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Nichtoffener Wettbewerb | 07/2025

Neubau Rathaus Kupferstadt Stolberg

Anerkennung

Preisgeld: 22.115 EUR

HASCHER JEHLE Architektur

Architektur

studio grüngrau GmbH

Landschaftsarchitektur

loomn architekturkommunikation

Visualisierung

Erläuterungstext

Entwurfskonzept / Leitidee
Die Gliederung des Baukörpers in drei horizontal geschichtete Abschnitte bildet die Grundlage der gestalterischen Gebäudekomposition und spiegelt die unterschiedlichen Nutzungsbereiche des Rathauses wieder. Die Sonderbereiche im Erdgeschoss und im Dachgeschoss rahmen den dazwischen liegenden 3-geschossigen Bürobereich in Holz-Hybrid-Bauweise. Sockel- und Dachgeschoss erhalten eine Sichtbetonfassade mit großzügigen geöffneten Bereichen und werden, ihrer Bedeutung entsprechend, gestalterisch hervorgehoben.

Erschließung und Funktionalität
Die Stolberger Innenstadt ist von zwei- bis dreigeschossigen Altbaubestand, vorwiegend in Blockrandbebauung geprägt. Der Neubau für das Stolberger Rathaus wird als Solitär am Kaiserplatz, leicht zurückversetzt hinter dem historischen Rathaus platziert. Der Entwurf hält einen respektvollen Abstand zu dem denkmalgeschützten Gebäude. Die bestehende Planung und Neustrukturierung für das historische Rathaus kann unverändert beibehalten werden und wird vom Neubau nicht beinflusst.
Der weitestgehend 4-geschossige Neubau bildet mit dem historischen Rathaus und der benachbarten Rathaus-Passage einen kleineren, topographisch leicht ansteigen-den Vorplatz aus. Der Eingangsbereich des neuen Rathauses wird durch ein zurück-versetztes Dachgeschoss angemessen akzentuiert. Der neue Rathausplatz vermittelt zwischen dem historischen Rathaus und dem Neubau. Die Freianlagen greifen die unterschiedlichen Erschließungsrichtungen auf und verbinden sie durch eine klare, barrierefreie Wegeführung. Fußläufig erfolgt die Haupterschließung vom Kaiserplatz direkt zum historischen Rathaus mit dem Standesamt sowie über den neu gestalteten Rathausplatz östlich des Altbaus zum zentralen Haupteingang des neuen Rathauses. Der Höhenversprung zwischen Kaiserplatz und Neubau wird durch eine Kombination aus flachen Stufenläufen und barrierefreien Rampen überwunden. Integriert sind punktuell angeordnete Wasserfontänen, die zur Abkühlung beitragen und gleichzeitig den Stadtraum subtil rhythmisieren. Eine Baumreihe gliedert den Platz und schafft durch gezielte Verschattung ein angenehmes Mikroklima. Unter dem lichten Blätterdach entstehen kleinteilige Sitzgruppen. Eine möblierte Terrasse im Umfeld des öffentlichen Cafés ergänzt das Nutzungsspektrum. Im westlichen Bereich ist ein Kinderspielbereich mit Sitzgelegenheiten und locker gesetzten Baumgruppen verortet.
Die großzügige Eingangshalle des neuen Rathauses wird über ein Atrium von oben belichtet und erstreckt sich über die gesamte Gebäudetiefe bis zur Straße "An der Krone". Ein hier vorgesehener Nebeneingang gewährleistet eine kurze Zuwegung vom südlich gelegenen S-Bahnhof. Das Erdgeschoss ist linear mit zunehmenden Sicherheitsanforderungen zoniert: An den Publikumsbereich (Sicherheitszone 0) schließen sich die Bereiche des Front Office (Sicherheitszone 0+) und das Meeting-Center an. Das Meeting-Center erhält einen eigenen kleinen Nebeneingang um auch eine Nutzung außerhalb der Öffnungszeiten des Rathauses zu ermöglichen. Die Fraktionsbüros im Neubau erhalten eine unterirdische Verbindung zum historischen Rathaus und binden den großen Sitzungssaal witterungsgeschützt auf kurzem Wege an.
Sämtliche Arbeitsplätze der Sicherheitszone 1 befinden sich im Back Office in den Obergeschossen. Die Vertikalerschließungen sind so platziert, dass die Mitarbeiter die Besucher direkt im Wartebereich abholen können und von dort in die entsprechenden Besprechungsräume geleiten. Die Besucher verbleiben in aller Regel im Erdgeschoss. Die Vertikalerschließungen werden sicherheitstechnisch entsprechend geschützt. Der Back Office Bereich in den Obergeschossen ist nach den Prinzipien des Activity Based Working organisiert. Den Mitarbeitern stehen unterschiedliche Arbeitsplätze mit unter-schiedlichen Arbeitsplatzqualitäten zur Verfügung, die sie je nach Arbeitssituation in ihrem jeweiligen Bereich (Nachbarschaft) frei wählen können. Pro Geschoss werden 3 Nachbarschaften positioniert. Die verschiedenen Nachbarschaften können flexibel mit unterschiedlichen Abteilungen belegt werden und gehen nahtlos ineinander über. So wird die Zusammenarbeit über die Grenze der Nachbarschaft gefördert. Ein Atrium schafft vertikale Verbindungen zwischen den Geschossen und fördert die Kommunikation im Haus.
Die Kantine für die Mitarbeiter wird zusammen mit dem Work-Life-Balance-Bereich im Dachgeschoss platziert. Eine Dachterrasse mit Rundumblick über die Stadt steht für die Kantine, den Aufenthalt der Mitarbeiter sowie für Veranstaltungen zur Verfügung.
Im Sinne des Hochwasserschutzes wird das Erdgeschossniveaus gegenüber dem Kaiserplatz um ca.1.60m angehoben. Zusätzlich wird das Erdgeschoss in Beton ausgeführt. Das Untergeschoss wird hochwassersicher ausgebildet. Die Tiefgarage mit insgesamt 28 Stellplätzen wird von der Straße „An der Krone“ erschlossen. Die Fahrrad-Garage für 162 Fahrräder wird mit einem Fahrstuhl am südlichen Nebeneingang angedient. Die Anlieferung erfolgt zwischen Neubau und Rathauspassage.

