischen Fassaden der Altstadt von Greven. Der rötliche Ziegel sowie die additive Form der Satteldächer greifen die charakteristischen giebelständigen Architekturen früherer Marktplätze auf und schaffen einen harmonischen Übergang zwischen Alt und Neu. Die Fassade ist dabei klar und regelmäßig gegliedert, wobei die unterschiedlichen Funktionsbereiche spielerisch herausgearbeitet werden. Während interne Bereiche durch ein enges Raster strukturiert sind, zeichnen sich halböffentliche Bereiche durch ein offenes und größeres Raster in der Fassade ab. Die öffentlichen Bereiche im Erdgeschoss sind als transparente Fuge konzipiert, die das Geschoss beinahe entmaterialisiert und den Außenraum visuell durch das Gebäude fließen lässt. Je introvertierter die Bereiche gestaltet sind, desto dichter erscheint die Fassade. Loggien an der Süd-, Nord- und Ostseite brechen das strenge Raster auf und schaffen an diesen Stellen angenehme Variationen im regelmäßigen Fassadenbild. Diese „Störungen“ tragen zur architektonischen Lebendigkeit und zur Schaffung individueller Rückzugsbereiche bei.
Trotz der klaren Gebäudekonzeption zeigen sich die Baukörper im äußeren Erscheinungsbild mit einer skulpturalen Anmutung, die sich mit ihrer städtischen Umgebung verwebt. Die verhältnismäßig einfache Gebäudekonfiguration mit einer bewährten Ausführungskonstruktion gewährleistet eine wirtschaftlich optimierte Bauwerkserstellung. Die primäre thermische Hülle zieht sich in einer Ebene durch alle Geschosse. Bei den konstruktiven Bauteilanschlüssen werden wärmebrückenfreie Detaillösungen gewählt. Eine Dreifachverglasung sorgt für einen optimalen winterlichen Wärmeschutz. Mit den einheitlichen und optimierten Fassadenoberflächen sind alle Wartungs- und Reinigungsaufwendungen im günstigen Bereich anzunehmen. Strukturell sind alle Bereiche natürlich zu belichten, wodurch eine optimale Tageslichtausnutzung gewährleistet wird. Zur Reduzierung des sommerlichen Wärmeeintrages wird an den Fenstern der Gebäude ein steuerbarer Sonnenschutz in verschiedenen Ausführungen angebracht. Alle Räume verfügen auch über einen innenliegenden Blendschutz. Ziel des vorliegenden Konzeptes ist es, die Gebäude wirtschaftlich und energetisch optimal zu betreiben. Soweit möglich ist ein hoher Grad an natürlichen belüfteten Bereichen erstrebenswert.
Konstruktives und Energetisches Konzept
Der Neubau ist kompakt mit einem günstigen A/V-Verhältnis angelegt. Die Gebäudekonstruktion wird im Hinblick auf die Herstellungs-, Betriebs- und Unterhaltungskosten wirtschaftlich gewählt. Die Auswahl der Materialien erfolgte unter dem Aspekt der ökologischen Nachhaltigkeit. Der Grundkörper ist als Beton/Holz- Hybridbau mit Beton- sowie Holzstützen, Holz-Beton-Verbunddecken und aussteifenden Stahlbetonwänden und –kernen konzipiert. Eine modulare Anordnung, sowie eine regelmäßige vertikale und horizontale Medienführung erhöhen die Flexibilität der Grundrisse in allen Geschossen. Die Positionierungen der Trennwände sind flexibel im Raster (1,35 m) wählbar und mit wechselnden Nutzeranforderungen wirtschaftlich vertretbar veränderbar. Die Hybridbauweise weist eine hohe Energieeffizienz und eine lange Lebensdauer auf, sodass nur geringe zusätzliche Lebenszykluskosten zu erwarten sind. Der massive Betonkern im Innenraum soll unverkleidet klimaregulierend wirken. Raumakustisch wirksame Maßnahmen werden in ohnehin erforderliche Innenausbauten und den Decken integriert. Aufgrund der schlanken Wandkonstruktionen, hoher Tragfähigkeit und der sehr guten Brand- und Schalleigenschaften ist der Hybridbau in verschiedenen Vergleichsobjekten bereits realisiert und bewährt. Als energetische Unterstützung wird eine Photovoltaikanlage auf den Dächern angedacht. Die Erzeugung von Strom zum Eigenverbrauch erfolgt auf einer Fläche von insgesamt bis zu 2.641 qm, die auf dem Dach verortet ist. Auf dem Grundstück wird die vorteilhafte und günstige Geothermienutzung, bestehend aus thermisch aktivierten Gründungselementen und Wärmepumpe, vorgeschlagen. Flächenheizungen werden als Deckensegel installiert, die perspektivisch / optional auch als Kühlflächen für freie Kühlung genutzt werden können. Die Elektroanschlüsse für die Arbeitsräume erfolgen in den Büros und in den Besprechungsräume als Bodentanks.
