Einladungswettbewerb | 12/2022
Neubau Südwestmetall Verbands- und Bürogebäude in Ulm
©Nething Architekten
Blick Neutorstraße
3. Preis
Architektur
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Mitarbeitende:
Michael Keller, Antonio Perez Blanco, Judith Greiner, Peter Kohn, Sabine Schreiber
Erläuterungstext
Neubau Verbands- und Bürogebäude in Ulm, Südwestmetall
Städtebau und Idee
Das neue Bürogebäude für den Verband Südwestmetall in Ulm ist der Auftakt für das neue Theaterviertel und gegliedert sich zwischen der Neutorstraße und der Zeitblomstraße ein – einerseits eine stark frequentierte Straße für Autofahrer und andererseits eine wichtige Achse für Fußgänger und Radfahrer.
Das Gebäude nutzt effizient das zur Verfügung stehende Baufenster über alle 6 Geschosse. Die maximal entstandene Kubatur reagiert differenziert in zwei Richtungen: Entlang der Neutorstraße mit klarer Form. Der Haupteingang wird durch eine Vertiefung zur Zeitblomstraße definiert und wirkt durch seine durchgehende Verglasung offen und transparent. Die verglaste Fassade zieht sich über das gesamte Erdgeschoss in Richtung der Neutorstraße, sodass die Besucher bereits von der Straße aus in den Haupteingang des neuen Gebäudes geleitet werden. Vor dem Eingang des Gebäudes entsteht ein Platz, welcher durch die Achse der Zeitblomstraße aufgenommen wird und den Besucher vom Außenraum in den Innenraum führt. Die Auskragung der oberen Geschosse über dem Eingangsbereich verdeutlicht die Situation des Ankommens und die Verbindung von außen nach innen.
Richtung Westen ist eine Dachterrasse ausgeschnitten, die die Gebäudehöhe an die bevorstehende
5-geschossige Wohnbebauung angleicht. Die Fassade zur Zeitblomstraße wird dadurch aufgelockert und gegliedert.
Fassade
Eine Metall-Schindel-Fassade bildet die homogene Gebäudehülle des monolithischen Neubaus.
Im Kontrast dazu stehen die glatten, exakt ausgebildeten Fensteröffnungen, eingefasst von einer Metall-Laibungsverkleidung. Fassade und Laibungsverkleidung bestehen aus Recycling Aluminium.
Der differenzierte und präzise Umgang mit dem Material Aluminium stiften Identität für den Sitz der Südwestmetall Bezirksgruppe Ulm.
Innenräume
Das offen und hell gestaltete Foyer verbindet den Innen- und Außenraum und bietet Platz, um die Metall- und Elektroindustrie für die Gäste erlebbar zu machen. Der Veranstaltungssaal grenzt direkt an das Foyer an und lässt sich somit für unterschiedliche Veranstaltungen anbinden. Im hinteren Bereich liegen die Konferenzräume, in direkter Nähe zum Foyer und Veranstaltungssaal.
Das Foyer und die Bürofläche sind durch einen Luftraum verbunden. So können Besucher durch eine offene Treppe den Empfang der Südwestmetall sowie weitere Besprechungsräume erreichen. Mitarbeiter und externe Mieter können den Zugang an der Neutorstraße nutzen. Die Arbeitsplätze sind durch kurze Wege gut angebunden. Sie liegen im hinteren Bereich des Gebäudes und sind somit leicht vom Publikumsverkehr getrennt.
Flexibler Grundriss
Durch die mittige Lage des Erschließungskerns ist eine maximale Flexibilität der Grundrissaufteilung mit minimalen Verkehrsflächen garantiert. Funktionale und technische Räume werden in der Mitte positioniert, sodass die wertvolle Fassadenfläche mit Arbeitsplätzen belegt werden kann.
Der Co-Working Bereich im 4.OG profitiert von der Dachterrasse mit Münsterblick. Es ist möglich die Terrasse für alle Mieter zugänglich zu machen.
Das Büro Aufbauraster von 2,70m ermöglicht eine große Vielfalt an modernen und attraktiven Büroarbeitswelten. Die Mietflächen sind kombinierbar und lassen sich flexibel organisieren.