Beurteilung durch das Preisgericht

Das städtebauliche Konzept zeichnet sich durch eine gute Setzung des Baukörpers für das neue Rathaus aus: Der Abstand zum historischen Rathaus erscheint angemessen. Der überwiegend viergeschossige Baukörper - mit seiner Ausbuchtung im Erdgeschoss und seiner Überhöhung im Süd-Osten - fügt sich hinsichtlich seines Volumens sehr gut in den Kontext ein. Durch die städtebauliche Setzung entsteht ein gut proportionierter Vorplatz, der in Teilen grün gestaltet ist und barrierefrei zum Haupteingang des Rathauses führt.

Das von zwei Seiten zugängliche Eingangsfoyer öffnet sich für die Besucher und bietet eine angemessene Durchlässigkeit für die unterschiedlichen Nutzergruppen. Im Inneren laden die zentral gelegenen Publikumsflächen im Erdgeschoss ein, jedoch konterkariert die Erschließungssituation den Übergang zu den Front-Office und Meeting-Bereichen. Die Anforderungen an das Raumprogramm und die Activity-Based-Working-Flächen werden nur bedingt erfüllt. Durch die strukturelle Zonierung wird die Flexibilität und Anpassbarkeit eingeschränkt. Die Erschließung des Publikumsbereichs über zwei Eingänge wird positiv bewertet, da dadurch insbesondere der Zugang „An der Krone“ auch für ÖPNV-Nutzer aufgewertet wird. Auch die funktionale Gliederung des Erdgeschosses ist gelungen und ermöglicht eine intuitive Nutzerführung. Gleichzeitig beeinträchtigt die Trennung und fehlende Sichtverbindung der Rezeption zu Bürgerservice und Meeting-Zentrum die Offenheit und kann sich negativ auf das Sicherheitsempfinden auswirken.

