Nichtoffener Wettbewerb | 06/2025
Neubau Verwaltungscampus Turmschanzenstraße in Magdeburg
©landstrich – zeichnung & visualisierung / H|G
Perspektive Neuer Stadteingang
3. Preis
Preisgeld: 13.500 EUR
H|G Hähnig | Gemmeke Architekten und Stadtplaner Partnerschaft mbB
Stadtplanung / Städtebau
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Verfasser:
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Mitarbeitende:
Erläuterungstext
Mit dem neuen Verwaltungscampus auf dem Gelände der ehemaligen Anger-Kaserne wird eine stadträumliche Entwicklung angestoßen, die den übergeordneten Gedanken eines in den Stadtgrundriss integrierten Behördencampus weiterführt, schärft und sichtbar macht. Entlang der Herrenkrugstraße und im Bereich der Kreuzung entsteht eine urbane, verdichtete Bebauung. Durch prägnante Akzentuierungen wird der neue Campus sichtbar – im Zusammenspiel mit dem bestehenden Behördencampus entsteht ein ganzheitliches Ensemble mit Strahlkraft bis in die Innenstadt von Magdeburg.
Zwischen Herrenkrugstraße, Jerowicher Straße und Alter Elbe werden städtebauliche Potentiale im Kontext der angrenzenden Nachbarschaften herausgearbeitet und zu einem „Ganzen“ gefügt. Angrenzend an den Campus entsteht mit belebenden Kulturangeboten und Wohnnutzung ein modellhaftes und vielfältiges Quartier mit und im Grün, welches sich bereits heute mit den Herausforderungen der Zukunft auseinandersetzt und vielfältige Lösungen bietet. Heute fehlende Raumkanten, Orientierungen und Bezüge in einem heterogenen räumlichen Umfeld werden durch klare Setzungen der Bauvolumen und deren Nutzungen zukünftig erlebbar.
Eingebunden in den ortsprägenden besonderen Landschaftsraum entsteht aus Verbindung von erhaltenswertem Baumbestand und neu arrondierten Bausteinen ein Behördencampus mit Allein-stellungsmerkmal entlang der Alten Elbe. Über neue, öffentliche Wegeverbindungen entstehen naturräumliche Bezüge zur hochwertigen Auenlandschaft sowie zum Landesgartenschaugelände Elbauenpark.
Innovativer, zukunftsfähiger Verwaltungscampus mit ergänzenden Nutzungen
Die städtebauliche Neuordnung des Areals eröffnet vielfältige Potentiale für die Entwicklung eines modernen, innovativen Verwaltungscampus. Unter sensibler Einbeziehung der bestehenden Baudenkmale entsteht ein tragfähiges, städtebauliches Konzept, das vorhandene Raumkanten aufnimmt, weiterführt und stärkt. Differenzierte Gebäudehöhen schaffen abwechslungsreiche Räume und fügen sich harmonisch in den bestehenden Stadtgrundriss ein. Gleichzeitig setzen sie gezielte Akzente im Stadtbild und stärken die Wahrnehmbarkeit im städtischen Kontext.
Erdgeschosszonen mit kleinteiligem Einzelhandel, Dienstleistern, Gastronomie, kulturellen Angeboten sorgen für Urbanität und beleben den öffentlichen Raum. Die grünen Klimainseln stärken diesen Gedanken, dienen als Rückzugs- und Kommunikationsorte, verbessern das Mikroklima und fördern das soziale Miteinander.
Die Verwaltungs- und Bürogebäude basieren auf einem modularen System, das Einzel-, Doppel- und Teambüros ebenso vorsieht wie multifunktionale Räume für Rückzug, Gruppenarbeit, Besprechung und Kommunikation. Das Konzept ist flexibel und zukunftsoffen – es erlaubt eine schrittweise Entwicklung und Anpassung an sich wandelnde Anforderungen. Begehbare grüne Dächer und Innenhöfe bieten geschützte Treffpunkte und erweitern das Angebot an nutzbaren Stadträumen.
Ein neuer, in das bestehende Baumdach eingebettete, Veranstaltungssaal am Multifunktionsplatz wird zum sichtbaren Anlaufpunkt für alle und stärkt die Verbindung zu den angrenzenden Quartieren mit seinen historisch raumprägenden Bausteinen und Freiräumen.
Das südlich angrenzende Kultur- und Baudenkmal des Straßenbahnbetriebshof wird als neuer Kultur- und Veranstaltungsort inszeniert und behutsam transformiert: Neben Atelierwohnungen entstehen hier Werkstätten, Kreativräume und Veranstaltungsflächen. Die historische Substanz bleibt dabei erlebbar. Die Werkhöfe fördern Austausch und Synergien zwischen unterschiedlichen Nutzergruppen. Über die Herrenkrugstraße hinweg wird das neue Wohnquartier am Stadtdschungel über wichtige Schnittstellen an das Gesamtgefüge angebunden. Hier entstehen neben Geschosswohnungen, Pflegeeinrichtungen und Stadthäusern auch Möglichkeiten für einen Hotelstandort. Der Stadtdschungel – ein bestehendes Biotop – wird als Naturspielraum mit historischem Bezug neu interpretiert und bietet einen besonderen Erlebniswert.