Konstruktion
Der Neubau soll in Holz-Hybrid-Bauweise errichtet werden. Der tragende Kern sowie die beiden Untergeschosse bestehen aus Recyclingbeton. Holz-Stützen und Holz-Unterzüge bilden ein klares Konstruktionsraster für das geplante Gebäude. Die Außenwände bestehen aus Holz-Massivwänden mit einer vorgehängten Metall-Schindel-Fassade. Die Decken sind als Holz-Massivdecken konzipiert. Eine gebundene Splitt Schüttung erfüllt die Schallschutz- und Brandschutzanforderungen. Die Holzkonstruktion aller Bauteile sind innen sichtbar belassen.
Beurteilung durch das Preisgericht
Die Verfasser bieten einen eher klassischen Gebäudeentwurf mit einer gut proportionierten Lochfassade, der sich in das entstehende Umfeld einordnet und eine Konkurrenz zum benachbarten entstehenden Kinder- und Jugendtheater vermeidet. Zwei geschickt gesetzte Einschnitte in den monolithisch wirkenden Kubus definieren die sehr schöne Eingangssituation und den Auftritt zur Neutorstraße sowie einen Dachgarten auf der Südwestecke, der einen angenehmen Übergang zur westlich angrenzenden niedrigeren Bebauung schafft.
Das Foyer im EG mit einem Luftraum über einer Teilfläche ist für die Anforderungen der SWM im Hinblick auf mögliche Empfänge / Veranstaltungen / Ausstellungen eher zu klein dimensioniert, insbesondere da dieser Raum durch die Ausformung des Luftraums sowie die eingestellte etwas als Nadelöhr eingeschätzte Treppe auch räumlich eher als Erschließungsfläche wirken wird. Die Zugänge zu den im hinteren Bereich liegenden Schulungsräume durch den unbelichteten Flur werden eher kritisch gesehen.
Der Eingang für die zu vermietenden Büros erscheint angemessen und gut platziert.
Das erste OG benötigt aufgrund des Luftraums in Kombination mit der innenliegenden Erschließungseinheit einen höheren Anteil an festen Erschließungsflächen, die die Flexibilität und Qualität dieser Büroflächen etwas einschränkt. In den Regelgeschossen ist allerdings aufgrund der zentralen und kompakten Erschließung ein hohes Maß an Flexibilität gegeben, dass ein Höchstmaß an unterschiedlichen Aufteilungen ermöglicht. Festzuhalten ist jedoch, dass die Nordseite an einer Brandwand liegen und die dortigen Flächen damit nicht belichtet werden können. Die Grundstruktur ermöglicht auch eher klassische Büroorganisationen, die Realisierung von moderneren Formen der Zusammenarbeit sind zumindest eingeschränkt.
Die Anordnung der Toiletten mit Zwischenflur ist sehr flächenintensiv und im weiteren Prozess optimierungsfähig.
Die Entscheidung für einen Holz-Hybridbau mit den wesentlichen tragenden Bauteilen sowie massiven Decken und Außenwänden aus Holz wird im Hinblick auf die Nachhaltigkeit des Gebäudes honoriert. Die Stringenz des Baukörpers, der Grundrissorganisation und seiner Tragstruktur lässt eine Umsetzung in diesem Material machbar erscheinen. Die Ablastung über dem Veranstaltungssaal ist derzeit allerdings nicht nachgewiesen.
Ein relevanter Vorschlag für die Energietechnik des Gebäudes ist die Erstellung von dezentralen Lüftungsanlagen entlang der Fensteröffnungen, die mit einer auf dem Dach befindlichen WRG verbunden ist und die Außenluft entsprechend vorwärmt. Die einfache und dezentrale Lösung wird positiv bewertet, auch wenn eine stärkere Auseinandersetzung mit dem Thema PV z.B. auch in der Fassade wünschenswert gewesen wäre.
Die Auswahl von recycelten Aluminiumschindeln als Fassadenverkleidung ist im Hinblick auf den Bauherrn nachvollziehbar und bietet im Hinblick auf Reflektion und Lichtstimmung eine spannende und attraktive Oberfläche. Ob allerdings die Materialwahl in Verbindung mit dem monolithischen und sehr kubischen Gebäude glücklich ist, wird kontrovers diskutiert.
Insgesamt bietet der Entwurf einen guten und pragmatischen Ansatz für die gestellte Aufgabe, auch wenn der von Seiten des Bauherrn gewünschte repräsentative Charakter etwas vermisst wird.
©Nething Architekten
Blick Zeitblomstraße
©Nething Architekten
Lageplan
©Nething Architekten
©Nething Architekten
Ansicht Süd
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Fassadenkonzept
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Regelgrundriss
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Grundriss 4.OG
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Schnitt Längs
©Nething Architekten
Schnitt Quer