Beurteilung durch das Preisgericht
Präzise setzen die Verfasserinnen zwei Baukörper versetzt zueinander an die nordwestliche und südöstliche Ecke des Grundstücks. Mit dieser Setzung wird gekonnt eine städtebauliche Konfiguration definiert, die sowohl zwei qualitätsvolle gut proportionierte Platz- und Grünräume ausbildet als auch diese Räume in ein spannendes Verhältnis zueinander setzt. Durch die auf Linie gesetzten Baukörper entsteht ein Durchgang, der die gewünschte Durchwegung für Fußgängerinnen wie selbstverständlich - von der Ems und dem Bahnhof kommend - zu einem attraktiven und angenehmen Weg werden lässt.
Die begrünten und nicht versiegelten Außenräume schaffen hohe Aufenthaltsqualitäten. Sie sichern zudem im Sinne grün-blauer Zielsetzungen gute Voraussetzungen für ein angenehmes Mikroklima.
Diesem Ziel weiter konsequent folgend, gelingt es den Verfassenden, auf beeindruckend kleinem Fußabdruck einen kompakten Baukörper für das Rathaus und die Bibliothek zu konzipieren.
Zwei leicht in Höhe und Tiefe zueinander versetzte Atriumgebäude sind klar gegliedert und in fünf gleich breiten Volumina mit flach geneigten Satteldächern organisiert. Eine mittig und durchgehend angeordnete Foyerhalle adressiert das Rathaus zur Rathausstraße sowie zum neuen Quartiersplatz hin. Die Adressbildung und Auffindbarkeit der beiden Eingänge ist richtig positioniert und klar gelöst. Aus diesem Foyer heraus öffnen sich den Besucher*innen interessante Blickbeziehungen zu zwei weiteren Atrien. Diese mit Sitzstufen versehenen Atrien schaffen attraktive innenräumliche Qualitäten von hoher Aufenthaltsqualität.
Insgesamt ist die Zonierung der Funktionsbereiche gut, sparsam und funktional geschickt gegliedert. Die Bibliothek nimmt im Erd- und 1. Obergeschoss zu drei verschiedenen Seiten der Stadt Kontakt auf. Die Kinderbücherei und der Makerspace im EG wirken einladend und entsprechen den Erwartungen an ein niederschwelliges Angebot für eine Open Library. Die weiteren Flächen der Bibliothek sind im 1. Obergeschoss untergebracht. Kritisch wird die Unterschreitung der Programmfläche um ca. 200 qm diskutiert.
Die Rathaus-Funktionen verteilen sich sinnvoll, gut proportioniert und belichtet und dem Raumprogramm entsprechend auf fünf Geschosse. Der Ratssaal liegt zweigeschossig an prominenter Stelle zur Rathausstraße hin und verfügt über angemessene - wenn auch knapp bemessene - Vorbereiche.
Nicht ganz überzeugen kann die Jury die architektonische Gestalt. Auch wenn die Fassadenstruktur im Stile münsterländischer Ziegel-Tradition eine gewisse Klarheit und Unaufgeregtheit vermittelt, steht die über das Erdgeschoss hinaus auskragende Baumasse in krassem Widerspruch zu dieser eher bodenständigen Grundausfassung. Die Schwere des schwebend wirkenden Ziegelbaus wirkt irritierend.
Die Kennzahlen liegen deutlich im unteren Bereich und lassen eine wirtschaftliche Umsetzung erwarten. Die Ziele nachhaltiger Bauweise für Errichtung und Unterhalt können erreicht werden.
Insgesamt ein wertvoller Beitrag für diese schwierige Aufgabe, der besonders durch die klare und präzise Setzung zu überzeugen vermag, doch im architektonischen Ausdruck leichte Schwächen aufweist.
©CODE UNIQUE Architekten GmbH
Lageplan
©CODE UNIQUE Architekten GmbH / RSP Freiraum GmbH
Lageplan 1|200
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oben: Ansicht Nord, unten: Ansicht Süd
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Detailschnitt mit Ansicht und Grundriss
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Modellfoto