Der Verwaltungscampus kann flexibel, sukzessive entwickelt werden. Der modulare Städtebau ermöglicht ein ständiges Anpassen an zukünftige Entwicklungen in Art und Maß der Nutzung. Auf noch nicht definierte Zeithorizonte kann somit nutzungsflexibel reagiert werden. Langfristig wird der Bahnbetriebshof sowie der östliche Bereich mit der Straßenbahnwendeschleife in das Gesamt-konzept wie selbstverständlich integriert.
Differenziertes Freiraumkonzept
Rückgrat des Gesamtansatzes ist eine attraktive Raumfolge aus differenzierten Platz- und Grünräumen, die unter größtmöglichem Erhalt des bestehenden Baumbestands entwickelt wird. Der zentrale Campusplatz bildet dabei das Herzstück des neuen Verwaltungsquartiers und verankert es in eine übergeordnete städtebauliche Vernetzungsstruktur. Es entsteht eine grüne Mitte – ein belebter, öffentlicher Raum, der durch gestaltete Klimainseln geprägt wird. Die Erdgeschosszonen übernehmen eine wichtige Rolle in der funktionalen Verbindung zwischen den Quartieren und dem öffentlichen Raum. Neben gestalteten Platzflächen und offenen Freiräumen entstehen grüne Innenhöfe, die kleine, geschützte Platzsituationen schaffen und so ein attraktives Arbeitsumfeld fördern. Auch an den Schnittstellen zur Umgebung öffnen sich kleine Plätze, die Übergänge definieren, Orientierung bieten und spannungsvolle Raumabfolgen von West nach Ost aufzeigen.
Die Von-Seeckt-Wiese übernimmt als zentrale, offene Retentionsfläche wichtige, ökologische und klimatische Funktionen. Gleichzeitig ist sie Treffpunkt, Erholungsort und identitätsstiftender Ankerpunkt im Quartier. Über diese großzügige Freifläche wird das neue Stadtquartier durch öffentliche, vielfältig nutzbare Grünräume mit den westlich angrenzenden Landschaftsräumen und dem Multifunktionsplatz verknüpft. Es entstehen neue Wegebeziehungen, kühlschattige Aufenthaltsbereiche und abwechslungsreiche Blickachsen ins Grüne. Der baumüberstandene Multifunktionsplatz bildet - eingerahmt von einem blau-grünen Mantel - einen zentralen Ort des Ankommens und vernetzt die einzelnen Stadtquartiere miteinander.
Eingebettete blau-grüne Infrastruktur
Die Grünflächen im Stadtquartier sind als multicodierte, naturnahe Grünflächen konzipiert. Offene Retentionsmulden, Versickerungsbereiche und Biodiversitätsbeete sorgen für eine hohe ökologische Qualität und ein resilientes Mikroklima. Ein durchgängiges Regenwasser-Retentionsmanagement, die gezielte Reduzierung versiegelter Flächen, extensive und intensive Dachbegrünungen bilden die Grundlage dieses positiven Stadtklimas. Innerhalb des Campus sorgen grüne Klimainseln für Kühlung, vermeiden die Bildung von Hitzeinseln und bieten zugleich Flächen für Regenwasserversickerung. Großflächige Retentionsbereiche, wie die Von-Seeckt-Wiese sowie der blau-grüne Mantel um den Veranstaltungsraum, unterstützen diesen Ansatz.
Die klimaneutrale Entwicklung wird durch die kompakte, modulare Bauweise gestärkt. Großflächige verdunstungsaktive Fassaden- und Dachbegrünungen mit Energiedächern können optimal integriert werden. So entsteht ein stadtklimatisch robuster, energetisch effizienter und gleichzeitig gestalterisch anspruchsvoller Beitrag zur nachhaltigen Stadtentwicklung.
Autoarme Mobilität
Das gesamte Areal ist als autoarmes Quartier konzipiert. Durchgängige Fuß- und Radwegeverbindungen, kurze Wege, entstehen fast selbstverständlich aus dem städtebaulichen Konzept heraus. Bestehende Wegebeziehungen werden aufgenommen, gestärkt und gezielt in das Gebiet hineingeführt. Besonders wichtige Achsen in Richtung der angrenzenden Landschaftsräume und zum Elberadweg werden in die Struktur integriert. Hochwertige Fahrradabstellanlagen mit Lademöglichkeiten für E-Bikes stärken die aktive Mobilität und machen das Radfahren im Alltag komfortabel und attraktiv.