Im Back Office wirkt die Gebäudetiefe limitierend für eine funktionierende ABW-Umgebung. Zwar wird versucht, dem durch die Anordnung von 6er-Arbeitsplatzinseln entgegenzuwirken, jedoch zeigen Erfahrungen, dass mittlere Plätze dieser Insellösungen häufig ungenutzt bleiben. Die Anzahl tatsächlich nutzbarer ergonomischer Arbeitsplätze ist somit kritisch zu bewerten. Problematisch ist zudem, dass entlang des Gebäudekerns keine ergonomischen Arbeitsplätze aufgrund des fehlenden direkten Tageslichts realisierbar sind. Der Entwurf bietet nur einen Lichthof, wodurch qualitative Unterschiede zwischen den einzelnen Nachbarschaften entstehen.

Die vorgeschlagene Kantine, die über den Büroebenen im fünften Obergeschoss platziert und mit einer Dachterrasse verknüpft ist, bietet das Potential, nicht nur intern einen attraktiven Aufenthaltsort zu schaffen, sondern auch für externe Gäste ein Erlebnis zu werden.

Für die Fahrradinfrastruktur ist eine eigene Zufahrt berücksichtigt.

Das Freiraumkonzept hat zum Ziel, das Umfeld des Rathaus mit Grünflächen zu umspielen, die auf der verkehrsbelasteten Westseite eher abschirmen und auf der Seite Richtung Rathausstraße und zum Kaiserplatz eher urbane offene Freiräume anbieten. Auch wenn ein Anteil der Flächen über wassergebundene Decken weniger stark versiegelt ist, wird der Bereich zwischen Altbau und Neubau doch in Kombination mit den Rampen und Stufen vermutlich karg wirken. Die Setzung der Bäume im Zwischenraum wirkt mit seiner Linearität zu schematisch.

Im Preisgericht wird kontrovers diskutiert, ob die ´Adresse´ des Neubaus auf der Südseite des alten Rathauses eindeutig auffindbar ist. Die begleitenden Hochbeete am Rand des Platzes stärken den Zugang zum Haupteingang, könnten aber mehr Großzügigkeit ohne den kleinen Weg mit seinen Stufenpaketen innerhalb der Flächen erhalten.

Die Dachlandschaft des Neubaus wird begrünt und kann somit als Retentionsdach genutzt werden. Die Mensa im Staffelgeschoß des Neubaus erhält eine Terrasse für Außengastronomie, von der aus der Blick über die Stadt in die Landschaft und auf die Burg möglich ist. Die Lage auf der Nordseite des Gebäudeteils wurde kontrovers diskutiert. Auch wird der direkte räumliche Bezug zu den PV-Paneelen kritisch bewertet. Begrünte Bereiche innerhalb des Gebäudes werden leider nicht angeboten allerdings verspricht die Außenterrasse im 1. Obergeschoss mit Bezug zum vorgeschlagenen Meetingpoint die Möglichkeit aus den Arbeitsbereichen nach außen zu treten.

Die architektonische Haltung des Neubaus mit einem massiven Sockel und den transparent wirkenden darüber liegenden Geschossen in Holzhybridbauweise, wirkt einladend und wird dem Anspruch an ein Rathaus des 21. Jahrhunderts gerecht.

Mit seiner Kompaktheit bietet der Baukörper eine gute Flächeneffizienz und eine gute Voraussetzung für eine effiziente und nachhaltige Umsetzung.

Insgesamt stellt der Entwurf einen diskussionswürdigen Beitrag dar, der jedoch im Hinblick auf die Flächenangebote im Detail und die Arbeitswelten der Zukunft kritisch diskutiert wird.
Lageplan

Lageplan

Erschließungskonzept

Erschließungskonzept

Grundriss Erdgeschoss

Grundriss Erdgeschoss

Grundriss Obergeschosse

Grundriss Obergeschosse

Sicherheitskonzept

Sicherheitskonzept

Ansicht

Ansicht

Schnitte

Schnitte

Nachhaltigkeitskonzept

Nachhaltigkeitskonzept

Detail

Detail