Über die Herrenkrugstraße wird das Areal über die bestehende, auf ein Minimum reduzierte Erschließungsstruktur erschlossen. Eine zentrale Quartiersgarage am Eingang des Areals bildet das Rückgrat der autoarmen Erschließung und übernimmt wichtige Funktionen als Mobility-Point. Hier bündeln sich Angebote für alternative, nachhaltige Fortbewegungsformen: ein Sharing-Point mit E-Rollern, Lastenrädern und E-Bike-Ladestationen sowie die optimierte Anbindung an den öffentlichen Nahverkehr setzen gezielt Anreize für eine CO₂-neutrale Mobilität.
Die notwendigen Stellplätze werden überwiegend in der Quartiersgarage sowie ergänzend in dezentralen Tiefgaragen innerhalb des Verwaltungscampus untergebracht. Die 50 bestehenden oberirdischen Stellplätze bleiben erhalten. Dabei entstehen Synergien, etwa durch die Doppelnutzung der Stellplätze in der Quartiersgarage bei Veranstaltungen.
Verzahnt in den Landschaftsraum bettet sich der zukünftige multifunktionale Campus rücksichtsvoll in die bestehenden Gegebenheiten ein und interagiert als neuer Stadtbaustein mit dem Stadtgrundriss. An einer wichtigen Achse entsteht im Übergang zum Landschafstraum ein neuer belebter, durchgrünter Stadt-, Campus- und Erlebnisraum für die gesamte Stadt.
Beurteilung durch das Preisgericht
Der Entwurf formuliert eine zentrale Campusidee durch die kompakte Setzung von miteinander verzahnten Baukörpern, die durch Versprünge abwechslungsreiche Raumfolgen bilden und eine individuelle Adressbildung ermöglichen. Der Exerzierplatz als zentraler Freiraum wird durch den neuen Campus im Osten wieder gefasst und die städtebauliche Figur der Bestandsgebäude sinnvoll ergänzt.
Es ist eine klare Ausbildung unterschiedlicher Freiräume ablesbar, vorhandene Freiraumbeziehungen werden aufgenommen und als Quartiersdurchwegungen gestärkt (Allee entlang des Exerzierplatzes, Verbindung zur Elbe). So werden vielfältige Querungsmöglichkeiten des Quartiers gewährleistet.
Die Verknüpfung zu den Teilbereichen B und C wird durch eine konsequente Fortsetzung der städtebaulichen Formensprache unterstützt und der Stadteingang durch den Hochpunkt am Jerichower Platz sinnvoll und passend akzentuiert. Durch Wegebeziehungen wird auch die Verbindung zum Wohngebiet östlich der Herrenkrugstraße hergestellt. Eine noch stärkere städtebauliche Fassung im Teilbereich C wäre zum Schutz vor Lärm, insbesondere für die Wohnbebauung, wünschenswert.
Das robuste städtebauliche Grundgerüst und die einheitliche Formgebung der Baufelder erlauben eine architektonische Individualität der einzelnen Ministerien. Ebenso sprechen unterschiedliche Raumqualitäten unterschiedliche Nutzer/-innengruppen an, was zu einem lebendigen Campus beiträgt. Die vorgeschlagenen Baukörper überzeugen durch ihre Kompaktheit, das Höhenspiel sowie die Nutzbarkeit der Dächer. Dezente bauliche Arrondierungen im Süden vervollständigen den Campus.
Der Veranstaltungsaal wird als Solitärgebäude und Vermittler zum Betriebshof bzw. Kultur- und Werksquartier auf den aktuellen Parkplatz platziert, wobei er an dieser Stelle auch größer oder erweiterbar denkbar wäre. Der Mobilitätshub ist in zentraler Lage ins Quartier eingebunden und über den Biederitzer Weg gut erreichbar. Verschiedene weitere Mobilitätsangebote sind im Quartier integriert, so beispielsweise in den Gassen verteilte Fahrradstellplätze und Ladestationen.
Die Freiräume sind insgesamt im Zeichen der Klimaanpassung intelligent gestaltet (Verschattung, Retentionsflächen, Erhalt des Baumbestands). Sie unterstützen eine angenehme Arbeitsatmosphäre auf dem Campus und schaffen Begegnungsräume zwischen den Mitarbeiter/-innen der anzusiedelnden Behörden, aber auch aus dem weiteren stadträumlichen Umfeld. Mit der gewählten baulichen Struktur gelingt es, die erwünschte Wirkung einer offenen Verwaltung zu fördern.
©landstrich – zeichnung & visualisierung / H|G
Perspektive Neue Campusmitte
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Lageplan-Gesamtkontext
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Axometrie
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Lageplan-Verwaltungscampus
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Schnitt-Ansichten